Die erstmals aus Japan beschriebene und auch aus China bekannte Zickzack-Ulmenblattwespe (Aproceros leucopoda) wurde 2003 in Europa zuerst in Polen und Umgarn an verschiedenen Ulmenarten (Ulmus spp.) nachgewiesen. Inzwischen sind weitere Befallsherde in Europa bekannt. Die Larven können an Ulmen, unabhängig von deren Alter oder Standort, Kahlfrass verursachen. Es ist davon auszugehen, dass sich diese invasive Insektenart in Europa weiter ausbreitet und eine zusätzliche Belastung für die ohnehin schon durch das Ulmensterben, eine aggressive Pilzkrankheit, bereits stark dezimierten Ulmen darstellt.

Wespe beim Ablegen ihrer Eier am Blattrand

Abb. 1 – Wespe beim Ablegen ihrer Eier am Blattrand. Foto: Doris Hölling (WSL)

Weibliche Zickzack-Ulmenwespe

Abb. 2 – Weibliche Zickzack-Ulmenwespe. Foto: Siga (wikipedia)

Skelettierfrass

Abb. 3 - In den späteren Larvenstadien werden die Blätter bis zu den Blattadern abgefressen, an denen zum Teil noch die leeren Kokon hängen. Foto: Doris Hölling (WSL)

Verlassener Kokon

Abb. 4 –  Verlassener Kokon auf der Blattunterseite und Frasspuren von älteren Larven. Sie fressen mit Ausnahme des Mittelnervs das gesamte Blatt. Foto: Doris Hölling (WSL)

Aussehen

Das 6-10 mm grosse adulte Weibchen besitzt dreigliedrige Fühler und ist bräunlich bis schwarz gefärbt mit bräunlich durchscheinenden Flügeln und hellen Beinen. Männchen dieser Art sind nicht bekannt.

Die < 1 mm grossen Eier sind hellgrün und werden vom Weibchen einzeln am Blattrand abgelegt.

Die Larve ist hellgrün, seitlich mit einem dunklen Streifen am Kopf und einem T-förmigen Makel am 2. und 3. Beinpaar (s. rote Pfeile in Abb. 3). Sie durchläuft innerhalb von zwei bis drei Wochen sechs Larvenstadien (4-10 mm). Im letzten Larvenstadium verpuppt sie sich in einem lose gesponnenen, netzartigen Sommer-Kokon (8 mm), der an der Unterseite des Blattes befestigt wird. Nur der Kokon der überwinternden Puppe ist kompakter und dickwandiger. Er findet sich an den herabgefallenen Blättern am Boden oder in der Streu.

Biologie und Befallsbilder

Die Art scheint sich ausschliesslich ungeschlechtlich fortzupflanzen. Bisher wurden keine Männchen beobachtet. Die Weibchen legen bis zu 50 Eier einzeln am Blattrand ab. Nach knapp einer Woche schlüpfen daraus die Larven.

Anfangs ist der namengebende, typische Zickzackfrass der jungen Raupen am Blatt zwischen den Seitennerven der Blätter erkennbar – vom Rand in Richtung Mittelnerv. Ältere Larven fressen das gesamte Blatt mit Ausnahme des Mittelnerves auf und zerstören so den charakteristischen Zickzack-Frassgang der frühen Larvenstadien. Durch fortschreitenden Frass können die Larven eine starke Kronenverlichtung bis hin zum Kahlfrass verursachen. Insgesamt werden in einem Zeitraum von zwei bis drei Wochen sechs Larvenstadien durchlaufen. Die Verpuppung der Larven erfolgt in einem lose gesponnenen, netzartigen Kokon auf der Blattunterseite. Lediglich der Überwinterungskokon ist fester gesponnen. Dieser überwintert dann an den Blättern anhaftend am Boden oder in der Streu.

Der gesamte Zyklus von der Eiablage bis zum Schlüpfen der Weibchen der neuen Generation dauert lediglich einen Monat. Sowohl im Freiland wie auch in Laborversuchen hat sich gezeigt, dass die Zickzack-Ulmenblattwespe bis zu vier Generationen pro Jahr bilden kann. Die Imagines schlüpfen kontinuierlich von Mitte Mai bis Mitte September.

