Methodik
Die Waldzustandserhebung (WZE) ist eine seit 1984 jährlich durchgeführte systematische Stichprobeninventur, die nach einem bundesweit einheitlichen Verfahren erfolgt. In Nordrhein-Westfalen werden auf einem Raster von 4 x 4 km 563 Stichprobenpunkte mit ca. 10.000 permanent markierten Bäumen hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes begutachtet. Hauptkriterium hierbei ist die Kronenverlichtung, die in 5 %-Stufen eingeschätzt wird. Zusätzliche Parameter sind Blattvergilbung, Fruktifikation und Befall mit Schadorganismen.
Auf Grundlage dieser Daten lassen sich für die Hauptbaumarten zuverlässige Aussagen über die Entwicklung des Gesundheitszustandes und die bestimmenden Einflussfaktoren ableiten. Die Ergebnisse der Waldzustandserhebung fließen zusammen mit Daten aus dem forstlichen Intensivmonitoring, Wetterdaten sowie Informationen zu Schädlingsbefall und Schadereignissen ein in den jährlichen Waldzustandsbericht des Landes, in den Waldzustandsbericht des Bundes und in das Europäische Waldmonitoring.
Hauptergebnisse 2023
Der Trend zu immer schlechteren Vitalitätswerten seit Einführung der WZE im Jahr 1984, insbesondere aber seit den ab 2018 aufgetretenen Dürreperioden, setzt sich trotz der besseren Wasserverfügbarkeit fort (Abbildung 2).
Nur 25 Prozent der Bäume 2023 zeigen keine Kronenverlichtung (Stufe 0), 36 Prozent sind gering verlichtet (Stufe 1) und 39 Prozent deutlich verlichtet (Stufen 2-4).
Abb. 2: Die Entwicklung der Verlichtungsstufen, alle Baumarten
Die mittlere Kronenverlichtung aller Baumarten stagniert bei 26 Prozent auf dem hohen Niveau des Vorjahres (Abbildung 3). Der Zustand der Eiche verschlechtert sich deutlich; die Buche stagniert auf hohem Schadniveau; die Kiefer verschlechtert sich leicht.
Auffällig ist, dass sich der Zustand der Fichte das zweite Jahr in Folge augenscheinlich verbessert (mittlere Kronenverlichtung 2021: 33,8 %; 2022: 28,9 %; 2023: 23,9 %).
Abb. 3: Die Entwicklung der mittleren Kronenverlichtung
Dieses Phänomen bedarf eingehender Betrachtung.
Abb. 4: Dürrständer. Foto: Zentrum für Wald und Holzwirtschaft NRW
Entwicklung der Fichte seit 2018
Der mittlerweile seit 2018 anhaltenden Borkenkäferkalamität sind viele, in erster Linie ältere, Fichtenbestände zum Opfer gefallen. An den betroffenen Punkten der WZE werden die ausgefallenen Bäume, soweit möglich, ersetzt. Häufig sind aber infolge des bestandesweiten Absterbens der Fichte an den festliegenden Probepunkten keine Bäume der gleichen Altersklasse mehr verfügbar und die Inventur muss in die junge Bestandesschicht verlegt werden, soweit sie vorhanden ist. Ist keine Verjüngung vorhanden, so ruht der WZE-Punkt, bis er sich wieder bewaldet hat.
Abb. 5: Alter und Anzahl der Fichten im WZE-Kollektiv
Das in der WZE erfasste Fichtenkollektiv hat sich auf diese Weise von 2019 bis 2023 um 53,4 Prozent verkleinert (von 3.525 auf 1.643). Das Durchschnittsalter ist im gleichen Zeitraum um 16 Jahre gesunken (von 69 auf 53 Jahre) (Abbildung 5). Der Anteil der Buche hingegen wächst relativ und absolut. Seit 2021 hat die Buche die Fichte als häufigste Baumart abgelöst. Im Jahr 2023 liegen erstmals die Mengenanteile von Eiche und Fichte auf gleichem Niveau (Abbildung 6).
Abb. 7: Kontrolltrupp bei der Arbeit
In Folge der Borkenkäferkalamität sehen wir also seit 2018 im Fichtenkollektiv eine überproportionale Zunahme von jungen Individuen bei sinkender Gesamtzahl von erfassten Bäumen. Jungbäume weisen in der Regel noch keine nennenswerte Verlichtung auf. Das in den letzten zwei Jahren beobachtbare Abnehmen der Kronenverlichtung der Fichte resultiert also aus dem sinkenden Durchschnittsalter der zur Verfügung stehenden Grundgesamtheit. Die Aussagekraft der Waldzustandserhebung wird hierdurch nicht geschmälert; man muss sich nur vor Augen führen, dass sie eine jährlich durchgeführte Momentaufnahme der Gesundheit des jeweils aktuell zur Verfügung stehenden Aufnahmekollektivs darstellt.
Bedingt durch die starke Fluktuation innerhalb des Aufnahmekollektivs hat sich der Aufwand, den das Sachgebiet Großrauminventuren betreiben muss, um das Inventurnetz der Waldzustandserhebung zu pflegen (Neuanlage ausgefallener Baumgruppen oder kompletter Inventurpunkte), in den letzten Jahren deutlich erhöht.