Im Juni und Juli 2018 erreichten die Bayerische Landesanstalt und Forstwirtschaft (LWF) drei Meldungen über erkrankte Ahornstämme, die das charakteristische Schadbild der Rußrindenkrankheit zeigten. Die phytopathologischen Untersuchungen bestätigten den Erreger Cryptostroma corticale. Es handelt sich um den bestätigten Erstfund der Rußrindenkrankheit in Bayern.
Biologie und Verbreitung
C. corticale ist als Schwächeparasit an Ahorn beschrieben. Lange kann er als Endophyt unter der Rinde seines Wirts symptomlos ausdauern. Wird der Wirt durch Stress geschwächt, bildet der Pilz Fruchtkörper am absterbenden Holz aus.
Als Eintrittspforten dienen dem Pilz kleine Wunden am Baum. Er breitet sich zunächst im Xylem, später im Phloem aus und bildet unter der Rinde ein dunkles, flaches Hyphengeflecht. Die massenhaft gebildeten, rußartigen Sporen (bis 170 Mio. Stk./cm2) bilden einen bis zu einen Zentimeter dicken Belag, den der Wind verbreitet und der Regen abwäscht.
In Europa ist als Wirtsbaum in erster Linie der Bergahorn betroffen, seltener Spitz-, Feld- und Silberahorn; der Hauptwirt in Nordamerika ist der Zuckerahorn. Alle Altersklassen können von C. corticale besiedelt werden.
Die Rußrindenkrankheit wurde in Europa erstmals 1945 in Großbritannien an Bergahorn beschrieben. Nach dem Trockenjahr 2003 folgten Erstnachweise aus der Schweiz, aus Österreich, Tschechien und Frankreich. Gefolgt von den Niederlanden (2013), Bulgarien (2014) und Italien (2016). In Deutschland trat die Rußrindenkrankheit erstmals 2005 im Raum Karlsruhe auf, lokale Funde in verschiedenen Bundesländern folgten. Nun haben die windverbreiteten Sporen auch die wärmebegünstigten Bereiche Bayerns erreicht.
Auslöser und Symptome
Der extrem wärmeliebende Rindenpilz profitiert von außergewöhnlich langen Sommern mit Trockenstress, Wassermangel und großer Hitze. Er tritt nur auffällig in Erscheinung, wenn die durchschnittliche Monatstemperatut im Juni, Juli oder August mehr als 23 °C beträgt. Weitere Stressfaktoren wie hohe NOx-Immissionen, zeitweilige Überschwemmungen oder widrige Standortverhältnisse können das Auftreten begünstigen.
Wird C. corticale virulent, ist sein Erscheinungsbild sehr charakteristisch. Zu Beginn zeigen sich deutliche Blattverluste und Welkeerscheinungen in der oberen Krone, die sich nach unten weiter fortsetzen. Später erscheinen längs verlaufende Rindenrisse mit Schleimfluss und Nekrosen, die sich zu großen abgestorbenen Rindenabplatzungen vereinen (Abb. 1). Befallene Bäume können bei hoher Virulenz des Pilzes innerhalb eines Jahres absterben.
Auffällig sind die dicken Lagen an schwarzen Pilzsporen unter abfallender Rinde, wodurch die Stämme wie mit Ruß überzogen erscheinen (Abb. 2). Regen und Wind verteilen die Sporen am Stammfuß und auf der umgebenden Bodenvegetation.
Bei noch lebend gefällten Ahornbäumen zeigt sich im Querschnitt ein grünlich, gelblich oder bräunlich verfärbter Holzkörper. Das Holz wird durch sekundär eindringende Weißfäulepilze rasch zersetzt, sodass es zu Stammbrüchen kommen kann.
Handlungsempfehlungen
Die meisten Funde beziehen sich bislang auf Stadtgebiete, in denen die Bäume größeren Klimaextremen und starken Immissionen aus dem Straßenverkehr ausgesetzt sind; aber auch im Waldbestand konnte C. corticale bereits nachgewiesen werden.
Im urbanen Grün dienen alle vorbeugenden Maßnahmen der Stressvermeidung. Ein möglicher Befall sollte mikroskopisch bestätigt werden, da auch andere saprophytische Pilze schwarze Fruchtkörper unter der Rinde ausbilden. Bei nachgewiesener Infektion sind Befallsherde weiträumig abzusperren und erkrankte Bäume sollten umgehend unter Beachtung der Empfehlungen zum Gesundheitsschutz gefällt werden.
Infiziertes Holz sollte abgedeckt abgefahren und einer Verbrennungsanlage zugeführt werden. Hacken oder eine Verwendung als Brennholz scheidet aus. Ein Befall ist der zuständigen Gemeinde und der Forstbehörde zu melden.
Gesundheitsschutz
Für die Gesundheit des Menschen sind die Sporen bedeutsam, da sie beim Einatmen in den Lungenbläschen Entzündungen hervorrufen können (exogen-allergische Alveolitis). Typische Beschwerden treten meist sechs bis acht Stunden nach Kontakt auf und reichen von Reizhusten, Fieber, Abgeschlagenheit und Schüttelfrost bis hin zu Atemnot.
Daher ist bei allen Arbeiten an befallenen Bäumen eine vollständige persönliche Schutzausrüstung zu tragen bestehend aus: Korbbrille, Feinstaubmaske (FFP3), Overall, Schutzhandschuhe und Stiefel. Bei der Fällung sind maschinelle Verfahren und feuchte Witterung zu bevorzugen, um Sporenkontakt möglichst zu vermeiden.
Aussicht
Ahornarten haben aufgrund ihrer hohen Widerstandsfähigkeit gegen Immissionen als Stadtbaumarten eine große Bedeutung. Die Rußrindenkrankheit befällt den Ahorn und führt früher oder später zum Absterben. Der Erreger C. corticale breitet sich seit 1945 kontinuierlich aus und hat nun auch Bayern erreicht. Allerdings tritt die Erkrankung nur sporadisch auf und scheint – anders als beim Eschentriebsterben – kein grundsätzliches Risiko für den Fortbestand der Ahorn-Arten in Mitteleuropa darzustellen.