Warum braucht es Waldwege?
Abb. 2 - Kunstbauten werden wenn immer möglich mit Materialien erstellt, die vor Ort vorkommen. Zweckmässig sind beispielsweise Steinblockmauern; sie fügen sich gut in die Landschaft ein und bieten vielen Kleintieren Lebensraum.
Abb. 3 - Einbau von Tragschicht und Deckbelag: Je nach Beanspruchung des Waldweges werden natürliche Beläge wie Sand-Kies oder aufbereitete Materialien wie Beton oder Asphalt verwendet.
Es braucht Waldwege um in die Wälder zu gelangen. Dadurch werden die Waldpflege und die Holznutzung wesentlich erleichtert. Waldwege sind sowohl wirtschaftlich als auch für die Arbeitssicherheit sehr wichtig. Mit Lastwagen befahrbare Waldwege ermöglichen eine effiziente und sichere Holzernte. Ohne ein angepasstes und sinnvoll ausgebautes Waldwegsystem sind die Pflege der Schutzwälder und der Unterhalt von Schutzbauten nicht möglich.
Waldwege werden vielfältig genutzt. Dank einem sinnvoll ausgebauten Waldwegesystem lassen sich Land- und Alpwirtschaftsflächen, touristische Anlagen, Infrastrukturen der Grundversorgung wie Wasser- oder Stromversorgung, Naturschutzgebiete (Pflegemassnahmen) oder Schutzbauten gegen Lawinen, Steinschlag oder Hochwasser besser erschliessen.
Wer darf Waldwege befahren?
Waldwege dürfen grundsätzlich nur zu forstwirtschaftlichen Zwecken befahren werden. Gemäss eidgenössischem und kantonalem Waldgesetz gelten Ausnahmen für die Erfüllung militärischer und anderer öffentlicher Aufgaben sowie zugunsten der Land- und Alpwirtschaft. Die Gemeinden können weitere Ausnahmen zulassen (beispielsweise für Grundeigentümer, Unterhaltsarbeiten oder Bergbahn-Betriebe). Die Ausnahmen müssen in einem Reglement festgehalten werden. Die restriktive Fahrbewilligungspraxis auf Waldwegen dient dazu, den Lebensraum Wald vor unnötigen Störungen zu schützen.
Wie gross ist das Waldwegnetz in Graubünden?
In Graubünden misst das mit Lastwagen befahrbare Waldwegnetz rund 2’100 Kilometer (dies entspricht 11,6 Meter Waldweg pro Hektare Wald). Das Waldwegnetz ist also um einiges länger als das Kantons- und Nationalstrassennetz in Graubünden mit einer Gesamtlänge von 1’602 Kilometern. Zusätzlich gibt es noch rund 2’900 Kilometer meist ältere, oft sehr schmale und steile Waldwege, die mit modernen Holzerntemaschinen und Holztransport-Fahrzeugen nicht befahrbar sind.
Im Vergleich zum Schweizer Mittelland und der gesamten Schweiz ist die Dichte des Waldwegnetzes in Graubünden viel kleiner. Der Grund dafür liegt in der Topografie. Im steilen Gelände sind dem Waldwegbau Grenzen gesetzt. Dies führt dazu, dass die Wälder Graubündens unberührter sind als in den meisten Gebieten der Schweiz.
Wird das Bündner Waldwegnetz noch wesentlich zunehmen?
Nein. Ein grosser Teil der Bündner Wälder ist bereits mit Waldwegen ausreichend erschlossen. Neubauten wird es in Zukunft nur noch wenige geben, obwohl die Holznutzung seit 2007 erfreulicherweise wieder zugenommen hat. Diese Neubauten entstehen primär dort, wo bestehende Wege zu steil sind und aus Sicherheitsgründen nicht ausgebaut werden können. Die wenigen Waldgebiete, die heute noch unerschlossen sind, sollen hingegen nicht mit neuen Wegen erschlossen werden.
In Zukunft stehen die Instandstellung und der Erhalt des Waldwegnetzes im Vordergrund. Waldwege müssen beispielsweise nach Beschädigungen durch Unwetter wieder hergestellt und sicher befahrbar gemacht werden. Hinzu kommt der Ausbau einiger bestehender Waldwege. Diese muss man gezielt verstärken und verbreitern, um den heutigen Bedürfnissen der Waldbewirtschaftung und des Holztransportes zu genügen.
Der Kanton Graubünden setzt Prioritäten
Das Amt für Wald Graubünden bewertet alle Erschliessungsvorhaben (Ausbau, Instandstellung, Neubau) nach einem einheitlichen System. Dies beinhaltet den Vergleich von Kosten, Nutzen und Bedeutung einer Erschliessung. Dabei werden auch verschiedene Varianten, wie der Einsatz von Langstreckenseilkran, Helikopter, Maschinenweg, verschiedene Linienführungen und auch die 0-Variante geprüft.
Bauvorhaben mit grosser Bedeutung und einem günstigen Verhältnis zwischen Nutzen und Kosten werden von Bund und Kanton finanziell unterstützt. Die Sicherstellung der Schutzwaldbewirtschaftung hat dabei Priorität. Dieses Bewertungssystem garantiert, dass die Mittel effizient eingesetzt werden.
Welche Bauregeln gelten für Waldwege?
1 Abtrag / 2 Auftrag / 3 Tragschicht / 4 Deckbelag
Damit eine effiziente Holzernte mit Forstschlepper, Seilkran und Lastwagen möglich ist, gelten sowohl bei der Instandstellung und beim Ausbau als auch beim Neubau von Waldwegen folgende Standardwerte: 3,25m minimale Wegbreite, 12% (maximal 15%) Längsneigung, 28 Tonnen Tragfähigkeit.
