Die Elsbeere (Sorbus torminalis) gehört zur Gattung Sorbus, von der sich weite Teile in einem aktiven Stadium der Artbildung befinden. Häufige Artbildungsmechanismen sind die Polyploidisierung und Hybirdisierung. Aus Polyploidisierung entstandene Pflanzen können sich mit der Ursprungsart nicht mehr fortpflanzen und entwickeln sich zu einer neuen Art. Bei der Hybridisierung kommt es zu einer Kreuzung von unterschiedlichen Arten – so entsteht beispielsweise aus der Kreuzung der Elsbeere mit der Mehlbeere (Sorbus aria) eine neue Art, die als Breitblättrige Mehlbeere (Sorbus latifolia) bekannt ist.
Untersuchungen der genetischen Variation
Studien haben belegt, dass bei Genmarkern, die über beide Eltern vererbt werden, eine hohe Variation sowohl innerhalb der untersuchten Bestände als auch zwischen diesen herrscht. Die Ursache könnte ein eingeschränkter Genfluss zwischen den untersuchten Populationen sein. Bemerkenswert ist, dass der Genfluss über den Pollen nur um das Doppelte höher ist als über die Samen. Grund dafür ist die Verbreitung der Samen über Vögel, was einen Genfluss über weite Distanzen ermöglicht.
Die Bestandsstruktur scheint die genetische Variabilität mehr zu beeinflussen als die Populationsgröße. So wirken sich lichte Bestände positiv auf die Fruktifikation aus. Sie begünstigen nämlich die sexuelle Fortpflanzung im Gegensatz zur vegetativen Vermehrung.
Eigenheiten der Elsbeere
Die Elsbeere besitzt ein komplexes Paarungs- und Fortpflanzungssystem. Studien zu diesem Thema legten ein besonderes Augenmerk auf den Pollenfluss. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass ein System zum Schutz vor Selbstbefruchtung die Paarung von nah verwandten Individuen verhindert. Inzucht und die damit verbundenen negativen Folgen werden so vermieden.
Eine weitere genetische Eigenheit der Elsbeere ist der meist sehr hohe Anteil an mischerbigen Bäumen (Heterozygotiegrad). Das bedeutet, dass von jedem Gen zwei unterschiedliche Kopien vorhanden sind. Es gibt Hinweise darauf, dass heterozygote Organismen toleranter gegenüber wechselnden Umweltbedingungen sind. Der Anteil an heterozygoten Bäumen wird durch vegetative Vermehrung aufrecht erhalten. Schlechte Umwelt- oder Standortsbedingungen können auf diese Weise überdauert werden. Über Jahre hinweg ist es jedoch von großer Bedeutung, dass neues "genetisches Material" in diese Populationen eingebracht wird. Mittels Freistellung und Förderung der Elsbeeren in Mischbeständen kann die Blühintensität und Fruktifikation deutlich erhöht werden. Denn unterdrückte oder bedrängte Bäume blühen weit weniger.
Kleine Populationen haben´s in sich
Besondere Erhaltungsprogramme sind notwendig, wenn kleine und einzigartige Populationen vom Aussterben bedroht sind. Denn gerade die könnten entscheidend für die Anpassung an zukünftige klimatische Verhältnisse sein. In diesen "Habitat-Flecken" kann der Konkurrenzdruck durch waldbauliche Maßnahmen, insbesondere die Entnahme dominanter Mischbaumarten, vermindert werden. Die gezielte Freistellung der Kronen und Förderung zwischenständiger oder mitherrschender Elsbeeren kann das Entstehen neuer Genkombinationen verbessern. Genetische Anpassung ist die wichtigste Voraussetzung für zukünftige Anpassungsprozesse und den Erhalt einer Baumart.
Herkunft gesetzlich geregelt?
Die Elsbeere zählt nicht zu den Baumarten, die dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) unterliegen. Daher gibt es auch keine zugelassenen Erntebestände. Nachteil davon ist, dass für die Verwendung von Vermehrungsgut der Elsbeere keine Aussagen über die Eignung und zukünftige Qualität gegeben werden können. Dennoch sind in das bayerische Erntezulassungsregister Elsbeerbestände aufgenommen worden, die als Sonderherkunft ausgewiesen und auf ihre phänotypischen Eigenschaften überprüft wurden. Es gibt derzeit in Bayern neun ausgewählte Elsbeerbestände. Für den Anbau von Elsbeere empfiehlt sich die Verwendung dieser Herkünfte (Tabelle 1), die eine positive Wertentwicklung erwarten lassen.
Quellen
- Fussi, B. (2011): Die Elsbeere im "Gen-Fokus". LWF aktuell 82, S. 33.
- Muninger (2011): Elsbeere unterliegt nicht dem FoVG. LWF aktuell 82, S. 36.