Wälder spielen im globalen Kohlenstoffkreislauf eine wichtige Rolle. Sie können Kohlenstoff speichern und auch Holz zur Substitution von fossilen Rohstoffen produzieren. Das Wachstum von Wäldern ist ein dynamischer Prozess, der durch die waldbauliche Behandlung gesteuert wird. Das Resultat dieser Maßnahmen ist eine nachhaltig nutzbare Erntemenge, die den Zuwachsmengen, vermindert um natürliche Abgänge, entspricht.
Ist das Waldmanagement suboptimal, so wird das standörtliche Potenzial nicht voll ausgeschöpft, geringere Zuwächse sind die Folge. Diese Situation kann dennoch nachhaltig sein, solange lediglich die Menge dessen geerntet wird, die auch zuwächst. Demnach muss nachhaltige Bewirtschaftung nicht automatisch mit einer optimalen und gleichzeitig nachhaltigen Bewirtschaftung ident sein.
Beispielsberechnung
Vereinfachte Beispiele (so wurden etwa Ausfälle aufgrund von Windwurf oder Insekten nicht berücksichtigt) auf Basis der Ertragsmodelle sollen den Einfluss der gewählten Umtriebszeit auf Zuwachs und Vorrat veranschaulichen:
Auf einer konkreten Fläche ist der durchschnittliche Gesamtzuwachs (dGZ) bei optimaler Umtriebszeit für Fichte 11,0 vfmD/Jahr/ha, Buche 8,0 vfmD/Jahr/ha, Lärche 9,3 vfmD/Jahr/ha und Kiefer 10,0 vfmD/Jahr/ha.
Durschnittlicher Gesamtzuwachs und Durschnittsvorrat für Fichte Hochgebirge
Das Produktionsziel ist in der Regel, die (erntekostenfreien) Erträge zu maximieren. Dazu bedarf es der Kenntnis von Kosten und Erlösen, die in dieser Betrachtung aber nicht berücksichtigt werden sollen. Deshalb soll vereinfachend die Produktion von möglichst vielen Festmetern als Ziel definiert werden. Dieses Ziel wird hier von der Fichte mit 11,0 vfmD/Jahr/ha am besten erfüllt. Wäre hingegen das Ziel möglichst viel Biomasse zu produzieren, wird für die Baumartenwahl neben der Volumenleistung die mittlere Raumdichte (Gewicht absolut trockenen Holzes je m³ frischen Holzes) der betrachteten Baumarten auf dieser Fläche benötigt. Für Fichte sei diese 400 kg/fm, Buche 580 kg/fm, Lärche 460 kg/fm und für Kiefer 420 kg/fm. Damit kann Fichte 4,4 t/Jahr/ha, Buche 4,6 t/Jahr/ha, Lärche 4,3 t/Jahr/ha und Kiefer 4,2 t/Jahr/ha produzieren und die Entscheidung würde zugunsten der Buche ausfallen (Wertholzproduktion mit Laubholz).
Produktionsziel gibt Baumart, Umtriebszeit, Bestandesdichte und Durchschnittsvorrat vor
Diese Produktionsmengen werden allerdings nur bei optimaler Bewirtschaftung erreicht. Die Bestände müssen durchgehend voll bestockt sein und die Umtriebszeit muss dem Zeitpunkt entsprechen, zu dem der dGZ sein Maximum erreicht. Nach den Hilfstafeln für die Forsteinrichtung von Marschall wäre dies für Fichte Hochgebirge und Buche 100 Jahre, für Lärche 70 und Kiefer 60 Jahre. Bei dieser Umtriebszeit hat Fichte im Durchschnitt über alle Altersklassen und bei Vollbestockung einen Vorrat von 378 vfmD/ha (151 t/ha), Buche 245 vfmD/ha (142 t/ha), Lärche 195 vfmD/ha (90 t/ha) und Kiefer 170 vfmD/ha (71 t/ha). Damit gibt das Ziel, möglichst hohe Zuwächse zu haben, sowohl die Baumart, die Umtriebszeit, die Bestandesdichte als auch den Durchschnittsvorrat für den jeweiligen Standort vor (europäischer Fichtenstammzahl-Versuch).
