Die Hauskatze ist wohl das beliebteste Haustier des Menschen. Ihr unabhängiges Wesen zwischen Kuscheltier und Raubkatze fasziniert ihn seit Jahrtausenden. Katzen können jedoch auch Probleme verursachen. Verwahrloste, verwilderte, scheue und in der Natur jagende Hauskatzen können zu einem ernsthaften Problem für wild lebende Tiere werden. Doch wie häufig sind Wildkatzen im Wald anzutreffen? Eine Fotofallenstudie gibt Auskunft.
Eine Fotofalle als unbestechliches Auge
Seit dem Frühjahr 2009 führt die Sektion Jagd und Fischerei des Kantons Aargau eine Studie über die Verbreitung des Baummarders im Aargau durch. Damit soll geklärt werden, wo und wie häufig diese meist nachtaktiv und heimlich lebende Rote Liste-Art im Aargau noch vorkommt. Dazu wurden auf Wildwechseln eingeschlagene Holzpflöcke mit Fischöl bestrichen und mit einer digitalen, selbstauslösenden Fotofalle die vorbeiziehenden Wildtiere erfasst. Um die wissenschaftliche Unabhängigkeit der Resultate zu gewährleisten, sind die Standorte der Fotofallen innerhalb der Kilometerquadrate mit mindestens 5 ha Waldfläche zufällig gewählt.
Natürlich werden nicht nur Baummarder von diesem Nahrung versprechenden Geruch angelockt. Da zahlreiche Wildtiere diese Wildwechsel als "Verkehrsachse" im Wald nutzen konnten zudem auch Wildschwein, Luchs, Gämse, Igel, Fledermaus, Waldmaus sowie Kleinvögel mit den Fotofallen nachgewiesen werden. So bietet diese Methode ungewollt auch die Möglichkeit, Hauskatzen im Wald nachzuweisen.
Zahlreiche Katzen im Wald
Mit der Fotofallenstudie über die Verbreitung des Baummarders wurde in den Jahren 2009 und 2010 (jeweils Mai bis August) an 252 Standorten je eine Fotofalle für vier Wochen platziert. An jedem vierten Standort (63 Standorte) löste die Fotokamera mindestens einmal wegen einer Katze aus. Insgesamt erbrachte die Studie 361 Fotos von Katzen. Auf Grund des Fellmusters und des Standortes der Fotofalle wurden mindestens 134 verschiedene Katzen fotografiert. Einige trugen ein Halsband, viele auch nicht, einzelne wurden auch mit Beute erfasst.
Es kann mit grosser Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass dabei echte Wildkatzen erfasst wurden. Anlässlich einer aktuellen Studie des Bundes wurden im Schweizer Jura (inkl. Aargau) mittels Lockstöcken Katzenhaare gesammelt und danach genetisch untersucht. Dabei konnten im Kanton Aargau keine Wildkatzen bestätigt werden.
Woher stammen die Katzen?
Aufgrund der problematischen Wirkung von Hauskatzen auf den Artenschutz (Gefahr für Vögel, Reptilien usw.) beschäftigen sich einige internationale Forschungsgruppen mit Hauskatzen und deren Einfluss auf die Natur. Dazu wurden auch Katzen mit einem Telemetriesender versehen, um ihre Streifzüge zu erfassen. Diese Studien im Ausland ergaben, dass die Streifzüge der Hauskatzen nachts und in ländlichen Gebieten grösser waren als tagsüber und in städtischen Gebieten. Hauskatzen in städtischen Gebieten nutzen tagsüber ein Streifgebiet von rund 3 ha, nachts suchen sie ein Gebiet von rund 8 ha ab. Diese sogenannten "Homeranges" können je nach Katze aber auch mehrere Dutzend ha gross sein.
Die meisten Hauskatzen haben ein Zuhause und werden regelmässig gefüttert. Solche Katzen sind aufgrund ihres Jagdtriebs im Wald unterwegs und nicht wegen der notwendigen Nahrungsaufnahme. Katzen mit und ohne Halsband wurden nicht nur in Wäldern nahe bei Siedlungen fotografiert, sondern auch in abgelegenen Waldgebieten im Aargauer Jura, wo die nächsten Häuser einige 100 m entfernt liegen. Aufgrund der dichten Besiedlung im Aargau erreichen Hauskatzen auf ihren nächtlichen Streifzügen wahrscheinlich alle Waldgebiete.
