Der Waldstandort wird durch den Licht-, Wasser-, Wärme- und Nährstoffhaushalt geprägt. Dazu kommt die Nutzungsgeschichte, die den Standort mehr oder weniger stark überprägt. In der Waldökologie ging man bislang davon aus, dass diese Faktoren zwar jährlichen Schwankungen unterworfen sind, prinzipiell aber zumindest innerhalb einer Umtriebszeit von 100 – 150 Jahren unverändert bleiben. Mit dem Klimawandel muss diese Annahme korrigiert werden.

Die höheren Lufttemperaturen führen zu erhöhter Verdunstung, der Pflanze steht somit von vornherein weniger Wasser zur Verfügung und sie gibt mehr Wasser ab. In weiterer Folge kann es zu Trockenstress und Befall mit Sekundärschädlingen kommen. Im Extremfall können Embolien zum Vertrocknen der Pflanze führen. In jedem Fall ist aber durch die geringere CO2-Fixierung eine niedrigere Biomasseproduktion, also ein Zuwachsverlust, zu erwarten.

Schwierige Niederschlagsprognose

Ob, wie und in welchen Regionen Österreichs sich der Jahresniederschlag zukünftig verändert, ist unsicher. Auf regionaler Ebene haben Auer et al. (2007) historisch gesehen für den Südosten Österreichs eine langfristige Abnahme des Jahres-Niederschlags festgestellt, während für alle anderen Regionen (Westen, Norden und Inneralpin) geringe bis mäßige Zunahmen dokumentiert wurden. Auf lokaler Ebene hingegen haben etwa Hohmann et al. (2018) für das Raabtal keine Veränderung des Jahresniederschlags in den letzten 30 Jahren festgestellt. Allerdings gibt es Hinweise, dass sich die jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge regional verändern wird.

Auch der Nährstoffkreislauf kann durch den Klimawandel betroffen sein: Mit steigenden Luft- und daraus resultierend höheren Bodentemperaturen kann es bei ausreichender Feuchtigkeit einerseits zu intensiver Gesteinsverwitterung (Sverdrup 1990) und damit erhöhter Nährstoffnachlieferung kommen; andererseits bewirkt das veränderte Bodenklima auch eine raschere Umsetzung der organischen Substanz, was kurz- bis mittelfristig zu erhöhtem Nährstoffangebot, langfristig aber zu Humusabbau und Nährstoffverlusten führen kann. Als besonders sensibel gelten hier terrestrische Humusböden wie Rendzinen und Ranker.

Von statisch zu dynamisch

Aufgrund der Veränderungen der Wasser-, Wärme- und Nährstoffhaushalte im Bereich von wenigen Jahrzehnten muss von der klassischen Standortskartierung, die ein statisches (über lange Zeit unveränderliches) System von Standortseinheiten mit einheitlichen Eigenschaften unterstellt und das hypothetische Konzept der Potentiell Natürlichen Vegetation nach Tüxen (1956) benutzt, abgegangen werden.

Eine dynamische Waldtypisierung beschreibt stattdessen ein System von veränderlichen Standortszuständen. Abbildung 1 zeigt anhand eines fiktiven Beispiels, welchen Veränderungen diese als Waldtypen klassifizierten Standortszustände über die Zeit unterworfen sind: Im Beispiel ist Waldtyp 1 im Jahr 2080 verschwunden, während ein neuer Waldtyp (4) auftritt, Waldtyp 2 verliert in dem Beispiel an Flächenausdehnung. Dieses System wird zur räumlichen Modellierung und kartographischen Darstellung der Waldtypen der Steiermark erstmals eingesetzt.

Umfassende Datengrundlage

Um dieses umfangreiche raumbezogene Projekt in kurzer Zeit abschließen zu können, wird eine Vielzahl bereits vorliegender relevanter Datensätze und Informationen zum Wald in der Steiermark genutzt (Abbildung 2). Dies sind etwa Daten zur Topographie, zum Klima, zur Geologie, zur historischen Waldnutzung, zu Landnutzungsänderungen, aber auch eine Vielzahl vorliegender Standorts-, Boden- und Vegetationsaufnahmen sowie chemische und physikalische Bodenanalysen.