Ziel: Wald als Kohlenstoffspeicher?
Wenn als Ziel vorgegeben wird, möglichst hohe Vorräte im Wald zu halten, etwa um als Kohlenstoffspeicher zu fungieren , muss eine lange Umtriebszeit gewählt werden. Für die Umrechnung zwischen Biomasse und Kohlenstoff kann ein Verhältnis von 1g Kohlenstoff = 2g Biomasse unterstellt werden. Zu beachten ist, dass das Volumen bzw. die davon abgeleitete Biomasse in Ertragstafeln sich nicht auf die gesamte Waldbiomasse, sondern nur auf das Derbholz bezieht. Da die Ertragstafelwerte bei einem Alter von 140-150 Jahre enden, wird eine Umtriebszeit von 150 Jahren gewählt. Der mittlere Vorrat liegt dann bei Fichte bei 581 vfmD/ha (232 t/ha), Buche 362 vfmD/ha (210 t/ha), Lärche 376 vfmD/ha (173 t/ha) und Kiefer 449 vfmD/ha (189 t/ha).
Holzproduktion hat Vorteile gegenüber Vorratsaufbau
Es spricht nichts dagegen, dass bei noch längeren Umtriebszeiten der mittlere Vorrat zunächst noch weiter ansteigt. Diese Vorratserhöhung geht aber auf Kosten der Zuwachsleitung. Diese sinkt bei der Fichte von 11,0 auf 9,6 vfmD/Jahr/ha, Buche von 8,0 auf 7,2 vfmD/Jahr/ha, Lärche von 9,3 auf 7,9 vfmD/Jahr/ha und Kiefer 10,0 auf 7,1 vfmD/Jahr/ha. Zuwachseinbußen von 2 vfmD/Jahr/ha scheinen gegenüber einer Vorratserhöhung von 200 vfmD/ha sehr gering. Da diese 2 fm aber jedes Jahr weniger zuwachsen, die 200 fm hingegen nur einmalig zusätzlich aufgebaut werden können, egalisiert sich dieser Unterschied theoretisch nach 100 Jahren. Bei Betrachtungszeiträumen jenseits von 100 Jahren zeigt die produktionsbetonte Umtriebszeit Vorteile gegenüber der vorratsbetonten Anpassung der Waldbewirtschaftung an den Klimawandel.
Kurze Umtriebszeit aus Stabilitätsüberlegungen
Foto: BFW/Marianne Schreck
Wenn hingegen das Ziel ist, möglichst kurze Umtriebszeiten zu haben, um etwa aufgrund der Klimaänderung in kürzeren Zeitabständen von einer Baumart auf eine andere wechseln zu können oder das Kalamitätsrisiko zu minimieren, stellt sich bei einer Umtriebszeit von 60 Jahren folgendes Bild dar: Fichte 9,9 vfmD/Jahr/ha – 173 vfmD/ha, Buche 6,6 vfmD/Jahr/ha – 102 vfmD/ha, Lärche 9,3 vfmD/Jahr/ha – 164 vfmD/ha und Kiefer 10,0 vfmD/Jahr/ha – 170 vfmD/ha.
Eine Verkürzung der Umtriebszeit führt also - den traditionellen Ertragstafelvorstellungen folgend - sowohl zu geringeren Zuwächsen als auch zu geringeren Vorräten. Auch wenn Ertragstafeln gegenüber neu entwickelten Waldwachstumsmodellen eine reale Bestandesentwicklung nur in Ansätzen beschreiben können, sind die hier von ihnen abgeleiteten Zusammenhänge gültig. Ertragstafeln helfen nach wie vor bei der waldbaulichen Entscheidungsfindung. Moderne Wachstumsmodelle, die an regionale und lokale Gegebenheiten angepasst werden können, sind detailgetreuer und sollten nach Möglichkeit verwendet werden.
