Im Rahmen des vom Waldklimafonds geförderten Projektes “natWald100” wurden vier von der Eiche geprägte Naturwaldreservate (NWR) untersucht. Es handelt sich dabei um das NWR “Jachtal” der Stadt Bad Windsheim und die drei NWR “Heilige Hallen” (Forstbetrieb [FB] Rothenburg), “Wolfsee” (FB Arnstein) und “Mitteleich” (FB Kaisheim). Auf diesen Flächen wurde die Waldstruktur, die Bodenvegetation sowie die Artenvielfalt der Gliederfüßler (Arthropoden) erfasst.
Vegetationskundliche Erfassung
Typisch für Eichen-Hainbuchen-Wälder ist die kleinräumige Mischung der Baumarten. So fanden sich auf den nur 200 m² großen vegetationskundlichen Aufnahmeflächen in jedem Reservat im Schnitt mindestens zwei Baumarten in der Baumschicht. Im NWR “Wolfsee” waren es sogar im Durchschnitt mehr als drei Arten. Neben den Eichen (mit einem durchschnittlichen Deckungsgrad von 52 %) und Hainbuchen (33 %) traten als wesentliche Mischbaumarten die Rotbuche (10 %), die Sommerlinde (5 %) und die Winterlinde (4 %) auf.
Die Strauchschicht war sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während sie im NWR "Mitteleich" auf den Untersuchungsflächen völlig fehlte, bestand sie im NWR “Wolfsee” im Schnitt aus über drei Arten. Die stetigsten Baumvertreter in der Strauchschicht waren die Hainbuche, der Feldahorn und die Sommerlinde.
Auch in der Krautschicht zeigten sich durchaus gravierende Unterschiede. So wird diese im NWR “Mitteleich” durch nur rund neun Arten geprägt, während es im NWR “Jachtal” im Schnitt 15 Arten und im NWR “Wolfsee” durchschnittlich sogar fast 18 Arten auf 200 m² waren. Die stetigste Pflanze in der Krautschicht war die Weiße Anemone Anemone nemorosa auf 26 der 36 Probekreise. Ebenfalls regelmäßig beobachtet werden konnten die Große Sternmiere Stellaria holostea (22), das Wald-Knäulgras Dactylis polygamma (18), das Maiglöckchen Convallaria majalis (16), die Waldsegge Carex sylvatica (16), die Waldzwencke Brachypodium sylvaticum, die Goldnessel Lamium galeobdolon und das Hain-Rispengras Poa nemoralis (je 13). Als Sämlinge bzw. Jungpflanzen waren in der Krautschicht die Hainbuche (20), die Esche (23) und auch die Eiche (31) in mindestens jedem zweiten Probekreis vertreten. Dies spricht dafür, dass das Potential für eine nachfolgende Baumgeneration vorhanden ist.
Insektenvielfalt in den Naturwaldreservaten
Innerhalb von drei Monaten konnten aus jedem der vier Fallensets 282 bis 432 Arten identifiziert werden. Die Zahl der erfassten genetischen Sequenz-Cluster liegt sogar bei 541 bis 807. Doch bislang kann rund der Hälfte dieser genetischen Codes noch keine Art sicher zugeordnet werden. Hierzu fehlen in den genetischen Vergleichs-Datenbanken leider noch entsprechende Referenzdaten aus hinterlegten Bestimmungen, wie sie z. B. vielfach durch die Zoologische Staatssammlung in München eingestellt werden.
Die Untersuchungen zeigen als typische Arten für die wärmebegünstigten und eichenbetonten Wälder den Großen Breitkäfer Abax parallelepipedus, eine Drosophilafliege Drosophila subobscura, die Echte Käferzikade Issus coleoptratus, die Braune Wegameise Lasius brunneus und den Steinmieren- oder Nelken-Blattspanner Euphyia biangulata, dessen Larven unter anderem auf die Große Sternmiere (Stellaria holostea) und andere Nelkengewächse (Caryophyllaceae) als Nahrungsgrundlage angewiesen sind. Diese Pflanzen profitieren wiederum von einem höheren Anteil an Eichen in der Baumschicht. Der Vierpunktfleckenbär Litosia quadra ist ein nachtaktiver Falter, dessen Raupen Baumflechten auf der Rinde von Eichen und Buchen verspeisen. Bei Massenvermehrungen der Nonne (Lymantria monacha) ernähren sich die Raupen des Vierpunktfleckenbären dann allerdings bevorzugt von den Nonnenraupen und werden so zu “Mordraupen” und machen dann in der Regel auch selbst eine verstärkte Ausbreitung durch.
In all diesen Wäldern ist inzwischen der Schwarze Nutzholzborkenkäfer Xylosandrus germanus zuhause. Die Käferart stammt ursprünglich aus Ostasien, hat sich inzwischen aber in vielen wärmebegünstigten und laubholzreichen Wäldern Mitteleuropas ausgebreitet.
Hinsichtlich der Arten der Roten Liste der Gliederfüßler (Arthropoden) fällt insbesondere das NWR “Jachtal” auf. Hier konnten insgesamt 17 Rote Liste-Arten nachgewiesen werden. In den beiden Reservaten “Mitteleich” und “Heilige Hallen” waren es noch neun bzw. sieben Arten und im NWR “Wolfsee” wurden fünf dieser seltenen Arten gefunden.
