In mehreren vom August-Hochwasser betroffenen Regionen untersuchte die WSL im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU), woher das Schwemmholz stammte. Es wurden einerseits Untersuchungsgebiete gewählt, in denen der Sturm "Lothar" im Dezember 1999 besonders stark gewütet hatte: das Berner Oberland, das Entlebuch (Kanton Luzern) und der Kanton Obwalden. Anderseits wurde auch das vom Lothar wenig betroffene Prättigau (Graubünden) untersucht.
An über 20 Standorten (Abb. 2) schätzten wir mittels einer visuellen Ansprache ab, wie sich das Holz bezüglich seiner Herkunft zusammensetzte und wie gross das Volumen von natürlich abgelagerten und von später aufgeschichteten Schwemmholzhaufen war. Zudem legten wir im angehäuften Holz 46 systematische Linienproben an (Abb. 1), in denen wir 526 Stämme, Balken und Bretter mit Durchmessern über 10 cm detailliert untersuchten. Über die Volumina der einzelnen Holzkategorien in den Haufen schlossen wir auf die Zusammensetzung des gesamten untersuchten Schwemmholzes. Die Auswertungen sind noch im Gange. Der vorliegende Artikel zeigt erste, ausgewählte Resultate der Linienproben.
Wenig Bau- und Brennholz
Abb. 2 - Aufnahmeorte in ausgewählten Regionen, wo die Zusammensetzung des Schwemmholzes der August-Unwetter abgeschätzt wurde.
Die in den Linienproben erfassten Stämme, Balken und Bretter wurden ausgemessen und in drei Kategorien eingeteilt: natürliches Schwemmholz, Bauholz und Brennholz. Es zeigte sich, dass das Hochwasser zum grössten Teil natürliches Schwemmholz transportierte, tote und lebende Bäume also, die noch von keinem Menschen zur Nutzung aufbereitet wurden. Der Anteil von Bau- und Brennholz lag an fast allen untersuchten Orten unter 10 Volumenprozent (Abb. 3). Der hohe Anteil von Bau- und Brennholz im Prättigau stammte vor allem von Holz aus Uferverbauungen aus dem Schraubach und von mitgerissenen Chalets.
Grosse lokale Unterschiede
Abb. 3 - Volumenanteile der unterschiedenen Holz-Typen in den einzelnen Regionen. In den Klammern stehen die geschätzten Volumina je Region, die von den Linienproben repräsentiert werden. Die beiden rechten Säulen dienen zum Vergleich.
Beim natürlichen Schwemmholz (total 436 Stücke) untersuchten wir, ob die Bäume vor dem Unwetter noch frisch waren oder nicht. Die als "frisch" klassierten Bäume wiesen noch Teile einer frischen, grünen Rinde auf. Bäume, die durch den Wassertransport die Rinde verloren hatten, wurden als "nicht frisch" angesprochen, weil unklar war, ob sie schon vor dem Unwetter tot waren oder nicht. Wir gehen davon aus, dass letztlich weniger Bäume als "frisch" bezeichnet wurden als vor dem Unwetter tatsächlich noch lebten.
Die Messungen führten grosse lokale Unterschiede zutage. Es gab Stellen, an denen der Frischholzanteil bei rund 35 Prozent lag (Obwalden und Entlebuch), andernorts lag er bei rund 80 Prozent (Brienzersee). Im Mittel über alle "Sturm-Regionen" wurden rund 55% des Holzes als frisch klassiert (Abb. 3). Im Vergleich dazu sprachen wir im Prättigau 35% als frisch an. In einer 1987 im Goms (Wallis) durchgeführte Studie waren es nach einem starken Unwetter rund 50% (Bänziger 1990, Abb. 3, rechte Säule). Neben der Frische wurden die natürlichen Stämme auch auf Käferspuren untersucht. Im Mittel wurden in den "Sturm-Regionen" an rund 15% der Stämme Käferspuren entdeckt.
Ereignisanalyse
Da in den einzelnen Regionen zwischen 35% und 80% des Schwemmholzes als "frisch" klassiert wurde, muss bei ähnlichen Ereignissen vermutlich auch in Zukunft mit viel frischem Schwemmholz gerechnet werden. Um die Bedeutung des Schwemmholzes im Falle eines Hochwasserereignisses realistisch einzuschätzen, ist eine ganzheitliche Sicht wichtig, von der Quelle des Holzes bis zum Schadensort.
Die Resultate dieser Untersuchung fliessen in eine umfassende Analyse der August-Unwetter ein, die das Bundesamt für Wasser und Geologie in Zusammenarbeit mit der WSL und anderen Institutionen erstellt. Darüber hinaus laufen an der WSL seit 2003 zwei vom BAFU finanzierte Forschungsprojekte über Schwemmholz in Wildbächen, deren Ergebnisse ebenfalls in die Ereignisanalyse einfliessen werden. Und schliesslich sind im Rahmen dieser Analyse zusätzliche Untersuchungen zum Schwemmholz geplant. Die Resultate der Ereignisanalyse werden in etwa zwei Jahren vorliegen. Erst dann lassen sich der Einfluss der heutigen Waldpflege auf die gesamte Schwemmholzmenge und der Zusammenhang zwischen Schwemmholz und Schaden genau beschreiben.
Literatur
- Bänziger, R., 1990: Schwemmholz im Unwettersommer 1987. Schweizer Ingenieur und Architekt 47 (22. November 1990): 1354–1358.