
Abb. 1. Wo die Buche bis zum Ende des Jahrhunderts noch wachsen kann, hängt stark vom Verlauf des Klimawandels und den zukünftigen Standortverhältnissen ab. Foto: Andreas Rigling (ETHZ)
Vor etwa 20 Jahren begann eine wissenschaftliche Debatte über die Zukunft der Rotbuche (Fagus sylvatica) in Mitteleuropa. Auslöser war eine Publikation von Rennenberg et al. (2004) mit dem Titel «Die Buche (Fagus sylvatica L.) – ein Waldbaum ohne Zukunft im südlichen Mitteleuropa?». Die Autoren postulierten, dass die Buche unter den zukünftig extremeren und variableren Bedingungen, wie sie von Klimamodellen prognostiziert wurden, an Konkurrenzkraft und Vitalität verlieren könnte. Ammer et al. (2005) widersprachen diesen Thesen und sahen keinen Grund, die vorherrschenden Ansichten über die zentrale Rolle der Buche im mitteleuropäischen Waldgefüge in Frage zu stellen. Sie gingen davon aus, dass die meisten Aussagen zur Eignung der Buche auch angesichts der prognostizierten Klimaänderungen ihre Gültigkeit behalten würden.
Die Debatte verdeutlicht die damaligen Unsicherheiten und die unterschiedlichen Perspektiven bezüglich der Auswirkungen des Klimawandels auf die Buche. Ein Blick auf die Entwicklung der Forschung zu Klimawandel und Buche macht deutlich, wie begrenzt der Wissensstand 2004 war (Abb. 2).
Heute ist der Klimawandel deutlich weiter fortgeschritten und es liegen viele neue wissenschaftliche Erkenntnisse vor. Es ist an der Zeit, die damalige Diskussion vor diesem Hintergrund neu zu bewerten und einen Ausblick auf die Zukunft der Buche in Mitteleuropa zu wagen.
Klimawandel und Extremereignisse: Neue Realitäten
Die extremen Trockenjahre 2018, 2019, 2020 und 2022 haben die Anfälligkeit der Buche deutlich gezeigt (Abb. 3). In diesen Jahren kam es vielerorts bereits im Hochsommer zu vorzeitigem Blattfall und Kronenschäden. Insbesondere 2018 traten in Deutschland, der Schweiz und Österreich massive Schäden auf. Überraschend war, dass auch Buchen auf für sie eigentlich guten und wüchsigen Standorten betroffen waren. Satellitendaten zeigen zudem, dass es in den Jahren 2018, 2019 und vor allem 2022 zu einer bisher nicht beobachteten frühzeitigen und grossflächigen Verbraunung der Wälder in Europa kam, die über das Verbreitungsgebiet der Buche hinausging. Solche Effekte wurden in früheren Extremsommern wie beispielsweise 2003 nicht oder nur sehr lokal beobachtet.

Abb. 3. Wälder in ganz Europa zeigen immer öfter bereits im Sommer frühzeitigen Blattfall, grossflächige Verbraunungen und Kronenschäden. Fotos: Andreas Rigling (ETHZ)
Besonders betroffen waren Standorte mit geringer Wasserspeicherkapazität, aber auch auf tiefgründigen, gut wasserversorgten Standorten zeigten Buchen eine erhöhte Anfälligkeit. Das Zusammenwirken von aufeinanderfolgenden Trockenjahren und sekundären Pathogenen, wie das Scharlachrote Pustelpilzchen (Neonectria coccinea), haben mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer langfristigen Schwächung der Vitalität der Buche geführt.
Modelle und Szenarien: Die Zukunft der Buche in der Schweiz
Neue Modellierungen für die Schweiz zeigen ein recht dramatisches Bild für die Zukunft der Buche (Abb. 4): Selbst im gemässigten Klimaszenario (RCP4.5) wird die Buche im Schweizer Mittelland grösstenteils keine geeigneten Wuchsbedingungen mehr vorfinden. Die grössten Verluste werden in Höhenlagen bis 1000 m erwartet, wo geringere Sommerniederschläge und häufigere Extremereignisse die Habitateignung stark beeinträchtigen. Kleinere Arealgewinne in montanen Lagen können die Verluste nur teilweise (etwa 30% des Verlustes) kompensieren. Für «Business as usual»-Szenarien (Abb. 4d) wird prognostiziert, dass die Buche nur noch in Höhenlagen über 1200 m bestehen kann und der Nettoverlust des potenziellen Verbreitungsgebiets für die Schweiz etwa 8500 km² betragen wird.

