In den sechziger und siebziger Jahren des zwansigsten Jahrhunderts entstanden in den Wäldern vor allem rund um Ballungsräume vielfältige Erholungseinrichtungen. Damit wollte man dem wachsenden Erholungsbedarf der Bevölkerung gerecht werden und die Attraktivität und den Erholungswert der Wälder steigern. Mit dem Schlagwort "Möblierung des Waldes" wurden diese Einrichtungen später kritisiert. Im Jahre 2003 befragten wir Erholungsuchende im Spessart, im Bayerischen Wald und in stadtnahen Wäldern Nürnbergs und Münchens zu Erholungseinrichtungen im Wald. Wie beurteilen Waldbesucher heute Erholungseinrichtungen im Wald? Was ist zur Erholung im Wald notwendig? Was ist wünschenswert, auf was kann man verzichten? Die Ergebnisse sind durchaus überraschend.

600 Waldbesucher befragt

Die Befragung fand von Mitte September bis Anfang Oktober 2003 an zwei Mittelgebirgsstandorten in Bayern (Spessart und Bayerischer Wald) und in zwei Ballungszentren (München und Nürnberg) statt. Insgesamt äußerten sich 607 Erholungsuchende über ihre Motivation, sich im Wald aufzuhalten und über die Nutzung bestehender Erholungseinrichtungen. Die Einzelgespräche wurden im Wald nach der Rückkehr der Befragten von einem Waldaufenthalt geführt.

Im Mittel waren die Befragten knapp 48 Jahre alt, doch die Alterskurve zeigte zwei Gipfel. Ein großer Teil der Besucher befindet sich im oder kurz vor Eintritt in den Ruhestand (Alter 63–67), eine zweite große Gruppe bilden Menschen in der aktiven Berufs- und Familienphase (Alter 30–40). Kinder und Jugendliche sind meist in Begleitung ihrer Familie im Wald unterwegs.

In den Mittelgebirgen reisen die Besucher überwiegend mit dem Auto an (76%), in Stadtnähe spielt auch das Fahrrad (48%) eine wichtige Rolle. In der Stadt besitzen auch die "Pantoffelwälder", die direkt zu Fuß (19%) zu erreichen sind, eine große Bedeutung.

Hauptmotiv für Waldbesuch: Der "Wald der Sinne"

Die Erholungsuchenden wurden gebeten, die Häufigkeit bestimmter Tätigkeiten zu bewerten. Die den Waldbesuchern vorgelegten Motivationen, sich im Wald aufzuhalten und ihre Antworten sind in Tabelle 1 aufgeführt.

Demnach sucht die Bevölkerung vor allem deshalb den Wald auf, um "waldtypische Sinneserfahrungen" zu machen, um sich in der unserer Zivilisation scheinbar so fernen Atmosphäre des Waldes zu erholen. Der "Gesamtkomplex Wald" und seine Wirkungen auf alle fünf Sinne zusammen mit der Motivation "sich in der Natur zu bewegen" sind entscheidend für die Erholungswirkung von Wald und seiner Attraktivität. Damit sind Wälder für die Erholung der Bürger unersetzlich, weil sie aufgrund ihrer Struktur und flächenmäßigen Präsenz ein Naturerlebnis ermöglichen, das sonst keine andere Landnutzungsform erreicht.

Alle Entscheidungen über Erholungseinrichtungen (z.B. Lehrpfade, Sitzgruppen, Feuerstellen, Schutzhütten, usw.) sollten daher "auf ihre Vereinbarkeit mit ihrem tatsächlichen Beitrag für dieses Erlebnis Wald hinterfragt werden".

HäufigkeitenBeweggründe
über 90% der BefragtenEinfach um Natur zu erleben (96%)
Einfach um mich zu bewegen (93%)
Spazieren gehen (90%)
über 70% der BefragtenMit der Familie/Kindern, Freunden unterwegs sein (85%)
Pflanzen oder Tiere beobachten (80%)
Wandern (80%)
Rad oder Mountain-Bike fahren (70%)
ÜbrigeEinfach im Wald allein sein (64%)
Pilze/Beeren sammeln oder Blumen pflücken (53%)
Picknick/Brotzeit machen (40%)
Joggen, Laufen (34%)
Hund ausführen (17%)
Tab. 1: Beweggründe für Waldbesuche.

Erholungseinrichtungen im Urteil der Bürger

Um das Werturteil über Erholungseinrichtungen zu erfassen wurden die Befragten gebeten, 15 typische Erholungseinrichtungen nach "sehr wichtig, wichtig, unwichtig oder sehr unwichtig" sowie "nicht störend, störend oder sehr störend" zu bewerten und außerdem anzugeben, ob es "zu viel, zu wenig oder genau genug von diesen Einrichtungen gibt".

