Das Waldweidenröschen (Epilobium angustifolium) ist Forstleuten oft sehr gut bekannt. Mit seinen intensiv rosa Blüten ist es sehr ansprechend. Besonders beliebt ist es bei einigen Schwärmer-Arten.
Waldweidenröschen – in Wäldern allgegenwärtig
Das Waldweidenröschen – auch Schmalblättriges Weidenröschen oder Stauden-Feuerkraut – ist zirkumpolar in Nordeuropa, Nordasien und Nordamerika verbreitet. Es wächst auf frischen, nährstoffreichen, humosen Lehmböden als Pionierpflanze und Mineralisationszeiger. Zu finden ist es bevorzugt
- in Kahlschlagfluren,
- auf Waldlichtungen,
- an Wanderwegen,
- auf Sturmwurfflächen,
- an Schuttplätzen,
- in Staudenfluren oder
- an Ufern.
Die unverzweigten, aufrechten Stängel können mannshoch werden und besitzen schmale, lanzettliche Blätter, die unterseits blaugrün verfärbt sind. Im Juli und August werden die Blüten durch Insekten bestäubt und stellen eine gute Bienenweide dar. Die langgestreckten Fruchtkapseln enthalten winzige, mit einem Haarschopf ausgestattete Samen. Weil die eiweißhaltigen Blätter sehr gerne vom Reh geäst werden, galt das Waldweidenröschen lange als Verbisszeigerpflanze.
Die wichtigste ökologische Bedeutung des Weidenröschens liegt in seiner Fähigkeit, Kahlflächen im Wald mit weit kriechenden Wurzelsprossen innerhalb weniger Jahre zu bestocken und damit Erosion und Stoffausträge rasch einzudämmen.
Andere Weidenröschen-Arten
In unserer Landschaft kommen noch weitere Weidenröschen vor. Alle Arten gehören in die Familie der Nachtkerzengewächse (Onagraceae). Hier einige Beispiele:
Dt. Name | Wissensch. Name | Vorkommen |
Zottiges Weidenröschen | Epilobium hirsutum | Bachufer |
Sumpfweidenröschen | Epilobium palustre | Bachufer |
Rosmarin-Weidenröschen | Epilobium dodonaei | Gebirge, Kiesfluren am Oberrhein |
Kleinblütiges Weidenröschen | Epilobium parviflorum | feuchte Standorte |
Das Kleinblütige Weidenröschen ist in der Heilpflanzenkunde aufgrund seiner Indikation bei Prostata-Erkrankungen bekannt geworden.
Auch eine invasive Weidenröschen-Art ist bei uns weit verbreitet. Das aus Nordamerika stammende Drüsige Weidenröschen (Epilobium ciliatum syn. Epilobium adenocaulon) ist in Deutschland seit 1927 nachgewiesen und kommt in vielen Gebieten vor. Allerdings bleibt es meist unerkannt.
Schwärmer: Raupen lieben Weidenröschen, Falter lieben Nektar
Hauptverbreitungsregion der rund 1.000 Schwärmer-Arten (Sphingidae) sind die Tropen. In Mitteleuropa leben lediglich rund 20 Schwärmer-Arten. Schwärmer sind meist dämmerungs- und nachtaktive Falter mit einem kräftigen, torpedoförmigen Körperbau. Die Raupen tragen am Hinterleibsende häufig ein sogenanntes Analhorn. Die häufigste Art in Wäldern ist der Kiefernschwärmer (Hyloicus pinastri). Ebenfalls oft zu finden – auch in Park- und Grünanlagen – sind der Pappel- (Laothoe populi) und der Lindenschwärmer (Mimas tiliae). Von einigen Schwärmer-Arten ernähren sich die Raupen ausschließlich oder hauptsächlich von Weidenröschen (Tab. 2).
