Im Hochgebirge gibt es nach wie vor Flächen, die nach heutigen Maßstäben vollkommen unerschlossen sind. Solch eine Fläche liegt am Hagnberg in der Gemeinde Fischbachau (Lkr. Miesbach). Um 1920 wurden hier in einem Großkahlschlag ca. 70 ha Wald abgetrieben und mit Fichte aufgeforstet. Da die momentane Bestockung die Bedingungen für einen nachhaltigen Schutzwald mit Wasser-, Boden-, Lawinen und Erosionsschutz nicht erfüllt, kann das Ziel nur ein ausreichend gemischter und gestufter Bergmischwald sein. Grundvoraussetzung dafür ist eine moderne und nachhaltige Forstwirtschaft, die die Erschließung mit Lkw-befahrbaren Forstwegen voraussetzt.
Erfassung der Daten
Am Anfang des Hagnbergweg-Projektes stand der Wunsch einiger Beteiligter nach Erschließung der Fläche.
Ein erster Begang, die grobe Festlegung des Erschließungsgebietes und die Suche in der Karte nach negativen und positiven Kardinalpunkten (Felswände, Tobel, Vernässungen, Verebnungen) schlossen sich daran an. Von Anfang an war klar, dass es ein Stichweg mit Wendeplatte werden wird.
Im konkreten Fall musste der Hagnbergweg die ersten 500 Meter steil ansteigen (12 %), um Höhe und damit auch Erschließungsfläche zu gewinnen. Die erste Grobtrassierung fand mit Gefällsmesser und Sprühdose statt. Beim Rückweg wurde die Trasse bereits mit GPS eingemessen.
Obwohl der Hagnberg ein Nordhang ist (eingeschränkter GPS-Empfang) und nur ein billiger GPS-Empfänger (Garmin-GPS 72) verwendet wurde, konnte eine Messgenauigkeit von +/- 10 Metern erreicht werden, da die Bedingungen, z. B. Satellitenverfügbarkeit und Witterung, sehr gut waren.
Bearbeitung im Büro
Da Forstämter nicht über hochwertige GIS-Software, z. B. ArcView, verfügen, um digitale Luftbildkarten des Landesvermessungsamtes zu verarbeiten, musste eine preisgünstige Alternativlösung gefunden werden. Luftbilder für den Bereich waren vorhanden, ebenso ein Durchsichtscanner (HP scanjet 4600), mit dem die Karten digitalisiert wurden. Drei eindeutig auf dem Luftbild zu lokalisierenden Punkte wurden mit GPS eingemessen. Mit den so gewonnenen Koordinaten konnte die Projektkarte mit der GPS-Software Fugawi (ca. 150 EUR) georeferenziert werden.
Anschließend wurden die GPS-Daten der Trasse in diese neue Projektkarte importiert. Die Erschließungsfläche ergibt sich aus dem Erschließungsband, das sich beidseits des geplanten Forstweges mit einem Abstand von 300 Metern erstreckt. Das entspricht der horizontalen Seilentfernung einer mobilen Seilkrananlage. Die Erschließungsfläche hängt also direkt von Lage und Verlauf des Weges ab. Mit konventioneller Einmessung ist die Lage der Trasse in undifferenzierten Bergseiten aber nur sehr ungenau (bestenfalls +/- 50 Meter) zu bestimmen. Durch die Einmessung mit GPS wurde eine hinreichend genaue Ermittlung der Erschließungsfläche und der beteiligten Waldbesitzer erst möglich.
Entscheidung durch die Eigentümerversammlung
Nachdem die Wegetrasse und das Erschließungsgebiet feststanden, war klar, wer die Beteiligten sind. In einer Versammlung aller am Wegebau Beteiligten wurde das Projekt mit einer Beamer-Präsentation vorgestellt, bei der die bereits vorhandenen digitalen Karten als Grundlage dienten. Diese Gelegenheit nutzten die anwesenden Waldbesitzer, um einen Bauausschuß als Vertretungsorgan aller Beteiligten zu wählen. Trotz großer Zustimmung war ein weiterer Geländebegang und intensive Gespräche mit "Unentschlossenen" notwendig, um von allen Beteiligten die Unterschriften für die Verpflichtungserklärung zu erhalten. Neu war hier ein Passus, der die Waldbesitzer dazu verpflichtet, jährlich einen Betrag in Höhe von 5 Euro/ha mittels Abbuchungsgenehmigung an ein von der Gemeinde geführtes Unterhaltskonto abzuführen. So wird der Wegeunterhalt finanziell abgesichert, ähnlich wie das Hausgeld bei einer Gemeinschaft von Eigentumswohnungen. Der noch fehlende Gemeinderatsbeschluss war nur noch Formsache.
