Der Hienheimer Wald liegt auf der Jura-Hochfläche der Südlichen Frankenalb bei Kelheim. Die Wälder bestehen überwiegend aus Buchen- und Traubeneichen-Mischbeständen. Eine etwa 480 Hektar große Waldfläche des Hienheimer Waldes wurde im Jahr 2000 als Gebiet der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ausgewählt und an die EU gemeldet. Der FFH-Managementplan für dieses Gebiet wurde als deutschlandweit erster im Oktober 2001 fertig gestellt. 2004 wurde ein zweiter Teil an die EU nachgemeldet, sodass das FFH-Gebiet Hienheimer Wald heute eine Fläche von rund 1.200 Hektar umfasst.

Charakteristisch für den Hienheimer Wald sind neben Bayerns ältestem Naturschutzgebiet "Ludwigshain" vor allem seine naturnahen Laubwaldbestände, insbesondere die Eichen- und Buchenwälder. Hier leben anspruchsvolle Tierarten, wie der Eremit (Osmoderma eremita), die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii), verschiedene Spechtarten, die Hohltaube (Columba oenas) oder die Gelbbauchunke (Bombina variegata).

Lebensraumtypen

Die Laubwälder des Hienheimer Waldes gehören vier Lebensraumtypen (LRT) an:

Das besondere an den Eichenwirtschaftswäldern ist, dass sie nicht aus der früher verbreiteten Mittelwaldwirtschaft entstanden sind, sondern bereits als Hochwälder begründet wurden. Obwohl diese Eichenwälder erst durch menschliche Wirtschaft auf einem natürlichen Buchenstandort entstanden sind, waren sie als Lebensraumtyp im Standard-Datenbogen eingetragen. Entsprechend wurde auch ein Erhaltungsziel formuliert, das den Erhalt dieser Eichenwirtschaftswälder fordert. Immerhin nahmen laut Inventur des Managementplanes 2002 die Eichen im LRT 9170 eine Fläche von 176 Hektar ein. Auch in den Buchen-LRTen 9110 und 9130 waren 23 bzw. 11 Prozent Eichen-Anteil enthalten.

Sicherung stark dimensionierten Totholzes

Laut Managementplan sei eine Fortführung der bisherigen Bewirtschaftung geeignet, den günstigen Zustand zu erhalten. Auch die Totholzvorräte wurden als „günstig“ bewertet, wenn sie auch nicht hoch und damit "hervorragend" waren. Ein Ziel war es, den Totholzanteil in den Beständen noch etwas zu steigern. So wurden durch Gewitterstürme geworfene Buchen bewusst nicht aufgearbeitet. Bei Hiebsmaßnahmen wurde Kronenholz konsequent unter folgender Differenzierung belassen:

LRT 9110Hainsimsen-Buchenwald
LRT 9130Waldmeister-Buchenwald
LRT 9170Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald
LRT *9180Schluchtwald (nur sehr kleinflächig vorhanden)
  • Bei einzelstammweiser Nutzung starker Buchen wurde nur das wertvolle Erdstammstück verwertet; C-Qualitäten und die Krone blieben liegen.
  • Bei flächigen Hieben im stärkeren Laubholz fand eine Markierung starker Kronen in geeigneter Lage statt, sie waren somit für Brennholzselbstwerber tabu.
  • In schwächeren Altdurchforstungen wurde etwa 30 Prozent der Fläche nicht an Selbstwerber vergeben, d.h. in bestimmten Feldern blieb das gesamte Gipfelmaterial liegen.

Das liegende Buchenkronenmaterial verrottet – je nach Dimension – innerhalb von fünf bis fünfzehn Jahren. Daher bemühten sich die Bewirtschafter einen möglichst hohen Anteil an Eichenholz zu belassen. Durch eine markante Zunahme absterbender Eichen in den letzten fünf Jahren nahm der Anteil stehenden Eichen-Totholzes sprunghaft zu. In solchen sehr totholzreichen Beständen ist die Arbeitssicherheit bei Waldarbeiter-Hieben gefährdet. Es ist bei der motormanuellen Holzernte untersagt, in Richtung stehendes Totholz zu fällen. Daher ist es manchmal notwendig, einzelne Stämme zu liegendem Totholz zu machen. Als Biotopbaum markiertes stehendes Totholz wir jedoch nicht angetastet. Kann im direkten Umfeld eines solchen Biotopstammes nicht gefahrlos gefällt werden, unterbleibt hier eine Holznutzung.

