Der Ebersberger Forst liegt etwa 25 Kilometer östlich von München in der südlichen Münchner Schotterebene. Mit einer Größe von rund 90 km² ist er eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Süddeutschlands. Von Natur aus wäre der Ebersberger Forst ein von Buchen dominierter Wald: Natürliche Leitgesellschaft ist der bodensaure Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-Fagetum), mit Buche als Haupt- und Tanne als Nebenbaumart. Die Fichte ist in diesem Wuchsraum als eingebürgerte Baumart anzusehen.

Tatsächlich ist das heutige Erscheinungsbild des Ebersberger Forstes aber noch stark durch die seit dem 19. Jahrhundert auf großer Fläche verbreiteten Fichtenforste geprägt. Diese wurden begründet, um die seinerzeit devastierten Wälder wieder in Bestockung zu bringen und den durch die einsetzende Industrialisierung zunehmenden Holzbedarf zu decken. Seit circa fünfzig Jahren wird versucht, durch gezielten Waldumbau im Schutz der Nadelholz-Altbestände wieder einen naturnäheren Mischwald aufzubauen. Die beim Umbau des Ebersberger Forstes bedeutsamste Baumart ist dabei die Buche.

Untersuchungsansatz

Aufgrund seiner Bewirtschaftungshistorie und der hohen standörtlichen Homogenität, insbesondere was die Bodenbedingungen, das Klima sowie das Relief anbelangt, ist der Ebersberger Forst besonders geeignet, um die Wirkungen von Waldumbaumaßnahmen genauer unter die Lupe zu nehmen. Diese Vorteile machte sich auch das aus Mitteln der Bayerischen Forstverwaltung geförderte Projekt L 59 zu Nutze, welches die Effekte des Umbaus von Fichtenreinbeständen hin zu Fichten-Buchen-Mischbeständen auf Biodiversität und strukturelle Vielfalt untersucht. Dabei wurden folgende drei Bewirtschaftungssysteme miteinander verglichen:

  • Fichtenreinbestände ("Z" – Zero: Buchenanteil = 0 %)
  • Fichten-Buchen-Mischbestände mit geringem Buchenanteil ("L" – Low: Buchenanteil = 5–10 %)
  • Fichten-Buchen-Mischbestände mit hohem Buchenanteil ("H" – High: Buchenanteil = 30–50 %)

Da der Waldumbau im Ebersberger Forst seit umgerechnet einem halben Jahrhundert aktiv betrieben wird, war es ferner möglich, verschiedene Stadien des Umbaus bzw. der Waldentwicklung gleichzeitig zu betrachten, wodurch insgesamt eine zuverlässigere Aussage zur Wirkung der Waldbewirtschaftung auf Ebene der Landschaft möglich ist. Auf Landschaftsebene zeichnen sich die verschiedenen Systeme nämlich dadurch aus, dass sie aus einem Nebeneinander von Beständen unterschiedlicher Entwicklungsphasen bestehen; eine einzelne Phase herauszugreifen ist folglich für das Gesamtsystem wenig aussagekräftig. Um diesem Aspekt Rechnung zu tragen, wurden daher innerhalb eines jeden Bewirtschaftungssystems folgende Entwicklungsstadien (Nutzungsarten) berücksichtigt:

  • Verjüngungsnutzung: Initiale Verjüngung
  • Jungdurchforstung: Stangenholz­stadium
  • Altdurchforstung: Baumholzstadium

Die daraus resultierenden neun Varianten wurden durch jeweils sechs ein Hektar große Probeflächen repräsentiert, woraus sich eine Gesamtzahl von insgesamt 54 Probeflächen ergab. Selektiert wurde nach Nutzungsart (Jungdurchforstung, Altdurchforstung und Verjüngungsnutzung), Buchenanteil im Altbestand bzw. der Vorausverjüngung (0 %, 5–10 % und 30–50 %) und Bestandesgröße (Mindestgröße 1 ha). Zusätzlich wurde ein Anteil von 5 % "Fremdbaumarten" (alle Baumarten außer Fichte und Buche) toleriert. Auf den Probeflächen wurden die Waldstruktur (lebender Bestand inkl. Verjüngung, Totholz, Mikrohabitate), der Auflagehumus sowie verschiedene, bioindikatorisch aussagekräftige Artengruppen kartiert. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf eine Darstellung der Ergebnisse der Mikrohabitat-Kartierung, wobei insbesondere geprüft wird, ob der Waldumbau mit Buche das Angebot und die Vielfalt an Kleinlebensräumen erhöht.

