Die Wildkatze (Felis sivestris) teilt sich vor allem in zwei Unterarten, die Europäische Wildkatze (Felis silvestris s. silvestris) und die Falbkatze (Felis s. lybica). Unsere Europäische Wildkatze hatte in der Vergangenheit größere Teile Europas besiedelt, wurde jedoch im Lauf der Jahrhunderte stark zurückgedrängt. Die Falbkatze ist in Nordafrika und Kleinasien beheimatet, wurde aber schon von den Römern nach Mitteleuropa gebracht; von ihr stammen unsere Hauskatzen ab.
Beide Unterarten sind genetisch eindeutig voneinander zu unterschieden. Verwilderte Hauskatzen können also keine Europäischen Wildkatzen werden, auch wenn sie in freier Wildbahn geboren sind. Für die beiden Unterarten haben sich die Begriffe Wildkatze und Hauskatze eingebürgert, die im folgenden Artikel auch so verwendet werden.
Wildkatze und Hauskatze
Ist eine Katze nicht grau, ist sie eindeutig eine Hauskatze. Wildfarbene Katzen sind hingegen nur sehr schwer aufgrund ihrer morphologischen Merkmale auseinanderzuhalten. Zudem sind Wildkatzen sehr scheue Tiere, die vor allem nachtaktiv sind und damit oft bei schlechten Sichtbedingungen und meistens nur kurzzeitig begutachtet werden können.
Wildkatzen haben einen klar schwarz geringelten Schwanz mit einer schwarzen, rund endenden Schwanzspitze. Der für Wildkatzen typische Aalstrich entlang des Rückens fehlt den Hauskatzen weitgehend. Andere äußere Unterscheidungsmerkmale können nur im direkten Vergleich und bei längerer Beobachtung festgestellt werden. Anatomisch lassen sich tote Katzen anhand des Schädelindex und der Darmlänge unterscheiden.
Seit 1992 lassen sich beide Unterarten auch mittels DNA-Analyse sicher voneinander unterscheiden. Benötigt werden dazu entweder Fleisch oder Blut von toten Tieren, oder von lebenden Tieren Haare – am besten mit den Haarwurzeln. Diese Haare entnimmt man in Lebendfangfallen gefangenen Tieren oder sammelt sie an sogenannten Lockstöcken ab.
Als Lockstöcke dienen sägeraue Dachlatten, die in den Boden gesteckt werden. Der überirdisch liegende Teil (etwa 50 Zentimeter) wird mit Baldriantinktur besprüht. Der Baldrian lockt die Katzen an, die sich dann am Lockstock reiben. Dabei bleiben einige Haare an der rauen Latte hängen (Abb. 2). Bei Kontrollen werden diese Haare abgesammelt, der Lockstock abgeflammt und erneut mit Baldrian besprüht.
Habitatmodell und Streifgebiete
Die Wildkatze kommt in mehreren Gebieten Deutschlands häufiger und flächendeckender vor als in Bayern – beispielsweise in der Eifel. Dort wurde auch ein Habitatmodell entwickelt, das sich aus dem Vorhandensein der Wildkatze an einem Ort und den dort vorhandenen Habitatmerkmalen ergibt. Dieses Modell wurde in anderen Gebieten mit Wildkatzenvorkommen überprüft und gilt als sehr treffsicher.
Bayern wurde einer Habitatanalyse unterzogen, um festzustellen, wo es der Wildkatze hier zusagen würde. Dazu wurde ganz Bayern in kleine Bereiche unterteilt und diese auf Wildkatzen-Eignung hin untersucht. Da die Wildkatze Lebensräume von etwa 900 Hektar Größe besiedelt, wurden gut geeignete Flächen mit den umliegenden Waldflächen zu sogenannten Steifgebieten zusammengeführt (Abb. 3). Die Habitatkarte ist für den Bereich des Jura noch als vorläufig anzusehen. Dort würde es zwar gute Habitate geben, es fehlt aber Wasser – mit dessen Vorkommen die Wildkatze in der Eifel oft verknüpft ist.
Mit Baldrian auf Katzensuche - Lockstockmonitoring
Bei Umfragen zur Wildkatze kamen die meisten Meldungen aus Spessart und Rhön, vereinzelt aber auch aus dem übrigen Bayern. Ausgehend von diesen Ergebnissen wurden in Nord- und Ostbayern 17 Landkreise ausgewählt, in denen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren ein systematisches Lockstockmonitoring durchgeführt wurde.
Die Lockstöcke wurden nur in den bei der Habitatanalyse ausgewiesenen Streifgebieten im öffentlichen Wald aufgestellt, und zwar im bestehenden Gitternetz für die Vegetationsaufnahme. Dabei repräsentiert jeder Aufnahmepunkt eine Fläche von 150 Hektar. Bei einem unterstellten Lebensraum von 900 Hektar für eine Wildkatze wurde jeder sechste Punkt als Suchpunkt festgelegt.
An jedem festgelegten Suchpunkt wurden drei Stöcke mit je 100 Meter Abstand in Nord-Süd-Richtung aufgestellt und die Umgebung des Aufstellungsortes beschrieben. Die Kontrollen erfolgten sechs Mal mit einem Abstand von einer Woche im Zeitraum März bis April. Die eingesammelten Haare wurden genetisch ausgewertet.
Ergebnis des Lockstockmonitorings
Abb. 4: Wildkatzennachweise des LWF-Lockstockmonitorings
Von den insgesamt 1.344 aufgestellten Stöcken an 448 Standorten wurden während der zwei sechswöchigen Kontrollzeiträume nur etwa 30 Prozent von Katzen aufgesucht. Von den insgesamt 462 Haarproben stammten nur rund zehn Prozent von Wildkatzen. Nur sehr selten wurden an allen drei Lockstöcken eines Standortes Katzenhaare vorgefunden. Vereinzelt suchten Wildkatze und Hauskatze den gleichen Lockstock in unterschiedlichen Wochen des Beprobungszeitraums auf.
Soweit möglich, wurde für die Wildkatze auch das Individuum bestimmt. Dadurch ließ sich feststellen, dass einzelne Wildkatzen auch benachbarte Aufstellungsorte in bis zu drei Kilometer Entfernung aufsuchten. Zwei Katzen stammten aus Paarungen von Wildkatze und Hauskatze. Die 37 Wildkatzenindividuen unterteilten sich in 19 Kuder und zehn Kätzinnen; bei acht Proben war eine Geschlechterbestimmung nicht möglich.
Bei der Aufstellung der Lockstöcke wurden auch die Baumarten und Waldtypen der näheren Umgebung aufgenommen. Die Lockstöcke wurden in der gesamten Bandbreite der verschiedenen Waldtypen vom Reinbestand (Nadel- bzw. Laubholz) bis hin zum Mischwald ausgebracht. In dieser ganzen Bandbreite konnten auch Wildkatzen nachgewiesen werden. Aufgrund des großen Lebensraums von 900 Hektar bevorzugt die Wildkatze nicht nur einen Waldtyp. Ihr Lebensraum wird nur selten einheitlich sein und muss ihr vor allem Deckung und Nahrung bieten.