Im Mai 2004 erschien in der Reihe "LWF Wissen" eine Ausgabe über den "Vorbeugenden Hochwasserschutz durch Wald und Forstwirtschaft in Bayern" von Dr. Martin Kennel. Am Beispiel der bayerischen Jahrhunderthochwasser 1999 und 2002 untersuchte er die Wirkung des Au- und Bergwaldes auf den Hochwasserstand. Kennel sagt: "Der Wald ist wie ein Schwamm, der überschüssiges Wasser aufnimmt und es langsam nach und nach an seine Umgebung wieder abgibt."
Wiesen, Weiden und Kahlflächen haben einen deutlich höheren und schnelleren Oberflächenabfluss als Wald. Aus diesem Grund ist es notwendig, im Einzugsgebiet von Bächen und Flüssen die Waldfläche zu erhalten, besser noch zu vergrößern.
Aber auch im Wald gibt es Unterschiede. Junge oder alte und verlichtete Fichtenbestände haben im Vergleich zu einem gestuften Bergmischwald einen deutlich höheren und schnelleren Oberflächenabfluss. Bei Niederschlägen mit mittlerer Stärke wirkt ein gemischter Wald sehr gut einem hohen Oberflächenabfluss entgegen und vermindert dadurch die Hochwassergefahr. Bei Extremereignissen wie in den Jahren 1999, 2002 und 2005 ist laut Kennel der Einfluss des Waldes im Einzugsgebiet nur noch bedingt wirksam. Nach einer entsprechend langen Regendauer ist der Boden so mit Wasser gesättigt, dass ein großer Teil des Regenwassers an der Oberfläche abfließt.
Trotzdem ist die positive Wirkung des Waldes nicht zu unterschätzen. Denn oft entscheiden nur wenige Zentimeter Wasserhöhe darüber, ob der Damm hält und die dahinterliegenden Ortschaften vor dem Hochwasser geschützt bleiben.
Das Moor ist ein unersättlicher Schwamm
Die Moore am Alpenrand, an dem die Flutwellen meist ihren Anfang nehmen, haben für die Wasserspeicherung eine große Bedeutung. Intakte Hochmoore speichern enorme Mengen an Regenwasser und geben es so langsam wieder ab, dass es ein Hochwasser nicht mehr nennenswert beeinflussen kann. Sogar extreme Niederschläge nehmen sie in größeren Mengen auf als andere Flächen. Allerdings sind die Hochmoore flächenmäßig nicht mehr in einem bedeutenden Umfang vorhanden. Die heute oft anzutreffenden entwässerten und abgetorften Moore speichern erheblich schlechter und geringere Mengen im Vergleich zu intakten Flächen. Das aktuelle Steigerungspotenzial zum Hochwasserschutz durch die Zunahme der Moorfläche ist gering, da die Moorrenaturierung auf Grund des langsamen Wachstums der Torfmoose ein langfristiges Vorhaben ist. Hinzu kommt, dass viele entwässerte ehemalige Moorflächen so stark verändert sind, dass eine Renaturierung in der benötigten Flächenausdehnung nicht realisiert werden kann.
Auwälder als Auffangräume für Hochwasser
Die Flussauen in Bayern nahmen ursprünglich Flächen von rund 300.000 ha ein, die nahezu vollständig mit Wald bestockt waren. Heute sind von der ursprünglichen Fläche nur noch 13 % mit Wald bestockt. Große Teile der Flussauen sind durch Deiche abgetrennt. Im überfluteten Auwald sind die Wasserretention und die Stauhöhe erheblich höher als auf unbewaldeten Überflutungsflächen. Das heißt, der Auwald nimmt enorme Wassermengen auf und gibt sie verzögert wieder ab.
Auwälder vermindern nachweislich die Hochwasserspitzen entlang von Bächen und Flüssen und tragen dazu bei, Schäden gering zu halten. Dabei entstehen im Ökosystem Auwald selbst keine nennenswerte Schäden.
Die Wasserwirtschaftsämter arbeiten zur Zeit an der Umsetzung des Programms "Nachhaltiger Hochwasserschutz in Bayern – Aktionsprogramm 2020 für Donau- und Maingebiet", in dem die Stärkung des vorbeugenden Hochwasserschutzes beispielsweise durch die Wiedergewinnung von flussnahen Auwaldflächen eine bedeutende Rolle spielt. Es bleibt nur zu hoffen, dass die finanzielle Ausstattung nicht durch den allgemeinen Sparkurs zu stark gekürzt wird.