Bei der Entscheidung, wann und mit welcher Intensität ein Bestand durchforstet werden soll, spielen neben den waldwachstumskundlichen Überlegungen und ökonomischen Erfordernissen auch ökologische Aspekte eine wesentliche Rolle. Durchforstungseingriffe verändern die Überschirmung und damit das Bestandesklima.

Es ändern sich die Wind- und Lichtverhältnisse, der Wärmehaushalt im Bestand und an der Bodenoberfläche sowie der Wasserhaushalt. Das so veränderte Bestandesklima regt die Aktivität des Bodenlebens an, es kommt zu einem verstärkten Abbau der organischen Substanz (Mineralisierung). Die Bodenvegetation und die Humusform werden daher zu Indikatoren eines veränderten Bestandesklimas infolge eines Durchforstungseingriffes.

Besonders junge Bestände können sich nach einer Durchforstung rasch wieder schließen, die gewünschten, ökologisch positiven Wirkungen sind also hier oft nur temporär.

Windverhältnisse

Die Abnahme der Windgeschwindigkeit im Bestandsinneren hängt von der Bestandesdichte, vom Bestandesalter und von der Baumartenmischung ab. Stammzahlreiche, dichte Bestände, die ein geschlossenes Kronendach aufbauen, sorgen durch ihre Oberfläche für eine starke, abrupte Windbremsung und Windberuhigung im Bestandesinneren.

Bei stürmischen Verhältnissen führt dies zu Verwirbelungen über dem Kronendach und zum raschen Absinken der Luftmassen im Lee. An der windabgewandten Seite ist daher die Gefahr von Windwürfen besonders groß. Ein un­günstiges H/D-Verhältnis begünstigt durch verstärktes Schwingen der Bäume bei Sturm die Turbulenzbildung; es kann zu vermehrtem Windbruch kommen. Bei durchforsteten und daher winddurch­lässigeren Beständen kommt es hingegen zu einer flacheren Abdrift der Luftmassen und somit zu geringerer Windwurfgefährdung im Lee. Auch eine günstige vertikale Bestandesstruktur, die zur Aus­bildung eines mehr oder weniger offenen Kronendaches führt, reduziert die Gefahr von Windturbulenzen (Zusammenhang Wind und Durchforstung).

Die Windberuhigung ist ein wesentliches Element des Bestandesklimas und hat Folgewirkungen auf die Bestandeshydrologie, wie etwa auf Transpiration, Evaporation, relative Luftfeuchte und Bodenfeuchte, und damit auf das Baumwachstum (Tipps zur Senkung des Sturmrisikos).

Strahlungs- und Beleuchtungsverhältnisse

Die Strahlungs- und Beleuchtungsverhältnisse im Bestandesinneren variieren sehr stark und hängen von der Durchforstungsintensität, von der Baumart (Nadel- oder Laubholz) und von der Bestandesstruktur ab.

Durchforstung erhöht das direkte Strahlungs- und Lichtangebot am Waldboden und den seitlichen Lichtgenuss an den Bestandesrändern. Auch die wandernden Lichtflecken am Waldboden sind von großer Bedeutung. Die Beleuchtungsstärke in nicht durchforsteten Fichtenbeständen ist am Boden naturgemäß am geringsten, nimmt aber auch bis zum Kronenansatz kaum zu.

Erst in der Höhe des Kronenansatzes steigt die Beleuchtungsstärke deutlich an. Bedingt durch den Lichtmangel und die Kon­kurrenz ist die Baumkrone in dichten Beständen nur sehr kurz. In durchforsteten Fichtenbeständen nimmt hingegen die Beleuchtungsstärke mit der Bestandeshöhe, trotz der tief angesetzten Kronen, stetig zu. Ein Viertel der relativen Beleuchtungsstärke wird hier noch im untersten Kronendrittel erreicht (Abbildung 2).

Temperaturhaushalt

Der Temperaturhaushalt ist eng mit dem Strahlungshaushalt verbunden. Im oberen Kronenbereich kommt es daher zu den größten Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. Bei dichtem Kronenschluss wird das Lufttemperatur-Maximum im Wipfelbereich erreicht und nimmt Richtung Boden relativ rasch ab.

Bei starker Durchforstung wandert das Lufttemperatur-Maximum in den unteren Kronenbereich, die Verteilung der Lufttemperatur innerhalb des Bestandes ist ausgeglichen, auch am Boden werden höhere Temperaturwerte erreicht. Eine rasche Erwärmung des Waldbodens kann daher nur unter einem aufgelockerten Kronendach erfolgen.

Niederschlagsverhältnisse

Durchforstung verändert auch das Wasserangebot im Bestand und die Wassernutzung durch den Bestand. In durchforsteten Beständen gelangt mehr Niederschlag auf den Waldboden, während in dichten Beständen relativ hohe Interzeptionsverluste auftreten (Hochwasser: Wirkungen des Waldes).

Die Interzeption ist baumartenspezifisch. Laubholzbestände haben im Allgemeinen geringere Interzeptionsverluste als Nadelholzbestände. Das Bestandeswasserangebot hängt aber auch von der Art (Schnee, Regen) und Intensität (Starkniederschlag, Dauerregen) des Niederschlagsereignisses und von den Windverhältnissen zum Zeitpunkt des Niederschlages ab.

