Höhere Temperaturen wirken sich direkt auf Insekten und andere Schadorganismen aus, die Wechselbeziehungen zwischen Bäumen und Schadorganismen können sich verändern, am Rande ihres potenziellen Verbreitungsgebietes wird die Anfälligkeit von Bäumen gegenüber Schädigungen zunehmen, nicht zuletzt ändern sich die Voraussetzungen für die Etablierung nicht-heimischer Schad­organismen.

Arten können sich aktiv in neue Gebiete ausbreiten, wenn sie geeignete Klimabedingungen vorfinden; eingeschleppte Arten, die bislang nicht überlebt hätten, können Fuß fassen. Darüber hinaus führt der intensivierte globale Handel zu vermehrter Einschleppung invasiver Schad­organismen.

Wirkung der Temperatur auf Insekten

Insekten sind wechselwarme Tiere und als solche in allen Lebensäußerungen, wie Stoffwechsel und Entwicklung, von der Umgebungstemperatur abhängig. Für jede Art gibt es letale obere und untere Temperaturgrenzwerte, letztere bestimmen etwa, ob ein Insekt den Winter in einem Gebiet überleben kann.

Unser wichtigster Borkenkäfer, der Buchdrucker, ist an harte Winter angepasst. Das Käferstadium geht im Herbst in eine Ruhe­phase, in der durch Einlagerungen von Gefrierschutzsubstanzen eine Absenkung des für den Käfer tödlichen Gefrierpunktes auf unter -20 °C Körpertemperatur stattfindet (Netherer, 2003). So sind die Tiere unter der Borke oder im Boden gut geschützt. Wärmere Winter wirken also nicht unbedingt fördernd, Winter mit harten Frost­perioden nicht negativ auf die Populationen.

Höhere Temperaturen in der Vegetationszeit beschleunigen die Entwicklung dieses Borkenkäfers. Oberhalb des Entwicklungsnullpunktes von 8,3 °C bis zirka 30 °C nimmt die Geschwindigkeit der Entwicklung mit der Temperatur linear zu (Wermelinger & Seifert, 1998): Dauert es bei 20 °C Dauertemperatur 48 Tage von der Eiablage bis zum Schlupf der fertig entwickelten Käfer, vermindert sich die Entwicklungsdauer bei 25 °C auf 33 Tage.

Durch die raschere Entwicklung ist es dem Buchdrucker möglich, mehrere Generationen pro Jahr auszubilden. Dies führt zu einem enormen Populationswachstum und damit massiv steigenden Befallsdruck auf die Fichtenbestände. Gibt es in solchen Jahren auch ein erhöhtes Angebot an Brutmaterial, etwa nach Windwürfen, kommt es sehr leicht zu Massenvermehrungen.

Eine andere Überwinterungsstrategie verfolgt der Pinienprozessionsspinner (Thaumetopoea pityocampa, auch als Kiefernprozessionsspinner bezeichnet), der den Winter hindurch im Larvenstadium verbringt. Die Larven begeben sich in keine Ruhephase. Wann immer es die Temperaturen erlauben, kommt es zur Nahrungsaufnahme und zum Fort­schreiten der Entwicklung (Battisti et al., 2005).

Die Larven zeigen keine An­passung zur Absenkung des Gefrierpunktes, sie frieren im Mittel bei -7 °C, allerdings ist das Gefrieren nicht tödlich und die Larven können noch tiefere Temperaturen tolerieren (Hoch et al., 2009). Die Ausweitung des Areals in den letzten Dekaden – in Frankreich nach Norden und in den italienischen Alpen in höhere Lagen – konnte durch eine höhere Zahl von warmen Winter­tagen, die Nahrungsaufnahme und Entwicklung erlauben, erklärt werden.

Wechselwirkung mit den Wirtsbäumen

Geänderte Temperaturen wirken nicht notwendiger Weise auf Insekt und Wirtsbaum gleich. Im Frühjahr etwa kann es so zu Änderungen in der Synchronisierung zwischen Austrieb der Bäume und dem Auftreten sensibler Insektenstadien kommen. Dies hätte zum Beispiel Auswirkungen auf frisch geschlüpfte Raupen der Frostspannerarten, die frisch entfaltendes Laub als Nahrung brauchen, oder auf die Kleine Fichtenblattwespe, die ein bestimmtes Öffnungsstadium der Fichtenknospen zur Eiablage benötigt.

Sehr bedeutend erweisen sich Perioden von Trockenstress der Wirtsbäume auf die Schädlingsanfälligkeit. Besonders sekundäre Rindenbrüter, wie Borkenkäfer oder Prachtkäfer, können von einer verringerten Abwehrfähigkeit profitieren.

Auch wenn die Prognosen zur künftigen Niederschlagsentwicklung nicht so sicher sind, lassen steigende Evapo­transpiration bei höheren Temperaturen und die erwartete Konzentration auf Starkniederschlagsereignisse mehr Trocken­stress für die Bäume erwarten.