Kleingewässer für die Gelbbauchunke

Die Gelbbauchunke kommt im Hienheimer Wald verstreut vor. Ihr Vorkommen hängt vielfach an bestimmten "Reproduktionszentren" wie aktiven und ehemaligen Abbaustellen für Kies und Ton. Im Wald dienen wassergefüllte Fahrspuren auf Rückegassen und Wildschweinsuhlen als Aufenthalts- und Reproduktionsgewässer. Im Hienheimer Forst wird grundsätzlich nur bei Frost Holz geerntet und gerückt. Trotzdem kommt es gelegentlich zu Gleisbildung. Solche Rückespuren werden bewusst nicht verfüllt und sind ideale Biotope für die Gelbbauchunken. Die Gelbbauchunke wandert hier hinter dem Holzrücker über die Fläche.

Zu Konflikten kann es kommen, wenn im Sommer aus Waldschutzgründen Hölzer über wassergefüllte Rückegassen gebracht werden müssen. Muss im Sommer, beispielsweise in Borkenkäfersituationen, gerückt werden, nehmen die Bewirtschafter Umwege in Kauf und sperren gegebenenfalls auch einmal eine "sensible" Gasse für den Rücker.

Dicke Eichen für den Eremit

Der Eremitenkäfer – eine prioritäre Art der FFH-Richtlinie – ist im Hienheimer Wald nur in den Uralteichen des Ludwigshains nachgewiesen. Konkrete Vorgabe des Managementplans ist, 100 Eichen mit einem Brusthöhendurchmesser größer 70 Zentimeter möglichst im erreichbaren Umfeld des Ludwigshaines zu erhalten.

In den ersten zehn Jahren wurden 34 solchen Eichen markiert und durchnummeriert. Im nächsten Jahrzehnt wird ein weiteres Drittel "Eremitenbäume" folgen, die restlichen 30 Eichen im folgenden Jahrzehnt. Grund für diese Vorgehensweise ist, dass im Umfeld des Naturschutzgebiets Ludwigshain bislang noch keine 100 geeigneten Eichen vorhanden sind. Ob der Eremit den Sprung zu den neuen Habitaten schaffen wird, bevor seine Population im Ludwigshain erlischt, können wir heute nicht sagen.

Baumhöhlen für Specht & Co.

Große Bedeutung für das FFH-Gebiet hat die Anzahl der Baumhöhlen. Beim Auszeichnen wurde jeder erkannte Höhlenbaum zum Schutz markiert. Bei einer Vollaufnahme der Schwarzspechthöhlen wurden auf 1.246 Hektar 65 Bäume mit Höhlen gefunden und mittels dauerhafter Markierung gesichert. Wichtig sind hier auch die Anschlagbäume. Das sind Bäume, die der Schwarzspecht über Jahre hinweg immer wieder anfliegt, um darin seine Nisthöhle zu fertigen. Mit der Auswahl solcher Anschlag- oder Initialbäume werden wichtige Weichen zur Optimierung des Höhlenangebotes gestellt.

Die Sicherung der Schwarzspechthöhlen ist eine langfristige Daueraufgabe. Manchmal werden Höhlen 30 bis 40 Jahre von vielen verschiedenen Arten genutzt. Während sich der Bau der Schwarzspechthöhlen in Buchen meist über mehrere Jahre hinzieht, schaffen Erhalt und Förderung von Weichlaubhölzern schneller Wohnraum.

Vom Schwarzspecht profitiert neben der Hohltaube auch die Bechsteinfledermaus, auch wenn letztere noch vor allem die künstlichen Nistkästen aus Holzbeton nutzt.

Ausblick

Mehrere der Anhang-Arten im Hienheimer Wald und auch der LRT 9170 hängen an der naturnah wirtschaftenden Hand des Menschen. Die Maßnahmen des Managementplanes wirken vielfach langfristig, weshalb wohl erst Wiederholungsaufnahmen in der Zukunft deren Erfolg bescheinigen können. Nicht alle Entwicklungen (Eichen-Gesundheitszustand, Diebstahl der letzten Exemplare des Grünen Besenmooses) liegen in der Hand des Bewirtschafters.