Bei der Projektierung (Bau oder Ausbau) von Waldwegen wird speziell darauf geachtet, die Linienführung optimal dem Gelände anzupassen. Die Erdarbeiten werden minimal gehalten, Abtrag und Aufschüttungen (Auftrag) werden auf möglichst kurze Distanz ausgeglichen. In sehr steilem Gelände werden Kunstbauten wie Mauern oder Brücken erstellt. Dadurch lassen sich die Eingriffe ins Gelände relativ gering Halten.
Ein Waldweg braucht Unterhalt!
Die Fahrbahn eines Waldweges wird nicht nur von Fahrzeugen beansprucht, sie ist auch das ganze Jahr der Witterung ausgesetzt. So muss ein Waldweg dauernd unterhalten werden, um seine Aufgabe während der vorgesehenen Lebensdauer zu gewährleisten. Speziell wichtig ist der Wegunterhalt im Frühling nach der Schneeschmelze oder nach starken Niederschlägen und nach ausgeführten Holzschlägen. Dieser Unterhalt ist Aufgabe der Gemeinden.
Wer ist am Waldwegbau beteiligt?
Die Bevölkerung bestimmt mit! Der Entscheid zum Bau eines Waldweges erfolgt an einer Gemeindeversammlung. Am Bau sind unterschiedlichste Akteure beteiligt: Bauherrschaft, Projektleitung, Revierförster, projektierender Ingenieur, Bauunternehmungen, Bauleitung sowie das Amt für Wald Graubünden und das Bundesamt für Umwelt.
Am Anfang eines Waldwegbaus steht immer der Auftrag der Bauherrschaft an das Amt für Wald Graubünden, ein bestimmtes Walderschliessungsvorhaben zu planen und zu realisieren. Auf Antrag der Projektleitung, die durch das Amt für Wald wahrgenommen wird, beauftragt die Bauherrschaft einen Ingenieur, welcher die für den Waldwegbau nötigen Plangrundlagen erarbeitet. Frühzeitig werden kantonale Amtstellen und Interessenvertreter konsultiert.
Schliesslich werden die Projektunterlagen öffentlich aufgelegt und von der Gemeinde und der Regierung des Kantons Graubünden genehmigt. Danach folgt die Ausschreibung der Bauarbeiten. Die Bauunternehmung führt unter Aufsicht eines Bauleiters und der Projektleitung die Arbeiten aus.
Gibt es für die Waldbewirtschaftung Alternativen zum Waldweg?
Ja. Die Waldbewirtschaftung kann mit verschiedenen Methoden durchgeführt werden. Entscheidend sind jedoch Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und Ökologie. Der Waldweg erlaubt es, das Holz vom Wald mit modernen Holzerntemaschinen effizient und sicher zum Verarbeiter zu bringen.
Dies war nicht immer so: Früher war die Holznutzung schwere Handarbeit und die Holzabfuhr wurde aufwändig mit dem Pferd auf schmalen Pfaden realisiert. Heute erfolgt die Holzerei oft teilmechanisiert und die Abfuhr mit grossen Lastwagen. Wo keine Waldwege bestehen und keine Seilanlagen aufgestellt werden können, gelangt der Helikopter zum Einsatz. Die Waldbewirtschaftung über den Waldweg ist jedoch die sicherste und kostengünstigste Lösung und dient zudem zahlreichen weiteren Nutzern. Pro Jahr werden auf den Waldwegen in Graubünden rund 350'000 Kubikmeter Holz transportiert.
Was kostet ein Waldweg und wie werden Waldwege finanziert?
Ein Laufmeter Waldweg kostet zwischen 400 und 700 Franken. In schwierigem Gelände mit Kunstbauten wie Mauern oder Brücken muss mit Kosten von 1’000 bis 1’500 Franken pro Laufmeter gerechnet werden.
Zum Vergleich: Der Bau einer normalen Kantonsstrasse kostet rund 5’000 bis 10'000 Franken pro Laufmeter. Die Kosten für Ausbau, Neubau und Instandstellung von Waldwegen werden zu rund zwei Dritteln von Bund und Kanton und zu einem Drittel von der Bauherrschaft (meistens die Gemeinde) getragen. Der Unterhalt ist Sache der Gemeinde.
GLOSSAR
Abtrag: Erdmassen, die beim Neu- oder Ausbau eines Waldweges anfallen.
Auftrag: Aus dem Abtrag oder anderweitig zugeführte Erdmassen zur Sicherung der talseitigen Böschung und als Untergrund für die Tragschicht.
Basiserschliessung: Ein Waldweg gilt als Basiserschliessung, wenn man auf diesem das Holz mit Forstschlepper und Seilkrananlagen zuführen und es mit Lastwagen abführen kann.
Deckbelag: Wird auf die Tragschicht aufgetragen. Er schützt den Weg-Untergrund vor Erosion und erhöht den Fahrkomfort.
Lebensdauer: Ein Waldweg wird für die Nutzungsdauer von 40 Jahren gebaut.
Maschinenweg: Ein Weg ohne Tragschicht, der für einen bestimmten, relativ kurzen Zeitabschnitt gebaut und nach Abschluss der Pflege- und Holzereiarbeit sich selbst überlassen wird.
Tonnage: Das Maximalgewicht, mit dem ein Waldweg befahren werden kann.
Tragschicht: Eine verdichtete Erdschicht, die auf den Untergrund aufgetragen wird. Auf ihr lastet das Gewicht der Fahrzeuge.
Waldweg: Ein Waldweg ermöglicht es, eine bestimmte Waldfläche mit einem Fahrzeug zu erreichen (In forstlicher Fachsprache: Ein Waldweg dient der Wald-Erschliessung).