Laubholzkulturen

Auffällig war ab Ende Mai letzten Jahres eine starke Vermehrung des Silbernen Grünrüsslers (Phyllobius argentatus). In warmen Sommern können diese Käfer junge Laubbäume kahlfressen, sodass meist nur noch die Blattmittelrippen erhalten bleiben (Abbildung 1). Die Käfer fressen an den Blättern, während die Larven die Wurzeln der Bäume benagen. Nach der Paarung im Juni legen die Weibchen ihre Eier in den Boden. Nach etwa 3 Wochen schlüpfen die Larven und beginnen ihren Fraß an den Wurzeln. Im folgenden Frühjahr verpuppen sich die Larven. Die neue Käfergeneration erscheint dann etwa ab April bis August, mit Schwerpunkt Mai. Der Grünrüssler frisst an einer Reihe von Laubbäumen wie Ahorn, Eichen, Rotbuchen, Birken, Weiden, einigen Obstbäumen und Hasel. Vereinzelt sind sie sogar an Nadelbäumen zu finden.

Ein weiterer Rüsselkäfer, der Kahlnahtige Graurüssler (Strophosoma melanogrammum), ist im Frühjahr gern in Eichenkulturen auf ärmeren Standorten zu finden. Die Larven leben zunächst auf verschiedenen Wirtspflanzen wie Ampfer und Drahtschmiele. Im zeitigen Frühjahr verpuppen sich die Larven. Nach dem Schlupf kommt es bereits ab März zu Fraßschäden an jungen Trieben, die wie der Pockennarbenfraß des Großen Braunen Rüsselkäfers aussehen. Des Weiteren werden Knospen vor dem Austrieb gefressen, danach kommt es neben Loch- und Randfraß zum Kahlfraß der Blätter. Der Kahlnahtige Graurüssler sitzt gerne direkt an Ästchen oder Knospen und lässt sich, wie fast alle Rüsselkäferarten, bei der geringsten Störung zu Boden fallen. Die adulten Käfer fressen das ganze Jahr und sterben nach der Eiablage im September bis Oktober ab. Traubeneichen werden meist stärker befallen als Stieleichen. Neben diesen werden auch Vogelkirsche, Eberesche, Rotbuche und Nadelholz (v. a. Kiefer) befallen.

Bei beiden Rüsselkäfern überstehen Kulturen mit über einjährigen Pflanzen in der Regel ein- bis zweimaligen Fraß der Blätter ohne größeren Schaden. Mehrmaliger Fraß in Kombination mit Trockenstress und schlechter Pflanzqualität kann jedoch zu Ausfällen in stark geschädigten Kulturen führen. Stammumfassender Pockennarbenfraß des Graurüsslers führt ebenfalls meist zum Absterben betroffener Bäume, Langzeitbeobachtungen hierzu fehlen allerdings. Bei besonders betroffenen Kulturen sollte der Wiederaustrieb im Frühjahr kontrolliert werden, um ggf. frühzeitig auf Ausfälle und Folgeschäden (z. B. Hallimasch) reagieren zu können.

In Unterfranken im Landkreis Alzenau wird es in diesem Jahr (2024) zu einem starken Flug der Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani) und damit auch zu Fraß an Verjüngung und Altbestand kommen (Abbildung 2). Da der Fraß sehr früh im Jahr stattfindet, treiben die meisten Bäume wieder aus. Problematischer ist der Fraß der Engerlinge an den Wurzeln der Verjüngung. Hier kann es bei hohen Befallsdichten zum Absterben der Pflanzen kommen.

Vereinzelte Massenvermehrungen von Ringelspinner (Malacosoma neustria L.) an Eiche und Hainbuche, Mondvogel (Phalera bucephala) an Linde, Eiche und Buche und von Blattwespen der Gattung Yponomeutha und Goldafter (Euproctis chrysorrhoea) sind in der Regel nur kleinflächig und nicht bestandsgefährdend (Abbildung 3). Meist treiben die befallenen Bäumchen wieder aus.

Nadelhölzer

Die Douglasie ist als Alternativbaumart zur Fichte beliebt. Dabei ist sie in der Kulturphase eine durchaus sensible Baumart. Ganz besonders empfindlich reagiert sie auf Frost und Trockenheit im Frühjahr. Auch eine schlechte Pflanzung macht ihr in späteren Jahren noch zu schaffen (Stichwort: Umfallkrankheit). Der Große Braune Rüsselkäfer (Hylobius abietis) bevorzugt junge Douglasien noch vor Kiefern, Fichten und Lärchen. Auch an Tanne kommt es gelegentlich zu Fraß. Bei hohem Befallsdruck ernähren sich die Käfer auch von der Rinde von Laubhölzern wie Birke, Buche und Eiche. Der Fraß hat ein sehr charakteristisches Aussehen und wird auch als “Pockennarbenfraß” bezeichnet: Dabei nagen die Käfer plätzeweise die Rinde ab. Bei stammumfassender Ringelung sterben die Pflanzen ab. Kleinere Fraßstellen können ausheilen. Ab 8°C Lufttemperatur im Frühjahr kommt der Hylobius aus seinem Überwinterungsquartier und beginnt mit seinem Fraß, oft schon Anfang April.