Abb. 4. Veränderung des potenziellen Verbreitungsgebiets der Buche in der Schweiz unter dem Einfluss des Klimawandels. Die Karten zeigen den Verlust, den Zugewinn und den sich nicht verändernden Anteil des potenziellen Verbreitungsgebietes für Buche unter den Emissionszenarien RCP4.5 (begrenzter Klimaschutz) bzw. RCP8.5 (Business as usual) für den Zeitraum 2045–2074 (oben) bzw. 2070–2099 (unten). Die Balkengrafiken zeigen die Veränderungen des für die Buche geeigneten Areals nach Höhenstufen unterteilt.
Sollten die CO2-Emissionen entsprechend den Zielen des Pariser Abkommens gesenkt werden, könnte sich die Buche in zumindest in Teilen ihres heutigen Verbreitungsgebiets in der Schweiz weiterhin behaupten, wenn auch nicht auf allen Standorten. Es bleibt aber festzuhalten, dass die globalen CO2-Emissionen zwischen 2005 und 2020 weitgehend den Annahmen des «Business as usual»-Szenarios entsprachen. Dies wirft Zweifel auf, ob die angestrebten Klimaziele tatsächlich erreicht werden können.
Die Unsicherheiten in der Debatte vor 20 Jahren spiegeln sich auch in den heutigen Modellen wider. Die aktuellen Klimaprojektionen bestätigen die Temperaturprognosen von Rennenberg et al. (2004), während die Niederschlagsprognosen unsicherer, wenn auch nicht unplausibel, bleiben.
Physiologische Anpassungen und Trockenheitssensitivität
Die Trockentoleranz der Buche hängt eng mit ihrer Biomasseverteilung und den hydraulischen Eigenschaften ihres Xylems zusammen. Unter optimalen Bedingungen investiert die Buche mehr Ressourcen in die oberirdische Biomasse, während bei anhaltender Trockenheit eine verstärkte Wurzelbildung erfolgt (Abb. 5).

Abb. 5. Auf Standorten mit guter Wasser- (und Nährstoff-)Versorgung investieren Bäume vermehrt in oberirdische Biomasse (Blätter, Stamm, Äste), um die Lichtausbeute zu optimieren. Nimmt die Wasserverfügbarkeit im Boden ab, investieren sie vermehrt in die Wurzelbiomasse, um dem Wassermangel entgegenzuwirken und reduzieren gleichzeitig die oberirdische Biomasse. Bei sehr geringer Wasserversorgung kann die Wurzelbiomasse um bis zu 10% zunehmen (Grafik nach Poorter et al., 2012). Dieses Anpassungsvermögen sowie weitere anatomische Anpassungen sorgen für eine konstante hydraulische Sicherheitsreserve von ca. 2 MPa (Choat et al., 2012).
Trotz dieser Anpassungen bleibt die Buche bei extremer Trockenheit gefährdet, sobald bestimmte Sicherheitsreserven überschritten werden. Dies ist für normalerweise gut wasserversorgte Standorte von besonderer Bedeutung: durch die ausgeprägte Krone und die relativ dazu gesehen niedrige Wurzelbiomasse kann der Wasserbedarf durch die grosse verdunstende Oberfläche dann während extremer Dürreperioden nicht mehr gedeckt werden. Dieser Effekt könnte bei der Buche durch einen weiteren saisonalen Mechanismus verstärkt werden: Eine sehr starke Blattentwicklung im Frühjahr bei guter Wasserversorgung kann in trockenen Sommern zu einem verstärkten Missverhältnis zwischen Wasserbedarf und Wasserverfügbarkeit führen. Dadurch erhöht sich die Anfälligkeit gegenüber Trockenheit. Beobachtungen zeigen, dass gerade wüchsige Individuen auf tiefgründigen Böden durch diese Dynamiken besonders gefährdet sind.
Diese Punkte sprechen gegen die eingangs zitierte Argumentation von Ammer et al. (2005), dass die meisten Aussagen zur Eignung der Buche auch unter den prognostizierten Klimaänderungen ihre Gültigkeit behalten würden.