Ebenfalls bedeutsam ist die Rückhaltung des Niederschlages durch Sträucher, Waldbodenvegetation und durch den Auflagehumus. Der durch die Durchfors­tung angeregte Abbau der Humusauflage wirkt sich günstig auf die Wassereinsickerung in den Boden aus. Rohhumusähnliche Auflagen, die in dichten undurchforsteten Beständen – auch unter Laubholzbestockung – häufig zu finden sind, vermindern die Wassereinsickerung in den Oberboden deutlich.

Die verringerte Anzahl an Bäumen kann das Wasserangebot im Bestand deutlich anheben. In durchforsteten Fichtenbeständen sind Trockenphasen seltener oder kürzer. Nach Ergebnissen eines Versuches in Schweden wird dieser positive Effekt allerdings nach kurzer Zeit durch erhöhten Verbrauch des verbleibenden Bestandes kompensiert. Ob dabei der Wassernutzungskoeffizient der Bäume durch höheres Wasserangebot verändert wird, ist unklar. Es gibt jedoch starke Hinweise darauf, dass Bäume abhängig vom Wasserangebot ihr Wasserleitungssystem modifizieren und – in Grenzen – auch das Wurzelwachstum anpassen. Derartige Untersuchungen basieren meistens auf Einzeluntersuchungen, die infolge der Standortsunterschiede nur bedingt verallgemeinerbar sind.

Ökologische Folgewirkungen für Boden und Vegetation

Durchforstungen wirken sich positiv auf den Nährstoffhaushalt von Wäldern aus. Ein günstiges Mikroklima im Bestand, vor allem hinsichtlich Temperatur und Feuchtigkeit, fördert die Aktivität des Bodenlebens, welches sich in einer erhöhten Mineralisationsrate und in einem beschleunigten Abbau des organischen Materials widerspiegelt.

Dadurch wird Aufbau und Mächtigkeit des Auflagehumus verändert, in durchforsteten Laub(misch)wäldern finden sich oft geringmächtige Mullhumusformen (Abbildung 3). In durchforsteten Beständen lassen sich im Oberboden oft deutlich höhere Nährelementkonzentrationen (z.B. Stickstoff, Kalzium, Kalium und Magnesium) und höhere pH-Werte nachweisen.

Auf nährstoffarmen Standorten sind negative Auswirkungen der Durchfors­tung aufgrund des Biomassen- und damit auch des Nährstoffentzuges zu beachten: Im Allgemeinen können erhöhte Nährstoffverluste durch Durchforstung jedoch nur einige Jahre nach der Maßnahme festgestellt werden. Die Effekte werden jedenfalls durch das Belassen der Nadeln und Zweige, in welchen die wichtigsten Nährstoffe viel konzentrierter als im Holz sind, minimiert. Die Holznutzung auf diesen sensiblen Standorten muss sich daher an diese Gegebenheiten anpassen (Vermeidung der Vollbaumernte).

Der erhöhte Lichtgenuss in durchforsteten Beständen wirkt sich positiv auf die Photosynthese und das Baumwachstum aus. Bäume können innerhalb gewisser Grenzen Nährstoffmangel durch höheren Lichtgenuss kompensieren. Vor allem Lichtbaumarten reagieren stark auf erhöhtes Lichtangebot. Beispielsweise können Birken und Kiefern ihre Photosyntheseleistung unmittelbar nach einer Durchforstung bis zum Zehnfachen steigern. Das rasche Baumwachstum führt aber, je nach Intensität der Durchforstung, sehr bald wieder zum Kronenschluss und schränkt damit die Wirkung der Durchforstung in Bezug auf das Lichtangebot wieder ein.
Neben dem Licht- und Nährstoffangebot spielen der Wasserhaushalt und die Windverhältnisse eine große Rolle für die Assimilation. Schwacher Wind im Bestand wirkt sich beispielsweise positiv auf die Photosynthese und damit auf das Wachstum aus, während zu starker Wind negativ wirkt.

Abhängig von Standort und Waldgesellschaft haben Durchforstungen, insbesondere starke mit Entnahmen von mehr als 50 % der Stammzahl, deutliche Auswirkungen auf die Bodenvegetation (Abbildung 3). Im Allgemeinen steigt sowohl die Artenzahl als auch die Biomasse. Begünstigt werden aber zumeist Ruderalpflanzen (Flatterbinse, Schmalblättriges Weidenröschen) infolge der Schaffung von Bestandeslücken und der Störung des Oberbodens durch Befahren.

Einige Pflanzenarten besitzen spezielle Strategien, die ökologischen Situationen – wie sie durch Durchforstungseingriffe geschaffen werden – besonders gut zu nutzen: Das ist zum Beispiel

  • die hohe Schattentoleranz der Drahtschmiele, die bereits geringe Auflichtungen nutzen kann,
  • die Samenverbreitung über weite Distanz (Weidenröschen – 300 km),
  • die vegetative Vermehrung (Klonbildung) von Brombeere und
  • die lange Überliegefähigkeit von Samen ("Boden-Samenbank") bei Adlerfarn (bis 50 Jahre) und Himbeere (50-100 Jahre).

Es kann daher resümiert werden, dass Durchforstung insgesamt eine Vielzahl günstiger ökologischer Wirkungen bietet – etwa günstigere klimatische Verhältnisse (Licht, Wärme), mittel- bis langfristige Erhöhung des Nährstoffangebotes, besserer Wasserhaushaushalt im Bestand, während nur wenige ungünstige Folgen (zum Beispiel vorübergehend erhöhte Gefährdung durch Schneebruch und Windwurf in überdichten Beständen mit ungünstigem H/D-Verhältnis) eintreten können, die bei entsprechender Bestandesvorbereitung leicht vermeidbar sind.