Einzigartige Flusskrebsfauna in Baden-Württemberg
Flusskrebse, diese "scherenbewehrten Ritter" unserer Gewässer, begeisterten und faszinierten den Menschen schon immer. Neben dem bereits seit der Antike belegten kulinarischen Interesse an Flusskrebsen trägt dazu sicherlich auch ihre verborgene Lebensweise bei, die die Faszination des Unbekannten birgt.
Obwohl im Vergleich zu anderen Tiergruppen relativ artenarm, ist die natürliche Flusskrebsfauna in Baden-Württemberg schon etwas sehr Besonderes: Es ist die einzige Region Deutschlands, in der mit Edelkrebs, Steinkrebs und Dohlenkrebs alle drei mitteleuropäischen Arten heimisch sind. Diese Arten waren noch vor wenigen hundert Jahren flächendeckend vorhanden, wovon heute noch viele Gewässernamen zeugen ("Krebsbach"). Sie sind zentraler Bestandteil einer ursprünglichen, facettenreichen Gewässerfauna und erfüllen eine wichtige ökologische Rolle in unseren Gewässern.
Der Edelkrebs (Astacus astacus) ist mit bis zu 20 cm Länge der größte heimische Flusskrebs. Er ist die ehemals häufigste Art im mitteleuropäischen Tiefland, ist aber vor allem aufgrund der Krebspest in weiten Bereichen verschwunden. Mit Seen, Weihern, Flüssen und Gräben kann er verschiedene Gewässertypen besiedeln. Der Edelkrebs ist ein bedeutender heimischer Speisekrebs. Heutzutage wird er vielfach in speziellen Krebszuchten vermehrt. Durch Besatzmaßnahmen konnten in den letzten Jahrzehnten einige Bestände insbesondere in Weihern neu geschaffen werden. Trotzdem kommt der Edelkrebs in Baden-Württemberg nach wie vor nur punktuell vor (Abb. 1).
Der Steinkrebs (Austropotamobius torrentium) ist mit maximal 9 cm Körperlänge die kleinste heimische Krebsart. Er ist ein Lebensraumspezialist, der auf saubere, naturnahe Fließgewässer angewiesen ist. Voraussetzung für eine Besiedlung ist ein stabiles Bodensubstrat mit lückiger Steinauflage, das auch bei Hochwasser nicht in Bewegung gerät. Typische Steinkrebslebensräume sind die sommerkühlen Oberläufe und Seitenbäche unserer Fließgewässer, von denen sich auch der Name "Bachkrebs" ableitet. Seine hohen Habitatansprüche sind der Grund, weshalb die Bestände bei einer Degradierung des Lebensraumes stark zurückgehen. Die Populationen in Baden-Württemberg sind neben den bayerischen Vorkommen die bedeutendsten nördlich der Alpen (Abb. 1). Beide Bundesländer tragen dementsprechende Verantwortung für den Arterhalt.
Der Dohlenkrebs (Austropotamobius pallipes) bleibt mit 10 cm Länge ebenfalls relativ klein und ist die natürlicherweise seltenste heimische Flusskrebsart in Baden-Württemberg. Er hat große Ähnlichkeit zum nah verwandten Steinkrebs, den er als Schwesterart in West- und Südeuropa vertritt. Molekulargenetische Studien unterscheiden zwischen einer westeuropäischen und einer südeuropäischen Form des Dohlenkrebses. Die Vorkommen in Baden-Württemberg gehören zur westeuropäischen Form, die vor allem in Frankreich und England verbreitet ist. In seinem Hauptverbreitungsgebiet westlich des Rheins war er ursprünglich wie der Edelkrebs in verschiedenen Lebensräumen anzutreffen; die heutigen Bestände konzentrieren sich aber meist auf naturnahe Fließgewässer in mittleren Höhenlagen. Der Dohlenkrebs kommt bei uns nur an wenigen Stellen in Südbaden vor (Abb. 1). Dies sind die einzigen Vorkommen der Art in Deutschland.
Streng geschützt…
Mehrere nationale und internationale Rechtsgrundlagen schützen die heimischen Flusskrebsarten. Sie unterliegen generell dem Fischereirecht und nur der Fischereiberechtigte darf Flusskrebse fangen und sich aneignen. Für Edelkrebs und Steinkrebs gelten dabei strenge Schonmaße und -zeiten, der Dohlenkrebs ist ganzjährig geschützt. Besonders für den großwüchsigen Edelkrebs steht der "Schützen durch Nutzen"-Gedanke im Vordergrund; seine Bewirtschaftung und Hege in Weihern und Teichen wird durch das Fischereirecht gezielt begünstigt.
