Ergebnisse einer 21-jährigen Beobachtungsreihe

Der traditionelle Anbau von Eichenkulturen ist durch hohe Begründungs- und Nachbesserungskosten, hohe Aufwendungen für intensive Jungwuchs- und Bestandespflege und extrem lange Produktionszeiträume gekennzeichnet. Bei zu geringer Pflanzenzahl kommt nach bisheriger Meinung die Erschwerung späterer Pflege von Zukunftsbäumen bei Einengung der Populationsbreite sowie eine Qualitätseinbuße bei mangelhafter oder zu spät einsetzender "Pflege durch den Nachbarn derselben Art" hinzu.

Konkrete Möglichkeiten zur Reduktion des Aufwandes bietet die Wahl moderner Pflanzverbände, bei denen die Wieder- oder Erstaufforstungsfläche nesterartig (Szymanski 1986), truppförmig (Gockel 1994) oder aber auch schachbrettartig und kleinbestandsweise (Leder 1997, v. d. Goltz 2007) bepflanzt werden. Erfahrungen mit dem Erfolg der genannten Pflanzverbände sind aufgrund der bisherigen Beobachtungszeiträume in Deutschland nur sehr spärlich vorhanden. Im Folgenden werden die Ergebnisse einer Wiederholungsaufnahme (Herbst 2006) 21-jähriger Eichennester in NRW vorgestellt. Neben der Charakterisierung des Wachstums werden dabei auch qualitative Parameter (Stammform, Zwiesel, Astreinigung) analysiert und im Hinblick auf die Auswahl möglicher Z-Baum-Anwärter interpretiert.

Die Beobachtungsfläche

Lage: 285 m ü. NN im Bereich des Regionalforstamts Hochstift (Ostwestfalen). Standortsverhältnisse: gut nährstoffversorgte, tiefgründige Braunerde aus Kalkverwitterungsboden mit Lösseinlagerungen aus schluffigem Lehm über schluffig tonigem Lehm; frischer bis staufrischer Wasserhaushalt.

Im April 1986 wurden auf einer Fläche von 0,8 ha 160 Eichennester im 7 x 7 m Quadratverband angelegt. Um den Einfluss natürlich verjüngter Baumarten (Weichlaubhölzer) und des Wildverbisses zu dokumentieren, wurden 36 Eichennester im Gatter und 124 Eichennester außerhalb des Gatters angelegt. Pro Eichennest wurden auf 1 qm im Abstand von 0,25 x 0,25 m unter Auslassung der vier Eckpflanzen 21 Traubeneichen (2+1-j., 50/80 cm) durch Winkelpflanzung gepflanzt (s. Abb. 2). Zwischen den Nestern haben wir im November 1986 im Verband 2 x 7 m 800 Winterlinden (1+2-j., 100/120 cm) gepflanzt. 1990 wurden 200 Winterlinden nachgebessert. Zum Zeitpunkt der Aufnahme im Herbst 2006 sind die Winterlinden fast zu 100 % ausgefallen.

Im Folgenden werden die quantitative und qualitative Entwicklung der Eiche außerhalb des Gatterschutzes ohne Einfluss von natürlich verjüngten Weichlaubholzarten dargestellt.

Datenaufnahme

Im November 2006 wurde jedes dritte Eichennest (41 Eichennester) durch folgende Aufnahmeparameter beschrieben (vgl. Tab. 1).

Um eventuelle Wuchsunterschiede der Eichen innerhalb eines Nestes zu beschreiben, wurden die Eichen eines Nestes in die drei Teilkollektive "Zentraleichen", "innere Eichen" (Eichen im inneren Ring) und "äußere Eichen" (Eichen im äußeren Ring) gegliedert.

Tab. 1: Aufnahmeparameter
AufnahmeparameterBemerkung
1. Nest-Nr. 
2. Baumnummer innerhalb eines NestesEichen-Nr. nach Pflanzschema (s. Abb. 2)

Differenziert nach Z (Zentraleiche), Eichen im inneren Ring, Eichen im äußeren Ring

3. BHD (cm) 
4. Höhe (cm) 
5. Baumklasse nach KRAFT 
6. Stammform1. gerade (senkrechte Stammachse bis 5°-Abweichung aus dem Lot, ohne Knickstellen)

2. leicht schräg ( 5°- bis 15°-Abweichung aus dem Lot)

3. schief (mehr als 15°-Abweichung aus dem Lot)

4. knickig (starke Abweichungen der Stammachse in mehrere Richtungen)

5. krumm (starke Krümmung der Stammachse)

6. buschig (unten mehrtriebig mit verbuschender oder auflösender Krone)

7. Zwieselform1. ohne Zwiesel

2. Einfachzwiesel

3. Mehrfachzwiesel

8. Trockenastbereich (cm) 

Ergebnisse

Ausfallprozent

Durch natürliche Selbstdifferenzierungs- und Ausscheidungsprozesse sind 21 Jahre nach Begründung der Eichennester 62 % der verwendeten Pflanzenzahl ausgeschieden.

