Wälder sind wichtige Erholungsräume für die Schweizer Bevölkerung. Die Aktivitäten, Präferenzen und Motive von Erwachsenen, den Wald zu besuchen, sind dabei gut untersucht. Das Verhältnis von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum Wald ist hingegen kaum bekannt.

Für das Management von Erholungswäldern ist es aber wichtig, Informationen über alle Bevölkerungsgruppen zu haben. Deshalb wurde 2017 eine Umfrage bei Jugendlichen an acht Schulen in den Kantonen Zürich, Aargau und St. Gallen durchgeführt. Insgesamt 643 Schülerinnen und Schüler Alter von 13 bis 22 Jahren füllten den Fragebogen aus.

Zahl der Waldbesuche und Tätigkeiten

Die Resultate zeigen, dass Aktivitäten im Wald nur bei einem kleineren Teil der Schülerinnen und Schüler zum Alltag gehören. 45% der Jugendlichen besuchen ihn von Frühjahr bis Herbst weniger als einmal im Monat (Abb. 2), wobei 10% aussagten, nie in den Wald zu gehen. Ein Drittel der Jugendlichen gab an, ein- bis dreimal pro Monat im Wald zu sein. Knapp ein Viertel geht während der wärmeren Monate mindestens einmal pro Woche in den Wald. Meist besuchen die Jugendlichen den Wald gemeinsam mit Freunden oder mit der Familie.

Gegenüber Erwachsenen gibt es markante Unterschiede: Laut einer schweizweiten Haushaltsbefragung 2010 (Waldmonitoring soziokulturell Schweiz) gehen Erwachsene deutlich häufiger in den Wald und mehr als die Hälfte der Erwachsenen besucht den Wald mindestens einmal pro Woche. Eine französische Studie erklärt diese Diskrepanz mit der Position der Jugendlichen im Leben. Sie seien zu alt, um mit den Eltern in den Wald zu gehen, und zu jung, um eigene Kinder zu haben und mit diesen den Wald zu besuchen. Da der Waldbesuch als Familienaktivität gesehen wird, die von den Eltern gefördert wird, sei er für Jugendliche unattraktiv.

Grundsätzlich besuchen die älteren Teilnehmenden den Wald öfter als die jüngeren. Die höchste Besuchsfrequenz wurde bei den 17- bis 19-Jährigen festgestellt. Bedeutende Unterschiede zeigten sich zwischen den Geschlechtern: Weibliche Jugendliche gehen laut Studie im Schnitt 20-mal pro Jahr in den Wald und damit doppelt so oft wie ihre männlichen Kollegen. Eine wichtige Rolle scheinen – nicht überraschend – die Distanz zwischen Wohnort und Wald: Jugendliche aus ländlicheren Regionen gehen öfter in den Wald als solche aus der Stadt.

Doch was tun Jugendliche und junge Erwachsene im Wald? Am meisten genannt wurde Picknicken beziehungsweise Grillieren, gefolgt von Spazieren, Joggen, Feuermachen, Wandern und Freundetreffen (Abb. 3).

Wie verbringen Jugendliche ihre Freizeit?

Die Jugendlichen wurden auch ganz grundsätzlich zu ihren Freizeitaktivitäten befragt (Abb. 4). Die beliebtesten Aktivitäten sind:

  1. Schauen von Serien/Filme/Videos online
  2. Freunde treffen
  3. Ausruhen
  4. Sport treiben
  5. Surfen im Internet

Es zeigte sich, dass der Konsum von Onlinemedien nicht nur die beliebteste Aktivität darstellt, sondern dass Jugendliche, die diese Tätigkeit bevorzugen, den Wald seltener besuchen als beispielsweise Jugendliche, die gerne spazieren oder Zeit mit Haustieren verbringen.

Um aufzudecken, welchen Einfluss frühere Erlebnisse im Wald auf das spätere Waldnutzungsverhalten haben, widmete sich ein Teil der Fragen der Bedeutung des Waldes in der Kindheit. 80% der Jugendlichen sagten aus, dass der Wald in ihrer Kindheit eine eher wichtige bis wichtige Rolle spielte. Für die Mehrheit nahm die Bedeutung des Waldes in ihrem Leben später jedoch ab. So gaben 73% an, den Wald in der Kindheit häufiger besucht zu haben als zum Zeitpunkt der Umfrage.

Die meisten Waldbesuche in der Kindheit fanden in Begleitung der Eltern oder anderer Erwachsenen statt, eher selten geschah dies ohne Aufsicht. Erklären lässt sich dies unter anderem dadurch, dass für 42% der Teilnehmenden der Waldbesuch ohne Begleitung eines Erwachsenen in der Kindheit verboten war. Zum Zeitpunkt der Umfrage galt dieses Verbot für 8% der Jugendlichen immer noch. Auffallend war, dass jüngere Teilnehmende eher von Waldverboten in der Kindheit betroffen waren als ältere, was möglicherweise auf eine Zunahme von Waldbesuchsverboten für Kinder und Jugendliche hinweist.

