Verfahrenserprobung in Brandenburg

Waldsaaten bestechen durch Naturnähe, Flexibilität und geringe Kosten. Allerdings sind die Ergebnisse von zahlreichen methodischen bis zufallsbedingten Faktoren abhängig. Weder Betriebsstatistiken, Revierbücher noch Erfahrungsberichte reichen für eine objektive Beurteilung aus. Neue Verfahren müssen erst den Praxistest bestehen − hier im Nordostdeutschen Tiefland. So führt das FIB zusammen mit dem Landesbetrieb Forst Brandenburg (LFB) − Forstbetrieb Doberlug/Niederlausitz seit 2023 systematische Technikversuche durch. Betrachtet werden der Saatvorgang und das Verjüngungsergebnis.

Zum Einsatz kommen: Kleinraupe Moritz Fr50/75 mit (1) Sä-Fräskombination, (2) Unterbaupflug und Sämaschine, (3) Säeinheit, (4) Einscheibenpflug "Wildsau P1T" und Säeinheit sowie (5) gassengebundener LFB-Waldbauharvester PREUSS 84 V.II mit Säeinheit (Prototyp) und (6) streifenweise Handsaat nach manueller Bodenvorbereitung.

Bei den 26 Versuchsplots an drei typischen Standorten handelt es sich um Parzellen von jeweils 0,1 bis 0,2 ha. Alle Flächen sind eben und enthalten nur wenig Restholz bzw. Schlagabraum − also für forstliche Kleintechnik leicht befahrbar.

  • Verjüngungszeitpunkt ist Ende Februar 2023, bei frostfreier Witterung und annähernder Wassersättigung des oberen Mineralbodens (20 bis 30 Vol.-%). Die Maßnahmen folgen den im LFB empfohlenen Saatgutmengen von 50 kg Bucheckern bzw. 200 kg Eicheln/ha (lufttrocken). Damit beträgt der Saatrillen-Abstand 2,0 m.
  • Das Vermehrungsgut stammt aus den regionalen Herkunftsgebieten 810 05 (Rot-Buche) sowie 818 04 (Trauben-Eiche). Es hat eine bescheinigte Keimfähigkeit von 70% beziehungsweise 61%.
  • Als Referenz dient eine (Hand)-Klemmpflanzung im Verband 2,0 x 1,0 m = 4.000 Stk./ha (Gassenabstand 20 m bzw. -breite 4 m). Die Buchen- und Eichen-Sämlinge (Sprosslänge 10-25 cm) sind herkunftsgleich zum Saatgut.

Flächenleistung, System- und Arbeitskosten

Die begleitenden Zeitstudien erfolgen nach REFA-Methodenlehre − getrennt nach Arbeitsschritten bzw. Tätigkeiten der reinen Arbeitszeit.

  • Forstliche Kleintechnik hat eindeutige Leistungsvorteile. Vor allem die Kombination mit einer Sä-Streifenfräse bzw. einer Säeinheit überzeugt. Hier beträgt die reine Arbeitszeit nur 2 bis 5 Std./ha.
  • Dagegen benötigt der "kratzende" Waldbauharvester bei durchgehend streifenweiser Bearbeitung 7 bzw. 12 Std./ha.
  • Noch zeitaufwändiger sind Handsaat mit manueller Bodenvorbereitung und Klemmpflanzung. So dauert etwa eine streifenweise Buchensaat knapp 35 Std./ha, die Pflanzung immerhin bis 22 Std./ha.

Ähnlich verhalten sich die Arbeitskosten, noch berechnet ohne Zuschläge für Rüstzeiten, Unterbrechungen und allgemeine Zeiten – in Summe ca. 20 bis 30% der jeweiligen produktiven Zeit.

Verfahren bzw. Technikvariante

Kostensatz €/Arbeitsstunde

Arbeitskosten €/Hektar

Moritz & Sä-Fräskombination

75

150 - 170

Moritz & Säeinheit

75

130

Moritz & Unterbaupflug & Sämaschine

80

200 - 370

Moritz & „Wildsau P1T“, Moritz & Säeinheit

75 + 75

270

LFB-Waldbauharvester / nur Buchensaat110770 - 1.375

Handsaat mit manueller Bodenvorbereitung

40

1.360 - 1.400

(Hand)-Klemmpflanzung (1+0)

40

700 - 885

Tab. 1. Arbeitskosten der Verjüngungsverfahren bezogen auf die produktive Systemstunde (PSH0)/ha, LFB-Kostensatz Stand 2023

Zu den direkten Verfahrenskosten kommen die Aufwendungen für Saatgut bzw. Baumschulpflanzen: Rot-Buche − 45 €/kg Saatgut = 2.250 €/ha (50 kg/ha) zu 2.360 €/ha (1+0, 4.000 Stk./ha, die Rückegassen bleiben bestockungsfrei); Trauben-Eiche − 10 €/kg Saatgut = 2.000 €/ha (200 kg/ha) gegenüber 4.160 €/ha (1+0, 4.000 Stk./ha). Die Saatgut- und Pflanzenkosten liegen noch am unteren Ende der Preisskala.

