Die Baumhasel (Corylus colurna L.) gehört zur Gattung der Haseln und ist verwandt mit dem heimischen Haselnussstrauch (C. avellana L.). Es handelt sich aber um eine eigenständige, baumartig wachsende Art mit forstwirtschaftlichem und ökologischem Potenzial. In der nördlichen gemäßigten Zone sind weltweit 15 Corylus-Arten bekannt, u. a. auch in Nordamerika, China oder Japan. Die Baumhasel selbst ist heimisch in Südosteuropa, in Kleinasien, im (Trans-)Kaukasus bis in den Himalaja und nach Afghanistan sowie nördlich bis nach Rumänien und nordwestlich bis nach Bosnien und Herzegowina.

Sie wurde als “türkisches Haselnussholz” bereits ab dem 17. Jh. übernutzt, wodurch sie nun auch in den Herkunftsländern selten ist. Ihr Vorkommensgebiet ist in viele Teilareale zerklüftet und deren genetischer Austausch unterbunden. Innerhalb der Art bilden sich verschiedene Phänotypen aus, erkennbar an unterschiedlichen Blattformen und Behaarungen von Blattstielen und Fruchtbechern (Abb. 1). Die verbliebenen Populationen weisen eine eindeutige räumlich genetische Differenzierung auf und unterscheiden sich sehr stark in ihren Wuchsleistungen und qualitativen Merkmalen.

Genetisch vielfältiges Saatgut aus natürlichen Herkünften wichtig

Die Saat- und Pflanzgutversorgung wurde früher überwiegend anhand von inländischen Park- und Straßenbäumen – fern von den Wäldern des natürlichen Areals – abgedeckt. Die Elternbaumanzahl und die genetische Ausstattung dieser Bäume sind gering oder nicht bekannt, was letztlich ein sehr hohes Risiko bedeuten kann, da sie für Anpassungsfähigkeit, Wachstum und Qualität eine entscheidende Rolle spielen. Die Gefahren von Inzuchteffekten und genetischer Einengung sind sehr hoch.

Selbst für derzeit kommerziell angebotene Baumschulsortimente gilt leider häufig, dass Herkunft, Qualität und genetische Vielfalt der Absaaten nicht ausgewiesen werden. Daher ist es wichtig, den gut dokumentierten Saat- oder Pflanzguttransfer aus dem natürlichen Areal zu steigern und hierfür mittels Anbau- und Herkunftsversuchen der Herkunftsfrage nachzugehen.

Herkunftsversuche in Bayern, Thüringen und der Schweiz

Mit dieser Zielstellung erfolgten in Bayern, Thüringen und der Schweiz nahezu zeitgleich Saatgutakquisen in den natürlichen Arealen der Baumhasel. Die Anzucht erfolgte in Eigenregie und nachfolgende Versuche wurden mit ähnlichem Design angelegt. Nach Abschluss der Vegetationsperiode 2022 wurde eine erste Inventur in diesen Versuchen verabredet und ausgewertet.

Eingesammelt wurde Saatgut in insgesamt zehn Herkunftsregionen fünf osteuropäischer Länder (Bulgarien, Georgien, Serbien, Türkei, Ungarn, Tab. 1). Zwischen 2016 und 2020 sind wissenschaftlich begleitete Pflanzungen an vier Versuchsorten erfolgt (Abb. 2 und 4).

Tab. 1: Getestete Baumhaselherkünnfte

Erste Ergebnisse

Für die vorliegende Auswertung wurden Daten zum Überleben, zur Wuchsform zu Baumschäden und zum zum Höhenwuchs, von 1.081 Einzelbäumen in 41 Parzellen bzw. Pflanzreihen aus diesen vier Versuchen erfasst.

Verlustraten

Bis zum Frühjahr 2023 waren die Mortalitäten aller getesteten Herkünfte sehr unterschiedlich und lagen bei bis zu 14 % pro Jahr (Abb. 3). Stets über 6 % wurden in Bärnhof registriert, unter 4 % lagen für Einsricht und Hummelshain an, Ittenthal lag dazwischen. Auch innerhalb der gleichen Herkunft unterschieden sich die Mortalitätsraten erheblich je nach Versuchsort. Besonders hohe Ausfallraten fanden sich in Bärnhof bei Serbien II (14 %), Türkei III und Ungarn (je 12 %), eher geringe fanden sich bei Türkei II (0,4 bis 6 %), wo sich diese allgemein versuchsprägende Reihung eingestellt hat: Bärnhof > Ittenthal > Einsricht > Hummelshain.