Weshalb gehen Jugendliche in den Wald?

Die wichtigsten Motive für einen Waldbesuch sind das Erleben der Natur und das Geniessen der Ruhe im Wald, Spass zu haben oder etwas für die Gesundheit zu tun (Abb. 5). Der Wald als Raum, in dem sich Jugendliche ohne Vorschriften und unbeaufsichtigt entfalten können, scheint keine allzu wichtige Rolle zu spielen. Die Motive, unbeobachtet rauchen, trinken, kiffen oder Drogen konsumieren zu können, wurden am tiefsten eingestuft. Diese Erkenntnis steht im Kontrast zur internationalen Literatur, die die Freiheit oft als wichtigstes Motiv für einen Waldbesuch nennt.

Ebenfalls kaum relevant scheint die Angst vor Überfällen, Verirren, Krankheiten, Unfällen, Hunden oder giftigen Pflanzen im Wald zu sein. Etwas relevanter sind mit Ekel verbundene Gründe wie Mücken, Insekten und Zecken. Obwohl Angst und Ekel durchschnittlich wenig Einfluss zu haben scheinen, wurde von 42% der Teilnehmenden mindestens einer dieser Faktoren als zutreffend oder vollständig zutreffend bezeichnet. Weibliche Jugendliche verspüren im Wald mehr Angst als männliche, dennoch besuchen sie den Wald häufiger. Häufige Waldbesuche in der Kindheit führen zu einer Minderung der im Wald verspürten Ängste. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Waldbesuche in der Kindheit unbeaufsichtigt oder mit den Eltern stattfanden.

Mittels statistischer Methoden wurde ermittelt, welchen Einfluss die diskutierten Motive auf die tatsächliche Waldbesuchshäufigkeit der Jugendlichen haben:

  • Gehen die Freunde nicht in den Wald, geht man selbst auch nicht und umgekehrt.
  • Empfinden die Teilnehmenden den Wald als langweilig, suchen sie ihn seltener auf.
  • Besuchten die Befragten den Wald in ihrer Kindheit oft mit den Eltern, gehen sie auch als Jugendliche in den Wald.
  • Jugendliche, die Ekel oder Angst vor dem Wald empfinden, besuchen den Wald ebenso selten wie Jugendliche mit einem früheren oder aktuellen «Waldverbot ».
  • Beschäftigen sich Jugendliche in ihrer Freizeit gerne mit digitalen Medien, ist die Wahrscheinlichkeit eines Waldbesuches deutlich herabgesetzt.

Erkenntnisse

Für die Häufigkeit der Waldbesuche sind die Besuchsfrequenz der Freunde, der empfundene Unterhaltungswert des Waldes, die Walderfahrungen in der Kindheit und das Verhalten bezüglich digitaler Medien entscheidend. Für einen Waldbesuch ist die soziale Komponente wichtig; der Wald wird gerne in einem gesellschaftlichen Kontext genutzt. Wichtig ist für die Jugendlichen auch, die Ruhe im Wald zu geniessen oder die Natur zu erleben. Laut einer deutschen Studie ist eine mögliche Erklärung, dass diese Motive in der Jugend möglicherweise nicht sehr relevant sind, sich die Jugendlichen jedoch bewusst sind, dass sie im zukünftigen Erwachsenenleben vermehrt Frieden und Ruhe im Wald suchen würden.

In der Literatur wird die Angst vor dem Unbekannten gerne als Grund genannt, weshalb Jugendliche nicht in den Wald gehen. In der vorliegenden Studie scheint Angst jedoch eine untergeordnete Rolle zu spielen, was sich beispielsweise darin zeigte, dass weibliche Jugendliche zwar mehr Angst im Wald verspüren, diesen aber dennoch häufiger besuchen als ihre männlichen Kollegen. Es stellte sich auch heraus, dass Angst und Ekel durch vermehrte Besuche in der Kindheit und unbeaufsichtigtes Waldspiel vermindert werden.

Besonders nachhaltig beeinflusst wird die spätere Waldbesuchshäufigkeit von früheren Besuchen mit den Eltern sowie deren Einstellung zum Wald. Ein beträchtlicher Teil der Jugendlichen gab an, dass die Eltern Angst vor dem unabhängigen Outdoor-Spiel ihrer Kinder hatten. Diese elterlichen Ängste und daraus folgende Waldverbote beeinflussen, wie häufig Kinder und Jugendliche heute in den Wald besuchen.

Was kann man tun, damit die Jugendlichen den Wald positiver wahrnehmen und häufiger in den Wald gehen? Wichtig ist, die Kinder zu ermutigen, Wälder von klein auf zu besuchen. Waldbesuche mit den Eltern, unbeaufsichtigte Abenteuer im Wald und die Teilnahme in Jugendgruppen haben einen grossen Einfluss darauf, wie Kinder später den Wald nutzen. Das freie Spiel scheint einer der Schlüsselfaktoren zu sein, um die im Wald empfundene Angst, den Ekel und die Langeweile zu reduzieren.

(TR)