Mikrohabitate und ihre Bedeutung für die Biodiversität

Wie viele Arten in einem Waldbestand vorkommen, hängt letztlich von verschiedenen Faktoren ab. Neben den standörtlichen Bedingungen oder den jeweils vorkommenden Baumarten spielen hier insbesondere auch sogenannte Habitatbäume eine wichtige Rolle. Darunter werden lebende oder auch abgestorbene Bäume verstanden, die besondere Kleinlebensräume, sogenannte Mikrohabitate, aufweisen, wie beispielsweise Baumhöhlen, Stammverletzungen oder Pilzkonsolen. Diese Kleinlebensräume sind für die Diversität des Waldes von besonderer Bedeutung, da viele spezialisierte Arten eng an solche Strukturen gebunden sind. Darüber hinaus wird vermutet, dass sich ein hohe Habiatvielfalt auch insgesamt positiv auf die Artenvielfalt auswirkt.

Um zu untersuchen, ob das Angebot an Kleinlebensräumen durch den Waldumbau mit Buche beeinflusst wird und den Artenreichtum begünstigt, wurden zwölf gängige Mikrohabitat-Typen ausgewählt und auf den Probeflächen aufgenommen (Abbildung 4). Neben dem jeweiligen Habitattyp wurde ferner die Baumart/Baumartengruppe, der Baumdurchmesser (BHD) sowie bei ausgewählten Mikrohabitaten die Anzahl pro Baumindividuum ermittelt. Höhlen, Rindentaschen und Pilzkonsolen wurden auch an toten Bäumen erfasst, da die Strukturen dort gleichermaßen ihre ökologische Wirkung entfalten können.

Angebot an Kleinlebensräumen

Basierend auf den Kartierungen wurde für jede Probefläche die Mikrohabitatdichte (Anzahl der Mikrohabitate je Hektar), die Anzahl der jeweils vorkommenden Mikrohabitattypen und die Anzahl der Habitatbäume ermittelt.

Betrachtet man die Anzahl der Mikrohabitate je Probefläche, zeigt sich, dass die Waldumbauflächen mit hohem Buchenanteil (H) mit durchschnittlich 18,7 Mikrohabitaten je Hektar die höchste Dichte aufweisen. Die Fichtenreinbestände (Z) bzw. die Umbauflächen mit geringem Buchenanteil (L) weisen mit im Mittel 13,9 bzw. 12,7 Mikrohabitaten je Hektar dagegen niedrigere Werte auf (Abbildung 5).

Auf allen Flächen am häufigsten kartiert wurden Kleinhöhlen; ebenfalls regelmäßig erfasst wurden Spechthöhlen, Rindentaschen und Pilzkonsolen. Alle übrigen Habitattypen spielen eine eher untergeordnete Rolle. Das Angebot an Kleinhöhlen ist auf den Flächen der H-Variante mit im Mittel 9,4 Stück je Hektar signifikant größer als auf den Flächen der Z- bzw. L-Variante mit durchschnittlich 5,4 bzw. 5,8 Höhlen. Die Dichte aller anderen Typen unterscheidet sich statistisch nicht. Durch die Laubholzeinbringung wird also insbesondere das Angebot an Kleinhöhlen erhöht. Diese gehen in der Regel aus Astabbrüchen oder auch Verletzungen am Stammfuß hervor, die Eintrittspforten für Fäulniserreger darstellen (Abbildung 9). Die dadurch im Lauf der Zeit entstehenden Löcher und Höhlungen können zahlreichen Arten von Arthropoden bis hin zu Säugetieren als Brut-, Nahrungs- und Wohnstätte dienen.

