Die globale Vermüllung durch Plastik ist eines der größten, menschengemachten Umweltprobleme unserer Zeit (Fuhr et al. 2019). Erste Untersuchungen zu Wuchshüllen und Wuchsgittern, welche in den vergangenen 20 Jahren in ausgewählten Wäldern zurückgelassen wurden, zeigen, dass die Waldbewirtschaftung ebenfalls von einer Verschmutzung durch Plastik betroffen sein kann, zum Beispiel durch Wuchshüllen oder Wuchsgitter (Hein et al. 2019).

Aufgrund der zu erwartenden großflächigen Aufforstungen nach extremen Witterungsereignissen und dem Waldumbau, müssen neue Lösungswege im Umgang auch mit Wuchshüllen entwickelt werden, um die gesetzeswidrige Verschmutzung durch Plastik nicht weiter voranzutreiben (Hein et al. 2020 a, b). Neben den offensichtlichen Lösungen einer funktionierenden Jagd oder dem schlichten Einsammeln von Wuchshüllen nach Ende ihres Verwendungszweckes, gilt als weitere Lösung, erdölbasierte Wuchshüllen durch solche aus nachwachsenden Rohstoffen zu ersetzen, die zugleich biologisch abbaubar und biobasiert sind. Dies könnte ein wichtiger Baustein für eine forstbetriebliche Plastikreduktionsstrategie sein. Da jedoch die Begrifflichkeiten biobasiert und biologisch abbaubar häufig zu Missverständnissen führen, folgt zunächst eine Unterscheidung der Begrifflichkeiten:

Biobasierte Kunststoffe sind vollständig oder teilweise aus Biomasse, welche in Form von monomeren Struktureinheiten aus Pflanzen gewonnen werden. Das Kürzel „Bio“ hat hierbei nichts mit den Anbaubedingungen der eingesetzten Pflanzen zu tun.

Als biologisch abbaubar werden Kunststoffe bezeichnet, welche unter bestimmten Bedingungen durch Mikroorganismen vollständig zu CO2 und Wasser abgebaut werden. Die Begrifflichkeit biologisch abbaubar ist ohne weitere Angaben zu den Abbaubedingungen und den Zeithorizonten allerdings nicht aussagekräftig (Endres et al. 2020).

Es gilt zu beachten, dass nicht jeder biobasierte Kunststoff gleichzeitig bioabbaubar und nicht jeder biologisch abbaubare Kunststoff gleichzeitig biobasiert ist. Biobasierte Kunststoffe können ebenfalls sehr langlebig und biologisch abbaubare Kunststoffe können erdölbasiert sein. Die Eigenschaften müssen getrennt voneinander betrachtet und genannt werden.

Abb. 2: Kunststoffrelikte im Wald
Fotos: Anton Schnabl

Von den weltweit insgesamt 359 Mio. Tonnen an produziertem Plastik im Jahr 2019 machten biobasierte und biologische abbaubare Kunststoffe lediglich 1% der gesamten Menge aus (European Bioplastics e.V. 2020). Trotz des geringen Marktanteils sind biobasierte und speziell bioabbaubare Kunststoffe Gegenstand einer intensiven Diskussion darüber, ob diese nun die besseren und nachhaltigeren oder sogar noch schlechteren Kunststoffe der Zukunft darstellen (Endres et al. 2020). Die Europäische Plastikstrategie sieht in biobasierten und bioabbaubaren Kunststoffen ebenfalls Risiken und Chancen zugleich. Durch bioabbaubare Kunststoffe wird eine verstärkte und sorglose Verschmutzung befürchtet, während gleichzeitig anerkannt wird, dass es sinnvolle Anwendungen gibt (Europäische Kommission 2018). Zu diesen sinnvollen Anwendungen gehören Kunststoffprodukte, welche aktuell sehr häufig in der Umwelt verbleiben. Als Beispiel in der Forstwirtschaft könnten hier Wuchshüllen, Verbissschutzkappen oder Mähfäden aufgeführt werden (Nova-Institut 2019). Im Bereich der Wuchshüllen gibt es bereits erste Produktentwicklungen mit der Materialeigenschaft „kompostierbar“, als eine Form der biologischen Abbaubarkeit (Hein & Graf 2019).

