Die Rußrindenkrankheit - Eine neue Pilzerkrankung
Im Jahr 2018 konnte die Rußrindenkrankheit erstmals in Bayern nachgewiesen werden. Der Verursacher Cryptostroma corticale stammt wahrscheinlich aus Nord-Amerika und wurde dort erstmals Ende des 19. Jahrhunderts an Zuckerahorn in Kanada beschrieben. Bereits zur Mitte des letzten Jahrhunderts konnte dieser Pilz in Mitteleuropa nachgewiesen werden. Seit Anfang dieses Jahrtausends bereitet die Rußrindenkrankheit in Deutschland zunehmend Probleme.
Bei Ausbruch der Rußrindenkrankheit bilden sich unter der Rinde des Baumes schwarze Sporenlager. Diese treten zunächst als flache Beulen in der Rinde in Erscheinung, welche aufplatzen und an Ruß erinnernde Sporen freigeben. Diese sehr zahlreichen Sporen, die aufgrund ihrer Größe und Oberflächenbeschaffenheit gut lungengängig sind, wurden mehrfach mit Lungen-Erkrankungen in Verbindung gebracht. Die in die Luft abgegebenen Sporen können weite Distanzen überwinden und ihre Wirtspflanze über Wunden und Astabbrüche infizieren. Bevor es zur Ausbildung von Sporenlagern kommt, zeigen die Ahorne üblicherweise Anzeichen einer Schwächung: Häufig kommt es zur Bildung von Wasserreisern, zu Laubverlusten und zu einem Zurücksterben der Krone. Die Sporenlager werden an noch lebenden Bäumen und an Tot- oder Brennholz gebildet. C. corticale hat zuvor eine ausgeprägte Lebensphase als Endophyt: Der Pilz kann dauerhaft in der Pflanze leben, ohne Symptome zu verursachen. Andere verwandte Arten von C. corticale können ebenfalls endophytisch in gesund erscheinenden Bäumen leben und erst in Schwächephasen eine sichtbare Erkrankung verursachen.
Bisher konnte die Rußrindenkrankheit in Mitteleuropa an verschiedenen Ahorn-Arten und an der Gewöhnlichen Rosskastanie (Aesculus hippocastaneum) beobachtet werden. In Bayern sind, ebenso wie in anderen Teilen Mitteleuropas, aber fast ausschließlich Bergahorne betroffen. Die Nachweise konzentrieren sich vornehmlich auf die weitere Umgebung um Würzburg. Der Ausbruch der Rußrindenkrankheit konnte aber auch außerhalb dieser Region, zum Beispiel nahe München oder Passau, beobachtet werden.
Untersuchte Bestände
Im Rahmen eines Kuratoriumsprojekts wird seit 2021 die Verbreitung des Erregers der Rußrindenkrankheit an Bergahorn im gesamten Bayern erforscht. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der endophytischen Besiedlung von Bäumen, bei denen die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist. Dazu wurden in klimatisch und geographisch unterschiedlich geprägten Regionen Bayerns 34 Bergahornbestände ausgewählt . Es wurden Bestände in Bereichen der Bayerischen Staatsforsten AöR beprobt, die keine Symptome der Rußrindenkrankheit zeigten und mittlere Brusthöhendurchmesser zwischen 10 und 30 cm aufwiesen. Die Bestände decken die naturräumliche Gliederung in Bayern weitestgehend ab und erstreckten sich von der Rhön über Mainfranken und die Donauniederungen bis zu den Alpen sowie von der Schwäbischen Alb bis zum Bayerischen Wald. Der Abgleich von Klima- und Standortsparametern von Beständen mit Ausbrüchen mit Beständen mit symptomlosem Vorkommen soll Hinweise liefern, welche Parameter für den Ausbruch verantwortlich sind. Diese könnten dann für Bergahorn-Anbauempfehlungen herangezogen werden.
Nachweismethoden
In den 34 Beständen wurden Holzproben von insgesamt 245 Bergahornen gewonnen (Abbildung 2a). Die gewonnenen Holzspäne wurden gefriergetrocknet und mit einer Kugelschwingmühle fein gemahlen. Aus 50 mg von diesem Material wurde die DNA mit Hilfe des DNeasy Plant Mini Kits extrahiert. Nach dem Protokoll von Kelnarová et al. (2017) wurde untersucht, ob C. corticale im Holzkörper der Bergahorne nachweisbar war. Die sensitive PCR-Nachweisdiagnostik wurde standardmäßig durch Verwendung von Positiv- und Negativkontrollen abgesichert.
Von je einem Bergahorn der 34 Bestände wurde ein 50 cm langer Rundling aus dem unteren Stammbereich entnommen und im Labor in eine wasserdampfdurchlässige, aber sporendichte Verpackung eingeschlossen (Abbildung 2b). Die Stammabschnitte wurden über Monate in Klimaschränken bei 25 °C auf etwa 30 % Holzfeuchte getrocknet, um eine mögliche Sporenbildung durch den Erreger der Rußrindenkrankheit zu induzieren.