Neben dem Fischereirecht sind alle heimischen Flusskrebse auch durch die EU Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) geschützt. Alle drei Arten sind im Anhang V gelistet und damit grundlegend geschützt, dürfen aber entsprechend den im Fischereirecht getroffenen Regelungen aus der Natur entnommen werden. Steinkrebs und Dohlenkrebs sind auch im FFH Anhang II aufgeführt; für sie werden zusätzlich Schutzgebiete im Natura 2000-Netz ausgewiesen. Der Steinkrebs ist darüber hinaus eine sogenannte prioritäre FFH-Art und genießt damit nochmals einen besonderen Schutzstatus, beispielsweise bei Eingriffen in Natura 2000-Gebiete. Mit der Umsetzung der FFH-Richtlinie wird vor allem der Biotopschutz für unsere heimischen Flusskrebse verstärkt möglich.
Der landesweite Erhaltungszustand der heimischen Flusskrebse wird im Rahmen der FFH-Richtlinie regelmäßig überprüft. In der letzten Bewertungsrunde (2013) wurde dabei ein deutlicher Bestandsrückgang festgestellt und die Erhaltungszustände sind von der Zielsetzung des günstigen Zustands weit entfernt. Für Edelkrebs und Steinkrebs wurde jeweils ein ungünstig-schlechter Zustand, für den Dohlenkrebs ein ungünstig-unzureichender Zustand ermittelt. Die schlechte Bewertung der Erhaltungszustände gemäß FFH-Richtlinie spiegelt sich auch in der aktuellen Roten Liste für Baden-Württemberg wieder. Edelkrebs und Steinkrebs gelten landesweit als stark gefährdet (Rote Liste Kategorie 2), während der Dohlenkrebs unter anderem aufgrund seiner Seltenheit sogar als vom Aussterben bedroht eingestuft wird (Rote Liste Kategorie 1). Die heimischen Flusskrebse sind somit eine der am meisten gefährdeten Tiergruppen.
…und trotzdem vielfach gefährdet
Die Ursachen für die Gefährdung der heimischen Flusskrebse sind vielfältig und lassen sich grob in zwei Kategorien einordnen:
- Lebensraumdegradierung und Gewässerverschmutzung
- Invasive gebietsfremde Arten
Lebensraumverlust
Wasserbauliche Maßnahmen haben in der Vergangenheit dazu geführt, dass viele Fließgewässer als Lebensraum für Flusskrebse verloren gegangen sind. Heimische Flusskrebse benötigen naturnahe, strukturreiche Gewässer, die auf kleinstem Raum verschiedene Lebensräume bereitstellen. Fehlt diese strukturelle Ausstattung, verschwinden meist auch Flusskrebse. Noch vor wenigen Jahrzehnten haben zudem kommunale und industrielle Abwässer Bäche und Flüsse teilweise stark verschmutzt. Heute sind unserer Gewässer durch zahlreiche Maßnahmen zur Reinhaltung deutlich sauberer. Kurzfristige punktuelle Verschmutzungen durch kommunale Regenüberläufe oder Gülleeinträge treten allerdings immer wieder auf und können Flusskrebsbestände schädigen.
Sorgen bereiten nach wie vor auch diffuse organische Belastungen und Sedimenteinträge aus angrenzenden Nutzflächen. Feinsedimente, die das Lückensystem der Gewässersohle verschließen, wirken sich besonders auf Steinkrebsbestände verheerend aus. Auch die Nutzung von Bachabschnitten in Weideflächen, zum Beispiel als Viehtränke, kann Flusskrebsbestände schädigen. Flusskrebse reagieren zudem sehr empfindlich auf Insektizide. Manches scheinbar rätselhafte Krebssterben ist daher wahrscheinlich auf den nicht sachgerechten Umgang mit Insektiziden in Gewässernähe zurückzuführen.
Invasoren mit Biowaffe
Abb. 2: Abruptes Ende einer Steinkrebspopulation: Krebspestausbrüche raffen ganze Populationen innerhalb weniger Wochen hinweg. Besonders Ausbrüche in kleinen Oberlaufgewässern bleiben vermutlich oft unbemerkt.