Die Europäische Kommission fordert für biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffe eine eindeutige und korrekte Informationsgrundlage für Konsumierende, um einen richtigen Umgang mit den Produkten gewährleisten zu können (Europäische Kommission 2018). Als Instrument hierfür dienen üblicherweise Zertifizierungen, welche auf Grundlage genau definierter Testprogramme durchgeführt werden, bei denen bestimmte Prüfnormen einzuhalten sind. Die Prüfung und Einhaltung der anzuwendenden Zertifizierungs- und Prüfnormen wird von unabhängigen Zertifizierungsstellen im Dialog mit den beteiligten Prüfinstitutionen übernommen, welche dann zumeist ihr eigenes Label vergeben (Burgstaller et al. 2018).

Hinsichtlich der Normen sind internationale (ISO), europäische (EN) und deutsche Normen (DIN) zu unterscheiden. Diese werden in Normausschüssen erarbeitet, welche aus einem breiten Kreis an Fachkundigen bestehen und nach festgelegten Verfahren arbeiten (DIN Deutsches Institut für Normung e.V. 2013). Wird eine internationale oder europäische Norm von der nationalen Normungsorganisation übernommen, werden die Normen in Kombination miteinander genannt, zum Beispiel DIN EN (IHK Wiesbaden o.J.). Darüber hinaus erarbeitet unter anderen. auch die American Society for Testing and Materials (ASTM) Normen, welche weltweit Anwendung finden (Beuth Verlag GmbH o.J.). In dieser Ausarbeitung wird außerdem Bezug auf eine französische (NF) und australische (AS) Norm genommen.

Welche Normen und Labels zu biobasierten und bioabbaubaren Kunststoffen mit Relevanz für eine mögliche „Plastikreduktionsstrategie Forst“ existieren und welche Aussagekraft sie mit Blick auf Wuchshüllen besitzen, ist Gegenstand dieser Darstellung.

Biologisch abbaubare Kunststoffe

Die biologische Abbaubarkeit wird in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Umgebungsbedingungen geprüft und zertifiziert. Das wichtigste Prüfkriterium bildet hierbei die vollständige biologische Abbaubarkeit unter Standardbedingungen, das heißt zum Beispiel innerhalb eines bestimmten Zeitraums und zu einer bestimmten Temperatur. Weiter wird eine chemische Charakterisierung durchgeführt und die Einhaltung von Grenzwerten für Schwermetalle und andere toxische Substanzen überprüft.
Umwelteinwirkungen werden durch Ökotoxizitätstests zum Beispiel mit Pflanzen und Würmern getestet. Der sogenannte Desintegrationstest untersucht die Zersetzung unter Verlust der Sichtbarkeit. Es können sowohl Werkstoffe als auch Produkte zertifiziert werden (Burgstaller et al. 2018). Die Prüfkriterien variieren je nach Umgebungsbedingung. Aktuell kann biologische Abbaubarkeit in folgenden Bedingungen getestet und zertifiziert werden: Industrielle Kompostierung, Gartenkompostierung, biologisch abbaubar im Boden, in der marinen Umwelt und in Süßgewässern (European Bioplastics e.V. 2019).

Im deutschsprachigen Raum sind mehrere Labels zur Zertifizierung industriell kompostierbarer Kunststoffe verfügbar (Abb. 3).

Wie die Betitelung bereits verrät, werden für die Abbaubarkeit der Materialien Umgebungsbedingungen einer industriellen Kompostieranlage vorausgesetzt. Dazu gehören unter anderen Temperaturen von 58 ± 2 °C, bei welchen die Materialien sich bis zu 90% innerhalb von maximal 6 Monaten abbauen. Außerhalb einer industriellen Kompostieranlange, das bedeutet auch im Wald, bleibt unklar, ob diese Kriterien erfüllt werden; gegebenenfalls. ist eine biologische Abbaubarkeit nicht gewährleistet. Die Zertifizierung der industriellen Kompostierbarkeit sieht eine Entsorgung der Produkte über industrielle Entsorgungswege vor und nicht einen Abbau in der freien Umwelt. Für den Bereich der Forstwirtschaft gibt es erste Produkte (zum Beispiel Wuchshüllen, Verbissschutzkappen, Mähfäden) mit der Bezeichnung „kompostierbar“ entweder mit oder ohne Zertifikat. In Abbildung 1 nicht aufgeführt ist das Label zur industriellen Kompostierbarkeit vom belgischen Prüfinstitut Vinçotte, da dieses im Jahr 2017 von TÜV AUSTRIA aufgekauft und übernommen wurde.

Im deutschsprachigen Raum gibt es zwei gängige Labels zur Gartenkompostierbarkeit, die häufig auch als „Heimkompostierbarkeit“ bezeichnet wird (Abb. 4).

