Holz lässt sich CO2-neutral produzieren, mehrfach als Material verwenden, in verschiedenen Formen transportieren und speichern sowie als Wärme, Strom und Treibstoff energetisch nutzen. Nicht zuletzt kann es Lücken bei der Sonnen- und Windenergieproduktion überbrücken, da es zeitlich unbegrenzt zur Verfügung steht. Dies alles zeigt: Holz ist ein sehr flexibler Energieträger.
Wissenschaftler der Eidg. Forschungsanstalt WSL, des Paul Scherrer Instituts PSI und weiterer Institutionen haben das im Schweizer Holz steckende Energiepotenzial berechnet und Technologien für die Verbrennung und Umwandlung in Elektrizität und Treibstoffe weiterentwickelt. Sie untersuchten zudem, wie Bioenergie am besten in das Schweizer Energiesystem eingebettet werde sollte.
«Energieholz ist von grösserer Bedeutung, als es sein vergleichsweise geringes Potenzial vermuten lässt», betonen die Autorinnen und Autoren eines Berichts zum Energieholz in der Schweiz (PDF) . Dieser fasst Resultate des mehrjährigen Energieforschungsprogramms «Biomass for Swiss Energy Future» (SCCER Biosweet) des Bundes zusammen, an dem bis zu 15 Forschungsgruppen und dutzende Umsetzungspartner beteiligt waren.
Ungenutztes, aber begrenztes Potenzial
Derzeit macht Holzenergie etwa 5 Prozent des gesamten Energie-Endverbrauchs in der Schweiz aus, nämlich etwa 40 Petajoule (PJ) pro Jahr. Das ist etwas mehr Energie, als die Stadt Zürich in einem Jahr benötigt. Dieser Anteil könnte – wirtschaftlich und ökologisch nachhaltig – maximal um ein Drittel auf 54 PJ wachsen, errechneten die Bioenergie-Fachleute der WSL.
Energieholz kann direkt aus dem Wald und dem offenen Land stammen, es kann aber auch Restholz aus Schreinereien und Sägereien sein oder bereits genutztes Holz (als Altholz bezeichnet). Am meisten unerschlossenes Potenzial, nämlich 5 bis 10 PJ, steckt noch im Waldholz. «Holz als wertvolle, aber begrenzte Energiequelle erfordert eine effiziente Nutzung», betont Oliver Thees, Erstautor des Berichts.
Abb. 2 - Ökologisch und ökonomisch nachhaltige Energieholzpotenziale pro Gemeinde im Jahr 2014: relative Werte in Terajoule (1 TJ = 0,001 PJ) pro km2 und Jahr. Die Potenziale umfassen alle verholzten, energetisch nutzbaren Biomassen: Wald-, Flur-, Rest- und Altholz. Karte mit absoluten Werten.
Aus Sicht des Klimaschutzes sollte Holz wenn möglich nicht direkt aus dem Wald im Ofen landen. Vielmehr sollten daraus zuerst Häuser und Möbel, Spanplatten oder Dämmstoffe entstehen, bevor es verbrannt wird. Dies wird "Kaskadennutzung" genannt, welche aber noch nicht so weit entwickelt ist, wie es wünschenswert wäre.
Flugzeuge, die mit Holz fliegen
Derzeit wird das wertvolle Energieholz zu 95 Prozent zur Erzeugung von Wärme verwendet, um Räume zu beheizen. Für eine maximale Energiegewinnung und CO2-Einsparung sollte Holz in grösserem Umfang anders genutzt werden als heute.
In der Industrie lässt sich mit Holz Hochtemperatur-Prozesswärme beispielsweise in Form von Wasserdampf erzeugen. Oder man kann daraus gasförmige und flüssige Treibstoffe herstellen – zum Beispiel für Flugzeuge. Die Abwärme und das CO2, die bei der Umwandlung entstehen, sollten aufgefangen und genutzt werden. Das hilft der CO2-Bilanz und kompensiert andere Emissionen wie jene aus der Landwirtschaft, die unvermeidlich sind. Die im Forschungsprogramm entwickelten Umwandlungstechnologien verbessern die Effizienz und CO2-Bilanz solcher Anwendungen, nicht alle sind jedoch schon marktreif.
Aus Energieholz kann in Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen auch Strom gewonnen werden, was vor allem im Winter die nächstbeste Verwendung wäre, um die Winterstromlücke zu überbrücken. Will man Raumwärme aus Holz gewinnen, sollte dies am besten und wenn möglich in grossen Anlagen mit Anschluss an das Fernwärmenetz geschehen. Diese lassen sich schadstoffärmer und effizienter betreiben als eine Vielzahl von Kleinanlagen. «Wir haben Verfahren zur Umwandlung von Holz in Treibstoffe und Energie neu entwickelt respektive ein Stück näher zur Marktreife gebracht und somit einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende geleistet», sagt Oliver Kröcher vom Paul Scherrer Institut PSI.
Stromnetz stabilisieren
Da Energieholz so vielfältig nutzbar ist, kann man es als einen «Joker» für die Gestaltung der Energiewende betrachten. Es kann die Energieversorgung und das Stromnetz stabilisieren, da Holz lagerbar ist und bei Bedarf umgewandelt Spitzenbelastungen im Netz ausgleichen kann.
Eine effizientere Holznutzung kommt nicht auf technologischem Weg allein zustande. Sowohl in der Forschung, der Wirtschaft und der Politik gibt es noch einiges zu tun: Die Nutzungsketten von Holz müssen durchleuchtet und optimiert werden. Es braucht Grundlagen für eine praktische Umsetzung der komplexen Umwandlungstechnologien.
Nicht zuletzt können politische Massnahmen die Holznutzung steuern, beispielsweise durch gezielte Anreize für effiziente energetische Verwendungen und die Pflicht, die Versorgung der Anlagen schon bei der Projektentwicklung sicherzustellen.
(TR)
Wissenschafliche Originalpublikation
Thees O., Erni M., Burg V., Bowman G., Biollaz S., Damartzis T., … Kröcher O. (2023) Energieholz in der Schweiz: Potenziale, Technologieentwicklung, Ressourcenmobilisierung und seine Rolle bei der Energiewende. White paper. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. 34 p. https://doi.org/10.55419/wsl:32789