Wirtspflanzen

Es können alle Ulmenarten befallen werden – auch Zuchtformen. Berg- und Feldulmen werden in Europa offenbar bevorzugt befallen, Flatterulmen dagegen weniger. Auch diejenigen Ulmen, die als resistent gegen das Ulmensterben gezüchtet worden sind, werden von der Zickzack-Ulmenblattwespe befallen.

Mögliche Einschleppungswege

Die Zickzack-Ulmenblattwespe stammt ursprünglich aus Ostasien und wurde vermutlich mit Pflanzenimporten von dort nach Europa eingeschleppt. Eine Verbreitung erfolgt aber wahrscheinlich nicht nur über befallene Jungbäume, auch befallene Pflanzenteile wie Zweige, Blätter oder Erde stellen ein Gefahrenpotenzial dar.

In Europa lässt sich kein Befallszentrum oder eine bestimmte Ausbreitungsrichtung feststellen. In relativ kurzer Zeit trat die Art punktuell in weit voneinander entfernten Gebieten auf. Die natürliche Verbreitung der Art wird zwischen Mai und September durch das ausgezeichnete Flugvermögen der Tiere forciert. Ausserdem werden die Tiere vermutlich auch passiv mittels Verkehr verbreitet, da die Zickzack-Ulmenblattwespe oft entlang von Strassen zu beobachten ist. Es könnte aber auch daran liegen, dass früher Ulmen oft entlang von Strassen als Begleitgehölze in Reihe gepflanzt wurden. Zusätzlich wird eine passive Verdriftung durch Wind vermutet.

Schadenpotenzial und Massnahmen

Die Larven dieser invasiven Art fressen an den Blättern von Ulmen und können durch fortschreitenden Frass schon bis zum Sommer eine starke Kronenverlichtung von 75 bis 100 % verursachen. Neu gebildete Ersatztriebe werden ebenfalls wieder befallen, was in der Regel zum Absterben der betroffenen Zweige und Äste führt. Mehrjähriger Frass schwächt die Baumvitalität und macht den Baum somit anfälliger gegen Sekundärschädlinge. Das Absterben ganzer Bäume aufgrund dieses Schädlings wurde bisher noch nicht beobachtet. Schäden durch die Zickzack-Ulmenblattwespe wurden sowohl in Wäldern, als auch im Siedlungsgebiet in Gärten und entlang von Strassen beobachtet, wo Ulmen als Zier- oder Alleebäume gepflanzt sind.

Gegenmassnahmen können nur begrenzt getroffen werden. In Gärten, Parkanlagen oder Öffentlichem Grün kann im Herbst das abgefallene Laub mit den anhaftenden Winterkokons zusammengeharkt und vernichtet werden.

Aufgrund der ungeschlechtlichen Entwicklung besitzt die Art eine rasche Generationenfolge, die bis zu 4 Generationen pro Jahr zulässt. Ein Pestizideinsatz ist nicht angezeigt. Entsprechende Versuche dazu in anderen Ländern waren nicht erfolgreich. Zudem besitzt die invasive Art ein ausgezeichnetes Flugvermögen, was ihre Ausbreitung sicher ebenfalls begünstigt. Die natürliche Ausbreitungsgeschwindigkeit beträgt nachweislich zwischen 50 bis 90 km pro Jahr. Darüber hinaus wird sie auch durch den Menschen über grössere Distanzen verschleppt.

Der Einsatz spezifischer Parasitoide mit geringem Wirtsspektrum könnte erfolgreich sein. Allerdings steckt die Forschung hier noch in den Anfängen.

Truppweise beigemischte Ulmen sind gegenüber Schädlingen viel weniger exponiert als grössere Anpflanzungsflächen. Zudem können sich dort Massenvermehrungen viel weniger stark entwickeln. Wegen des Ulmensterbens ist darauf zu achten, Ulmen nur truppweise als Mischbaumarten zu pflanzen. Dies hilft auch gegen die Ausbreitung der Zickzack-Ulmenblattwespe. Bei beiden Schaderregern ist es ausserdem anzuraten, bei Pflanzungen lineare Verbindungen wie an Waldrändern oder Alleen zu vermeiden, die die Ausbreitung begünstigen würden.

Verwechlungsmöglichkeiten

Findet man den typischen Zickzackfrass und die Kokons auf den Ulmenblättern, ist eine Verwechslung mit anderen Arten kaum möglich. Unspezifischer Lochfrass kann aber auch durch einige andere Insekten wie z.B. Frostspannerraupen verursacht werden.