Die Prüfkriterien unterscheiden sich im Vergleich zur industriellen Kompostierbarkeit in einer längeren Zeitspanne bis zum vollständigen biologischen Abbau und zur Desintegration, bei gleichzeitig geringerer Temperatur. Außerdem werden Ökotoxizitätstests nicht nur ausschließlich mit Pflanzen, sondern zusätzlich auch mit Würmern durchgeführt. Die Umgebungsbedingungen der industriellen und der Gartenkompostierbarkeit bilden vergleichsweise kontrollierte und aggressive Ausgangslagen für den Prozess der biologischen Abbaubarkeit (Han et al. 2020). Für den Bereich der Forstwirtschaft gibt es noch keine umfangreiche Produktpalette mit einer solchen Zertifizierung zur Gartenkompostierbarkeit.

Von einer vergleichsweise geringeren Aggressivität und Kontrollierbarkeit muss bei einer biologischen Abbaubarkeit im Boden ausgegangen werden. Im deutschsprachigen Raum gibt es zwei häufig verwendete Labels zur Abbaubarkeit von Kunststoffen im Boden (Abb. 5).

Die Prüfkriterien unterscheiden sich im Vergleich zur Gartenkompostierbarkeit erneut in einer längeren Zeitspanne des vollständigen biologischen Abbaus, bei gleichzeitig geringerer Temperatur. Es werden keine Ansprüche an die Desintegration gestellt. Die Zertifizierung ist für Mulchfolien in der landwirtschaftlichen Verwendung ausgelegt und findet auch dort ihre größte Anwendung. Für den Bereich der Forstwirtschaft gibt es noch keine Produkte mit einer solchen Zertifizierung zur Abbaubarkeit im Boden.

Die Zertifizierungen zur biologischen Abbaubarkeit in Süßgewässern oder in der marinen Umwelt werden hier nicht aufgeführt, da sie für die Forstwirtschaft zwar durchaus relevant sind (zum Beispiel Rückstände für Gewässer im Wald), hier aber aus Gründen des Umfangs nicht bearbeitet werden.

Außerhalb des deutschsprachigen Raumes gibt es eine Vielzahl an nationalen Zertifizierungen zu industriell kompostierbaren und gartenkompostierbaren Kunststoffen. Landeseigene Labels gibt es unter anderem in Italien, Spanien, Schweden, Finnland, USA, Australien, Japan und in Großbritannien. Wie oben dargelegt basieren die Labels dabei auf nationalen Normen, welche meist auf Grundlage der DIN EN 13432 (Abbildung 5) entsprechend den nationalen Ansprüchen modifiziert, erweitert oder verkürzt wurden.

Biobasierte Kunststoffe

Biobasierte Materialien bestehen vollständig oder zum Teil aus nachwachsenden Rohstoffen und können zusätzlich biologisch abbaubar sein (DIN CERTCO 2017). Es gibt dabei keine klare Regelung für Herstellfirmen zur Kennzeichnung von biobasierten oder teilbiobasierten Kunststoffen. Jedoch existieren auch hier Zertifizierungen, denen definierte Methoden zugrunde liegen, um den biogenen Materialanteil zu bestimmen und auszuweisen.

Wie hoch der biobasierte Anteil ist, wird je nach angewandter Norm über die Ermittlung des biobasierten Kohlenstoffes im Verhältnis zum Gesamtkohlenstoffgehaltes via Radiokarbonmethode bestimmt oder zusätzlich über die Bilanzierung des Anteils aller chemischer Elemente aus nachwachsenden Rohstoffe wie zum Beispiel auch Stickstoff oder Sauerstoff (Endres et al. 2020).

Im deutschsprachigen Raum sind mehrere Labels zur Zertifizierung biobasierter Kunststoffe verfügbar (Abb. 6). Im Bereich der Forstwirtschaft gibt es noch keine nennenswerte Anzahl an Produkten mit einer solchen Zertifizierung. Nichtsdestotrotz werden einige Produkte mit der Bezeichnung „aus nachwachsenden Rohstoffen“ oder „biobasiert“ verkauft, jedoch ohne zertifizierten Nachweis zum biobasierten Anteils des Produktes.