Unterschiede zwischen den drei Bewirtschaftungssystemen gibt es auch hinsichtlich der Anzahl der Habitatbäume (Abbildung 7). Als Habitatbaum gilt dabei ein Baum, der eine oder mehrere Mikrohabitatstrukturen aufweist. Ähnlich wie bei den Mikrohabitatdichten ist auch hier das Angebot auf den Flächen mit hohen Buchenanteilen am größten. So finden sich innerhalb der H-Variante mit durchschnittlich 14,1 Stück je Hektar signifikant mehr Habitatbäume als auf den Flächen der Z- (10,7) bzw. L-Variante (10,2). Das höhere Habitatbaumangebot scheint vor allem mit den höheren Laubholzanteilen in ursächlichem Zusammenhang zu stehen. Die nach Baumarten(gruppen) differenzierte Betrachtung der Mikrohabitatbäume zeigt, dass circa die Hälfte der auf den H-Flächen erfassten Habitatbäume dem Laubholz zuzuordnen sind. Neben der Buche spielt hier insbesondere auch das sonstige Laubholz (v. a. Birke, Vogelbeere, Erle, Weide) eine wichtige Rolle.

Dies ist umso bemerkenswerter, da die sonstigen Laubhölzer meist nur mit wenigen Individuen auf den Probeflächen vorkommen und unterstreicht die hohe ökologische Bedeutung des Weichlaubholzes für die frühzeitige Ausbildung wertvoller Habitatstrukturen. Neben höheren Mikrohabitat- und Habitatbaumdichten zeichnen sich die Umbauflächen auch durch eine höhere Vielfalt verschiedener Mikrohabitattypen aus. So weisen die Flächen der H-Variante mit einem Durchschnittswert von 4,2 signifikant mehr Habitattypen auf als die Flächen der Z-Variante mit 3,3. Auf den Flächen mit geringem Buchenanteil liegt der Wert bei 3,6 und somit zwischen den Werten der anderen beiden Systeme.

Mehr Kleinlebensräume – mehr Vielfalt

Die umfangreichen auf den Probeflächen erhobenen Daten ermöglichen es, Arten- und Strukturvielfalt miteinander in Beziehung zu setzen. Dadurch kann beispielsweise überprüft werden, ob Mikrohabitate die Artenvielfalt positiv beeinflussen. Die Ergebnisse aus dem Projekt deuten darauf hin, dass mit einer zunehmenden Anzahl an Mikrohabitatbäumen auf den Flächen tatsächlich auch die Vielfalt der erfassten Arten (untersucht wurden Pilze, Laufkäfer, flugaktive Insekten, Vögel, Gefäßpflanzen/Moose) tendenziell ansteigt (Abbildung 8). Das Angebot an Mikrohabitaten ist also durchaus – neben anderen Strukturelementen wie zum Beispiel der Baumartenvielfalt, dem Totholzangebot oder der Belichtungssituation – ein wichtiger Baustein, der die Biodiversität im Wald fördert.

Durch eine Umwandlung von Nadelholzreinbeständen in Mischbestände aus Laub- und Nadelholz sowie das Belassen von Mikrohabitatbäumen und Weichlaubhölzern kann also jeder Waldbesitzer einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Artenvielfalt im Wald zu erhalten bzw. zu erhöhen. Wer aktiv die Artenvielfalt und den Artenschutz in seinem Wald unterstützen möchte, lenkt den Blick nicht nur auf die qualitativ hochwertigen Stämme, sondern fördert gezielt auch Bäume mit markanten Fehlern und Strukturen oder Baumarten, die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eher uninteressant erscheinen. Denn auch sie gehören zum wertvollen Inventar eines Waldbestandes.

Zusammenfassung

Das im Ebersberger Forst durchgeführte Projekt L 59 zeigt, dass die Beimischung von Buche in Fichtenreinbestände die strukturelle Vielfalt begünstigt. So weisen die Waldumbauflächen mit hohem Buchenanteil deutlich mehr Mikrohabitate, Habitatbäume und verschiedene Mikrohabitattypen auf. Durch die Laubholzeinbringung wird dabei insbesondere das Angebot an Kleinhöhlen erhöht. Die Verschneidung der auf den Probeflächen erhobenen Struktur- und Artdaten deutet darauf hin, dass die Artenvielfalt im Wald durch das Angebot an Mikrohabitaten tatsächlich positiv beeinflusst wird. Durch eine Umwandlung von Nadelholzreinbeständen in Mischbestände kann jeder Waldbesitzer einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Artenvielfalt im Wald zu erhalten bzw. zu erhöhen.