Für alle Verfahren bildet das Vermehrungsgut den Hauptkostenfaktoren. Bei festen Arbeitsabläufen ergeben sich Kosteneinsparungen aus geringeren Saatdichten. Das erfordert einen standortgerechten Geräteeinsatz und technologische Anpassungen bzw. Nachjustierungen. Zwar ist die angestrebte Saatgutmenge bereits niedrig, verglichen mit häufigen Empfehlungen (100-200 bzw. 300-800 kg/ha). Gleichwohl lassen sich Bodenvorbereitung und Aussaat weiter optimieren. Vor allem die Rot-Buche reagiert empfindlich auf eine unzureichende oder übermäßige Mineralbodenabdeckung. Dagegen sind Eichensaaten per se ergiebiger, weil im Keimbett weniger anspruchsvoll. Zugleich versprechen sie die größeren Kostenvorteile gegenüber einer Pflanzung:

Testfall 1: Buchensaat, lückige Kiefern-Waldumbaufläche

Die 128-jährige einschichtige Kiefern-Reinbestockung steht beispielhaft für die Walderneuerung im südlichen Brandenburg. Grundsätzlich "buchen- und eichenfähig", weist der reliktische Sand-Humusgley (Reinsand, Z1w) eine 15-30 cm mächtige Rohhumus-Auflage auf. In der verjüngungshemmenden Bodenvegetation dominiert Landreitgras, gefolgt von Adlerfarn, Drahtschmiele und Heidelbeere. Der Gesamtdeckungsgrad beträgt rund 90%.

  • In den beiden Varianten Kleinraupe & Sä-Fräskombination und mit Unterbaupflug + Sämaschine entwickeln sich mehr als 7.500 beziehungsweise 6.000 Pflanzen/ha. Bei eingesetzten 40-60 kg Bucheckern/ha beträgt die Erfolgsquote "vom Samen zur Pflanze" 2 bis 4%.
  • Der LFB-Waldbauharvester hat eine ähnliche Pflanzenausbeute. Jedoch ist die realisierte Saatmenge mit 8,0 kg/ha ungenügend, so dass nur etwa 1.500 Rot-Buchen/ha aufwachsen. Technologische Anpassungen der Saatgutausgabe versprechen bessere Ergebnisse.

Testfall 2: Eichensaat, gelichteter Birken-Pionierwald

Der im Jahr 2022 durch Schirmhieb ausgedünnte Birken-Reinbestand stockt am Rand des ehemaligen Braunkohlentagebaus Kleinleipisch südöstlich von Finsterwalde. Obwohl außerhalb des Abbaufeldes gelegen, findet sich ein lehmiges und kohlehaltiges Kipp-Auftragssubstrat mit initialer Bodenbildung (Regosol). Dessen Aufforstung erfolgt Mitte der 1970er Jahre. Zwar beseitigt ein Mulchen mit einer Forstfräse den "verdämmenden" Graswurzelfilz. Aber das schnelle Nachwachsen von Landreitgras, Adlerfarn und Brombeere wird nicht verhindert.

  • Kleintechnik mit Sä-Fräsaggregat und Sämaschine haben eine Erfolgsquote zwischen 12 und 19%. Mit der tatsächlich verbrauchten Saatgutmenge von 75 bis 100 kg/ha erwachsen 2.500 bis 3.000 Jungpflanzen/ha. Im pflanzenbaulich optimierten Baumschulbetrieb beträgt die Ausbeute rund 40%.
  • Nicht empfehlenswert ist der angehängte Unterbaupflug mit kombinierter Sämaschine: Wegen des bindigen und bei Wassersättigung plastischen Oberbodens verstopft die Säeinrichtung.

Naturnähe und technologischer Fortschritt − kein Widerspruch

Mit ihrer Verfahrensbreite eröffnen Buchen- und Eichensaaten ökologisch, wirtschaftlich und pflanzenbaulich gut begründete Möglichkeiten zur beschleunigten Walderneuerung im Nordostdeutschen Tiefland:

In dafür "wegsamem" Gelände − ohne Schlagabraum oder andere Hindernisse − haben bodenschonende Kleinraupen mit Sä-Fräskombination oder Sä-Einheit eindeutige Leistungs- und Kostenvorteile gegenüber einem streifenweisen Voranbau in Handpflanzung. Gassengebundene Waldbauharvester schneiden bei ähnlicher Anwendung ungünstiger als Kleintechnik ab. So empfiehlt sich ihr Einsatz nur zur Schaffung von Verjüngungsinitialen, wenn andere Methoden ungeeignet oder nach Waldzertifizierung nicht zulässig sind.

Daneben schließt die Handsaat mit Bodenverwundung bestehende Verfahrenslücken, etwa bei geringflächigen Maßnahmen. Sie bleibt insbesondere für "kleine" Waldbesitzende attraktiv, weil unkompliziert und ohne Gegenrechnung der Arbeitsleistung machbar. Inwieweit andere Saatverfahren, insbesondere im Pferdezug, mit vollmechanisierten Lösungen konkurrieren können, lässt sich noch nicht beantworten. Notwendig sind ergänzende Versuche unter gleichartigen Standortverhältnissen und in entsprechenden waldbaulichen Situationen.

Eberswalder Waldkolloquium

Hier finden Sie die Vortragsfolien des Eberswalder Waldkolloquiums 2024 “Wege zur Waldverjüngung und Wiederbewaldung”.