Ausblick

Über die Sinnhaftigkeit eines biologisch abbaubaren Kunststoffes entscheidet die vorgesehene Anwendung und das Risiko des Produktes in der Umwelt zu verbleiben. Dieses Risiko besteht in der Waldbewirtschaftung nicht ausschließlich, aber sicher bereits in großem Ausmaße, für Wuchshüllen, welche nach ihrem Verwendungszeitraum von meist mehr als 5 Jahren oft in Vergessenheit geraten und im Wald verbleiben.

Verpflichtende Festlegungen was sinnvoll ist, können zurzeit wohl nur über Zertifizierungen der Waldbewirtschaftung (z.B. PEFC, FSC, Naturland) oder eine betriebseigene „Plastikreduktionsstrategie Forst“ zu treffen sein. Letztere wird dann jedoch auch weitaus mehr sachliche Gegenstände, Quellen, Verfahren und Entscheidungswege umfassen müssen als nur das Thema „Wuchshüllen“. Entscheidend jedoch für eine zielgerichtete Weiterentwicklung des Objektes „Wuchshülle“ in Richtung biobasierter Materialien und biologischer Abbaubarkeit sollten vier Anforderungen sein:

  1. Die Prüfkriterien entsprechen dem Nachweis für biologische Abbaubarkeit unter den Umgebungsbedingungen im Wald. Die Zertifizierung nach industrieller Kompostierbarkeit, die bereits bei einigen forstlichen Produkten Anklang findet, führt zu falschen Annahmen und sollte nicht als Nachweis der biologischen Abbaubarkeit unter Waldbedingungen verwendet werden (vgl. Abb. 3). Es ist zwingend notwendig, unkontrollierte und weniger aggressive Umgebungsbedingungen für den Nachweis einer biologischen Abbaubarkeit im Wald vorauszusetzen.
  2. Die Materialherkunft muss mitberücksichtigt werden. Wenn über biologisch abbaubare Wuchshüllen im Wald gesprochen wird, sollte dies nur im Falle einer vollständigen und nachgewiesenen biobasierten Herkunft des Materials in Erwägung gezogen werden. Zusätzlich zum Nachweis der biologischen Abbaubarkeit benötigt es also ein Zertifikat zum biobasierten Anteil der Wuchshülle.
  3. Eine Ökobilanzierung muss den Nachweis über die Sinnhaftigkeit entlang des gesamten Lebenszyklus einer biobasierten und bioabbaubaren Wuchshülle im Vergleich zu einer herkömmlichen Wuchshülle erbringen. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass herkömmliche Wuchshüllen zum Ende ihres Verwendungszeitraumes eingesammelt und entsorgt werden müssen.
  4. In letzter Konsequenz muss eine biobasierte und bioabbaubare Weiterentwicklung der Wuchshülle alle Funktionen der bislang erhältlichen sogenannten konventionellen Wuchshüllen erfüllen. Die Eigenschaften biobasiert und bioabbaubar dürfen nicht zu einem verfrühten Funktionsverlust der Wuchshülle führen und müssen alle zusätzlichen Vorteile über den Verbissschutz hinaus (z.B. Frostschutz, Wachstumsbeschleunigung etc.) erfüllen.

Aktuell ist das Angebot von biologisch abbaubaren und/oder biobasierten Kunststoffen in der Forstwirtschaft überschaubar, auch bezüglich der Massentauglichkeit dieser Produkte (vgl. Hein et al. 2019). Jedoch wird biobasierten und bioabbaubaren Kunststoffen ein großes Marktwachstum in den kommenden Jahren vorausgesagt (Endres et al. 2020). Unter den richtigen Voraussetzungen und einer zielgerichteten, sorgfältigen Herangehensweise birgt diese Entwicklung auch für die Waldbewirtschaftung in Deutschland ein großes Potenzial hin zu einem weiteren Schritt beim Thema „Nachhaltigkeit“ sowie „Kreislaufwirtschaft“ und kann einen Baustein für eine „Plastikreduktionsstrategie Forst“ darstellen.

Aktuell bildet allerdings die Zertifizierung gemäß den Anforderungen für biologische Abbaubarkeit im Boden (vgl. Abb. 5) die einzige Variante, die Umgebungsbedingungen im Wald möglichst nah abzubilden.

Dringend notwendig für die Weiterentwicklung der Wuchshüllen wäre daher eine zusätzliche Zertifizierung zur biologischen Abbaubarkeit unter Waldbedingungen, sodass künftig nicht mehr mit möglicherweise nicht ausreichenden Annäherungen gearbeitet werden muss.

Diese Publikation wurde ermöglicht durch das FNR-geförderten Forschungsvorhabens TheForestCleanup (FKZ 2219NR425).