Nach diesen Beispielen scheint eine Entscheidung für ein bestimmtes Bewirtschaftungsziel einfach. In der Realität haben viele Länder bereits auf großen Flächen Wälder. Wenn deren Umtriebszeit um einiges kürzer als die zuwachsoptimale ist und der derzeitige Holzeinschlag sich mit der derzeitigen Zuwachsleistung die Waage hält, die Nutzungen in diesem Sinne nachhaltig sind, wird es schwierig die Umtriebszeit zu verlängern, um dadurch höhere Zuwachsraten zu erzielen. In dieser Situation wäre es sinnvoll, die Erntemenge so lange zu reduzieren bis die Umtriebszeit in etwa der zuwachsoptimalen entspricht und anschließend die nun höheren Erntemengen zu nutzen. Eine ähnliche Situation besteht bei Wäldern mit geringer Bestandesdichte. Eine geringe Bestandesdichte hat geringere Zuwachsraten zur Folge. Um die Bestandesdichte zu erhöhen, muss die Erntemenge für einige Zeit geringer als der Zuwachs sein.
Wenn die aktuelle Umtriebszeit hingegen wesentlich länger als die zuwachsoptimale ist, kann die Erntemenge so lange erhöht bleiben, bis die zuwachsoptimale Umtriebszeit erreicht ist. In diesem Zeitraum, der durchaus einige Dezennien umfassen kann, wird mehr geerntet als zuwächst. Dies könnte Stimmen laut werden lassen, dass dies nicht nachhaltig wäre und diese vernünftige Maßnahme verhindern.
Auf lange Sicht ist es eindeutig sinnvoller, Kohlenstoff in fossilen Lagerstätten zu belassen und durch nachwachsende Rohstoffe zu substituieren, als Wälder zur Speicherung von Kohlenstoff zu verwenden und damit deren Produktivität zu verringern.
Größenordnung von bestehender Waldfläche gegenüber Neuaufforstungen beachten
So sinnvoll Aufforstungen auf Brachflächen sind, darf der Effekt selbst kleinster Änderungen auf der gesamten Waldfläche eines Landes nicht unterschätzt werden. Wenn die jährliche Erntemenge auf einer Waldfläche von 4 Mio. ha nur um 0,1 fm/ha/Jahr gesteigert wird, entspricht dies einer Gesamtsteigerung von 400.000 fm/Jahr. Um auf die gleiche Menge mittels Aufforstungen zu kommen, wären 40.000 ha mit einer möglichen Erntemenge von 10 fm/ha/Jahr nötig. Wenn der Durchschnittsvorrat von 4 Mio. ha um 5 fm/ha gesteigert wird, entspricht dies einer Gesamtmenge von 20 Mio. Festmetern. Dazu wären Aufforstungen auf einer Fläche von 80.000 ha mit einem Durchschnittsvorrat von 250 fm/ha nötig, wobei nach der Aufforstung noch einige Jahrzehnte vergehen müssen, bis dieser Vorrat tatsächlich aufgebaut wird.
Schlussfolgerungen
- Maßnahmen die eine sinnvolle Vorratsreduzierung erschweren, sind speziell im klimapolitischen Kontext kontraproduktiv.
- Es ist klimapolitisch sinnvoller, Kohlenstoff in fossilen Lagerstätten zu belassen und die aus ihnen hergestellten Produkte durch nachwachsende Rohstoffe zu substituieren, als Wälder zur Speicherung von Kohlenstoff zu verwenden und damit deren Produktivität zu verringern.
- Geringe Änderungen auf großen Flächen sind in der Regeln einfacher und schneller zu realisieren als große Änderungen auf kleinen Flächen.