Neben all den Problemen, die die Untersuchungen über holzerntebedingten Rindenschäden zutage fördern, scheinen sie doch zumindest für einen Bereich Entspannung zu signalisieren: unmittelbare Zuwachseinbußen sind wohl nicht zu befürchten.
Die Analysen zeigen bei allen drei Baumarten (Fichte, Tanne, Buche) deutlich variierende Zuwachsleistungen. Dies gilt sowohl in den Experimenten mit den künstlich nachgeahmten Rindenschäden (Abb. 1) als auch für die Bäume aus dem Bestand mit Rückeschäden, die in der Praxis entstanden waren (Abb. 2). Entsprechend dem Ziel des angewendeten Referenzierungsverfahrens sind die Indexwerte der Zuwachsleistung in der als Zuwachsreferenz verwendeten Periode unmittelbar vor den Verletzungen (Periode "-1") für beide Kollektiven (verletzte und unverletzte Bäume) auf ein identisches Niveau standardisiert. In den Folgeperioden ergeben sich dann zum Teil deutliche Veränderungen im Zuwachs.
Zwar ist es prinzipiell durchaus denkbar, dass sich mit Verletzungen der Rinde verbundene Heilungsprozesse und/oder Störungen im Bereich der wasserleitenden Gewebe auch auf den Zuwachs auswirken könnten. Dies müsste sich dann in der Folgezeit nach der Verletzung in Form abweichender Zuwachsverläufe im Vergleich zu Bäumen mit intakter Rinde ausdrücken. Darauf geben die Zuwachsanalysen jedoch keinerlei Hinweise: Die Zuwachsveränderungen verlaufen bei beiden Kollektiven – den Bäumen mit Rindenverletzungen und den Bäumen mit intakter Rinde – in allen betrachteten Perioden gleichsinnig. Weder im Jahr der Verletzung (Periode "0") noch in den auf die Verletzung folgenden Perioden ("+1" bzw. "+2") ergeben sich statistisch signifikante Unterschiede zwischen diesen beiden Kollektiven; dies gilt für die Bäume mit den nachgeahmten und mit den "echten" Rindenschäden (Abb. 1 und 2).
Vor dem Hintergrund dieser Befunde ist davon auszugehen, dass holzerntebedingte Rindenschäden nicht unmittelbar zu Zuwachseinbußen führen. Zumal umfangreiche Untersuchungen in Finnland bei Fichte zu vergleichbaren Ergebnissen kamen und sich keine Hinweise auf Zuwachsrückgänge unmittelbar nach Verletzungen der Rinde fanden.
Allerdings beschränken sich sowohl die Ergebnisse der finnischen Studie als auch die eigenen Untersuchungen auf direkte Folgen in den Jahren unmittelbar nach der Verletzung. Also auf einen Zeitraum, in dem es in aller Regel noch zu keinen nennenswerten Fäuleprozessen kommt. Tatsächlich weist die finnische Studie zusätzlich zu den eigenen Analysen in einer Literaturübersicht darauf hin, dass in verschiedenen früheren Studien durchaus schon über nennenswerte Zuwachsrückgänge bei fäulebefallenen Fichten berichtet wurde. Diese Zuwachsrückgänge wurden jedoch offenbar erst mit deutlichem zeitlichem Abstand von bis zu zwanzig Jahren nach der Verletzung der Rinde festgestellt.
Eine denkbare Erklärung für solche zeitlich deutlich verzögert auftretenden Zuwachsrückgänge wäre, dass sie mit Entstehung und Ausweitung von Fäulen in Zusammenhang stehen. Diese können in fortgeschrittenem Zustand erhebliche Teile des wasserleitenden Gewebes beeinträchtigen, was sich dann möglicherweise zuwachsmindernd auswirkt.