In der Buchreihe des Wissenschaftszentrums Umwelt der Universität Augsburg ist in Kooperation mit dem oekom Verlag ein neues Werk der Reihe Stoffgeschichten entstanden: "Holz - Wie ein Naturstoff Geschichte schreibt" von Joachim Radkau. Der Professor für Neuere Geschichte an der Universität Bielefeld und Mitbegründer der Umweltgeschichte in Deutschland nimmt die Leser in seinem Buch mit auf die Reise durch die wechselvolle Kulturgeschichte des Holzes. Er vermittelt dabei Einblicke in die Beziehung zwischen dem nachwachsenden Naturstoff Holz und uns Menschen als Nutzniesser. Sein Streifzug erstreckt sich dabei von der Steinzeit bis hin zur globalisierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, in der das Holz eine vielfältige Renaissance erlebt.

Als Bau-, Werk- und Brennstoff nicht mehr wegzudenken

Das Buch enthält geballte Information – ist aber dennoch ein verständliches Lesebuch, das den Leser fesselt, ergänzt durch zahlreiche Abbildungen, Sachverzeichnis und Quellenangaben sowie Zitate. Das Buch macht Lust auf Geschichte und technische Entwicklungen und hilft, am Beispiel Holz die Zusammenhänge in unserer globalisierten Welt besser zu verstehen.

Der Autor orientiert sich an der Entwicklung in Deutschland mit zahlreichen Beispielen vorwiegend aus diesem Raum, die teilweise auch für Mitteleuropa Gültigkeit haben. Am Ende gibt es noch einen Abschnitt über die ausserwestlichen Kulturen Japan, China, Indien und Nepal sowie Konflikte wie die Waldvernichtung in den Tropen oder die Plantagenwirtschaft.

Wie der Mensch mit dem Holz umging und dadurch geprägt wurde, ist zumeist eine ganz unspektakuläre Alltagsgeschichte. Sie wiederholt sich in den unterschiedlichsten Ländern, obwohl die Landschaften mit ihren Wäldern auf den ersten Blick so anders aussehen.

Bei seiner Spurensuche bedient sich der Autor ganz unterschiedlicher Quellen. Einerseits sind es forstliche; hier findet er alles über Holz, Holzeinschlag, Abholzung? Andererseits bedient er sich auch archäologischer, ethnologischer sowie kunsthistorischer Quellen und zeigt den Zusammenhang zwischen Holz und Kultur auf.

Holznutzung früher und heute

Früher hatten die "Holzverbraucher" den Wald noch unmittelbar vor Augen. Sie besassen Waldrechte, suchten sich selbst geeignete Stämme im Wald aus und wussten über die im Wald ablaufenden Veränderungen Bescheid. Heute muss diese Beziehung zwischen Wald und Holzverbraucher erst wieder hergestellt werden. Im Industriezeitalter wird Holz zwar zum wichtigen Wirtschaftsfaktor, aber als solcher kaum wahrgenommen.

Für die Forstverwaltungen wurde die Holzgewinnung frühzeitig der eigentliche Sinn der Waldwirtschaft. Alle anderen Nutzungsarten des Waldes wurden zu "Nebennutzungen" deklariert oder sogar als Waldschädigung eingestuft. Für Bauern stellte sich die Waldnutzung dagegen ganz anders dar - nicht das Holz, sondern der Wald selbst als Laublieferant und Weidegrund für ihr Vieh stand im Vordergrund.

Das Buch zeigt den grossen Konflikt zwischen dem Gebrauchswert, den der Wald für die Anwohner besass und dem Tauschwert, der durch diejenigen Waldprodukte entstand, die sich direkt zu Geld machen liessen. Dieser alte Konflikt besteht in der "Dritten Welt" auch heute noch: Industrielle Holzverwertung und Waldnutzung durch Einheimische haben nichts gemeinsam.

Heute gibt es noch eine Form des Widerspruchs von Gebrauchs- und Tauschwert: die ökologische Funktion des Waldes. Seine Bedeutung für Klima, Wasserhaushalt und Bodenfruchtbarkeit sowie Artenreichtum kann nicht in Geld ausgedrückt werden und ist nicht handelbar!

Gewerbliche Holzverbraucher

Die Geschichte des Holzes ist auch eine ständige Auseinandersetzung mit den technischen Unvollkommenheiten dieses Naturstoffes. Diese wurde zu unterschiedlichen Zeiten oft sehr unterschiedlich empfunden. Das ständige Ausprobieren und Berücksichtigen der jeweiligen Naturgegebenheiten gehörten beispielsweise bei Glasmachern oder Köhlern zur Alltagsarbeit.

Die Klassifizierung von Härte, Dichte und Festigkeit gaben den Ausschlag für die jeweilige Holznutzung: Holz zur Kohlegewinnung, zum Bauen, Flössen oder Schnitzen. Früher waren dabei oft andere Punkte wichtig als heute, was zum einen mit der Verfügbarkeit, zum anderen mit den neuen technischen Möglichkeiten zusammenhängt. Der Autor führt hierzu zahlreiche Beispiele an.

Bergbau hatte vielerorts Forstrodungen zur Folge. Von Wiederaufforstung war damals aber nie die Rede. Aufforstung mit standortfremden Gehölzen gab es aber im Zuge der Flösserei (Transportrevolution). Hierzu eignete sich vor allem Nadelholz.

Seit dem 18. Jahrhundert wurde die "Nachhaltigkeit" als Leitziel aufgeklärter Waldwirtschaft hervorgehoben: Jährlich nur soviel Holz schlagen, wie zur gleichen Zeit wieder nachwächst.

Ende des "hölzernen" Zeitalters

Das gesamte Leben wandelte sich massiv, als sich fossile Energieträger durchsetzten. Viele Menschen waren sich zu Anfang wohl kaum bewusst, dass der Übergang von Holz zu fossilen Energieträgern zugleich auch ein Übergang von regenerativen zu nichtregenerativen Ressourcen bedeutete.

Auch als Lieferant für Werkzeuge wurde Holz allmählich durch andere Materialien wie Eisen abgelöst. Hölzerne Werkzeuge fertigten meist diejenigen, die damit auch arbeiten mussten. Erst mit dem Aufkommen des Werkstoffes Eisen gab es auch die entsprechenden Berufe: Maschinenbauer, Ingenieur, etc., denn diejenigen, die sie bedienen mussten, konnten sie nicht mehr selbst herstellen. Ein Meilenstein hierbei war der Eisenbahnbau, bei dem immer mehr Holzteile durch Eisen ersetzt wurden, ebenso änderte sich die Befeuerung.

Die fortschreitende Technisierung lässt sich auch am Maschineneinsatz im Waldbau ablesen: von der Axt über die Kettensäge, vom Rückepferd bis zu modernen Grossmaschinen.

 

Der Autor erläutert die wechselvolle Stoffgeschichte des Holzes und die interessanten Zusammenhänge an zahlreichen Beispielen. Daher ist das Buch für Leser, die sich irgendwie mit Holz verbunden fühlen - sei es beruflich oder hobbymässig - genauso interessant und lesenswert wie für den geschichtlich interessierten Leser oder den Technikbegeisterten.

 

Radkau, J (2007)

Holz - Wie ein Naturstoff Geschichte schreibt.
Oekom Verlag, München
Preis: 24.00 EUR/48,00 Fr.
Umfang: 341 S.
ISBN: 978-3-86581-049-6

Das Buch ist im Buchhandel erhältlich oder kann beim Verlag bestellt werden.