Bei Betrachtung der Ausfallprozente innerhalb eines Eichennestes sind die Zentraleichen zu fast 90 % vorhanden, die "inneren Eichen" zu 57 % und die "äußeren Eichen" nur noch zu 20 %.

Ertragskundliche Kenndaten

In der Tabelle 2 und den Abbildungen 4 und 5 sind die ertragskundlichen Daten der Eichennester dargestellt.

Der Durchmesser lebender Eichen im Nest schwankt zwischen 0,9 cm und 20,3 cm. Der Durchmesserbereich der Zentraleichen reicht von der kleinsten vorhandenen Durchmesserstufe (0-4 cm) bis zur Durchmesserstufe 16-20 cm. Die relative Häufigkeit dünnerer Eichen (Durchmesserstufe 0-4cm und 4-8 cm) ist mit 43 % bei den Zentraleichen am größten, bei den Eichen im äußeren Bereich am niedrigsten (36 %). Die Durchmesserverteilung der Eichen im inneren bzw. äußeren Ring weist eine Normalverteilung mit Schwerpunkt in der Durchmesserstufe 8-12 cm auf.

Tab. 2: Ertragskundliche Kenndaten, getrennt nach Gesamtkollektiv, Zentraleichen, inneren und äußeren Eichen (die Werte in Klammern geben den Variationskoeffizient VK% an)
 Höhe (m)BHD (cm)H/D-WertKRAFT’sche Baumklasse 1 (in %)KRAFT’sche Baumklasse 2 (in %)KRAFT’sche Baumklasse 3 (in %)KRAFT’sche Baumklasse 4 (in %)
Gesamtkollektiv (n = 320)9,4 (28,7)9,8 (50)115 (42,6)42131926
Zentraleiche(n = 38)9,4 (29,8)9,8 (56,1)125 (56)5051629
Innere Eichen (n = 186)9,4 (28,7)9,8 (50)115 (41,7)41141926
Äußere Eichen (n = 96)9,3 (29)9,7 (47,7)112 (37,7)41142225

Die Durchmesserdifferenzierung ist stärker ausgeprägt als die Höhendifferenzierung (s. Tab.2), und es ist abzusehen, dass unterständige Eichen (KRAFT’sche Baumklasse 4) an Vitalität verlieren. Die relative Häufigkeit höherer Eichen (> 10 m) unterscheidet sich in den Teilkollektiven nur geringfügig (ca. 60 %). Der relative Anteil höchster Eichen (> 14,5 m) ist bei den Zentraleichen am größten (5 %), bei den äußeren Eichen am geringsten (1 %).

Werden die Baumklassen nach KRAFT betrachtet (vgl. Tab. 2), sind über die Hälfte (55 %) der vorhandenen Eichen vorherrschende bzw. herrschende Bäume. Ein Viertel der Eichen sind der Baumklasse 4 zuzuordnen, wobei sich die einzelnen Teilkollektive nicht signifikant voneinander unterscheiden.

Qualitative Charakterisierung

Besonders die Betrachtung der Stammform innerhalb eines Eichennestes gibt wertvolle Hinweise auf den in der Jugendphase häufig beobachteten "Blumenstrauß-Effekt", der das schiefe Wachstum zum Nestrand bzw. zur Außenfläche bei fehlenden Begleitbaumarten beschreibt. 3 % der Zentraleichen sind gerade, 26 % weisen eine leicht schräge Stammform auf. 71 % der Zentraleichen, 76 % der inneren Eichen und 83 % der äußeren Eichen weisen schiefe und schlechtere Stammformen auf. Die relative Häufigkeit der Stammformen ist in der Abbildung 6 dargestellt.

Der Anteil der Eichen ohne Zwiesel liegt bei den Zentraleichen bei 42 %, bei den inneren Eichen bei 63 % und bei den äußeren Eichen bei 48 %. Während nur geringe Anteile der Eichen (3-5 %) der Kategorie "Mehrfachzwiesel" zugeordnet wurden, ist der Anteil der "Einfachzwiesel" bei den Zentraleichen am größten (55 % der Stammzahl), bei den inneren Eichen am geringsten (32 % der Stammzahl).