Gleichzeitig werden aber auch auf 1800 Probeflächen detaillierte, terrestrische Erhebungen zu Boden, Vegetation und Baumbestand durchgeführt. Auf 360 Flächen werden Bodenproben zur chemischen und physikalischen Analyse geworben. Des Weiteren finden umfangreiche Aufnahmen zur Ermittlung der Ausdehnung und Klassifikation der Lockergesteinsflächen des geologischen Ausgangssubstrats statt, unter anderem werden an 240 Standorten Substratproben für physikalische und mineralogische Untersuchungen genommen. Die Analysenergebnisse werden nach einem speziellen System zur Klassifizierung der Nährstoffverfügbarkeit und der Wasserhaushaltseigenschaften ausgewertet.

Modellierungen bis Ende des 21. Jahrhunderts

Unter Verwendung der oben genannten Daten und bei Betrachtung unterschiedlicher Klimaszenarien (aus Ensemble ÖKS15) ist es möglich, den Bodenwasserhaushalt, den Gesamtwasserhaushalt, den Wärmehaushalt sowie den Nährstoffhaushalt jedes Waldstandorts dynamisch – das heißt für unterschiedliche Zeitpunkte in der Zukunft (bis Ende des 21. Jahrhunderts) – zu modellieren und damit die Baumarteneignung auf den unterschiedlichen Waldstandorten abzuschätzen.

Für unterschiedliche waldbauliche Eingriffsszenarien können daher Mischungen von Baumarten für die abgeleiteten Waldtypen entwickelt werden. Eine wesentliche Komponente ist dabei die Abschätzung standörtlicher Risiken unter verschiedenen Klimawandelszenarien. In einem weiteren Schritt werden die Ergebnisse regionalisiert: Die punktuellen Modellergebnisse werden den konkreten Waldstandorten in hoher räumlicher Auflösung zugeordnet. Dabei sollen Waldtypen abgeleitet werden, die sich unter heutigen Klimabedingungen an anderen Lagen ausbilden; es soll aber auch dargestellt werden, mit welchen Veränderungen im Rahmen des Klimawandels für diese Standorte zu rechnen ist. Darunter können auch Wälder mit Baumarten fallen, die aktuell in anderen Klimaregionen beheimatet sind.

Praxisnahe Beschreibung der Waldtypen unter aktuellem und zukünftigem Klima

Eine dynamische Waldtypisierung bietet somit eine detaillierte, praxisnahe Beschreibung und Kartierung der Waldtypen unter aktuellem und zukünftigem Klima in operativ und strategisch nutzbaren Maßstäben. Sowohl für aktuelle als auch für zukünftige Waldtypen werden waldbauliche Konzepte erstellt. Nichtheimische Baumarten, für die eine standörtliche Tauglichkeit angenommen werden kann, werden in diese Konzepte einbezogen. Damit soll eine langfristig vorausschauende Planung ermöglicht werden, welche Veränderungen durch die Effekte des Klimawandels in der Baumartenwahl berücksichtigt und Risiken abfedern helfen soll.

Durch die vollständige Digitalisierung des Systems ist die Erstellung von Themenkarten möglich (Bodenkarte, Substratkarte, Wasser- und Nährstoffversorgung, Baumarteneignung,…), welche an neue Erkenntnisse angepasst werden und auch Störungen (Borkenkäfer, Windwurf,...) berücksichtigen können. Die dynamische Waldtypisierung ermöglicht damit durch eine umfassende detaillierte Standortsinformation, welche auch zukünftige Verhältnisse berücksichtigt, eine "klimafitte", den jeweiligen Betriebszielen anpassbare Bewirtschaftung.

Projekt Waldtypisierung Steiermark

Erarbeitung der ökologischen Grundlagen für eine dynamische Waldtypisierung (FORSITE)

Der Auftraggeber des Projekts FORSITE ist die Abteilung 10 (Land- und Forstwirtschaft) des Amts der Steiermärkischen Landesregierung, die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des Programms zur Ländlichen Entwicklung 2014-2020. Eine Projektgemeinschaft von Universität für Bodenkultur (Projektleitung), Bundesforschungszentrum für Wald, Universität Graz, Joanneum Research, JR-AquaConSol GmbH, WLM - Büro für Vegetationsökologie und Umweltplanung und Alpecom Wilhelmy Technisches Büro für Geowissenschaften hat die Durchführung übernommen. Das Projekt wird bis zum Jahr 2021 für die gesamte Waldfläche der Steiermark abgeschlossen sein.

Literatur