Auch wenn viele Menschen nicht glücklich sind mit dem bisherigen kühl-feuchten Frühjahr 2016: die meisten Waldbewirtschafter können aufatmen, denn für den Wald bringt der bisherige Wetterverlauf eine Erholung nach dem extremen Trockensommer 2015. Auch die Fichte ist von Trockenstress betroffen. In mehreren Versuchen zeigte sich, dass die Fichte eine hohe genetische Variation der Trockentoleranz besitzt. Diese genetische Variation gilt es für die Zukunft zu bewahren.
Ob das Jahr 2015 nun ein Vorgeschmack auf das Klima der Zukunft ist, sei einmal dahin gestellt: Tatsächlich leiden nahezu alle Baumarten unter derartigen Trocken- und Hitzeperioden. Auch die Fichte, unsere wichtigste Wirtschaftbaumart, ist vom Trockenstress betroffen und reagiert mit geringeren Zuwächsen und verminderter Vitalität. In diesem Zustand werden viele Bäume ein Opfer des Borkenkäfers, für den die langanhaltenden hohen Temperaturen die optimalen Bedingungen zur Entwicklung darstellen.
Praxisnahe Green Heritage-Projekte
Die Fichte besitzt ein weites Verbreitungsgebiet, das vom Pirin-Gebirge in Bulgarien bis in den Norden Finnlands reicht; es stellt sich die Frage, ob derartig kontrastreiche Umweltbedingungen nicht zu lokalen Anpassungen an Sommertrockenheit geführt haben, und ob es daher Herkünfte gibt, die weniger empfindlich auf Trockenstress reagieren.
In der Forschungsinitiative "Green Heritage - Produktionsgrundlagen & Bestandessicherheit der Fichte verbessern", die von der Kooperationsplattform Forst Holz Papier, zahlreichen Praxispartnern (Österreichische Bundesforste, LIECO Forstpflanzen, Forstbetrieb Mayr-Melnhof-Saurau, Waldverband Steiermark) und der FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft) gefördert wurde, war die genetische Variation der Trockenresistenz der Fichte eines der wichtigsten Themen.
Fichte reagiert sehr variabel auf Trockenperioden
Bereits in der ersten Projektphase (2007-2010) konnte gezeigt werden, dass die Wuchsreaktion von verschiedenen Fichtenherkünften auf mehrere Trockenperioden sehr unterschiedlich und stark genetisch bedingt war. Untersucht wurden elf Herkünfte in einem Versuch im Weinviertel (Abbildung 1). Die Ergebnisse zeigen, dass diese Fläche in den vergangenen dreißig Jahren von zwei längeren Perioden (von 1989-1993 und von 2000-2003) mit unzureichenden Niederschlägen betroffen war; die Fichte hat in diesen Perioden ihr Wachstum teilweise sehr drastisch reduziert (Abbildung 2).
Abbildung 2 – Trockenperioden und die daraus resultierenden Jahreszuwächse der Fichte (Weinviertel). Als Maßstab für den Wasserhaushalt ist der Trockenindex PDSI angegeben (fette schwarze Linie). Die dünnen farbigen Linien kennzeichnen die verschiedenen Fichtenherkünfte.
Berechnet man die Zuwachsreduktion in der Trockenperiode, so zeigt sich, dass einige Herkünfte ihren Zuwachs viel stärker reduzieren als andere. Die geringste Zuwachsreduktion in beiden Trockenperioden zeigt die steirische Herkunft r6 (Abb. 3). Sie reduzierte ihren Zuwachs nur um 54 % in der Periode 1989-93 und um 72 % von 2000-03. Auch die aus Bulgarien stammende Herkunft d14 zeigte ein überdurchschnittlich gute Resistenz.
Dagegen schnitt die Herkunft r13 immer am schlechtesten ab und reduzierte ihren Zuwachs zwischen 72 % und 83 %. Diese bemerkenswerten Unterschiede belegen, dass die Fichte sehr variabel auf Trockenperioden reagieren kann und eine genetische Variation der Klimaeignung besitzt.
Anhand von genetischen Markern Trockenresistenz erkennen
In dem von 2010 bis 2015 durchgeführten Nachfolgeprojekt Green Heritage II sollten die herkunftsspezifischen Unterschiede an einer größeren Anzahl von Herkünften im Sämlingsversuch untersucht und genetische Marker zur Trockenresistenz validiert werden.