Arbeiten im Gelände
Jetzt konnte die Trasse im Gelände verpflockt und eine Stationsbeschreibung erstellt werden, die Neigungswinkel, Kurvenradien (Einrückverfahren), Kunstbauten (Trockenmauern) und sonstige wichtige Einzelheiten enthält.
Mit den vorhandenen digitalen Planungsgrundlagen wurden auch die für eine Förderung notwendigen Unterlagen (Erläuterung des Bauvorhabens, Kostenvoranschlag, usw.) erstellt.
Darüber hinaus wurden professionelle Projektmappen zusammengestellt und den beteiligten Behörden zur Stellungnahme zugeleitet.
Kosten-Nutzen-Analyse
Trotz der schwierigen Baubedingungen im steilen Gelände und der relativ hohen Werbungskosten lohnt sich der Wegeneubau nach der Kosten-Nutzen-Analyse für die einzelnen Waldbesitzer langfristig deutlich, denn über 80 % der Kosten werden vom Freistaat Bayern gefördert. Nachdem auch die ehemalige Forstdirektion das Projekt genehmigt hatte, wurden die zu entnehmenden Trassenbäume ausgezeichnet und der Trassenaufhieb vorgenommen.
Gleichzeitig wurde das Projekt beschränkt öffentlich ausgeschrieben. Dabei wurde aufgrund der schwierigen geologischen Verhältnisse kein Leistungsverzeichnis erstellt und nach VOB ausgeschrieben, sondern es wurden nur Regiestundensätze für Teilarbeiten ausgeschrieben.
Georeferenzierung ...
... ist die eindeutige rechnerische Zuordnung von Pixeln eines digitalen Bildes (z. B. gescannte Luftbilder / Karten) zu realen Vermessungskoordinaten. Dies geschieht über Passpunkte, die im Gelände eingemessen werden und eindeutig auf der Karte erkennbar sind. Die Georeferenzierung enthält Informationen wie x- und y-Ausdehnung der Pixel sowie eine mögliche Drehung und Verzerrung in jedes gewünschte Koordinatensystem. Sie ermöglicht damit einem GIS die passgenaue und maßstabsgetreue Überlagerung / Verortung verschiedener Pixelbilder auch unterschiedlicher Maßstäbe und Herkunft zur Auswertung und Weiterverarbeitung in einem einheitlichen Koordinatensystem.
Vereinfacht: Georeferenzierung bringt einen digitalen Plan in die richtige Lage.
Bauleitung durch den Revierleiter
Die Bauleitung und Bauoberleitung blieb komplett in der Hand der Forstdienststelle. Die Verantwortung für das Gelingen des Wegebaus ist hierbei für den Revierleiter zwar deutlich höher, insgesamt aber die günstigste Art, Wege zu bauen. Beteiligte Waldbesitzer können Eigenleistungen einbringen, wie es in der forstlichen Wegebaurichtlinie (FWegR) vorgesehen ist. Angeschnittene Kiesvorkommen konnten günstig eingebaut werden. Durch dieses Vorgehen kann auch sonst flexibel auf Unvorhergesehenes reagiert werden, ohne dass dies teuer als Zusatzleistung bezahlt werden muss.
Der Trassenrohbau erfolgt mit einem Bagger. Der notwendige Längstransport zum Neigungsausgleich auf der Trasse wird von einer Raupe erledigt.
Nach Trassenrohbau, Erstellung der Kunstbauten, Einbau der Entwässerungsrohre und Böschungsarbeiten wird eine ca. 60 cm hohe Tragdeckschicht aus "Bruchschutt" (0-40 cm) aufgebracht. Anschließend wird in drei Durchgängen mit einem Steinzertrümmerer eine ca. 15 bis 20 cm hohe Deckschicht hergestellt.
Trotz des hohen Anteils an Meißelarbeiten und der erstellten Trockenmauern sind die Baukosten mit knapp 70 Euro je Laufmeter äußerst günstig.
Fazit
Der Einsatz moderner Technologie (GPS, GIS) half, das Wegebauprojekt schnell und fundiert zu planen, was alle Beteiligten für ihre Entscheidung positiv beeinflusste. Durch Ausschreibung von Regiestunden und die Leitung der Arbeiten durch den Revierleiter können die Baukosten der Trasse sehr niedrig gehalten werden.