Der Schweizer Bundesrat und das Parlament haben im Jahr 2011 einen Grundsatzentscheid für einen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie gefällt. Die geplante Umsetzung der Energiewende lässt einen zunehmenden Druck auf die natürlichen Ressourcen und in der Folge einen Einfluss auf die Landschaft erwarten. Für die wichtige erneuerbare Ressource Holz stellt sich dabei die Frage, wie es um die Potenziale, Chancen und Risiken der Energieholznutzung in der Schweiz bestellt ist.

Holz ist als erneuerbare Ressource ein Element im Energiesystem der Zukunft. Welche Rolle das Holz dabei spielen wird, ergibt sich aus einem Wettbewerbsprozess, in dem alle erneuerbaren sowie ein verbleibender Anteil fossiler Ressourcen involviert sind. Für das Ergebnis sind technische und ökonomische sowie politische Faktoren bedeutsam.

Es bietet sich an, die Analyse auf der Grundlage eines Marktmodells anzugehen. Grundsätzlich gilt es zu ermitteln, wieviel Holz zur Verfügung stehen und wie gross der Bedarf sein wird. Zur Beantwortung der ersten Frage kann das Energieholzangebot hergeleitet werden. Wichtige Faktoren sind dabei die Gesamtnutzungsmenge, die Holzerntekosten und die Preise, die durch eine alternative Verwendung erzielt werden können. Die zweite Frage zielt auf die Nachfrageseite, wo die technologische Entwicklung ebenso eine Rolle spielt wie die Preise der alternativen Energieträger.

Kategorien und Eigenschaften des Holzes

Energieholz bezeichnet Holz, das zur Erzeugung von Energie genutzt wird. Entsprechend der Herkunft lässt sich das Energieholz in fünf Kategorien einteilen:

  • Waldenergieholz wird im Wald produziert, geerntet und ist für die energetische Nutzung bestimmt. Das Waldholz hat bei allen Kategorien, insbesondere auch bei den zusätzlich nutzbaren Potenzialen, den grössten Anteil (Abb. 4).
  • Flurholz beinhaltet alle verholzten Baum- und Buschkompartimente, welche nicht im Wald anfallen. Es wird oft auch als Landschaftspflegeholz bezeichnet.
  • Plantagenholz bezeichnet Holz aus Plantagen auf landwirtschaftlichen Flächen. Solche Plantagen haben in der Schweiz zur Zeit kein nachhaltiges Potenzial.
  • Als Restholz werden naturbelassene Reste aus dem Holz der verarbeitenden Betriebe bezeichnet. Hauptsächlich handelt es sich um das Holz, das in Sägereien anfällt. Darin ist auch ein beträchtlicher Anteil Rinde enthalten.
  • Altholz stammt aus Gebäudesanierungen oder anderen materiellen Verwendungen (z. B. Möbel, Verpackungen), das in dieser Form nicht mehr weiterverwendet wird. Es handelt sich meist um behandeltes Holz.

Holz verfügt über einen hohen Brennwert, ist lagerfähig und kohlenstoffhaltig. Der hohe Brennwert macht Holz interessant für Prozesswärme. Seine Lagerfähigkeit prädestiniert Holz als komplementäre Energieform zur fluktuierenden Wind- und Sonnenenergie. Schliesslich ist Holz als Kohlenstoff- Ressource interessant, da bei verschiedenen Verwendungen kohlenstoffbasierte Energieträger (C-Fuels) kaum zu ersetzen sind. Biogas aus Holz ist eine Alternative.

Die Ressource Holz fällt kontinuierlich und dezentral an, ist jedoch mengenmässig begrenzt. Holz zeichnet sich durch eine Vielfalt von Nutzungsmöglichkeiten aus. Hierdurch entsteht eine Nutzungskonkurrenz – zum Beispiel zwischen stofflicher und energetischer Verwendung. Auch innerhalb der energetischen Verwendung lässt sich Holz vielfältig zur Erzeugung von Wärme, Strom oder Treibstoff einsetzen. Darüber hinaus ist Holz auch kaskadisch nutzbar. Holz kann zuerst (gegebenenfalls sogar mehrfach) stofflich und am Schluss seines Lebenszyklus noch energetisch genutzt werden.