Die relative Häufigkeit der höchsten Trockenastbereiche (> 4,0 m, vgl. Abb. 6) der Zentraleichen und der inneren Eichen liegt deutlich höher als bei den äußeren Eichen.

Andererseits ist der noch hohe Anteil kleiner Trockenastbereiche von Eichen in allen drei Teilkollektiven festgestellt worden. Fast 60 % der äußeren Eichen sind der Kategorie < 2,0 m Trockenastbereich zugeordnet worden.

Wird die Vitalität als entscheidendes Auswahlkriterium für die Z-Bäume gewählt, kann das Kollektiv der vorherrschenden Eichen (KRAFT’sche Klasse 1) als potenzielle Z-Bäume gesondert betrachtet werden. Insgesamt sind 130 Eichen der KRAFT’schen Klasse 1 zuzuordnen. Im Mittel sind somit drei Eichen pro Nest vorherrschend. Diese haben eine Mittelhöhe von 11,4 m (Std.-Abw.: 1,2) und einen mittleren BHD von 13,8 cm (Std.-Abw.: 2,9). Der H/D-Wert dieser Eichen liegt bei 86.

Werden die Auswahlkriterien "vorherrschende, gerade Stämme, ohne Zwiesel und mit einem Trockenastbereich > 2,0 m" gefordert, erfüllen lediglich 30 Eichen je ha diese Qualitäts- und Vitalitätskriterien. Von den Zentraleichen weisen 21 Jahre nach Kulturbegründung keine Eichen diese Kriterien auf. Vom Teilkollektiv der "inneren Eichen" wurden 20 Eichen pro ha und bei den "äußeren Eichen" zehn Z-Baum-Kandidaten pro ha ausgewiesen. Die Anzahl möglicher Z-Bäume erhöht sich auf 175 Bäume pro ha, wenn das Auswahlkriterium bzgl. der Stammform auf die Eichen der Kategorie "leicht schräg" erweitert wird.

Diskussion

Mit der Anlage von Eichenbeständen durch die Nesterpflanzung verfolgt der Wirtschafter das Ziel, Möglichkeiten der biologischen Rationalisierung optimal auszunutzen. Neben der Reduktion der Pflanzenzahl beschreibt Szymanski (1986), dass die natürliche Selbstdifferenzierung, die Selbstpflege, der erhöhte Schutz gegenüber abiotischen und biotischen Faktoren sowie die qualitative Entwicklung der Zentraleiche durch innerartlichen Konkurrenzdruck verbessert wird. Natürlich verjüngende Baumarten (häufig Weichlaubhölzer) auf den Zwischenflächen sollen für den notwendigen Seitendruck der äußeren Eichen im Nest sorgen.

Die Auswertung der Aufnahme 21-jähriger Eichennester hat gezeigt, dass einige Entscheidungskriterien für die Wahl von Eichennesterpflanzungen erfüllt, andere jedoch nicht bestätigt werden können. Auf der Versuchsfläche in NRW konnten Weichlaubhölzer zur "Pflege" der Eichen im Peripheriebereich der Nester aufgrund vorhandener Bodenvegetation (Calamagrostis) und des Wilddruckes nicht aufkommen. Besonders auf Freiflächen nährstoffreicherer Standorte entwickelt sich die Konkurrenzvegetation schnell und verhindert oftmals die natürliche Verjüngung von Weichlaubhölzern. Auch der vorhandene Wilddruck spiegelt sich in den Ergebnissen wider: Die Ausfallquoten der einzelnen Nester sind vergleichsweise hoch. Von den 1986 in 124 Eichennestern gepflanzten Traubeneichen (2.604 Pflanzen) sind bis 13 Jahre nach der Begründung 52 % der Pflanzen ausgefallen (Rickes 1999). Innerhalb der vergangenen acht Jahre sind zusätzlich 20 % der Eichen ausgeschieden.