Auftreten in Europa

Im Jahr 2003 wurde diese invasive Insektenart erstmals in Europa entdeckt. Die Erstfunde stammen aus Ungarn und Polen. Mittlerweile ist die Blattwespe aus 18 europäischen Ländern bekannt (EPPO Alert List). Nachdem zuerst Länder in Osteuropa (Ungarn, Polen, Rumänien) besiedelt wurden, kam es 2009 zum Erstnachweis in Österreich und Italien sowie 2011 in Deutschland. Weitere europäische Länder folgten.

Chronologie der Befälle in Europa laut EPPO (European and Mediterranean Plant Protection Organization) und einzelnen Informationen aus den Erstmeldungen der entsprechenden Länder:

2003

  • Ungarn (Nord): Bàcs-Kiskun, Békés, Budapest, Csongràd, Heves, Nògràd counties
  • Polen (Süd) Sandomierz und (Mitte-Ost): Warschau powiats

2005

  • Rumänien (Ost) und 2006 aus Banat (West)

2006

  • Moldawien (West)
  • Ukraine (Ost): Luhans’ka und 2009 Kharkiv oblasts

2007

  • Slowakei (Ost) und 2009 (West)

2009

  • Österreich (Nord-Ost): Wien und Niederöstereich
  • Serbien
  • Italien (Nord-Ost): Piemont und Friuli-Venezia_Giuilia-Region und im Juli 2013 Grigno und Ospedaletto in der Provinz Trento, entlang des Flusses Brenta mit einer Kronenverlichtung von 70-80%.

2011

  • Deutschland (Süd und Nord-Ost): von Sommer bis November wurde die Art aus Bayern an Feldulmen (Ulmus minor) im Wald gemeldet sowie aus Sachsen und 2013 aus zwei Orten in Brandenburg. Hier waren Bäume entlang einer Allee befallen.
  • Kroatien: Larven, Larvenfrass, Kokons und Adulttiere
  • Slowenien (West): Ende September entdeckte man die invasive Art in Rožna dolina in der Nähe von Nova Gorica. Anfang Oktober wurde typischer Larvenfrass auch aus dem Arboretum Volčji Potok und dem Botanischen Garten von Ljubljana (Zentral) gemeldet. Es waren vor allem Feldulmen (Ulmus minor) befallen; aber auch einige Bergulmen (Ulmus glabra) waren betroffen.

2013

  • Niederlande: es wurden Weibchen und leere Kokons gefunden und 2015 im September wiederum Weibchen.
  • Belgien (Nord): im Juli/August wurden in Brüssel Adulttiere, aber keine Larven oder Kokons an Feldulme (Ulmus minor) entdeckt und im Juni-September 2014 wurden Beobachtungen aus Zentralbelgien gemeldet.
  • Tschechische Republik (Nord): im August wurden in der Hradec Kralove-Region (Nähe Königgrätz) im Forst 13 Bäume - Feldulmen (Ulmus minor) und Bergulmen (U. glabra) - mit Frassspuren, Adulttieren, Larven sowie Kokons entdeckt. Im September beobachtete man den Schädling auch in anderen Regionen.

2015

  • Lettland
  • Bulgarien (West): im Juni wurden an Feldulme (Ulmus minor) an 5 Standorten im West-Balkan sowie in Sofia Weibchen, Kokons, Larven und typische Larvenfrassbilder gefunden; alles auf einem niedrigen Level – 1-2% der Blattmasse war betroffen.

2017

  • Schweiz (Nord): im August wurden 3 Bergulmen entlang eines Baches an einer Strasse mit Befall (Larvenfrass, leere Kokons, Adulttier) entdeckt. Es war stellenweise deutlicher Kahlfrass zu erkennen.
  • Estland (Nord-Ost): in der Ida-Viru Region fielen geschädigte Bergulmen auf. An ihnen wurden Kokons und Larven entdeckt.

Ausbreitung in der Schweiz

Nach dem ersten Auftreten dieser Art in der Schweiz 2017 blieb der Freilandbefall auf diese Bergulmen beschränkt. Erst 2022 wurde ein weiterer Befall, ebenfalls aus dem Kanton Zürich, gemeldet. Alle anderen Meldungen an Waldschutz Schweiz haben sich bis jetzt nicht bestätigt.