Die zunehmende Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen, insbesondere von Hitzesommern mit extremer Trockenheit, stellt auch Standorte mit guten bis sehr guten Wuchsbedingungen zunehmend in Frage und unterstreicht die Notwendigkeit einer vorsichtigen Planung künftiger Bestände. Die Erholungsfähigkeit von Buchen mit intaktem Wasserhaushalt lässt jedoch Hoffnung, dass zumindest einzelne Extremjahre auch in Zukunft noch kompensiert werden können.
Waldbauliche Massnahmen: Strategien für die Zukunft
Ein klimaangepasster Waldbau mit vielfältigen, trockenheitsangepassten Baumarten und Erhöhung der strukturellen Vielfalt durch unterschiedliche Altersklassen kann die Resilienz der Wälder im Klimawandel erhöhen. Angesichts der raschen klimatischen Veränderungen drohen aber selbst Baumarten, die heute noch gut an die bis Mitte des Jahrhunderts zu erwartenden Klimabedingungen an ihren Standorte angepasst sind, in fernerer Zukunft ihre Eignung zu verlieren.
Moderate Durchforstungen unter Berücksichtigung der lokalen Standortbedingungen können den Wasserverbrauch reduzieren. Zu starke Eingriffe können allerdings kontraproduktiv sein.
Trotz des wachsenden Wissens über den Klimawandel und seine Auswirkungen auf heimische Baumarten ist es weiterhin notwendig, die Forschung über klimaangepasste Baumarten und Provenienzen voranzutreiben. Ein Beispiel dafür sind die Testpflanzungen der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL: Zwischen Herbst 2020 und Frühjahr 2023 wurde gemeinsam mit kantonalen Forstdiensten, Forstbetrieben und Baumschulen ein Netz von 57 Standorten in der ganzen Schweiz aufgebaut, das eine Vielzahl von Baumarten und Provenienzen umfasst (Abb. 6). Solche Projekte leisten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung nachhaltiger Waldbaustrategien.

Abb. 6. Testfläche des Projekts «Testpflanzungen zukunftsfähiger Baumarten» in Ronco sopra Ascona (TI). Foto: Gottardo Pestalozzi
Webbasierte Anwendungen bieten heute wertvolle Unterstützung bei der Auswahl klimaangepasster Baumarten. Plattformen wie tree-app.ch in der Schweiz oder klimafitterwald.at in Österreich richten sich gezielt an die Forstpraxis. Sie verknüpfen Klimaprojektionen mit dem lokalen Bewirtschaftungskontext und ermöglichen so eine evidenzbasierte Planung für die zukünftige Baumartenzusammensetzung. Diese Entwicklungen zeigen, welche enormen Fortschritte die Wissenschaft seit 2004 gemacht hat.
Fazit
Die Buche wird auch in Zukunft eine wichtige Baumart in Mitteleuropa bleiben, aber nicht mehr überall dort, wo sie heute noch vorkommt. Weite Teile ihres Kernareals sind betroffen. Die Intensität der Veränderungen hängt stark vom tatsächlichen Verlauf des Klimawandels ab. Besonders wichtig ist es, die Bestände durch waldbauliche Massnahmen klimastabiler zu machen, rechtzeitig geeignete andere Baumarten einzubringen und dabei die lokalen Standortbedingungen zu berücksichtigen.
Die Forschung der letzten 20 Jahre hat unser Verständnis über die Reaktion der Buche auf den Klimawandel deutlich verbessert und es zeigt sich, dass die 2004 als sehr pessimistisch eingeschätzte Studie nach heutigem Kenntnisstand weitgehend bestätigt wird. Die damalige kontroverse Diskussion war aber auch Ausgangspunkt für eine intensive Erforschung der Klimasensitivität von Buchenwäldern. Diese Forschung ermöglicht heute eine bessere Risikoabschätzung und eine gezieltere Anpassung der waldbaulichen Praxis.
Neue webbasierte Anwendungen helfen, standortgerechte Entscheidungen zu treffen. Dennoch sind weitere Forschungsanstrengungen notwendig, insbesondere um klimaangepasste Herkünfte und deren langfristige Entwicklung zu untersuchen.
Literatur
Ausführliche methodische Informationen und Literaturverweise finden sich in der wissenschaftlichen Publikation, die diesem Artikel zugrunde liegt:
- Gessler A., Wilhelm M., Brun P., Zimmermann N., Rigling A. (2024) Zurück in die Zukunft – Ein neuer Blick auf die Perspektiven für die Buche nach 20 Jahren Forschung und weiter fortschreitendem Klimawandel. Allg. Forst- Jagdztg. 193(9-12), 206-224. (PDF)