Stammform

Zwiesel und verbuschte Individuen waren in Hummelshain und Ittenthal mit höchstens ca. 20 % je Herkunft vertreten. Der Anteil besonders verbuschter Individuen ist mit höchstens 5-10 % selbst in den schlechteren Varianten (Serbien I in Hummelshain und Bulgarien in Ittenthal) vernachlässigend gering. Alle überprüften Herkünfte entwickeln derzeit an beiden Versuchsorten ausreichend gute bis sehr gute Baumhaselexemplare.

Schäden

Schäden wurden meist an weniger als 10 % der Baumhaseln in Hummelshain und Ittenthal festgestellt. Bis zu 15 % waren es bei Türkei II (Ittenthal) und Bulgarien (Hummelshain), erheblich höher liegt Georgien I (Ittenthal) mit in Summe 37,5 %. Der größte Anteil der Schäden stammt aus schwachen bis schwerwiegenden Triebverlusten, seltener durch neue Stockausschläge, denen vermutlich ebenfalls ein früheres Rücksterben von Pflanzenteilen vorausgegangen ist.

Georgien I ist in Ittenthal im Frühjahr 2023 besonders früh ausgetrieben und wurde anschließend stark durch einen Spätfrost beschädigt. Triebverluste und erneuter Stockausschlag sind Hinweise auf kürzlich erlittenen (Witterungs-)Stress. Zugleich sind aber auch Zeichen der Regeneration (Stockausschlag) und Überlebensfähigkeit sichtbar, denn die Herkünfte mit Triebverlusten sind nicht zugleich auch von hoher Mortalität betroffen gewesen. Zusätzlich trat in Hummelshain in einigen Herkünften Insektenfraß an frischen Blättern an 4-8 % der Pflanzen auf. Frischer Mäusefraß und Pilze am Stamm wurden nirgends registriert.

Baumhöhen

Die mittleren Höhenzuwächse sind je Versuchsort und Baumhaselherkunft sehr variabel (7–40 cm pro Jahr). Am Beispiel der Herkunft Türkei II sind Unterschiede zwischen den Versuchsorten signifikant (Einsricht > Ittenthal > Hummelshain > Bärnhof). Sehr geringe Zuwächse finden sich vorrangig in Bärnhof, z.B. Serbien II, Türkei I+III. Sehr hohe Zuwächse stammen aus Einsricht und meist aus Ittenthal, dort ist die Herkunft Bulgarien signifikant wuchsüberlegen. In Hummelshain fällt Serbien I signifikant zurück (Abb. 5).

Weitere Informationen

Eine Bewertung dieser Ergebnisse finden Sie im Originalartikel. Zusätzliche Angaben zu den Versuchsorten und den getesteten Herkünften stehen in ausführlichen Tabellen zur Verfügung. Die verwendeten Quellen stehen im Literaturverzeichnis.

Erstes Fazit

Eine hohe Überlebenswahrscheinlichkeit, eine geringe Anfälligkeit gegenüber abiotischen und biotischen Schäden, ein verlässlicher Wuchs und gute Schaftformen sind in Hinblick auf die Baumhasel wichtige kalkulatorische Größen. Schließlich ist ihr Anbau als potenzielle Wertholzbaumart mit geringerer Baumhöhen und Massenleistung sowie gegebenenfalls hohen Investitionen in das Pflanzgut und in die Pflanzung, in den Wildschutz und gegebenenfalls in den Formschnitt sowie in die Astung teuer.

Daher ist gegenwärtig zu empfehlen, auf vergleichbaren Waldstandorten zu unseren Versuchen vorrangig mit den bisher verlässlichen Herkünften Türkei-Bolu und Bulgarien-Byala zu arbeiten, zugleich aber auch viele andere Herkünfte zu erforschen. Hierfür sollte die Versorgung mit hochwertigem und herkunftssicherem Vermehrungsgut weiter international ausgebaut werden.

Insgesamt empfiehlt es sich, Frostlagen zu meiden und sich beim Anbau auf gut geeignete, terrestrische Böden in wärmeren Klimastufen zu beschränken. Der Anbau der Baumhasel ist auch unter Schirm in der Jugend ohne Abstriche im Überleben, im Wuchs und in der Qualität möglich. Bei hohem Wilddruck sollte sie geschützt werden.

 

(TR)