Die heimische Esche (Fraxinus excelsior L.) gehört sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch zu den wertvollsten Baumarten auf insbesondere feuchten und nassen Standorten mit guter Nährstoffausstattung. Ein eingeschleppter Pilz bedroht derzeit Eschenbestände in ihrem gesamten natürlichen Verbreitungsgebiet, das große Teile Europas umfasst. Der für die Esche oft tödliche Verlauf der Erkrankung hat zu einem massiven Eschensterben geführt und ist damit zu einem sehr ernsten Waldschutzproblem geworden. Da eine direkte Bekämpfung des Pilzes praktisch nicht möglich ist, sind zum Erhalt der Esche spezielle Projekte der Resistenzforschung sowie verschiedene Züchtungsinitiativen in den Vordergrund gerückt. Dazu zählt das im Zeitraum von 2016 bis 2021 etablierte Projekt “ResEsche”, das in dieser Phase als Verbundvorhaben des Forstlichen Versuchswesens der Landesforstanstalt Mecklenburg-Vorpommern und dem Thünen-Institut für Forstgenetik durchgeführt und vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger FNR gefördert wurde (nähere Projektinformationen in Röhe et al. 2018, Past et al. 2021). Über die Problemstellung, Ziele und Methodik sowie den aktuellen Stand des Projektes wird nachfolgend berichtet.
Schaderreger und Krankheitsbild
Bei dem Erreger des Eschentriebsterbens (ETS) handelt es sich um einen aus Ostasien nach Europa eingeschleppten Schlauchpilz (Hymenoscyphus fraxineus). Die durch den Pilz verursachte Erkrankung der Esche wurde erstmals 1992 im Nordosten Polens beobachtet. In Deutschland ist die Krankheit zunächst in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2002 wahrgenommen worden. Mittlerweile hat sich der Pilz und damit die Erkrankung rasant über weite Teile Europas ausgebreitet (Abb. 1).
Die nur wenige Millimeter großen weißen Fruchtkörper des Pilzes entwickeln sich ab Anfang Juni auf den vorjährigen Eschenblattstielen. Sie produzieren enorme Mengen an Sporen, die mit dem Wind verbreitet auf die Blätter der Eschen gelangen und dort keimen. Bei pathogenem Verlauf dringt der Pilz weiter in Mark und Holz der Eschentriebe ein, sodass diese daraufhin meist absterben. Indem jährlich neue Infektionen stattfinden, stirbt die Krone der Esche schrittweise von außen nach innen ab. Neben den Kronenschäden ruft der Pilz nicht selten auch Nekrosen am Stamm und Wurzelhals der Eschen hervor. Außerdem treten bei den durch Pilzbefall geschwächten Eschen regelmäßig Folgeschädlinge auf (z. B. Hallimascharten oder der Eschenbastkäfer), die das Absterben der Esche noch beschleunigen.
In Mecklenburg-Vorpommern, dem Projektgebiet, haben Schadensanalysen bereits früh erkennen lassen, dass der Pilz Eschen aller Altersstufen befällt. Standörtlich betrachtet sind die vom Pilz verursachten Schäden in Beständen auf Nassstandorten deutlich größer als auf unvernässten Böden. Dies legt nahe, dass eine hohe Bodenfeuchte das Pilzvorkommen begünstigt und sich damit einhergehend der Infektionsdruck erhöht. Weiterhin konnte beobachtet werden, dass sich das Ausmaß der Erkrankung von Jahr zu Jahr ändern kann, was einen Einfluss der Witterung auf das Infektionsgeschehen vermuten lässt. Von ganz besonderer Bedeutung ist die Feststellung, dass auch bei anhaltend hohem Infektionsdruck einige wenige Eschen (geschätzt 1– 2 % der Population) nur geringe oder keine Symptome des Eschentriebsterbens zeigen (Abb. 2). Daraus leitete sich schon früh die Hoffnung ab, dass diese Bäume über eine zumindest partielle Resistenz gegenüber dem Krankheitserreger verfügen. Zwischenzeitlich konnten darauf ausgerichtete Untersuchungen belegen, dass die beobachtete hohe Widerstandsfähigkeit einzelner Eschen genetisch bedingt und auch vererbbar ist (McKinney et al. 2014). An diese Erkenntnis knüpft das Projekt “ResEsche” mit zwei Züchtungsinitiativen an, die mit methodisch unterschiedlichen Ansätzen den Erhalt der Esche zum Ziel haben.