Bei Betrachtung der Position der Eichen im Nest sind die höchsten Ausfälle erwartungsgemäß im äußeren Ring zu verzeichnen, da die Randpflanzen dort einem größeren Wildverbiss ausgesetzt waren. Der Schutz der Zentraleichen durch Eichen im inneren und äußeren Bereich eines Nestes kann somit bestätigt werden. Die Streuung der einzelnen Aufnahmeparameter (s. Tab. 2) verdeutlicht eine starke Differenzierung der Eichen im Höhen- und Durchmesserwachstum. Signifikante Unterschiede im Höhenwachstum der Eichen in Abhängigkeit von ihrer Position im Nest konnten nicht dokumentiert werden. Während das Dickenwachstum der Eichen des Nestrandes 1999 noch als signifikant größer als bei den Eichen in Nestinneren beschrieben wurde (Rickes 1999), konnten gesicherte Unterschiede im Dickenwachstum im Aufnahmejahr 2006 nicht dokumentiert werden (s. Tab. 2). Die relative Häufigkeit der Schaftform unterscheidet sich nicht in Abhängigkeit von der Position im Nest. Eine bessere Schaftform der Zentraleichen konnte bisher nicht dokumentiert werden. Auch die Aufnahmen aus dem Jahre 1999 bestätigen, dass die Eichen des Nestrandes durch einen tief ansetzenden Kronenansatz auffallen. Die Ansatzhöhe des ersten Grünastes verlagert sich im Inneren des Nestes nach oben. Eichen im Nestinneren sind feinastiger als die Eichen des Nestrandes. Das gleiche Ergebnis wurde bzgl. des Astdurchmessers dokumentiert (Rickes 1999).

Besonders hinsichtlich der Qualitätsentwicklung der Eichen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch kein abschließendes Urteil über die Nesterpflanzung möglich. Vieles spricht dafür, dass sich in den nächsten Jahren die Qualitäten verbessern werden. So haben sich erst vor kurzer Zeit einige Bereiche der Nesterpflanzungen geschlossen, d.h. benachbarte Nester (Abstand 7 m) haben Kronenkontakt, schließen den Bestand und tragen somit nicht nur zur weiteren Astreinigung bei. Ein Eingriff zur Förderung möglicher Z-Bäume – die Unterbrechung des innerartlichen Konkurrenzdruckes – ist zurzeit nicht notwendig.

An dieser Stelle muss betont werden, dass hier nur die Jugendphase der Eichennester ohne Konkurrenzdruck durch natürlich verjüngte Baumarten beschrieben wurde. Untersuchungen belegen, dass die gezielte Steuerung natürlich verjüngter Begleitbaumarten (Weichlaubhölzer) sich positiv auf die Qualitätsentwicklung der Eiche auswirken kann. Besonders auf Wiederaufforstungsflächen (Sturmwurfflächen) sind natürliche Verjüngungen von Weichlaubholzarten häufig (Leder 1992, Schölch 1998), die "Umfütterung" der Eichennester mit Begleitbaumarten daher typisch.

Literatur

  • Berlit, J. (2006): Eichen-Nesterpflanzung gelingt in einem Bauernwald der Altmark. AFZ DerWald 5: 240-242.
  • Gockel, H. A. (1994): Soziale und qualitative Entwicklung sowie Z-Baumhäufigkeiten in Eichenjungbeständen. Die Entwicklung eines neuen Pflanzschemas "Die Trupppflanzung". Diss. Univ. Göttingen.
  • Goltz v. d., J. (2007): Alternative Pflanzverbände – Qualitative und quantitative Entwicklung der Buche in ausgesuchten Kleinbestandsparzellen auf der Freifläche. Dipl.-Arbeit FH Hildesheim/Holzminden/Göttingen.
  • Uericke, M. (1996): Versuche zur Begründung von Eichenbeständen durch Nesterpflanzung. Forst und Holz 17: 577-582.
  • Leder, B. (1992): Weichlaubhölzer: Verjüngungsökologie, Jugendwachstum und Bedeutung in Jungbeständen der Hauptbaumarten Buche und Eiche. Landesanstalt für Forstwirtschaft NRW, Arnsberg.
  • Leder, B. (1997): Waldbautechnische Hinweise zur Erstaufforstung – Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 49: 139-155.
  • Rickes, M. (1999): Strukturanalyse und Bewertung einer 13-jährigen Eichennesterpflanzung im Forstamt Paderborn. Dipl.-Arbeit FH Hildesheim/Holzminden.
  • Schölch, M. (1998): Zur natürlichen Wiederbewaldung ohne forstliche Steuerung. Schriftenreihe Freiburger Forstliche Forschung, Bd. 1.
  • Szymanski, S. (1986): Die Begründung von Eichenbeständen in "Nest-Kulturen". Forst- und Holzwirt 1: 3-7.