Anteil des Holzes an der Energieversorgung

Holz spielt im Gesamtvergleich zu allen Energieträgern eine untergeordnete Rolle. Betrachtet man jedoch die Erneuerbaren für sich, so ist Holz derzeit nach der Wasserkraft die zweitwichtigste erneuerbare Energiequelle in der Schweiz. Im Kontext aller energetisch verwendeten Biomasse nimmt das Holz eine noch bedeutendere Position ein (Abb. 3). In den letzten Jahren hat die Nutzung von Holzenergie zugenommen. Holz deckt etwa vier Prozent des gesamten Schweizer Endenergieverbrauchs. Die Wärmeerzeugung macht mit 95 Prozent derzeit den grössten Anteil der energetischen Holznutzung aus.

Energieholz-Potenziale

Die Abschätzung der Potenziale auf der Ressourcenebene bildet das Fundament für die Beurteilung der zukünftigen Rolle des Holzes im Energiesystem. Dabei gilt es einerseits, nachvollziehbare verlässliche Potenziale zu berechnen, und andererseits die Einflüsse zu identifizieren, die die Potenziale verändern können. Folgende Potenziale lassen sich inhaltlich abgrenzen:

  • Das theoretische Potenzial beziffert eine nur theoretisch erreichbare Obergrenze und bezieht sich auf das langfristig durchschnittlich pro Jahr anfallende Holz ohne Einschränkungen. Der Abbau allfälliger Vorräte wird dabei nicht erfasst.
  • Das nachhaltige Potenzial ergibt sich, wenn das theoretische Potenzial um diejenige Holzmenge vermindert wird, die aufgrund von Restriktionen oder wegen einer höherwertigen Verwendung der energetischen Nutzung entzogen wird. Restriktionen können technischer, ökologischer, politischer, rechtlicher oder wirtschaftlicher Art sein und sind oft aneinander gekoppelt. Beispiele sind die Unterschutzstellung von Waldflächen, die stoffliche Nutzung des Holzes oder nicht kostendeckende Holzerlöse.
  • Das bereits genutzte Potenzial wurde im vorangegangenen Kapitel kurz skizziert.
  • Von besonderem Interesse ist das zusätzlich nutzbare Potenzial. Es stellt die Differenz zwischen dem nachhaltigen Potenzial und der bereits genutzten Menge dar. Potenzialangaben beinhalten also immer eine Aussage über die Verfügbarkeit der Ressource.

Die Abbildung 4 zeigt die kurzfristigen Potenziale der verschiedenen Kategorien des Energieholzes auf der Ressourcenebene. Insgesamt beträgt das theoretische Energieholz-Potenzial 13,9 Mio. m3/a. Das nachhaltige Potenzial beläuft sich auf 6,4 Mio. m3/a, wovon bereits 4,2 Mio. m3/a genutzt werden. Zusätzlich nutzbar sind danach noch 2,2 Mio. m3/a. Nennenswerte zusätzlich nutzbare Potenziale gibt es nur beim Waldholz und – in deutlich geringerem Umfang – beim Altholz.

Das Waldenergieholz stellt das grösste Energieholzpotenzial dar. Der jährliche Holzzuwachs im Schweizer Wald entspricht dem theoretischen Potenzial und betrug 2011 9,7 Mio. m3. Das nachhaltige Potenzial wird als Mittelwert zweier Varianten eines nachhaltigen Nutzungsszenarios für die Jahre 2017 bis 2026 abgeschätzt und beträgt 4,4 Mio. m3/a. Das bereits genutzte Potenzial beläuft sich auf rund 2,5 Mio. m3/a (der Anteil des forststatistisch nicht erfassten energetisch genutzten Holzes wurde grob und eher hoch geschätzt). So ergibt sich eine zusätzlich nutzbare Menge von 1,9 Mio. m3/a Waldenergieholz, die als konservative Schätzung zu interpretieren ist.

Energieholz-Angebot

Es bestehen zahlreiche Risiken und Unsicherheiten, die dazu führen können, dass die in Abbildung 4 dargestellten Energieholzpotenziale nicht ausgeschöpft werden. Vor allem aus politischen sowie aus ökonomischen, insbesondere wettbewerbsbedingten Gründen können sie beschränkt werden. Deshalb sind namentlich die Waldenergieholzpotenziale keine starren Grössen. Sie hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab. Dies macht es notwendig, die Haupteinflussfaktoren zu identifizieren (Tab. 1) und ihre Wirkung im Zeitablauf zu analysieren.