Besucherlenkung vermeidet Konflikte

Allgemein befindet die Mehrheit der Waldbesucher die Erholungseinrichtungen an sich als eher wichtig, als kaum störend und in der richtigen Anzahl vorhanden.

Differenziert man das Bild, wie wichtig einzelne Erholungseinrichtungen gesehen werden, und zieht man als Vergleichsmaßstab das Aktivitätsmuster der Befragten heran, so empfindet die Mehrheit Wegetafeln und Wegemarkierungen neben Ruhebänken am wichtigsten. Eine übersichtliche und be"folg"bare Markierung wird schlicht nicht wahrgenommen, wenn sie nicht gebraucht wird, ist aber in unbekanntem Terrain für alle Aktivitäten im Wald notwendig bzw. wird als fehlend bemerkt, wenn man sich in unbekanntem Terrain orientieren muss.

Macht man sich klar, dass das Erleben des Waldes mit allen Sinnen entscheidend für den Waldbesucher und die Erholungswirkung ist, dann besitzt die Art der Wegeführung durch den Wald den größten Einfluss auf das "Erlebnis Wald" und die Erholung. Entscheidend ist damit nicht, welche Erholungseinrichtungen Forstwirtschaft und Tourismus "entlang eines Weges anhäufen", sondern wie der Besucher durch den Wald gelenkt wird, was er zu sehen bekommt und welche Wege und Pfade er begehen muss bzw. kann. Die Wegeführung und ihre durchgängige und übersichtliche Markierung können außerdem viele Konflikte zwischen Erholungsuchenden selbst (Radfahrer-Spaziergänger) und der Forstwirtschaft (kaputte Wege) vorausgreifend entschärfen.

Waldbesucher benötigen kaum Erholungseinrichtungen

Für Ruhebänke gilt, dass sie im Idealfall ein Bild ausstrahlen, das "zur Rast und Ruhe einlädt". Da die Mehrheit der Befragten die Anwesenheit anderer Menschen als störend empfindet, ist die in der Befragung als wichtig eingestufte Ruhebank unbesetzt und steht allein. Im Grunde erwarten Waldbesucher aber keine Erholungseinrichtungen. Im Umkehrschluss darf man folgern, dass ein Mangel an Ruhebänken erst dann empfunden wird, wenn man besetzte Bänke sieht. Sieht man keine Bänke, dann fehlen sie auch nicht. Somit dürfte für weite Teile der bayerischen Wälder gelten, dass weniger Ruhebänke die Zufriedenheit der Waldbesucher kaum stören. Allemal gilt: Lieber keine Bank als eine besetzte oder nicht gut instand gehaltene.

Etwas anders sieht es bei den Personen aus, die über zu wenige Bänke klagten. Dies sind überproportional ältere Mitbürger im Rentenalter, die wohnortnah und regelmäßig in Wäldern spazieren gehen. In stadtnahen Wäldern entsteht also wegen der zu erwartenden demographischen Entwicklung tatsächlich ein neuer Bedarf an Ruhebänken. Es ist nicht mehr die Ruhebank in klassischen Wandergebieten, die schöne Aussichten erschließt (diese Aufgabe kann getrost Tourismus und Wandervereinen überlassen werden), sondern es ist die Rolle der Ruhebank wie in öffentlichen Parks. Die Ruhebank ist dort Raststation für ältere Menschen, die sich so längere Zeit im Freien bewegen können. In diesen Wäldern nahe von Wohngebieten ist es sinnvoll, diesen Bedarf in Absprache mit anderen Trägern wie Gemeinden, Stiftungen, Vereinen oder Privatpersonen als Spender zu decken und vorhandene Ressourcen in der Nähe von Ballungsgebieten zu konzentrieren. Die Standorte für diese Bänke müssen aber gut einsehbar sein, denn aus den Attributen "stadtnah und leicht erreichbar" ergibt sich die Problematik des Vandalismus.

Die mögliche Entwicklung, stadtnahe Wälder wie öffentliche Parks zu nutzen, wird sich auch auf die Beurteilung forstwirtschaftlicher Wege auswirken. Die Bereitstellung von im Idealfall als Rundweg konzipierten "Hauptspazierwegen", die alte Menschen und Personen mit Kinderwägen problemlos bewältigen können (erhöhte Aufwendungen für Splittauflage und Wegepflege), wird diskutiert werden müssen.

