Schutzwälder verhindern das Anbrechen von Lawinen, stabilisieren Hänge, bremsen herabstürzende Steine und regulieren den Wasserhaushalt. Sie sind die Voraussetzung, dass wir in vielen Gebieten der Schweiz überhaupt wohnen, wirtschaften und unsere Verkehrswege sicher benutzen können. Mit dem Projekt Silva-Protect-CH wurden die Schutzwälder erstmals nach einheitlichen Methoden im ganzen Land ausgeschieden. Das eindrückliche Ergebnis: Die Hälfte des Schweizer Waldes ist Schutzwald.

Wälder schützen uns oft weit kostengünstiger, ökologischer und langfristiger als eine technische Verbauung. Diese Wirkung des Schutzwaldes ist nicht einfach selbstverständlich und für immer da. Um sie zu gewährleisten, braucht der Schutzwald Pflege. Jedes Jahr investiert der Bund ca. 60 Mio. Franken, die Kantone, und Nutzniesser wie Gemeinden und Bahnbetreiber weitere 90 Mio. Franken in die Stabilität der Schutzwälder. Diese Investitionen verschonen uns vor Milliardenschäden und verhindern viele Todesfälle.

"Wo es die Schutzfunktion erfordert, stellen die Kantone eine minimale Pflege sicher." Diese im Eidgenössischen Waldgesetz formulierte Bestimmung ist zentral für das Engagement der öffentlichen Hand im Bereich der Schutzwaldpflege. Mit dem Projekt SilvaProtect-CH hat der Bund eine Grundlage für die zielgerichtete Pflege der Schutzwälder geschaffen. Die Ergebnisse dienen unter anderem zur Zuteilung der Bundesmittel. Die Umsetzung der Schutzwaldpflege liegt primär in der Verantwortung der Kantone.

Wo gibt es Schutzwald? Was schützt er?

Ein Schutzwald ist ein Wald, der ein anerkanntes Schadenpotenzial gegen eine bestehende Naturgefahr schützen kann.

Ein beträchtlicher Teil der Schweizer Bevölkerung lebt und arbeitet abseits der grossen Zentren in den Tälern der Alpen und des Jura. Die Verkehrswege durch die Alpen sind zentral für den Tourismus und den alpenquerenden Gütertransport. Das damit verbundene dichte Netz an Verkehrswegen, Siedlungen und touristischen Anlagen ist vielerorts Naturgefahren ausgesetzt. Das Schadenpotenzial ist erheblich. Unsere Wälder bedecken rund 30% des Landes. Dank dem Projekt SilvaProtect-CH ist es auf der Basis von Modellrechnungen nun möglich, diejenigen Wälder zu identifizieren, die Menschen, Güter und Infrastrukturanlagen vor Naturgefahren schützen.

In allen Kantonen der Schweiz gibt es Schutzwald. In der Schweiz erfüllen rund 49% aller Wälder die Kriterien für einen Schutzwald – das sind etwa 585’000 Hektaren. Damit liegt erstmals eine nationale Übersicht über die Schutzwälder vor. Den grössten Anteil haben erwartungsgemäss die in den Alpen liegenden Kantone. Aber auch im Jurabogen gibt es viele Schutzwälder – im Kanton Jura haben 30% der Wälder eine Schutzfunktion. Überraschend ist die Tatsache, dass es in allen Kantonen – also auch in Basel-Stadt und Genf – Schutzwald gibt (Abb. 3).

Rund ein Viertel der Verkehrswege sind durch Naturgefahren bedroht. In der Schweiz sind etwa 25% der Eisenbahnlinien, 25% der Strassen (1. und 2. Klasse) und etwa 15% der Gebäude durch Naturgefahren bedroht. Der Schutzwald ist in absoluten Zahlen gesehen vor allem für Strassen und Gebäude relevant. 76% der Schutzwälder sichern Strassen, 71% der Schutzwälder schützen Gebäude. Ein Schutzwald kann gleichzeitig verschiedene Infrastrukturanlagen schützen.

Wie schützt der Wald vor Naturgefahren?