Abb. 3: Tödliche Gefahr für heimische Flusskrebse: der nordamerikanische Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus). Obwohl diese gebietsfremde Art relativ leicht anhand der hellen Flecken am Scherengelenk (den "Signalflecken") zu erkennen ist, wird der Signalkrebs regelmäßig mit den heimischen Arten verwechselt und dann in vermeintlich guter Absicht in neue Gewässer umgesetzt.
Neben Lebensraumdegradierung und Gewässerverschmutzung sind die heimischen Flusskrebse in besonderem Ausmaß durch invasive gebietsfremde Arten bedroht. Speziell der aus Nordamerika stammende Erreger der Krebspest, Aphanomyces astaci, und nordamerikanische Flusskrebsarten stellen eine massive und zunehmende Gefährdung für die heimischen Flusskrebsarten dar.
Eine Infektion mit dem pilzähnlichen Krebspesterreger führt bei heimischen Krebsarten nach ein bis zwei Wochen ausnahmslos zum Tod, wodurch diese Krankheit in kürzester Zeit ganze Populationen auslöschen kann. Der Erreger verbreitet sich über Zoosporen, die in feuchtem Milieu bis zu zwei Wochen überlebensfähig sind. Hauptüberträger sind resistente nordamerikanische Flusskrebsarten, die zeitlebens Zoosporen ausscheiden. Daneben kann der Krebspesterreger aber auch über feuchte Gegenstände wie beispielsweise Gummistiefel oder Netzkescher zwischen Gewässern verschleppt werden.
Die Krebspest ist die Hauptursache für den dramatischen Rückgang des Edelkrebses während der letzten 130 Jahre. Neben dem Edelkrebs befällt sie aber genauso Stein- und Dohlenkrebs. Die jüngsten Krebspestausbrüche in Baden-Württemberg betrafen vorwiegend Steinkrebs-Populationen (Abb. 2). Neben der Übertragung der Krebspest gefährden invasive gebietsfremde Flusskrebse die heimischen Arten auch durch direkte Konkurrenz. Besonders die nordamerikanischen Flusskrebsarten sind häufig aggressiver und/oder vermehren sich rascher als die heimischen Arten, was nahezu immer zu deren Verdrängung führt.
Die Gefährdung durch nicht heimische Flusskrebse nimmt dabei beständig zu. Von den aktuell sechs gebietsfremden Flusskrebsarten, die in Baden-Württemberg etabliert sind, verhalten sich mindestens drei hoch invasiv, dass heißt, sie breiten sich rasch aus. Besonders der Signalkrebs dringt dabei aktiv in bisher isolierte und geschützte Bestände der heimischen Arten vor (Abb. 3). Unterstützt wird die Ausbreitung der fremden Arten häufig durch illegales Umsetzen, welches oftmals verheerende Folgen nach sich zieht. Allein in Oberschwaben wurden in den letzten Jahren mindestens vier große Steinkrebsbestände durch drei voneinander unabhängige Verschleppungen von Signalkrebsen mit anschließenden Krebspestausbrüchen vernichtet. Die Kombination aus Krebspest und invasiven nordamerikanischen Flusskrebsen, die sie übertragen, bildet ein erhebliches, langfristiges Bedrohungspotential für die heimischen Flusskrebse.
Schutzmöglichkeiten
Sicherung der Lebensräume
Flusskrebspopulationen können durch folgende Maßnahmen effektiv und nachhaltig geschützt werden:
- Konsequenter Schutz der Wasserqualität, unter anderem durch Extensivierung landwirtschaftlich genutzter Flächen in unmittelbarer Gewässernähe und einem zurückhaltenden Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
- Anlage von ausreichend dimensionierten Gewässerrandstreifen mit einer standortgerechten Ufervegetation.
Waldlebensräume spielen dabei besonders für den Schutz von Stein- und Dohlenkrebs-Populationen eine sehr wichtige Rolle (Abb. 4). Studien zeigen einen deutlichen positiven Zusammenhang zwischen der Vorkommens-Wahrscheinlichkeit und Häufigkeit dieser Arten und dem Anteil von Laubgehölzen in Gewässernähe. Eine standortgerechte Gehölzvegetation am Gewässerufer, besonders aus Erlen, wirkt sich in mehrerlei Hinsicht sehr positiv auf die Lebensraumqualität für Flusskrebse aus: Die Wurzeln stabilisieren Versteckmöglichkeiten im Uferbereich, verringern die Ufererosion und schaffen heterogene Strömungsverhältnisse. Besonders Jungkrebse finden in den untergetauchten Wurzelfahnen Schutz gegen Strömungskräfte und Fressfeinde. Submerse Wurzelstrukturen fördern außerdem die Entstehung von kleinen Wasserfällen und Gumpen, die bei Niedrigwasser wichtige Refugien sind. Darüber hinaus ist der Eintrag von Falllaub die Grundlage für Nahrungsnetze in kleinen Bächen, wovon Flusskrebse wiederum direkt und indirekt profitieren. Zuletzt begünstigt ein geschlossenes Kronendach ein gemäßigtes Mikroklima, das für Flusskrebse wie Fische gleichermaßen förderlich ist.