Tab. 1 - Haupteinflussfaktoren auf die Waldenergieholzpotenziale.

ökonomischökologischpolitisch/gesellsschaftlich
  • Gesamte Holzeinschlagsmenge
  • Holzmarkt(Holzsortierung)
  • Energiemarkt
  • Holzerntekosten
  • Waldeigentum
  • Mortalität
  • Waldverjüngung
  • Waldverjüngung/ Baumartenverteilung
  • Nutzungsintensität (Totholz, Nährstoffentzug / Zertifizierung)

Ein wichtiger Einflussfaktor auf das nachhaltig nutzbare Potenzial an Waldenergieholz ist die Höhe des gesamten Holzeinschlags. Je mehr Holz insgesamt geerntet wird, desto grösser ist auch die Menge an Waldenergieholz. Dieser Zusammenhang findet seine Ursache in der Kuppelproduktion von Stamm-, Industrie- und Energieholz: Zumindest in jedem stärkeren Baum sind immer alle drei Hauptsortimente enthalten. Wenn man also Stammholz ernten will, erntet man zwangsläufig auch Industrie- und Energieholz.

Über die Höhe des Gesamteinschlages entscheidet letztlich die Marktsituation, denn die Waldenergieholzpotenziale hängen massgeblich davon ab, ob sie wirtschaftlich genutzt werden können. Es ist daher wichtig zu wissen, welche Energieholzmengen zu welchen Kosten bereitgestellt und welche Deckungsbeiträge an die forstbetrieblichen Gesamtkosten durch das Produkt Energieholz geleistet werden können.

Bei der ersten Frage geht es darum, die kurzfristige wirtschaftliche Verfügbarkeit der Potenziale mittels einer Teilkostenbetrachtung differenziert zu beurteilen. Dazu wurden die Bereitstellungskosten als Waldhackschnitzel ermittelt (Abb. 5). Die Angaben beziehen sich auf den Fall einer geringen Holznachfrage sowie die Szenarien A (wie bisher) und B (25% Mehrnutzung). Die Bereitstellungskosten für das Holz sind ein Schlüsselfaktor für die Wirtschaftlichkeit der gesamten Holzenergiesysteme und damit für die Nutzung der zusätzlich nutzbaren Waldenergieholzpotenziale. Will man die Verfügbarkeit verbessern, müssen die Kosten in der gesamten Lieferkette gesenkt werden.

Bei der zweiten Frage steht die langfristige Verfügbarkeit der Potenziale im Rahmen einer Vollkostenbetrachtung im Zentrum. Dabei wird geprüft, inwieweit mit den Erlösen für Hackschnitzel die gesamten Kosten ihrer Bereitstellung gedeckt werden können. Eine Untersuchung am Beispiel des Kantons Aargau hat gezeigt, dass die bisherigen Energieschnitzelholz-Preise im Durchschnitt nur etwa zwei Drittel der Bereitstellungskosten decken. Es geht also darum, die Wettbewerbsfähigkeit des Produktes Energieholz durch Kostensenkung nachhaltig zu sichern.

Energieholz-Nachfrage

Die aktuelle Entwicklung des Energieholzverbrauchs zeigt einen steigenden Trend. Gleiches gilt für die Entwicklung des Energieholzpreises. Die Wettbewerbsfähigkeit des Produktes Waldenergieholz (Hackschnitzel) scheint dabei allerdings, wie das Beispiel Aargau gezeigt, nicht gegeben zu sein. Bei der stofflichen Verwertung als Industrieholz sieht die Bilanz jedoch noch schlechter aus.

Die Energiestrategie 2050 geht im Szenario Neue Energiepolitik (NEP) davon aus, dass Holz im Gegensatz zur heutigen Situation mittel- und langfristig (bis 2050) vermehrt zur Erzeugung von Strom eingesetzt wird. Der Einsatz von Holz zur Erzeugung von Wärme soll dagegen stark zurückgehen. Das Szenario geht weiter von einer starken Zunahme der Biotreibstoffe aus, woraus man eine Zunahme der Nachfrage nach Holz ableiten könnte. Allerdings sagt das Szenario nichts darüber aus, welche Rohstoffe für die Biotreibstoffe vorgesehen sind. In welcher Energieform das Holz eingesetzt wird, entscheidet sich aber letztlich lokal vor Ort auf der Basis seiner Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu technologisch möglichen Alternativen.