Abbildung 4 – Junge Fichten im Trockenstress: mit Messungen der Chlorophyll-Fluoreszenz wird die Trockentoleranz der Bäume bestimmt.
Der am BFW durchgeführte Versuch umfasste mehr als 14.000 Jungpflanzen von 120 Herkünften der Fichte, die Großteils aus Österreich stammten (Abbildung 4). Die ausgewählten Herkünfte waren systematisch über alle geographischen Regionen und Höhenstufen im österreichischen Verbreitungsgebiet verteilt.
Im Frühsommer des zweiten Versuchsjahres wurde die Trockenresistenz der Herkünfte bestimmt, indem die Bewässerung eingestellt bzw. natürlicher Niederschlag verhindert wurde. Zuvor wurden von allen Individuen DNA-Proben für die molekularen genetischen Analysen gewonnen, die vom AIT durchgeführt wurden.
Die Reaktion der Sämlinge auf die Trockenheit wurde sowohl durch Bonitur der optisch sichtbaren Reaktion als auch durch Messung des physiologischen Zustands der Versuchspflanzen über Chlorophyll-Fluoreszenz gemessen. Auch dieser "künstliche" Trockenstressversuch bestätigte die hohe genetische Variation in der Trockenreaktion der Fichte, denn zwischen den Herkünften ergaben sich signifikante Unterschiede.
Von den schlechtesten Herkünften waren nach sechs Wochen Trockenheit alle geprüften Sämlinge komplett vertrocknet, während von anderen Herkünften alle Sämlinge zwar gestresst, aber immer noch am Leben waren. Von den 129 untersuchten Herkünften zeigten 50 überdurchschnittlich gute Ergebnisse, während 30 Herkünfte als unterdurchschnittlich zu bewerten sind.
Ziel sind Herkunftsempfehlungen
Herkunftsempfehlungen für den zukünftigen Anbau lassen sich aus der Trockenstresseignung allein aber noch nicht gewinnen. Aus diesem Grund wurden die Sämlinge umfassend vermessen und der Austrieb im Frühjahr sowie der Vegetationsabschluss im Herbst bestimmt.
Im weiteren Projektverlauf wurden all diese Merkmale der Sämlinge und der Trockenstressmessungen im Herkunftsversuch mit den molekularen Analysen am AIT verknüpft. Dabei wurde die Variation von 3.257 genetischen Markern der Fichte berücksichtigt. Die "Assoziation" der Genomanalysen mit den gemessenen Merkmalen zeigt eine ganze Reihe von bedeutsamen Genen.
Allerdings scheinen die mit dem Trockenstress korrelierten Gene aus dem Herkunftsversuch keine Bedeutung für die Trockenreaktion der Sämlinge zu besitzen. Möglicherweise treten bei ausgewachsenen Bäumen andere physiologische Prozesse in Erscheinung, die die Trockenstressreaktion bestimmen, als in jungen Sämlingen. Und diese physiologischen Prozesse werden von anderen Genen gesteuert.
Da bisher nur ein sehr kleiner Ausschnitt des Fichtengenoms analysiert wurde – das Genom der Fichte ist immerhin gut sechs Mal so groß ist wie das Genom des Menschen –, ist es zudem wahrscheinlich, dass bisher noch unbekannte Gene eine Rolle bei der Trockenreaktion spielen (siehe Plattform klimafitter Wald).
Hohe genetische Variation der Trockentoleranz bewahren
Unabhängig davon, welches Gen welche Rolle bei der Trockenstressreaktion besitzt: Die umfangreichen Untersuchungen in den Projekten Green Heritage I und II zeigen eindrucksvoll, dass die Fichte eine hohe genetische Variation der Trockentoleranz besitzt. Diese genetische Variation gilt es für die Zukunft zu bewahren und für die Praxis als forstliches Vermehrungsgut nutzbar zu machen.
Kurz gefasst
- Langjährige Herkunftsversuche und ein Sämlingsversuch mit 130 Fichtenherkünfte zeigen eine hohe genetische Variation der Trockenreaktion der Fichte
- die Projekte Green Heritage I & II haben wichtige Grundlagen für die Nutzung und Erhaltung dieser genetischen Variation gelegt