Einschleppung und Transport durch menschliche Aktivitäten

Die Effekte des sich ändernden Klimas werden überlagert von Auswirkungen einer Verbringung von Schadorganismen durch menschliche Aktivitäten. Diese anthropogene Unterstützung dient typischerweise der passiven Ausbreitung über große Distanzen, der dann unter geeigneten Umweltbedingungen eine langsamere, aktive Ausbreitung folgt. Aus forstlicher Sicht stellen Holz- und Pflanzenimporte die größten Gefahrenquellen sowohl für die erste Einschleppung nicht-heimischer Insekten als auch die weitere Verbreitung innerhalb Europas dar.

Mit Pflanzenimporten gelangten so unterschiedliche Schadinsekten wie der Citrusbockkäfer (Anoplophora chinensis) oder die Esskastanien-Gallwespe (Dryocosmus kuriphilus), aber auch Pilz- und Bakterienkrankheiten aus Asien und Amerika nach Europa. Und der Handel von Pflanzgut innerhalb Europas trug dazu bei, dass sich letztere binnen weniger Jahre am ganzen Kontinent etablieren konnten.

Auch die oben erwähnte, durch die Klimaerwärmung ermöglichte Expansion des Areals des Pinienprozessionsspinners in Frankreich wurde durch die Verbringung befallenen Pflanzguts vom Menschen unterstützt. Besonders riskant sind Pflanzen auch für die Einschleppung von Pilzkrank­heiten, da frühe Symptome auch bei Inspek­tionen oft noch nicht zu sehen sind.

Verpackungsholz stellt eine weitere bedeutende Quelle für invasive Schad­organismen dar. In diesem verborgen reisen meist Bockkäfer, wie der berüchtigte Asiatische Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis), oder holzbrütende Borkenkäfer mit Warentransporten über die Weltmeere.

Vor allem Steinimporte aus China erwiesen sich als besonders risikoreich: Im Jahr 2016 beanstandeten Kontrollorgane des Bundesamts für Wald 19,6 % der kontrollierten Sendungen aufgrund von lebenden Insekten im Verpackungsholz. Die betroffenen Container werden chemisch behandelt, allerdings gelangen bei einer Kontrollfrequenz von knapp unter 40 % noch zu viele blinde Passagiere ins Land.

Prinzipiell gibt es internationale Standards zur Behandlung von Verpackungsholz, diese sind, wie die Daten zeigen, jedoch keine Garantie für Schädlingsfreiheit. Auf welche Weise Schad­organismen auch ins Land kommen, durch Trockenstress anfälligere Bäume und durch abiotische Ereignisse gestörte Waldökosysteme können invasiven Organismen gute Bedingungen für die Etablierung bieten.

Was tun?

Unsere Pflanzenschutzdienste müssen effizient arbeiten, um Einschleppungen und Verbringung von Schadorganismen möglichst an der Eintrittsstelle zu verhindern. Gesetzliche Rahmenbedingungen sind auf europäischer Ebene vorhanden, an der konsequenten Umsetzung ist noch zu arbeiten. Und um einer all­fälligen Invasion erfolgreich begegnen zu können, sind rasche Gegenmaßnahmen nötig.

Die Forstleute und alle am Wald Interessierte können durch Beobachten von Veränderungen zum Waldschutz beitragen. Neue Befallsmuster oder neu auftretende Schädlinge sollen dokumentiert und den Forstbehörden bzw. dem Bundesforschungszentrum für Wald gemeldet werden. Es könnte sich um neu eingeschleppte Schadorganismen handeln oder um eine von geänderten klimatischen Bedingungen bewirkte neuartige Schädigung durch heimische Insekten oder Krankheiten.

Und es darf nicht auf die altbekannten, heimischen Schädlinge vergessen werden. In nadelholzreichen Beständen wird die Bedeutung der Borkenkäfer aufgrund der oben dargestellten Effekte zunehmen.

Aus der Sicht des Waldschutzes ist im Waldbau die Diversität bei Arten und Strukturen hervorzu­heben: Dies bringt schwierigere Be­dingungen für spezialisierte Schadorganismen, kann natürliche Gegen­spieler von Schädlingen fördern und dient nicht zuletzt als Versicherung für die Aufrechterhaltung der wichtigen Waldfunktionen des Gesamtbestandes, sollte eine Baumart ausfallen oder besonders geschädigt werden.

Literatur 

  • Battisti, A.; Stastny, M.; Netherer, S.; Robinet, C.; Schopf, A.; Roques, A.; Larsson, S. (2005): Expansion of geographic range in the pine processionary moth caused by increased winter temperatures. Ecol. Appl. 15, 2084-2096.
  • EPPO (2017): Dryocosmus kuriphilus. Eppo Global Database
  • Hoch, G.; Petrucco Toffolo, E.; Netherer, S.; Battisti, A.; Schopf, A. (2009): Survival at low temperature of larvae of the pine processionary moth, Thaumetopoea pityocampa from an area of range expansion. Agric. For. Entomol. 11, 313-320.
  • Netherer, S. (2003): Modelling of bark beetle development and of site- and stand-related predisposition to Ips typographus (L.) (Coleoptera; Scolytidae): A contribution to risk assessment. Dissertation, Univ. Bodenkultur, Wien.
  • Wermelinger, B.; Seifert, M. (1998): Analysis of the temperature dependent development of the spruce bark beetle Ips typographus (L.) (Col., Scolytidae). J. Appl. Entomol. 122, 185-191.