Von den 34 Beständen wurden 15 zur dauerhaften Beobachtung ausgewählt. In diesen Flächen wurde je ein Holzpolter mit Ahorn-Rundlingen angelegt (Abbildung 2c). Diese Polter wurden mindestens halbjährlich auf die Bildung von Sporenlagern untersucht.
Ergebnisse
Mittels PCR-Diagnostik konnte C. corticale in etwa jedem dritten (12 von 34) symptomlosen Bergahornbestand nachgewiesen werden (Abbildung 3). Auf Einzelbaumebene konnte bei jedem zwölften (21 von 245) Bergahorn eine Infektion nachgewiesen werden. Durch die Inkubation von Rundlingen asymptomatischer Bergahorne in Klimaschränken konnte durch die Ausbildung von Sporenlagern der Erreger ebenfalls im Holz aus jedem dritten Bestand (12 von 34) detektiert werden (Abbildungen 2b und 3). In den Holzpoltern aus scheinbar gesunden Bergahornen konnte C. corticale durch die Bildung von Sporenlagern in jedem vierten Bestand (vier von 15) festgestellt werden (Abbildungen 2c und 3).
Insgesamt konnte in knapp der Hälfte der untersuchten Bestände (15 von 34) anhand der drei Nachweisverfahren der Erreger der Rußrindenkrankheit endophytisch nachgewiesen werden (Abbildungen 3 und 4). Zwischen den Ergebnissen des Nachweises durch die PCR mit artspezifischen Primern, der Inkubation von Rundlingen in Klimaschränken sowie der Lagerung von Holzpoltern gab es in jeweils über 80 % der Fälle Übereinstimmungen.
Die Nachweise gelangen dabei nicht nur in Unterfranken im Raum Würzburg, in dem die Rußrindenkrankheit in zahlreichen Bergahorn-Beständen bereits beobachtet werden konnte. C. corticale konnte auch in Beständen im Alpenvorland Bayerns und den Ausläufern des Bayerischen Waldes nachgewiesen werden. Im Gegensatz dazu konnte C. corticale in manchen Beständen mit räumlicher Nähe zum Raum Würzburg nicht nachgewiesen werden.
Diskussion
In anderen Untersuchungen in Deutschland und Tschechien, bei denen je drei asymptomatische Bestände untersucht wurden, konnte C. corticale in jedem vierten bis achten Bergahorn als Endophyt nachgewiesen werden. Dass in der vorliegenden Untersuchung nur für jeden zwölften Baum eine Infektion nachgewiesen werden konnte, könnte auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sein.
Da das Ausbreitungsmuster von C. corticale in seinen Wirten noch nicht vollends bekannt ist, bergen die unterschiedlichen Beprobungsstrategien eine Unsicherheit. Darüber hinaus könnte die Auswahl der beprobten Bestände einen Einfluss auf die ermittelten Durchseuchungsquoten haben. So wurden in dieser Untersuchung auch Bestände beprobt, die weit ab bekannter Ausbruchsherde der Rußrindenkrankheit lagen und die sehr unterschiedliche standörtliche Bedingungen aufwiesen. Aufgrund der Ergebnisse kann allerdings geschlussfolgert werden, dass der Pilz als Endophyt wahrscheinlich bayernweit verbreitet ist. Dies gilt unabhängig davon, ob in der Umgebung bereits Bergahorne von der Rußrindenkrankheit befallen sind.
Ausblick
In den kommenden Jahren ist weiterhin mit Witterungsextremen wie Trockenheit und Hitze zu rechnen (IPCC 2020). Bei Bergahornen sind daher zunehmend Vitalitätsschwächungen und eine erhöhte Krankheitsanfälligkeit auf Standorten abseits des kühl-feuchten Optimums sowie auf schwierigen Standorten wahrscheinlich. Somit ist nicht nur mit einer vermehrten Infektion der Bergahorne mit dem Pilz C. corticale zu rechnen, sondern insbesondere mit einem zunehmenden Ausbruch der Rußrindenkrankheit. Für die Risikoabschätzung und waldbauliche Behandlung des Bergahorns ist daher wichtig zu wissen, welche Faktoren dazu beitragen, dass eine Infektion zum Ausbruch der Rußrindenkrankheit führt.
Zusammenfassung
Der Erreger der Rußrindenkrankheit ist annähernd bayernweit in Bergahorn-Beständen verbreitet. Cryptostroma corticale konnte als Endophyt in Beständen fernab der Hauptbefallsregion um Würzburg nachgewiesen werden, die bis zum jetzigen Zeitpunkt ohne Auftreten der Rußrindenkrankheit waren: Sie hatten weder eine räumliche Nähe zu erkrankten Beständen, noch wiesen sie mangelnde Vitalität auf. Es konnte ein Zusammenhang zwischen Trockenheit und Hitze und dem Ausbruch der Rußrindenkrankheit beobachtet werden. Vor dem Hintergrund des Klimawandels erscheint die vermehrte Erkrankung von Bergahornbeständen in Bayern wahrscheinlich.