Das Thema Risiko ist im forstlichen Bereich mittlerweile weit verbreitet. Aber was genau ist mit dem Begriff Risiko gemeint? Wie lässt sich Risiko für den Forstsektor sinnvoll definieren? Diese Fragen wird der folgende Artikel beantworten.

Die DIN ISO 31000:2018-10 definiert den Begriff Risiko folgendermaßen:

Risiko:

  • "Auswirkung von Unsicherheit auf Ziele".

Eine Auswirkung impliziert neben dem drohenden negativen Ergebnis auch die Möglichkeit eines besonders positiven Ausgangs des fraglichen Ereignisses. Risiko ist folglich die Spanne, die zwischen dem denkbar schlechtesten und dem bestmöglichen Ergebnis existiert. Abb. 1 veranschaulicht diesen Zusammenhang.

Ein weiterer Begriff, der ebenfalls in diesem Kontext verwendet wird, definiert die DIN CEN/TS 17091 (DIN SPEC 14414):2019-01 folgendermaßen:

Krise:

  • "neuartiges oder außergewöhnliches Ereignis bzw. Lage, von dem/der eine Bedrohung für eine Organisation ausgeht, und das/die eine strategische, anpassungsfähige und rechtzeitige Reaktion erfordert, um die Funktionsfähigkeit und Unversehrtheit der Organisation zu erhalten".

Laut Duden stellt eine Katastrophe ein "schweres Unglück" oder "Naturereignis mit verheerenden Folgen" dar.
 

Häufig wird in der traditionellen Wahrnehmung der Begriff Risiko mit Risikoquelle oder Risikotreiber gleichgesetzt. Das ist gerade im forstlichen Bereich der Fall. Oft bezeichnen wir natürliche Einflüsse wie Käfer, Sturm oder Dürre als Risiko für den Forstbetrieb. Dabei wird allerdings übersehen, dass die Gefährdung der Betriebsziele durch ein Ereignis kontextabhängig ist und nicht ohne weiteres pauschal beurteilt werden kann. Es stellt sich nämlich die Frage, ob ein Forstbetrieb aufgrund seiner "Vulnerabilität" und "Betroffenheit" (Exposition) überhaupt von einem potentiell problematischen Ereignis beeinträchtigt wird.

Die Vulnerabilität gibt den Grad der möglichen Schädigung an, den ein System (bzw. ein Forstbetrieb) durch ein mögliches Risiko erfahren kann.

Die Betroffenheit spiegelt das Ausmaß der Gefährdung der Betriebsziele wieder. Nicht jeder Risikotreiber stellt für jeden Betrieb im selben Umfang ein Problem dar. Ein Sturmereignis, welches in einem ausgeprägten Fichtenbetrieb zu erheblichen Betriebsrisiken führen kann, entfaltet möglicherweise im Nachbarbetrieb, der vornehmlich aus jungen Mischbeständen besteht, ein deutlich geringeres Risikopotential. Der Fichtenbetrieb ist wesentlich exponierter gegenüber Sturmschäden und weist daher eine stärkere Vulnerabilität auf als sein Nachbarbetrieb.

Risiko ist als ein Komplex von Einflussfaktoren zu verstehen, der eine Zustandsveränderung und eine tatsächliche Auswirkung zur Folge hat: Risiko ist damit als Grad der Gefährdung für ein gesetztes Ziel zu verstehen. Bei einem Streifzug durch das Internet hat sich ergeben, dass von 19 verschiedenen Risikodefinitionen 7 einen Zielbezug aufweisen. Die restlichen 12 definieren Risiko als Schaden oder als Ausbleiben von Gewinn. Die Norm ISO 31000:2018-10 definiert Risiko mit einem klaren Zielbezug: Organisationen jeglicher Art und Größe unterliegen externen und internen Faktoren und Einflüssen, die es unsicher machen, ob und wann sie ihre Ziele erreichen. Die Auswirkung dieser Unsicherheit auf die Ziele einer Organisation wird als "Risiko" bezeichnet.

Auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC, London) definiert Risiko in ihrer Risikomanagement-Studie von 2011/12 wie folgt: "mögliche negative Abweichung vom Unternehmensplan oder den Unternehmenszielen." Im SREX-Report setzt sich der Weltklimarat (IPCC) auf etwa 700 Seiten mit dem Management von Naturkatastrophen auseinander und legt dabei das Hauptaugenmerk auf die Gestaltung von Risiken. Und das in zweierlei Hinsicht:

  1. Gestaltung der Vulnerabilität
  2. Gestaltung der Betroffenheit

Dass sich der Weltklimarat so ausführlich mit risikogestaltenden Maßnahmen auseinandersetzt, obwohl diese nicht ursprünglich mit Klima(wandel) zu tun haben, zeugt von der Wichtigkeit der Themen Risiko und Risikomanagement.

Eine "Dürreperiode", wie sie Mitteleuropa im Sommer 2003 heimgesucht hat, stellt in ihrer Konsequenz für zahlreiche Forstbetriebe eine Gefährdung von Betriebszielen dar:

  • Hohe Anteile an zufälliger Nutzung gefährden die ökonomischen Ziele.
  • Ausfälle in den Kulturen stellen die Bemühungen hinsichtlich einer stabilen Bestandesstruktur mit klimastabilen Mischbaumarten in Frage.
  • Der Verlust von Feuchtbiotopen zerstört naturschutzfachlich hochwertige Schutzgüter.

Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob die oben skizzierten Betriebsziele überhaupt von jedem Forstbetrieb verfolgt (Betroffenheit?) werden, bzw. ob die extreme Witterung im Einzelfall überhaupt zu echten Schäden geführt hat (Vulnerabilität?).

Das Netzwerk KoNeKKTiW (Kompetenz Netzwerk Klimawandel, Krisenmanagement und Transformation in Waldökosystemen) schließt sich diesem international zusehends an Bedeutung gewinnenden Verständnis des Risikobegriffes an.

Literatur

  • Schlagworte "Risiko, Krise, Katastrophe" unter http://www.duden.de/
  • IPCC (2012): Managing the Risks of Extreme Events and Disasters to Advance Climate Change Adaptation (SREX). A Special Report of Working Groups I and II of the Intergovernmental Panel on Climate Change [Field, et al.] Cambridge University Press, Cambridge, UK, and New York, NY, USA, 582 pp. Deutsche Übersetzung der Kurzfassung.
  • PwC (2012): Risk-Management Benchmarking 2012.
  • Schlagwortsuche "Definition Risiko(management)" mithilfe Internetsuche
  • DIN/ISO (2009): Risikomanagement – Grundsätze und Leitlinien (zurückgezogen), Deutsches Institut für Normung e.V., 33. S.
  • DIN CEN/TS 17091 (DIN SPEC 14414):2019-01: Krisenmanagement – Strategische Grundsätze , DIN Deutsches Institut für Normierung e.V., Berlin, 44 S.
    DIN ISO 31000:2018-10: Risikomanagement Leitlinien, DIN Deutsches Institut für Normierung e.V., Berlin, 24 S.
  • Diederichs, Marc (2012): Risikomanagement und Risikocontrolling. 3. Auflage, Verlag Franz Vahlen, München

    Ratgeber Forstliches Krisenmanagement

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