Biogas aus Holz und anderen Biomassen in Erdgasqualität, erzeugt und eingespeist in das Gasnetz, ermöglicht ein flexibles und nachfrageorientiertes Energieangebot: Es kann in verbrauchsarmen Zeiten problemlos gespeichert und bei Bedarfsspitzen oder wenn andere erneuerbare Energieträger nicht zur Verfügung stehen, zur Deckung des Wärme- und Strombedarfs herangezogen werden. Mit Holz lässt sich so eine höhere Wertschöpfung erzielen und zu einer CO2-reduzierten Energieversorgung beitragen. Der Forstbetrieb wird so trotz der limitierten Ressource zu einem wichtigen Dienstleister, in dem er ein flexibles und nachfrageorientiertes Energieangebot ermöglicht.

Förderlich für die Nachfrage wird ausserdem auch sein, dass die Erzeugung von Wärme und Strom aus Holz eine hohe Substitutionswirkung mit einer bis zu 90%-igen Reduktion fossiler CO2-Emissionen erzielt. Damit wird deutlich, dass das Holz eine wichtige Rolle im Energiesystem der Zukunft spielen kann.

Politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Bisher wurden vor allem die ökonomischen Einflussfaktoren behandelt, weil sie einen sehr grossen Einfluss haben und vom Forstbetrieb selbst beeinflusst werden können. Mitentscheidend sind aber auch politische und gesellschaftliche Faktoren (Abb. 5). Beispielsweise ist die Förderung von naturnahen Wäldern zu nennen, die unter anderem zu einem höheren Laubholzanteil führt. Je grösser der Laubholzanteil, desto grösser das Energieholzpotenzial.

Von Bedeutung ist auch die Nutzungsintensität. Eine zu starke (Energie-)Holznutzung kann zur Abnahme der Biodiversität führen, wenn zu wenig Totholz im Wald verbleibt, oder die Nährstoffversorgung beeinträchtigen, denn eine Vollbaumernte mit Ästen und Reisig bedeutet den Entzug von Nährstoffen. Weil jedoch eine übermässige Energieholznutzung momentan nicht absehbar ist, dürften alles in allem in der Schweiz – vor allem kurz- und mittelfristig – keine gravierenden negativen Folgen für die Ökosystemleistungen zu erwarten sein.
 

Biomasse für die Schweizer Energie-Zukunft

Das "Schweizerische Kompetenzzentrum für Energie-Forschung – Biomasse für die Schweizer Energie-Zukunft" (SCCER BIOSWEET) ist ein Zusammenschluss von 15 verschiedenen Partnern aus wissenschaftlichen Einrichtungen sowie 50 weiteren privaten und öffentlichen Organisationen. Es dient dazu, die Herausforderungen der Energiestrategie 2050 zu meistern, indem mit Hilfe von neuen Technologien die biochemische und thermochemische Umwandlung von Biomasse in Energie gesteigert wird.

SCCER BIOSWEET möchte dazu beitragen, zusätzliche 100 Petajoule Bioenergie verfügbar zu machen. Dieses ambitionierte Ziel soll zu je einem Drittel durch Holz, Bioabfälle/Gülle sowie durch Algen erreicht werden. Dies wäre ungefähr eine Verdoppelung der derzeitigen Energieversorgung aus Biomasse.

Um 33 zusätzliche Petajoule Holzenergie zu realisieren – das entspricht einer Steigerung um knapp 50% im Vergleich zu heute – gibt es unter anderem folgende Ansatzpunkte:

  • Durch eine Steigerung der gesamten Holznutzung nimmt auch die Menge an Engergieholz zu.
  • Anpassung der Sortimente. Aus Industrieholz würde zum Beispiel Energieholz.
  • Der Laubholzanteil wird in den nächsten Jahrzehnten gemäss Prognose steigen. Dies bedeutet eine Zunahme der verfügbaren Energiemenge, weil im Laubholz pro Kubikmeter mehr Energie gespeichert ist und weil bei Laubbäumen der Anteil von Energieholz-Sortimenten durchschnittlich höher ist.
  • Steigerung der Effizienz, um eine vermehrte Kostendeckung bei der Energieholzproduktion zu erreichen.

(TR)