Wichtige Bedeutung des Schutzwaldes entlang von Bächen: SilvaProtect-CH erlaubt erstmals Aussagen über die verschiedenen Gefahrenprozesse. So schützen etwa 8 % der Schutzwälder vor Steinschlag, 21% vor Lawinen, 27% vor Rutschungen und 80% vor Gerinneprozessen (Abb. 4). Schutzwälder schützen oft gegen verschiedene Gefahren gleichzeitig. Hervorzuheben ist die grosse Bedeutung des Schutzwaldes in Zusammenhang mit Gerinneprozessen. Bei starken Niederschlägen kommt es zu Erosion und Murgängen. Der Wald vermindert dabei die Auswirkungen – und dies nicht nur im Berggebiet, sondern auch entlang von vielen grösseren und kleineren Bächen im Mittelland.

Die Sicherstellung der Schutzwaldleistung ist ein Hauptziel der Waldpolitik: Der Schutzwald spielt im Rahmen eines integralen Risikomanagements eine wichtige Rolle zur Naturgefahrenabwehr. Das Projekt SilvaProtect-CH ist ein wichtiger Baustein der Waldpolitik 2020. Es ist Aufgabe der Kantone, die Wälder mit Schutzfunktion in ihre forstliche Planung zu integrieren und die im Waldgesetz geforderte minimale Pflege sicherzustellen. Gestützt auf die neuen Grundlagen erfolgt dies noch zielgerichteter als bisher. Die Umsetzung der Schutzwaldpflege erfolgt im Rahmen von mehrjährigen Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen.

Schutzwaldpflege lohnt sich: Der Zustand des Waldes ist entscheidend für dessen Schutzwirkung. Die Massnahmen der Schutzwaldpflege sind deshalb darauf ausgerichtet, einen auf den Standort und den Gefahrenprozess abgestimmten Zielzustand zu erreichen. Mit der Wegleitung Nachhaltigkeit im Schutzwald (NaiS) steht der Praxis dafür ein geeignetes Instrument zur Verfügung. Die Pflege des Schutzwaldes (Abb. 5 und 6) ist rund zehnmal günstiger, als wenn der Schutz mit technischen Massnahmen sicherzustellen ist. Der Betrag von rund 150 Millionen Franken, den Bund, Kantone, und Nutzniesser für die Schutzwaldpflege jährlich zur Verfügung stellen, ist deshalb eine sich lohnende Investition.

Wann ist ein Wald ein Schutzwald? Im Rahmen des Projekts SilvaProtect-CH wurde der Begriff Schutzwald umfassend definiert. Dies war nötig, da der Begriff zuvor in den Kantonen unterschiedlich ausgelegt worden war, von sehr allgemein bis sehr restriktiv. Eine einheitliche Definition und Anwendung des Begriffes Schutzwald ist für eine erfolgreiche Schutzwaldpolitik jedoch zentral. Auf Anregung der Konferenz der Kantonsoberförster wurde die Definition wie folgt festgelegt:

Ein Schutzwald ist ein Wald, der ein anerkanntes Schadenpotenzial gegen eine bestehende Naturgefahr schützen oder die damit verbundenen Risiken reduzieren kann.

Mit dieser Definition wird der Schutzwald umfassend definiert. Eine Differenzierung von verschiedenen Schutzwaldkategorien ist bei Bedarf dennoch möglich und orientiert sich in erster Linie an der Anerkennung von bestimmten Schadenpotenzialkategorien.

Damit ein Wald als Schutzwald gilt, braucht es ein Gefahrenpotenzial (z.B. eine instabile Felswand), ein Schadenpotenzial (z.B. eine Siedlung oder ein Verkehrsweg) und einen Wald, welcher eine Schutzwirkung gegen die Naturgefahr erbringen kann.

Quelle

Losey, S.; Wehrli, A. (2013): Schutzwald in der Schweiz. Vom Projekt SilvaProtect-CH zum harmonisierten Schutzwald. p. 29 und Anhänge. Bundesamt für Umwelt, Bern.

Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit der Fachstelle für Gebirgswaldpflege.