Die Zirbe (Pinus cembra) und die Spirke (Pinus uncinata) sind Baumarten des Gebirgswaldes. Sie besiedeln Standorte mit extremen Lebensbedingungen (Waldgrenze, Schutt und Felsstandorte), sind sehr vital und äußerst genügsam.

Die Zirbe (Abbildung 1) hat ihre heutige Hauptverbreitung in der Innenzone der Ostalpen. Aufgrund des menschlichen Einflusses ist dies aber bei weitem nicht ihr gesamter potenzieller Verbreitungsbereich.

Das typische Zirbengebiet ist die subalpine Höhenstufe (tiefsubalpin-hochsubalpin) auf Kristallin und Kalk von den Seealpen bis zum Zirbitzkogel. In den Ostalpen bestehen naturnahe, urwaldähnliche Bestände an der Waldgrenze fast nur aus Zirbe.
Das Arealzentrum der Spirke (Abbildung 2) liegt in den Westalpen –Seealpen/Briaconnais und den Pyrenäen, wo sie hochstämmige Wälder (15- 25m hoch) bildet. In den Südwestalpen/Seealpen wird die Rolle der Zirbe als Waldgrenzbaumart meist durch die Spirke und Lärche übernommen (bis 2500m).

In den Ostalpen, zum Beispiel Ofenpass, Tiroler Kalkalpen, Ritten-Südtirol, Isartal, Ammergauer Alpen, sind die Spirkenvorkommen meist eine reliktische Besonderheit. Diese kleinflächigen Vorkommen aufrechter Bergkiefer sind häufig - aufgrund standörtlicher Faktoren - Latschen mit baumförmigem Wuchs.
Den ökologischen Schwerpunkt hat die Spirke auf flachgründigem Schutt und Felsstandorten oder auf nährstoffarmen, sauren Hochmooren, wo sie kaum Konkurrenten hat. Auf trockenen Sonnenhängen kann sie auch den Zirben- Lärchen Wald ersetzen wie etwa in Afrigal/Fernpassgebiet, Gamperdona Vlbg.

Klimawandel: Bedeutung von Zirbe und Spirke wird zunehmen

Bleiben in den Alpen über mehrere Jahrhunderte die für den Baumwuchs günstigen Klimabedingungen (Erwärmung und ausgewogener Niederschlag) bestehen und ist der anthropogene Einfluss gering, steigt im Gebirge der Wald und die Waldgrenze in deutlich höhere Lagen als gegenwärtig. Ein Verschieben der natürlichen Waldgesellschaften im hochmontanen und subalpinen Bereich nach oben wird sich einstellen. Im subalpinen Bereich wird die Hauptbaumart die Zirbe bleiben. Die Masse der Zirbenverbreitung wird sich aber in die hochsubalpine Stufe verlagern.

Im Oberen Zemmgrund/Zillertaler Alpen wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes der Waldgrenzbereich untersucht. Die Waldgrenze wird dort um 200- 250 m über die aktuelle Waldgrenze auf ca. 2350 m und auf standörtlichen Gunstlagen noch höher ansteigen. Während der letzten 50 Jahre hat sich die Zirbenwaldfläche aufgrund des Klimas und des Beweidungsrückganges von 30 ha auf über 80 ha vergrößert und ein großflächiger Verbreitungsschub des Zirbenjungwuchses von 15 ha auf über 300 ha stellte sich ein (Kartierung -1955/Friedl, Kartierung-2005/Zwerger-Pindur).

Die Spirke wird sich bei steigenden Temperaturen und lokalen Trockenperioden im Gebirgswald zu einer wichtigen Baumart für die Stabilität vieler Waldbereiche entwickeln (Vergleich der Wuchsleistung mit fremdländischen Baumarten).

Auf nährstoffarmen und trockenen Standorten, besonders auf Südhängen und Dolomit, kann dann oft nur mehr die Spirke zum hochstämmigen Wald heranwachsen.

Versuchsaufforstungen mit Spirken

Stubaital/Pfarrachalm-Telfes

Bei einem Waldbrand im Jahr 1947 wurden 18 ha Hochwald aus Fichten und Kiefern mit vereinzelt Lärchen und Zirben sowie 170 ha Legföhrenbestand vernichtet.
Die Fläche liegt auf einem Südhang in 1600m -2150 m Seehöhe (Hauptdolomit). Durch den Brand entstand große Erosions-, Mur- und Lawinengefahr. Ziel der Aufforstungsmaßnahmen war es, auch die ehemaligen Latschenflächen teilweise durch Hochwald zu ersetzen.

In ca. 1950 m wurden 1976 rund 900 Stück vierjährige verschulte Spirken (getopft) gesetzt. Die Spirken stammen aus dem Gebiet Briacannais (Französische Alpen -2100m).

Im Jahr 1988 hatten die Pflanzen bei einem Jahreszuwachs von 2-6cm ein Gesamthöhenmittel von 70cm erreicht. 16% der Pflanzen sind in dem sehr steilen Gelände durch stetigen Steinschlag, Schneeschub (Säbelwuchs), aber auch durch Verbiss (Gämsen, Schafe) ausgefallen. 2010 hatten die meisten Pflanzen trotz der geringen Zuwächse in den ersten Jahren eine Gesamthöhe von 3,5m bis 4,5m erreicht.