Was kann der Forst tun?
Bei Arbeiten im Forstbereich sollte daher auch Rücksicht auf Flusskrebse genommen werden, insbesondere dann wenn die Vorkommen bekannt sind. Bäume sollten zum Beispiel grundsätzlich so gefällt werden, dass sie nicht in Fließgewässer fallen. Ansammlungen von Ästen im Bachbett und Verklausungen stören den natürlichen Abfluss und sollten vermieden werden. Um der Gefahr der Versauerung vorzubeugen, sollte Material, das beim Zuschneiden von Nadelhölzern entsteht, nicht im oder nahe am Gewässer abgelagert werden. Beim Einsatz von schweren Maschinen ist außerdem darauf zu achten, dass es zu keinem Eintrag von Sedimenten aus den Fahrspuren kommt. Gegebenenfalls sind Äste als Unterlage für die Transportwege zu benutzen und Absetzbecken anzulegen, in denen sich Feinsedimente und Schwebstoffe fangen, bevor sie in das Gewässer gelangen.
Krebspestprophylaxe und Bekämpfung invasiver Arten
Um eine Übertragung der Krebspest in andere Gewässer zu vermeiden, sollten alle Gegenstände, die mit Krebspestsporen in Kontakt gekommen sein könnten, keimfrei gemacht werden. Eine Desinfektion ist zwingend notwendig, wenn zwischen verschiedenen Gewässern oder Gewässerabschnitten gewechselt wird und in einem davon nordamerikanische Flusskrebsarten vorkommen. Eine einfache und effektive Methode hierzu ist vollständiges Trocknen für mind. 24 Stunden. Voraussetzung dafür ist, dass die Gerätschaften und Schutzkleidung zuvor gründlich gereinigt und etwaige Feuchtigkeitsnester zum Beispiel Schlammreste im Profil von Stiefeln entfernt wurden. Auch ein Erhitzen auf mind. 60 °C (am besten Abkochen) oder Einfrieren bei -20 °C für mindestens zwei Tage tötet die Erregersporen ab. Zudem ist eine Desinfektion mit Natriumhypochlorit, Peressigsäure- oder Iod-haltigen Mitteln möglich.
Bei Fischbesatz ist darauf zu achten, dass die Krebspest nicht über das Transportwasser oder die Fische eingeschleppt wird. Zur Vermeidung einer versehentlichen Krebspestverschleppung dürfen Besatzfische nicht aus Gewässern kommen, in denen Überträger-Arten leben und sie dürfen nicht zusammen mit Krebsen gehältert werden. Keinesfalls dürfen Besatzfische während akuter Krebspestausbrüche entnommen werden.
Eine vollständige Tilgung invasiver gebietsfremder Krebsarten gelingt nur in seltenen Ausnahmenfällen und ist in der Regel unmöglich. Gewässer, in denen die fremden Arten vorkommen, sind für die heimischen Arten folglich irreversibel als Lebensraum verloren. Große Bedeutung kommt daher der Prävention weiterer Verschleppungen gebietsfremder Flusskrebse zu. Generell dürfen Flusskrebse niemals in andere Gewässer umgesetzt werden. Auch eine (Wieder-)Ansiedlung der heimischen Arten sollte nur mit fachlicher Begleitung durch die Fischereibehörden oder die Fischereiforschungsstelle (FFS) durchgeführt werden (siehe unten). Um der aktiven Ausbreitung der invasiven Flusskrebsarten entgegenzuwirken, werden derzeit gezielt Maßnahmen zur Eindämmung entwickelt und in Pilotprojekten umgesetzt. Für den Arterhalt der heimischen Flusskrebse ist es dabei zielführend, die Ausbreitung der invasiven Arten durch Ausbreitungsbarrieren sogenannte Krebssperren gezielt zu stoppen, um dauerhaft sichere Refugien zu schaffen. Notwendig ist diese Strategie vor allem zum Schutz von Stein- und Dohlenkrebsen, die fast ausschließlich kleine Oberlaufgewässer besiedeln und auf diesen Lebensraumtyp angewiesen sind. Andererseits könnten sich Krebssperren aber auch potenziell nachteilig auf Fische auswirken. In einem Forschungsprojekt an der FFS werden daher mögliche Auswirkungen von Krebssperren auf Fische in Baden-Württemberg umfassend analysiert und bewertet. Im Fokus steht dabei die spezialisierte Fischfauna der Oberlaufgewässer, da Krebssperren nur dort sinnvoll sind.
