Erfahrungsbericht über ein Praxisprojekt zwischen der Hochschule Rottenburg und dem Forstamt Soonwald
Ausgangssituation
Die Winterstürme von 1990 und Folgekalamitäten hinterließen im heutigen Forstamt Soonwald rd. 3.000 ha meist großflächige Kahllagen in den ehemaligen mittelalten und älteren Fichtenreinbeständen. Seit dieser Zeit beobachten wir einen beständigen und eher sich verstärkenden Selbstauflösungsprozess in den verbliebenen Fichtenrestbeständen. Vorrangiges Wiederbewaldungsziel ist besonders auf den Staunässestandorten der Baumartenwechsel vom Fichtenreinbestand zum laubholzreichen Mischbestand. Über die Jahre wurden hauptsächlich mehrere hunderttausend Buchen und Eichen gepflanzt. Der Baumartenwechsel zum Laubholz ist großflächig vollzogen.
Vom Forstamt stark unterschätzt wurde die Naturverjüngungskraft der Birke in Intensität und Anzahl. Die Pionierbaumart Birke dominiert heute vielerorts den Jungwald mit ihrem bemerkenswerten Höhen- und Dickenwachstum. Die rechtzeitige Qualifizierung und Dimensionierung birkenreicher Jungwälder ist fast 20 Jahre nach Vivian und Wiebke für uns gleichermaßen Chance und betriebliche Schwerpunktaufgabe. Bis zum Herbst 2010 sollen alle Jungwaldflächen mit Birke unter Berücksichtigung der Entwicklungsphase planerisch und biologisch professionell vorbereitet und arbeitstechnisch durchgearbeitet sein. Unterstützung zur Bewältigung dieser Arbeitsspitze ist dabei sehr willkommen. So wurde das Projekt "Qualifizierung und Dimensionierung (QD) von Frühstartern" gemeinschaftlich mit der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg initiiert.
Vorbereitung und Durchführung
Abb. 2: Frühstarter müssen früh und konsequent freigestellt werden. (Foto: Pollmeier)
Im Rahmen interner Besprechungen wurde das QD-Projekt konzipiert und bis in einzelne Arbeitsschritte für alle Akteure in der biologischen und technischen Produktion weiter entwickelt. Die betriebliche Projektrealisierung erforderte klare und eindeutige Verantwortlichkeiten für die Identifizierung der Aufgaben, deren Beschreibung, Zuordnung, Durchführung und der abschließenden Erfolgskontrolle. Wichtige Arbeitsschritte für den Projektablauf zeigt die nachstehende Darstellung in der Tabelle 1.
Tab. 1: Arbeitsschritte "Projekt QD Frühstarter". |
Biologische Produktion-Maßnahmenvorbereitung Revierleiter |
Auswahl der QD-Waldorte |
Erstellung einer Prioritätenliste nach Eingriffsdringlichkeit und -notwendigkeit |
Zusammenstellung des Arbeitsauftrages für die Forststudenten/innen |
Qualifizierung Forststudent/innen |
waldbauliche Qualifizierung |
Einweisung in die Arbeitsschritte |
Maßnahmenvorbereitung Forststudenten/innen |
Erfassung und Dokumentation wichtiger Strukturmerkmale in den Einsatzflächen nach Vorgabe Arbeitsauftrag Revierleiter |
Durchführung von Markierungsarbeiten |
fachliche Begleitung der Maßnahmenvorbereitung |
Maßnahmenerstellung Revierleiter |
Erstellung einer PPS Maßnahme und Übergabe an die technische Produktion |
Qualifizierung teilautonome Gruppe |
waldbauliche Qualifizierung |
technische Qualifizierung |
fachliche Begleitung der Maßnahmen |
Technische Produktion |
Erstellung eines Arbeitsprogramms |
Maßnahmenaktivierung |
technische Begleitung |
Technische Durchführung teilautonome Gruppe |
praktische Ausführung nach Arbeitsauftrag |
biologische Begleitung bei der Maßnahmendurchführung |
technische Begleitung bei der Maßnahmendurchführung |
In enger Zusammenarbeit mit Prof. Stefan Ruge von der Hochschule Rottenburg wurden 12 Forststudenten/innen für die praktische Mitarbeit im QD-Projekt von Mitte Februar bis Ende April gewonnen. Nach einer intensiven zweitägigen fachtheoretischen und fachpraktischen Einweisung durch Forstamt und Waldbautrainer, ausgestattet mit vollständigen schriftlichen und technischen Hilfen und Gerätschaften, begann die Einsatzpraxis mit der Erfassung und Dokumentation wichtiger Strukturmerkmale in den Jungwaldflächen. Anlage und Markierung von Zugangslinien und Rückgassen, Auswahl und Markierung von Optionen, von Auslesebäumen und deren Bedrängern, sowie von zu astenden Bäumen und die schriftliche und kartenmäßige Dokumentation dieser Arbeiten waren wesentliche Arbeitsaufgaben für die jungen Forstleute. Ständige fachliche Begleitung durch die Revierleiter und gelegentliche Besuche des Waldbautrainers gewährleisteten die Einhaltung unserer waldbaulichen Qualitätsstandards.
Ergebnisse
Die Forststudenten/innen haben im wahrsten Sinne des Wortes bei Wind und Wetter unermüdlich und handwerklich sauber gearbeitet. Der Verbrauch von Markierungsband und Sprühdosen bestätigt ihren Arbeitsfleiß. Wichtige Arbeitsergebnisse zeigt die Tabelle 2. Die mit studentischer Hilfe professionell vorbereiteten Steuerungseingriffe in den Jungwaldflächen füllen mit ca. 6.000 Arbeitsstunden unseren betrieblichen Maßnahmenspeicher. Die technische Produktion arbeitet in diesem Sommerhalbjahr alle Maßnahmen ab, so dass im kommenden Herbst und Winter die restlichen Jungwaldflächen analog vorbereitet werden können. Dank der erfolgreichen Unterstützung durch die Forststudenten/innen bestehen gute Aussichten die wertorientierten Steuerungseingriffe in den durch Frühstartern geprägten Jungwäldern mit sehr hoher Entwicklungsdynamik rechtzeitig durchführen zu können.
Tab. 2: Arbeitsergebnisse. |
Bearbeitete Fläche | 364 ha |
Markierte Auslesebäume | 6.207 Stück |
Markierte Bedränger | 57.326 Stück |
Markierte Optionen | 1.998 Stück |
Anzahl Auslesebäume pro Hektar | 17 Stück |
Anzahl Bedränger pro Auslesebaum | 9 Stück |