Sind Katzen eine Bedrohung für Wildtiere?
Auf einigen Bildern sind Katzen mit Mäusen erfasst worden. Aufgrund von Studien jagen Katzen je nach Individuum und Nahrungsangebot jedoch auch andere kleinere Säugetiere bis Junghasen, darüber hinaus aber auch Vögel, Reptilien, Amphibien und Insekten. Die Katzen jagen nach demselben Prinzip wie andere Raubtiere: Ihre Jagd ist auf solche Tiere ausgerichtet, bei denen der Jagdaufwand am geringsten und die Erfolgschance am höchsten sind. Deshalb werden zumeist Mäuse oder häufige Singvogelarten wie Amsel, Buchfink oder Rotkehlchen erwischt. Leider ist auch belegt, dass Katzen zum lokalen Erlöschen von Reptilien- vorkommen beitragen können. Katzen sind vor allem dort erfolgreiche Jäger, wo für die Beutetiere wenig deckende Strukturen existieren und sie den Räubern schutzlos ausgeliefert sind.
Aufgrund einer Hochrechnung kann davon ausgegangen werden, dass in städtischen Gebieten der Prädationsdruck – das heisst der Druck von Raubtieren auf ihre Beutetiere – durch Hauskatzen so gross sein kann, dass sich dort gewisse Vogelarten nur dank der Zuwanderung von Vögeln in die Stadt hinein halten können. In der Biologie spricht man dabei von sogenannten Sink-Populationen, wenn sich ein Bestand nur durch Einwanderung von Tieren halten kann, weil der Abgang von Individuen grösser ist als die eigene Reproduktion.
Der Einfluss von Katzen als Räuber in der Natur – egal ob im Garten oder in Wald und Feld – ist demnach nicht zu unterschätzen. Dies belegen auch folgende Zahlen: Eine neuseeländische Studie zeigt, dass pro Katze und Jahr im Schnitt 13 Beutetiere nach Hause gebracht werden. In der Schweiz rechnet man mit einem Bestand von 1,38 Millionen Katzen. Dies bedeutet, dass in den Niederungen 50 bis 60 Katzen pro Quadratkilometer leben und demnach Katzen weitaus häufiger sind als Füchse und Marder. Die Zahl der Beutetiere zu berechnen, bleibt dem Leser überlassen.
Jadgtrieb mit Folgen
Die geschätzten 1,4 Millionen Katzen in der Schweiz, von denen Tausende auch durch Naturschutzgebiete und Wälder streifen, machen Jagd auf heimische Wildtiere. Laut Naturama Aargau fallen ihnen schätzungsweise pro Jahr 10 Millionen Mäuse, 3 Millionen Schmetterlinge, 1,8 Millionen Vögel und 600'000 Reptilien zum Opfer.
Quelle: Aargauer Zeitung
Zugunsten des Tier- und Naturschutzes
Zum Schutz bedrohter und zum Teil vom Aussterben bedrohter Wildtiere gehen gewisse Inselstaaten wie Neuseeland und Australien rigorose Wege. Als offizielle Natur- und Artenschutzmassnahme werden dort katzenfreie Zonen definiert und von Katzen frei gehalten. In Europa haben zumeist Vogelschutzverbände das Thema Hauskatzen und Naturschutz aufgegriffen. Das Jagdgesetz erlaubt Mitgliedern von Jagdgesellschaften und Jagdaufsehern, verwilderte und streunende Katzen im Wald einzufangen und zu erlegen. Die grosse Zahl an Hauskatzen kann jedoch auch ein Tierschutzproblem sein. Auch hierzulande existieren verwahrloste Katzenkolonien sowie viele herrenlose, nicht kastrierte Katzen, die das Katzenproblem vergrössern.
Empfehlungen an Katzenhalter und andere Tierfreunde
- Schaffen Sie nur eine Katze an, wenn Sie die notwendige Zeit und Pflege sicherstellen können.
- Lassen sie jede Katze spätestens im Alter von sechs Monaten kastrieren.
- Ein Glöckchen am Halsband reduziert den Jagderfolg der Katze.
- Nistkästen für Vögel katzensicher aufhängen.
- Naturnahe Gärten sowie Kleinstrukturen in der Landwirtschaft bieten Beutetieren mehr Schutz vor Räubern wie Katzen und Füchsen.
(TR)