Melden von Flusskrebsfunden und Krebssterben
Der Kenntnisstand über die Verbreitung der heimischen und gebietsfremden Flusskrebse in Baden-Württemberg konnte in den letzten Jahren durch zahlreiche Untersuchungskampagnen und Projekte wesentlich verbessert werden (siehe auch Abb. 1). Damit ist eine wichtige Voraussetzung geschaffen, um die Bestände der heimischen Arten besser schützen zu können. Trotzdem finden sich in einigen Landesteilen immer noch "weiße Flecken" auf der Verbreitungskarte. Hinweise auf Vorkommen sind daher bei der FFS willkommen – im besten Fall mit Belegfoto und Angaben zu Anzahl und Fundort der Krebse.
Kommt es in einem Gewässer zu einem Massensterben von heimischen Flusskrebsen während andere Gewässerbewohner unbeschadet bleiben, besteht grundsätzlich starker Verdacht auf Krebspest. Typisch für Krebspestereignisse ist dabei eine seuchenartige Ausbreitung in der Population auch gegen die Fließrichtung. Eine sichere Diagnose erfordert jedoch den molekulargenetischen Nachweis des Erregers. Hierzu eignen sich vor allem frische tote Tiere, die nach der Probenahme sofort eingefroren werden sollten. In jedem Fall sollte unverzüglich die Fischereibehörde oder die FFS informiert werden, damit Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche veranlasst werden können.
Wiederansiedlung
Isolierte, künstliche Stillgewässer wie Weiher, Teiche und Baggerseen bieten sich hervorragend für die Schaffung von neuen Edelkrebs-Beständen an. Die Gewässer sollten einen möglichst dichten Wasserpflanzenbestand haben und im Uferbereich Strukturen aufweisen, die von den Krebsen zum Verstecken oder zum Bau von Höhlen genutzt werden können. Ein guter Bestand an Erlen und anderer standortgerechter Gehölzvegetation am Gewässerrand wirkt sich ebenfalls positiv aus. Außerdem dürfen keine Aale vorkommen und der Bestand an Barschen und Hechten sollte gering sein. Die positiven Erfahrungen bei der Wiederansiedlung von Edelkrebsen in Weihern zeigen, dass Populationen in der Regel erfolgreich aufgebaut werden können.
Neugründungen von Stein- und Dohlenkrebs-Beständen sind grundsätzlich ebenfalls möglich. Wegen der hohen ökologischen Ansprüche dieser Arten sowie der Bindung an Fließgewässerlebensräume, die einem höheren Invasionsrisiko durch gebietsfremde Flusskrebse unterliegen als isolierte Stillgewässer, erfordert die Ansiedlung dieser Arten aber eine sehr aufwendige und sorgfältige Planung. Dabei müssen artspezifischen Anforderungen an die Lebensräume, Risikofaktoren sowie komplexe zoogeographische Aspekte berücksichtigt werden. In dem Modellprojekt "Arche-Populationen für heimische Flusskrebse" werden aktuell erstmals in Deutschland Bestände von Stein- und Dohlenkrebsen wieder angesiedelt.
Weiterführende Literatur
- Chucholl, C., Dehus, P. (2011). Flusskrebse in Baden-Württemberg. Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg (FFS), Langenargen, 92 S.
- Füreder, L., (Ed.) (2009). Flusskrebse: Biologie, Ökologie, Gefährdung. Veröffentlichungen des Naturmuseums Südtirol 6, Folio Verlag, Bozen, Wien, 144 S. ISBN: 9783852564067
- Souty-Grosset, C., Holdich, D.M., Noel, P.Y., Reynolds, J.D., Haffner, P. (Eds.) (2006). Atlas of Crayfish in Europe. Museum national d`Histoire naturelle, Paris, 187 S. ISBN: 2856535798