Abb. 4: Großer Brauner Rüsselkäfer und der typischer Pockennarbenfraß. Fotos: Cornelia Triebenbacher, Michael Wolf, LWF

Die Douglasien-Gallmücke (Contarinia pseudotsugae) ist eine von drei nordamerikanischen Gallmücken (C. pseudotsugae, C. constricta, C. cuniculator). Sie besiedeln ausschließlich den jüngsten Nadeljahrgang. Die Larven minieren in der Nadel und verursachen dadurch eine Gallbildung. Diese führt zu Deformationen und Verfärbungen der Nadeln. Bei stärkerem Befall fallen die Nadeln ab – nach mehrjährigem Befall stirbt der Zweig. Meist bleibt es aber bei geringem Vitalitätsverlust.

Bei gleichzeitigem Auftreten der Rußigen Douglasienschütte (Phaeocryptopus gaeumannii), welche die älteren Nadeljahrgänge befällt, sind stärkere Schwächungen der Bäume zu erwarten. Das Auftreten der Rußigen Douglasienschütte wird durch feuchte Bedingungen gefördert, führt aber auch in starken Befallsjahren nicht zum Absterben der Douglasien. Erst zusätzliche Stressfaktoren durch Witterung und Schadorganismen können im Zusammenspiel ein bedrohliches Ausmaß erzeugen.

Die an Zweigen sehr auffällige Douglasienwolllaus (Gilleteella [Adelges] cooleyi) saugt vor allem an den Nadeln junger Bäume bis zum Dickungsstadium. Besaugte Nadeln krümmen und verfärben sich und fallen ab. Im Frühjahr ist der Befall durch die starke Wachswollausscheidung auffällig.

Immer wieder kommt es auch zu Verkümmerung des Terminaltriebs durch den Fichtenzapfenzünsler (Dioryctria abietella) (Abbildung 5). Dieser ist nicht – wie der Name vermuten lässt – nur an Fichtenzapfen zu finden, sondern miniert gelegentlich an den Trieben von Fichte, Douglasie, Tanne und Lärche.

Alle diese Arten schwächen die Bäumchen und machen sie anfälliger für Sekundärschädlinge wie Hallimasch, Furchenflügeligen Fichtenborkenkäfer und Kupferstecher, welche die Pflanze dann zum Absterben bringen können. Diese Sekundärschädlinge sind auch an anderen geschwächten Nadelhölzern wie Fichte, Kiefer, Lärche und seltener an Tanne zu finden.

Die Tanne wird in den letzten Jahren v.a. in den Gebirgslagen der Alpen von der eingewanderten Einbrütigen Tannentrieblaus (Dreyfusia nordmannianae) (Abbildung 6) und der Zweibrütigen Tannentrieblaus (Dreyfusia merkeri) befallen, die hauptsächlich an Jungwüchsen und Dickungen als gefährlich eingestuft werden müssen. Sie saugen ab Mitte Mai an der Unterseite der Nadeln. Die Nadeln krümmen sich abwärts, die Wachstreifen der Unterseite sind nicht mehr sichtbar. Meist vertrocknen die Nadeln, bei starkem Befall auch ganze Triebe. Eine langjährige Infektion kann zum Absterben der Jungpflanzen vom Gipfel her führen. Gegenmaßnahmen sind nur bei einem starken Befall durch die eingewanderten Dreyfusia-Arten sinnvoll. Traditionell werden dann die am stärksten befallenen Tannen zwischen November und März im Zuge einer Pflege entnommen und aus dem Bestand gebracht. Diese sollten wegen der Verschleppungsgefahr nicht mit anderen Jungtannen in Kontakt kommen. In der älteren Fachliteratur wird zudem darauf hingewiesen, dass der Altbestand nur vorsichtig aufgelichtet werden sollte, da eine plötzliche Freistellung den Befall durch diese Triebläuse fördert. Die Abteilung Waldschutz hat Beobachtungsflächen angelegt, um das Ausfallrisiko durch Tannentriebläuse abschätzen zu können. Parallel läuft eine Analyse befallsfördernder Umstände. Die einheimischen Arten, die Weißtannenstammlaus (Dreyfusia piceae) und die Europäische Weißtannentrieblaus (Mindarus abietinus), gelten als relativ ungefährlich.

