Sturmereignisse geben immer wieder Anlass für Diskussionen bezüglich der Behandlung von reinen Fichtenbeständen:
- Sind unbehandelte, stammzahlreiche Bestände gegenüber Windereignissen stabiler?
- Fördert die niedrige Stammzahlhaltung Schäden durch starken Wind?
- Oder ist die Erziehung von Bäumen mit niedrigen HD-Verhältnissen, die allgemein als stabil bezeichnet werden, auch in diesem Fall zielführend?
Man hörte auch, dass vom Sturm "Kyrill" vor allem durchforstete Bestände betroffen waren und die relativ dichten, stammzahlreichen Bestände weitgehend ungeschädigt blieben.
Als Ende Jänner 2007 der Sturm Kyrill über Österreich fegte, hinterließ er in den Wäldern eine breite Spur der Zerstörung: Vor allem in Oberösterreich und im Waldviertel wurden großflächig Windbrüche und -würfe festgestellt. Das Institut für Waldwachstum und Waldbau des Bundesforschungs- und Ausbildungszentrums für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW) betreut im Waldviertel in der Nähe von Weitra, Karlstift und Ottenstein sowie im angrenzenden Mühlviertel Dauerversuche zur Untersuchung verschiedener Durchforstungsvarianten.
Sturmschäden des Dauerversuches Ottenstein analysiert
Das BFW nahm "Kyrill" zum Anlass, die Verteilung der ausgefallenen Probebäume auf den eigenen Versuchsflächen im heurigen Sommer genauer zu analysieren: Eine erste Erhebung zeigte, dass am Solitärversuch in Weitra von den 32 Jahre alten Probebäumen 19 Bäume (= 3,4 %) gebrochen wurden. Bei der Extremvariante mit 350 Bäumen/ha sind 4,9 %, auf der dichtesten Variante ausgehend von 2.500 Bäumen/ha hingegen 1,5 % der Bäume ausgefallen, wobei die Ausfälle zufällig über die gesamte Versuchsfläche verteilt sind.
Am Solitärversuch in Königswiesen konnten überhaupt keine dem Sturm "Kyrill zuordenbaren Schädigungen festgestellt werden. Auf dem Durchforstungsversuch in Karlstift mit einem Bestandesalter von 60 Jahren waren 38 Probebäume auf 1,9 ha Fläche durch den Sturm ausgefallen. Die Ausfallstärke war zwischen den Varianten nur gering unterschiedlich. In den unbehandelten Versuchparzellen betrug der Ausfall 1,8 %, bei relativ hoher Stammzahlhaltung 2,7 % und bei niedriger Stammzahlhaltung nur 1,1 % der aktuellen Baumzahl.
Am 3 ha großen, internationalen Stammzahlhaltungsversuch in Ottenstein fielen durch die Sturmschädigung insgesamt 110 der 51 Jahre alten Probebäume aus. Hier war eine Aufgliederung nach unterschiedlicher Eingriffsstärke möglich. Die einzelnen Parzellen wurden zu vier Gruppen mit unterschiedlich hoher Stammzahlhaltung zusammengefasst. Ausgehend von einer vollkommen unbehandelten Gruppe bis zur Gruppe mit relativ rascher Absenkung der Stammzahlen bereits in der Jugendphase und auch danach mit niedriger Stammzahlhaltung.
In den stammzahlreichen Varianten wurden - abgesehen von kleineren Schneedruckschäden auf allen Varianten - beim starken Schneebruchereignis im Jahr 1995 bis zu 25 % der vorhandenen Bäume gebrochen. Bei niederer Stammzahlhaltung wiesen bei diesem Ereignis nur 5 % der Bäume Schneebrüche auf.
Ausfälle durch Wind traten bis zum Sturmereignis 2007 auf der Versuchsfläche vor allem zwischen den Jahren 1989 und 1993 (Orkan Vivian und Wiebke) in der Altersperiode 33 bis 37 auf. Diese erreichten auf der Variante mit niederer Stammzahlhaltung bis zu 10 % der Bäume. Auf der unbehandelten Variante kam es nur vereinzelt zu Windschäden. Die Schäden durch Wind konzentrierten sich auf der Versuchsfläche lokal in bestimmten Bereichen mit nach Westen ausgerichteten Angriffsflächen, was sich auch bei den Schäden durch den Sturm „Kyrill“ zeigte.
Vollkommen unabhängig von der Stammzahlhaltung traten die stärksten Schädigungen durch diesen Sturm im ersten Block im Bereich der Parzellen 4, 5, 6 und 7 auf. Dieser Bereich war bereits durch frühere Schnee- und Windschäden aufgelockert, sodass durch die Auflichtung in Richtung Nordwest für den Sturm bereits Angriffsflächen vorhanden waren. Der zahlenmäßig höchste Ausfall wurde auf Parzelle 7 mit 26 Bäumen, gefolgt von Parzelle 4 mit 20 Bäumen auf den jeweils 0,175 ha großen Flächen festgestellt. Geringer waren die Schäden in diesem Block in den übrigen Parzellen mit Ausfällen zwischen 2 und 12 Bäumen je Parzelle. Im zweiten Versuchsflächenblock mit den Parzellen 10 bis 18 waren die Sturmschäden noch deutlich geringer.
Der überwiegende Teil der Ausfälle trat zufällig verteilt über die gesamte Fläche auf. Nur auf Parzelle 14 kam es zu einer Konzentration von 4 Bäumen am Bestandesrand. Die Lage der zwei Blöcke mit den Versuchsparzellen sowie die Intensität der Schädigung auf den jeweiligen Parzellen sind in Abbildung 1, die Anzahl der durch den Sturm im Jänner 2007 ausgefallenen Bäume in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 1: Verteilung der Ausfälle durch Sturm Kyrill am Durchforstungsversuch Ottenstein
Abbildung 2: Anzahl der ausgefallenen Bäume durch Sturm Kyrill am Durchforstungsversuch Ottenstein
Zusammenfassend kann festgestellt werden:
- Erste Befürchtungen eines flächigen Zusammenbruchs unserer Versuchsflächen haben sich nicht bestätigt.
- Auf keinem unserer Dauerversuche wurden die Bestände durch den Sturm Kyrill derart geschädigt, dass eine Weiterführung nicht mehr sinnvoll wäre.
- Die stärksten Sturmschäden auf den Versuchsflächen haben sich unabhängig von der Bestandesbehandlung in Bereichen konzentriert, in denen durch Bestandeslücken für den Wind bereits Angriffspunkte vorhanden waren.
- Unsere Erhebungen am Dauerversuch Ottenstein konnten weder bestätigen, dass Fichtenbestände mit hoher Stammzahl Wind gegenüber stabiler sind noch, dass Bestände mit rechtzeitiger Stammzahlabsenkung und niedrigen Stammzahlen vom Sturm bevorzugt zerstört werden.
Eines gilt aber weiterhin: Hohe Stammzahlen bewirken hohe HD-Verhältnisse und kleinere Kronen und dadurch geringeres Einzelbaumwachstum, geringere Baumdimensionen und geringere Deckungsbeiträge.