Unter den Arten der Roten Liste sind beispielsweise der Düsterkäfer Conapalpus brevicollis, der als stark gefährdet gilt (RLD 2) und in den "Heiligen Hallen" und im “Jachtal” vorkam. Die Larven des Käfers leben im Totholz von pilzbefallenen Kronenästen und kommen vor allem in wärmebegünstigten Lagen Deutschlands vor.
Die Grabwespe Ectemnius nigriatarsus, in der Roten Liste für Bayern als stark gefährdet (RLBy 2) eingestuft, wurde im NWR “Mitteleich” gefunden. Die Weibchen legen Nisthöhlen in Weichhölzern an und deponieren dort erbeutete Fliegen, die sie zuvor mit einem Stich gelähmt haben, um damit ihre Brut zu versorgen. Zu den Echten Motten gehört Euplocamus anthracinalis (RLBy 2). Seinen Hauptverbreitungsschwerpunkt hat der Schmetterling in den wärmebegünstigten Laubwaldzonen Südosteuropas bis hin zum Kaukasus. Die Falter bevorzugen feuchte Laubwälder, durch die die Falter bei Sonnenschein fliegen. Ihre Laven entwickeln sich von Herbst bis zum Frühling sowohl in Röhrlingspilzen als auch in moderndem Holz von Eichen, Buchen und Hainbuchen. Als in Bayern vom Aussterben bedroht (RLBy 1) gilt die Breitflügelige Bandeule Noctua interpostia, die sowohl im “Jachtal” als auch in den “Heiligen Hallen” gefunden wurde. Die Art hat eine Vorliebe für trockene Waldränder, wärmebegünstigte Hänge und Steppengebiete. Es handelt sich hier um eine Art mit einem Verbreitungsschwerpunkt in Südeuropa, die sich aber offensichtlich mehr und mehr nach Norden ausbreitet.
Die Buche tut sich auf den Flächen schwer
Auf den Standorten ist teilweise festzustellen, dass die Rotbuche an ihre Grenzen stößt. Zum einen ist es der hohe Tonanteil, der der in weiten Landesteilen von Natur aus dominierenden Buche zu schaffen macht. Zum anderen liegen diese Flächen in einer von Wärme und Trockenheit geprägten Region Bayerns. In den neun Probekreisen des seit 1978 bestehenden NWR “Wolfsee” konnte noch keine Buche in den Derbholzbestand einwachsen. Die Probekreise mit 356 bis 747 Vfm/ha lebender Holzmasse werden weitgehend von der Eiche (Grundflächenanteil von 39 bis 81 %) dominiert. Begleitet werden sie mit höheren Anteilen von Hainbuchen (10 bis 55 %) und Linden (0 bis 24 %); oder im NWR “Mitteleich” mit 254 bis 747 Vfm/ha und Grundflächenanteilen von 20 bis 68 % Eiche, 20 bis 72 % Hainbuche und Anteilen von 0 bis 41 % Buche.
Eichenwälder von heute, ein Fenster für die Zukunft
Ein Blick in die von Eiche und Hainbuche geprägten Naturwaldreservate in den wärmebegünstigten Regionen Bayerns vermittelt uns eine Vorstellung davon, in welche Richtung sich so mancher Wald in Bayern in den kommenden Jahrzehnten durch den Einfluss des veränderten Klimas entwickeln könnte. So manche Art, die bisher eher auf diese wärmebetonten Regionen beschränkt war, kann sich in der Zukunft durchaus weiter ausbreiten. Problematisch wird allerdings eine Prognose für diese heutigen Eichenwälder selbst. Denn dort wird der Klimawandel in der Zukunft Bedingungen schaffen, die wir so bislang noch nicht in Bayern kennen. Bleibt die Hoffnung, dass unsere Baumarten noch längere Zeit mit den schwieriger werdenden Bedingungen zurechtkommen mögen.
Zusammenfassung
Im Rahmen des bundesweiten Projektes “natWald100” wurden vier Eichennaturwaldreservate im Westen Bayerns hinsichtlich der Artengemeinschaft von Vegetation und Arthropoden untersucht. Auf diesen Standorten stößt die Buche an ihre Grenzen. Unter den 282 bis 432 in den NWR erfassten Gliederfüßlern (Arthropoden) lassen sich typische Arten der wärmebegünstigten Eichenwälder ausmachen. Die hier festgestellten Artengemeinschaften setzen sich recht deutlich von denen der Buchenwälder ab. Aus der Gruppe der Gliederfüßler treten charakteristische Arten wie die Braune Wegameise, der Steinmieren-Blattspanner und der aus Ostasien stammende Schwarze Nutzholzborkenkäfer auf. Von den krautigen Pflanzen waren es vor allem die Weiße Anemone und die Große Sternmiere, die diese baumartenreichen Wälder prägen.
Noch haben sich in den Wäldern auch ansehnliche Holzvorräte gehalten, allerdings gehen gerade diese Standorte im Klimawandel Klimabedingungen entgegen, die bisher in Deutschland unbekannt sind.