Für den Erhalt stabiler Waldökosysteme ist die Sicherung der Lebensräume aller Waldnutzenden Organismen notwendig. Bund und Kantone setzen sich deshalb zunehmend für die Förderung der Waldbiodiversität ein. Im Fokus stehen dabei u.a. Habitatbäume, welche v.a. dank ihrer Strukturvielfalt auf kleinstem Raum eine sehr hohe Artenvielfalt aufweisen können.

Auch für die Fledermausbiodiversität sind Habitatbäume wichtig, denn sie bieten für viele einheimische Fledermausarten Tagesschlafverstecke und Jagdlebensräume. Der Fledermausschutz setzt sich deshalb für deren Schutz und die Förderung ein.

In der Schweiz konnten bisher 30 verschiedene Fledermausarten nachgewiesen werden, wobei der Wald von allen Arten mehr oder minder intensiv genutzt wird.

Wald - Vielfältige Nutzungsmöglichkeiten

Der Wald stellt mit seinen Baumhöhlen den Fledermäusen Tagesschlafverstecke zur Verfügung, in denen sie im Sommer ihre Jungen grossziehen oder im Winter ihren Winterschlaf halten können. Dank seiner Strukturvielfalt kann der Wald eine Fülle an unterschiedlichen  Jagdlebensraumtypen bieten, welche in Abhängigkeit der artspezifischen Jagdstrategie von zahlreichen Fledermausarten genutzt werden können.

Im Unterschied zum Landwirtschaftsraum produziert der Wald ein konstantes Angebot an Insektenbiomasse, welche den Fledermäusen permanent als Nahrungsgrundlage zur Verfügung steht. Und als Verbindungselement zwischen Siedlungen und Landwirtschaftsräumen stellt er Flugkorridore, strukturierte Dunkelkorridore, zur Verfügung, auf welche strukturgebundene Fledermausarten auf dem Flugweg vom Versteck in den Jagdlebensraum angewiesen sind.

Der Fledermaus-Habitatbaum im Wald

Im Wald sind Habitatbäume von besonderer Bedeutung für Fledermäuse, denn diese können für die Tiere mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen. Ein Habitatbaum definiert sich deshalb aus fledermausschützerischer Sicht folgendermassen: er stellt Tagesschlafverstecke zur Verfügung, bietet unterschiedliche Mikro-Jagdlebensräume und produziert Insekten, welche von Fledermäusen vertilgt werden. Fledermaus-Habitatbäume sind deshalb einheimisch, meist gross, alt und weisen Baumhöhlen als Verstecke sowie Totholzanteile auf.

Diese Auslegung deckt sich weitgehend mit der gängigen Definition eines Habitatbaumes, was erfreulicherweise ein hohes Synergiepotential für den Schutz und die Förderung anderer Artengruppen schafft.

Aufwändige Suche

Das Auffinden von Fledermaus-Habitatbäumen stellt den Fledermausschutz vor besondere Herausforderungen, denn Fledermäuse sind für uns Menschen sowohl am Tag als auch in der Nacht unsichtbar.

  • Fledermaushöhlen lassen sich manchmal durch typische Spuren finden (s. Abb.1). Es kann auch versucht werden, Tiere nachts mit Netzen zu fangen und zu besendern in der Hoffnung, dass sie einen zum Versteck führen.
  • Auch bioakustische Methoden, wobei die Ultraschallrufe der Fledermäuse aufgezeichnet und am Computer analysiert werden, können helfen, den Fledermausbestand in einem Wald zu erfassen.
  • Da in den Wäldern Baumhöhlenmangel herrscht, kann durch das Anbringen von Fledermauskästen der Bestand teilweise erfasst werden, da Fledermauskästen oft leichter kontrollierbar sind als Baumhöhlen.
  • Seit wenigen Jahren werden auch Spürhunde ausgebildet, welche im Wald gezielt nach Fledermaushöhlen suchen.

Oft führt nur die Kombination verschiedener Methoden zum Ziel der Identifikation eines Fledermaus-Habitatbaumes und in der Regel ist die Suche mit einem grossen personellen und finanziellen Aufwand verbunden.

Dies ist dann auch der Hauptgrund, weshalb Fledermausschutzmassnahmen im Wald noch immer relativ selten sind.
Ist ein Habitatbaum identifiziert, wird er in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Forstamt markiert, um dessen Schutz auch zu gewährleisten.

Notmassnahmen

Häufig werden Waldfledermäuse aber erst entdeckt, wenn es zu spät, d.h., wenn ein Höhlenbaum gefällt wird. Dann ist rasches Handeln angezeigt, denn die Tiere brauchen umgehend Nothilfe.

Die Stiftung Fledermausschutz hat deshalb Notmassnahmen formuliert und ein Netz von Schweiz weit 50 dezentralen Notpflegestellen aufgebaut, um solche Tiere retten zu können. Als mittelfristige Notmassnahme können als Ersatz für den Verlust des Versteckens im Wald Fledermauskästen aufgehängt werden.

Vom Habitatbaum zur fledermausfreundlichen Waldbewirtschaftung

Wie jeder Baum, hat ein Habitatbaum eine begrenzte Lebensdauer, Baumhöhlen können wieder zuwachsen oder der Baum muss aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Damit die Lebensraumbedingungen für die Waldfledermäuse im identifizierten Wald jedoch langfristig gesichert bleiben, ist für den betroffenen Wald oft ein Bewirtschaftungskonzept erforderlich.
Im Grundsatz soll durch eine gezielte Bewirtschaftung ein Netzwerk von geeigneten Habitatbäumen langfristig gesichert werden und der Bestand muss im Rahmen eines Monitorings regelmässig erfasst werden. Dies erfordert gegenseitiges Verständnis sowie Aufklärung, Sympathiewerbung und Schulung durch den Fledermausschutz. Die Kantone setzen für die Umsetzung der bundesrechtlichen Schutzbestimmungen Kantonale Fledermausschutz-Beauftragte ein, welche die Forstämter entsprechend beraten.

Artenförderung contra Holznutzung

Die Identifikation von Fledermaus-Habitatbäumen ist aufwändig. Zusätzlich entsteht für die Forstwirtschaft durch das gezielte Belassen bestimmter Bäume und eine fledermausfreundliche Waldbewirtschaftung kein direkter wirtschaftlicher Nutzen.

Das Synergiepotential für den Schutz und die Förderung vieler weiterer Arten, welche die Erhaltung eines funktionierenden Waldökosystems gewährleisten, ist jedoch gross.
Es wird zudem geschätzt, dass allein Schweizer Fledermäuse durch ihren Verzehr von Insekten Ökosystemleistungen im Frankenwert vom tiefen bis mittleren dreistelligen Millionenbereich für uns Menschen erbringen.

Die Stiftung Fledermausschutz betreibt mit Unterstützung des BAFU die Koordinationsstelle Ost für Fledermausschutz, welche in 18 Kantonen der östlichen Landeshälfte den bundesrechtlich vorgeschriebenen Fledermausschutz koordiniert. Sie ist Mitglied im Verein Info Species, dem Schweizerischen Informationszentrum für Arten, welches sich für die Artenförderung einsetzt.