Züchtungsinitiative zum Aufbau einer Samenplantage
Der Ansatz dieser Initiative besteht darin, vegetativ erzeugte Nachkommenschaften von gegenüber dem Pilzbefall widerstandsfähigen Eschen in einer sogenannten Samenplantage zusammenzuführen, um mit dieser in wenigen Jahrzehnten Vermehrungsgut (Saatgut und daraus angezogene Pflanzen) mit hohen Resistenzeigenschaften zu erzeugen.
Der erste Schritt dafür stellte ein mehrstufiges Auswahlverfahren dar, mit dem gezielt in den bereits länger unter starkem Infektionsdruck stehenden Eschenbeständen die wenigen erkennbar gesund gebliebenen Bäume identifiziert wurden. Unter Berücksichtigung weiterer forstlich relevanter Kriterien (z. B. Qualitätsmerkmale) konnten insgesamt 152 Eschen als sogenannte Plusbäume für die weitere Züchtungsarbeit selektiert werden. Alle Plusbäume sind zunächst mit dem Ziel der Identitätssicherung und zur optimalen Nutzung des genetischen Potenzials mittels Kern-Mikrosatelliten genetisch charakterisiert worden. Danach wurden aus der Lichtkrone der ausgewählten Bäume jeweils etwa 20 Reiser geworben und diese in Form einer vegetativen Vermehrung auf Unterlagen gepfropft. In einem weiteren Schritt wurden die Pfropflinge vor dem Auspflanzen auf der Plantage mit verschiedenen Methoden (Sporen- und Holzchiptest) auf Pilzresistenz getestet. Demnach konnten 126 der selektierten Plusbäume als Genotyp eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Triebsterben bestätigen.
Für die Anlage der Samenplantage wurde eine 6,7 ha große und bisher als Acker genutzte Fläche ausgewählt (Ort: Tressow, Forstamt Stavenhagen). Dort sind in einem Verband von 6 × 4 m in den Jahren von 2019 bis 2021 von den 126 Plusbäumen (Genotypen) insgesamt 1.159 Pfropflinge gepflanzt worden (Abb. 3 und 4). Neben der Plantage wurde noch ein sogenanntes Archiv mit Ersatzpflanzen angelegt. Als besondere Schutzmaßnahme bei Spätfrostgefahr wurden den Pflanzen anfänglich Jutesäcke übergestülpt. Auch sind die Pflanzen in Dürreperioden wiederholt einzeln bewässert worden.
Die Pfropflinge wurden seit dem Jahr 2020 einmal jährlich unter besonderer Beachtung einer möglichen Infektion durch den ETS-Erreger einzeln begutachtet. Dabei wurde deutlich, dass trotz des skizzierten intensiven Verfahrens zur Auswahl resistenter Genotypen einige der gepflanzten Nachkommen Symptome des Eschentriebsterbens zeigten. Bei einem Genotyp wurden wegen früh und deutlich erkennbarer Triebschäden bereits 2021 alle ausgebrachten Pflanzen (10 St.) aus der Plantage entfernt. Weiterhin wurden im Frühjahr 2023 insgesamt 41 infizierte Pfropflinge (3,5 % der Gesamtpflanzenzahl) durch Eschen aus dem Archiv ersetzt, die wiederum von Genotypen abstammen, deren Nachkommen sich auf der Plantage bisher als symptomfrei erwiesen haben. Es kann davon ausgegangen werden, dass in den nächsten 5 bis 10 Jahren weitgehend Klarheit über das Resistenzpotenzial aller gepflanzten Nachkommen vorliegen wird. Aus heutiger Sicht besteht angesichts des Umfangs verwendeter Genotypen und ausgebrachter Pflanzen weiterhin die berechtigte Hoffnung, mit der Plantage künftig Saatgut für gesunde und genetisch vielfältige neue Eschengenerationen erzeugen zu können.