Die Bewertung des Angebots von Mülleimern und deren Anzahl durch die Befragten hängt mit dem vom Müll ausgehenden Störpotenzial zusammen. Mülleimer bieten sich als scheinbare Lösungen geradezu an. Die Praxis zeigt aber, dass Mülleimer nur bei intensiver, zeitaufwendiger Kontrolle Abhilfe schaffen. Überfüllte Mülleimer scheinen weiteren Müll "magisch" anzuziehen. Auch hier heißt es: Lieber keine Mülleimer, denn es gilt die Eigenverantwortung der Bürger für ihren mitgebrachten Müll zu stärken, als dieses Bewusstsein mittels vorhandener Mülleimer aufzuweichen.

Moderne Erlebnispädagogik

Lehrpfade, Infotafeln oder Kinderspielplätze sollten nicht mehr als Erholungseinrichtungen im Zusammenhang mit einem Waldaufenthalt betrachtet werden. Sie tragen nicht zur typischen Erholung im Wald bei, sondern sollten als eigenständige Attraktionen definiert werden. Eine Konzentration dieser Einrichtungen auf z.B. die Walderlebniszentren trägt dazu bei, das gesamte Register "moderner" Erlebnispädagogik ziehen zu können. So lassen sich zielgerecht Informationen (Bildungsauftrag) über eigenständige Erlebnisse und Aha-Effekte vermitteln. Das Verständnis für derartige Einrichtungen sollte aber davon absehen, sie als Bereicherungen eines Waldaufenthalts zu sehen, auf die man mehr oder weniger zufällig stößt. Vielmehr sollten sie zeigen, dass sie selbst einen Besuch "wert" sind, in denen man einige Stunden verbringen kann. Damit führt eine Konzentration dieser Einrichtungen "auch" zu einem flächendeckenden Angebot, da man bereit sein wird, längere Strecken zu fahren.

Lediglich wenn "walduntypische" Maßnahmen oder "Waldbilder mit hoher Reizwirkung" den "normalen" Waldbesucher ratlos alleine lassen würden, können Infotafeln konkrete und problembezogene Abhilfe schaffen.

Schutzhütten und Tische mit Bänken rangieren in der Wichtigkeit und der Anzahl eher auf mittleren Rängen. Daraus kann geschlossen werden, dass sie kaum jemandem fehlen, wenn sie sukzessive aus dem Wald verschwinden. Übergeordnet betrachtet ist die Existenz von Schutzhütten nur sinnvoll, wenn sie in Konzepte für Mehrtageswanderungen (Trekking) eingepasst sind und an abgelegenen Wegpunkten im Notfall notwendigen Wetterschutz bieten. Wegen ihrer Lage fernab von Siedlungen hätten diese Schutzhütten oder Unterstände auch kaum Probleme mit Vandalismus.

Ein öffentliches Angebot von Trimm-dich-Einrichtungen ist überflüssig. Auch ohne Geräte – allein durch Bewegung und Übungen – können gesellschaftlich erwünschte gesundheitliche Aspekte erreicht werden. Fitness-Studios und eine zunehmende Zahl moderner, auf bestimmte Bewegungsmuster abgestellte "Parks" decken den restlichen Bedarf. Die Forstwirtschaft kann sich ersatzlos aus der Versorgung mit Trimm-dich-Pfaden oder ähnlichen Angeboten zurückziehen.

Parkplätze – Eingangstore in den Wald

Parkplätze sind für die meisten Waldbesucher das Eingangstor zum Wald. Auch in Wäldern rund um Ballungszentren wird das eigene Auto oft zur Anreise genutzt. Anlage und Gestaltung von Parkplätzen stellen für viele Waldorte einen wichtigen Ausgangs- und Endpunkt für Wegeführungskonzepte dar. Sie beeinflussen entscheidend die Besuchshäufigkeit.

Rad- und Reitwege sind nach dem Urteil der Befragten (75% Fußgänger), ausreichend vorhanden. Erholungsuchende zu Fuß empfinden Radfahrer und auch Reiter eher als störend, so dass eine Entflechtung von Rad- bzw. Reitwegen und "Hauptrouten" des Erholungsverkehrs zu Fuß geboten ist. Grillplätze oder Feuerstellen sollten aus Sicht der Erholungsuchenden ganz abgebaut werden.

Resümee

Entscheidend für die Konzeption von Erholungseinrichtungen ist ihr Beitrag zur Erholung. Für Waldbesuche sind außer einer grundsätzlichen Zugänglichkeit über Wege und einer Orientierungshilfe mit Wegemarkierungen keine weiteren Erholungseinrichtungen notwendig, da Motivation und Wahrnehmung der Erholungsuchenden auf den Wald selbst ausgerichtet sind.