An der Tanne sind auch verschiedene Nadelpilze gerade in der Jugendzeit zu finden. Häufig an Jungtannen sind Kabatina-Nadelbräune, Rhizoctonia-Nadelbräune und Tannennadelrost. Beim Tannennadelrost (Pucciniastrum epilobii) ist der jüngste Nadeljahrgang betroffen. Kurz nach dem Austrieb erscheinen auf der Nadelunterseite stiftchenförmige Sporenlager. Die Nadel wird im Laufe des Sommers braun und fällt ab. Der Erreger braucht wie alle Rostpilze für seine Entwicklung einen Wirtswechsel – hier mit dem Weidenröschen. Eine Übertragung zwischen den Nadeln und Bäumen findet nicht statt. Bei mehrjährigem Befall kommt es zu Zuwachsverlusten und ggf. auch zu Ausfällen der Verjüngung. Das Ausmähen von Weidenröschen im Frühsommer unterbricht die Infektionskette.

Die Rhizoctonia-Nadelbräune (Nadeln sind mit grobfädigem, cremefarbenem Mycel überzogen) und die Kabatina-Nadelbräune (die äußeren Nadelteile sind rötlichbraun verfärbt, mit schwarzen Pilzfruchtkörpern) sind in luftfeuchten Tannendickungen sehr häufig. Für die Verbreitung beider Bräune-Pilze braucht es ausreichende Feuchtigkeit. Auch Lichtmangel an den Nadeln fördert die Erscheinung. Als Gegenmaßnahme ist eine gute Durchlüftung der Kultur wirksam – das bedeutet Auflichten des Altbestandes und vorsichtige Pflegemaßnahmen. Bei der Planung der Pflanzung sollten Muldenlagen, nasse Standorte und starke Vergrasung vermieden werden.

An der Lärche kommt es immer wieder bereits im Frühsommer zu Meldungen von vergilbten Nadeln an jungen Lärchen bis zum Dickungsalter. Stellenweise kommt es zum Absterben einzelner Individuen. In den meisten Fällen sind am Schadgeschehen die Lärchennadelknicklaus (Adelges laricis) oder die Lärchenminiermotte (Coleophora laricella) beteiligt – einzeln oder gemeinsam. Die Lärchenknicklaus allein ist für den Baum kein größeres Problem, da die Nadeln meist erst später in der Vegetationszeit ihre Assimilationsfähigkeit verlieren und die Lärchen davor genügend Zeit für die Bildung von Holz und die Anlage von Knospen haben. Kommt es zu einem gemeinsamen schweren Befall durch Knicklaus und Miniermotte, kann es zu einem kompletten Nadelverlust und in der Folge zu einer starken Vitalitätseinschränkung kommen. So geschwächte Bäume werden gern vom Kupferstecher oder ab dem Stangenholzalter oft auch vom Lärchenborkenkäfer befallen. Bei mehrjährigem starkem Befall durch die Läuse ist daher besonders auf Folgebefall durch Borkenkäfer zu achten. Mit Borkenkäfer befallene Lärchen sind waldschutzwirksam zu beseitigen.

Im vergangenen Jahr trat im Frühjahr die Rotgelbe Kiefernbuschhornblattwespe (Neodiprion sertifer) an Kiefernnaturverjüngung in Erscheinung (Abbildung 7, rechts). Sie unterscheidet sich von der Gemeinen Kiefernbuschhornblattwespe (Diprion pini) (Abbildung 7, links) v. a. in der Farbe der Kopfkapsel. Bei der Neodiprion ist diese glänzend schwarz, bei der Diprion pini eher orange-braun. Die Neodiprion frisst im Frühjahr nur an jüngeren Bäumchen bis ca. 2 m Höhe an den älteren Nadeln. Der Maitrieb wird verschont. Meist ist eine starke Vermehrung nur von kurzer Dauer – sie kann aber auch über Jahre chronisch auftreten. In diesem Fall leiden die jungen Kiefern stark und sind anfälliger für Sekundärschädlinge. Die Larven der Diprion fressen ab Ende Mai ebenfalls an den älteren Nadeln. Ist es während des Fraßes sehr warm und trocken, kann es zur Ausbildung einer 2. Generation im Juli/August kommen. Dies ist an den sogenannten Sommerkokons erkennbar, die an der Rinde der Altkiefern, an Zweigen von Jungkiefern oder am Boden zu finden sind. Die Larven der Sommergeneration fressen dann auch an den Nadeln des diesjährigen Triebes, was die Pflanze bei starkem Fraß zum Absterben bringen kann.

Abb. 7: Gesellig fressende Larven der Diprion pini (links) und der Neodiprion sertifer (rechts) Fotos: Hannes Lemme, Gabriela Lobinger, LWF

Zusammenfassung

An allen Baumarten, egal ob heimisch oder eingebürgert, finden sich Organismen, die an ihnen fressen, saugen, minieren, Nadeln oder Wurzeln befallen. Nur selten muss tatsächlich eingegriffen werden. Oft können Schäden schon durch leichte Pflegemaßnahmen reduziert werden. Es ist jedoch wichtig zu wissen, um welchen Organismus es sich handelt, um die Gefährdung richtig einschätzen zu können.