Züchtungsinitiative zur Anlage einer Nachkommenschaftsprüfung
Mit dieser Initiative wird vordergründig der Ansatz verfolgt, generativ (d. h. aus Samen) erzeugte Nachkommenschaften von selektierten Plusbäumen im Feldversuch auf Resistenz gegenüber dem ETS zu prüfen. Konkret wurden dafür von 64 samentragenden (weiblichen) Plusbäumen jeweils eine kleine Menge an Saatgut (rd. 300 Samen je Baum) in Form einer Grünernte geworben. Die Samen sind unmittelbar nach der Ernte, getrennt nach den Mutterbäumen, in der landeseigenen Forstbaumschule Gädebehn ausgesät worden. Die im Folgejahr gut aufgelaufenen Sämlinge wurden später in Container verschult und bereits in der Baumschule durch Ausstreuen von infektiösem Material zwischen den Anzuchtplatten dem Schaderreger ausgesetzt. Am Ende der Anzuchtphase standen in der Baumschule nahezu 12.000 Pflanzen für die Anlage der Nachommenschaftsprüfung bereit.
Die für die Prüfung ausgewählte Versuchsfläche (zuvor Ackernutzung) liegt in der Nähe des Ortes und gleichnamigen Forstamtes Schuenhagen im nördlichen Vorpommern. Bei der Auswahl der Fläche war deren Nähe zu vielen erkrankten Eschenbeständen ein wichtiges Kriterium, um so die zu prüfenden Nachkommenschaften stetig einem hohen Infektionsdruck auszusetzen. Auf der 3 ha großen Fläche wurden insgesamt 989 Parzellen mit jeweils 12 Pflanzplätzen im Verband von 2,0 × 1,0 m eingerichtet. In jeder dieser Parzellen finden sich nur Nachkommen eines Mutterbaums, sodass rechnerisch jede Nachkommenschaft mit 15 Wiederholungen auf der Fläche vorkommen kann (Abb. 5 und 6). Ende des Jahres 2020 sind auf der Prüffläche insgesamt 11.681 Eschen ausgebracht worden. Zudem wurde direkt neben der Versuchsfläche ein Archiv mit Ersatzpflanzen angelegt.
Das Versuchskonzept sieht vor, in den ersten beiden Beobachtungsjahren allein den Anwuchserfolg der gepflanzten Eschen zu ermitteln. Bezogen auf die genannte Ausgangsstückzahl sind nach zwei Standjahren (2021 u. 2022) Pflanzenausfälle in Höhe von 4 % entstanden, die vor allem durch Fraßschäden von Mäusen verursacht wurden. Die Ausfälle konnten durch Nachbesserung mit Ersatzpflanzen aus dem Archiv weitgehend kompensiert werden. Gegen Ende des 3. Standjahres (2023) ist eine Erweiterung der Prüfung durch Ansprache des Gesundheitszustandes der Eschen sowie eine repräsentative Erfassung der Wuchshöhe vorgesehen.
Aus wissenschaftlicher Sicht bietet der Aufbau des Versuchs zunächst die Möglichkeit, das Resistenzverhalten und die Vererbung der Resistenz anhand der Nachkommenschaften tiefgründig zu erforschen. Weiterhin können nachgewiesen resistente Prüfglieder für spezielle Züchtungsarbeiten genutzt werden, so z. B. für die Durchführung gelenkter Kreuzungen oder zur Gewinnung von Material für eine vegetative Vermehrung. Auch besteht bei günstiger Entwicklung der Versuchsanlage grundsätzlich die Möglichkeit, diese zu einem späteren Zeitpunkt in eine Samenplantage oder einen Saatgutbestand zu überführen, um damit einen praktischen Beitrag für die Versorgung der Forstbetriebe mit krankheitsresistentem Vermehrungsgut zu leisten.