Schärmer-Art | Fraßpflanze (Raupe) | Raupenzeit | Flugzeit Falter | Häufigkeit |
Mittlerer Weinschwärmer (Deilephila elpenor) | Schmalblättriges und Zottiges Weidenröschen (E. angustifolium, E. hirsutum) Labkräuter (Galium spec.) Fuchsien (Fuchsia) Springkrautarten (Impatiens) | Juni – August | Mai – August | häufig |
Kleiner Weinschwärmer (Deilephila porcellus) | Galium spec. (Epilobium?) | Juli – August | Mai – Juli | häufig |
Nachtkerzen-schwärmer (Proserpinus proserpina) | E. angustifolium E. hirsutum Sumpf-Weidenröschen (E. palustre) Gemeine Nachtkerze (Oenothera biennis) | Juni – August | Mai – Juli | zwar verbreitet, aber zerstreut auftretend |
Labkrautschwärmer (Hyles gallii) | E. angustifolium Galium spec. | Juli – September | Mai – Juli | zwar verbreitet, aber selten, sporadisch auftretend |
Fledermaus-schwärmer (Hyles vespertilio) | Rosmarin-Weidenröschen (E. dodonaei) | Juli – August | Juni – Juli | selten, in Deutschland nur ein Fundort |
Der Mittlere Weinschwärmer (Abb. 2) ist in ganz Europa, außer dem nördlichen Skandinavien, bis nach Kleinasien verbreitet. Er zählt zu den häufigeren Schwärmer-Arten bei uns. Durch seine intensive rosa Färbung und die weißen Beine und Fühler ist er sehr auffällig. Meist findet man jedoch die Raupen. Die bis zu acht Zentimeter große Raupe ist meist braun, seltener grün, gefärbt und fällt durch eine typische Augenzeichnung am Vorderende auf (Abb. 3). Bei Gefahr zieht die Raupe den Kopf in den Körper, so dass sich ihr vorderer Teil deutlich verdickt. Damit imitiert sie mit den Augenflecken den Kopf einer Schlange, so dass Kleinvögel irritiert von ihr ablassen. Die Raupen fressen an verschiedenen Pflanzen (Tab. 2), in Gärten und auf Friedhöfen auch an Fuchsien. Diese Raupen sollte man nicht abtöten, sondern an Weidenröschen umsetzen.
Der Kleine Weinschwärmer ist ebenfalls intensiv rosa gefärbt, aber kleiner als der Mittlere Weinschwärmer. Er tritt gerne an blütenreichen Wegrainen oder Böschungen auf und benötigt als Fraßpflanze Labkräuter. Ob seine Raupen auch an Weidenröschen, Springkraut oder Nachtkerze auftreten, wie immer wieder genannt, konnte noch nicht sicher bestätigt werden.
Der Nachtkerzenschwärmer bevorzugt als Raupenfraßpflanze ebenfalls Weidenröschen-Arten. Die Nachtfalterart ist über Anhang IV der FFH-Richtlinie streng geschützt. Die Art ist zwar in Deutschland weit verbreitet, tritt aber nicht in allen Jahren gleichmäßig auf. In raueren Mittelgebirgslagen fehlt der Nachtkerzenschwärmer.
Der Labkrautschwärmer hat ein breites, bis zur Spitze der Vorderflügel durchgezogenes weiß-gelbliches Band, an dem er gut vom nahe verwandten Wolfsmilchschwärmer (Hyles euphorbiae) zu unterscheiden ist. Er tritt bei uns ebenfalls selten und sporadisch auf.
Der seltene Fledermausschwärmer ist eine wärmeliebende Art und hauptsächlich in den Alpen, aber auch in Gebirgen Südosteuropas und Kleinasiens verbreitet. In Deutschland gibt es nur einen Fundort im Oberrheingebiet in einer Kiesgrube. Die Raupe dieser Art lebt ausschließlich am Rosmarin-Weidenröschen, das sich in den letzten Jahren ausgebreitet hat. Ob der Fledermausschwärmer im Zuge der Klimaerwärmung seiner Fraßpflanze nachfolgt, bleibt abzuwarten.
Alle genannten Schwärmer-Arten an Weidenröschen sind als Falter nachtaktiv. Um Nektar zu saugen befliegen sie besonders Phlox, Geißblatt, Seifenkraut und Taubenkropf.
Waldschutz und Artenschutz Hand in Hand
Weidenröschen sind durch ihre leichten, flugfähigen Samen allgegenwärtig. Vor allem Das Waldweidenröschen kann Lücken und Lichtungen in Wäldern sehr schnell besiedeln. Es verhindert Erosion, Humusschwind und Austrocknung auf die diesen Flächen sowie Nitratverluste ins Grundwasser. Daneben spielt das Waldweidenröschen eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Biodiversität, vor allem für einige Schwärmer-Arten. Darauf kann man an Rändern und Banketten von Forstwegen bei der Wegepflege Rücksicht nehmen. Durch beispielsweise abschnittsweises oder zeitlich versetztes Mähen können bei geschickter Planung die Belange der Artenvielfalt berücksichtigt werden.