Sellraintal/Haggen

Im Rahmen einer Hochlagenaufforstung wurde im Jahr 1976 eine Versuchsfläche auf einem SSW-Hang in ca. 1900m (Kristallin)mit Spirken aus zwei verschiedenen Herkünften angelegt [Briaconnais (Frankreich) und Südtirol (Ritten)]. Neben den üblichen Messungen wurde bei diesen Versuchspflanzen die Wuchsform besonders ausführlich erhoben.

Beide Herkünfte zeigen eine gute Entwicklung bei den Höhenzuwächsen und eine große Widerstandskraft gegen Schneeschäden, Steinschlag und Verbiss (Ersatztrieb).
Starke Unterschiede bestehen in der Wuchsform. Die Spirken aus dem Briaconnais haben zu 100% gut ausgeprägten baumförmigen Wuchs. Die Spirken aus Südtirol sind nur zu 70% mäßig bis gut baumförmig, 30% der Pflanzen haben latschenförmigen Wuchs. Das Saatgut der Spirken aus Südtirol stammt dem zufolge aus Spirken-Latschenbeständen und es kommt zur Bildung niederliegender Bastarde oder Pflanzen mit gering ausgebildetem Baumwuchs.

Die Versuchsergebnisse zeigen, dass die Spirke aufgrund ihrer Widerstandsfähigkeit ausgezeichnet für Hochlagenaufforstungen geeignet ist.
Das Bestreben sollte sein, nur einwandfreie Herkünfte aus baumförmigen Spirkenbeständen zu beernten.Saatgut aus Spirken-Latschenbeständen kann man für Bepflanzungen bei Geländestabilisierungen verwenden.

Standortstaugliches Saatgut und Pflanzgut für den Schutzwald

Die Grundlagen des forstlichen Vermehrungsguts sind auf europäischer und nationaler Ebene geregelt (Forstliches Vermehrungsgutgesetz und – Verordnung 2002). Im Rahmen dieser Gesetze gibt es Regelungen für die Zirbe, für die Spirke hingegen nicht.

Bei der Zirbe erfolgt die Auswahl des Ausgangsmaterials bzw. der Erntebestände für die Gewinnung von Vermehrungsgut über die Kategorie "ausgewählt". Die Erntebestände werden nach phänologischen Merkmalen auf ihre Standortstauglichkeit geprüft. Nach positiver Begutachtung wird der Erntebestand zur Erzeugung von forstlichem Vermehrungsgut mit Bescheid des BFW zugelassen (Saatgutbestände in Vorarlberg).

Bei der Begutachtung werden Flächen- und Baumbeschreibung durchgeführt.
Der Bescheid enthält die Baumart, Kartenpläne, Zulassungszeichen und weitere Angaben wie "erhöhte genetische Vielfalt" oder "Verwendung für besonderen forstlichen Zweck".

Für die Zirbe wurden bis jetzt 101 anerkannte Erntebestände festgestellt, 12 weitere sind in Ausarbeitung. Sie befinden sich in folgenden Wuchsgebieten:

Wuchsgebiet 1 (1.1-1.2-1.3) Innenalpen W+E.68 Flächen
Wuchsgebiet 2 (2.1-2.2) Nördl. Zwischenalpen12
Wuchsgebiet 3 (3.1-3.2-3.3) Östl.+Südl. Zwischenalpen16
Wuchsgebiet 4 (4.1-4.2) Nördl. Randalpen5

Bei der Zirbe gibt es kaum besonders ausgeprägte Ökotypen, jedoch zeigte sich, dass Zirben aus dem niederschlagsarmen Vintschgau mit den Standortsbedingungen in den nördlichen Alpenteilen Probleme haben; so kommt es häufiger zu Befall durch Schneeschimmel und zu verminderter Wuchsvitalität aufgrund des höheren Jahresniederschlages.

In Bezug auf Wuchsgebiet, Höhenstufe und Exposition sind auch die Zirben ähnlich der Fichte (Kamm-Bürsten-Plattenfichten / Höhenstufen) an ihren Standort angepasst. Wuchsrassen sind erblich und standörtlich geprägt.

Die Standortsfaktoren prägen das Individuum, eine gewisse Flexibilität ist sicherlich immer gegeben. Je besser ein Baum an seinen Standort angepasst ist, desto besser ist seine Stabilität; letztlich erhöhen sich dadurch die Bestandesstabilität und der forstwirtschaftliche Nutzen.

Wie schon erwähnt, gibt es keine Regelungen zur Spirke, das heißt es gibt keine gesetzlichen Bestimmungen über die Vermarktung von Saat- und Pflanzgut und es gibt keine gesetzliche Kennzeichnung in Bezug auf ihre Herkunft. Genaue Informationen über den Standort, den Wuchs und die Anzucht der Spirkenpflanzen könnten aber eine erfolgreiche Anpflanzung gewährleisten.