Merkmale und Symptome

Alle Arten der Gattung Phytophthora (griechisch für «Pflanzenzerstörer») sind Pflanzenschädlinge und gehören zu einer Gruppe pilzähnlicher Organismen, welche als Eipilze bezeichnet werden. Unter den zahlreichen Phytophthora-Arten sind bis heute drei bekannt, die ausschliesslich Erlen befallen: P. uniformis, P. ×multiformis und P. ×alni. Letzterer ist der aggressivste der drei Schädlinge und der Hauptverursacher eines massiven Rückgangs der Erlenbestände in Europa. Bis 2015 galten alle drei als Varianten einer einzigen Art.

Alle drei Arten dringen entweder im Bereich des Stammfusses in den Baum ein oder über die Feinwurzeln, wo sie eine Wurzelfäule verursachen. Sie wachsen anschliessend unter der Rinde am Stamm empor. Wenn man die Rinde vorsichtig abschält, zeigt sich darunter eine zungenförmige, rötlichbraune Verfärbung als Folge des Absterbens der Rinde (Nekrose). Der Baum reagiert darauf mit Schleimfluss, also dem Austritt eines teerartigen Baumsaftes an den Rändern des absterbenden Gewebes. Dadurch entstehen orangebraune bis schwarze Teerflecken im unteren Stammbereich.

Als Folge des Rindensterbens wird der Kronenbereich nicht mehr ausreichend mit Mineralien und Wasser versorgt. Manchmal bilden sich am Stamm zudem Angsttriebe, welche wohl die Schäden im Kronenbereich ausgleichen sollen. Als weitere Stressreaktion kann es zu starkem Blühen und Zapfenbildung kommen, auch bei Jungbäumen. Je weiter die Erkrankung voranschreitet, desto spärlicher treiben Bäume aller Altersstufen im Frühjahr aus, die gesamte Krone bleibt schütter, kleinblättrig und die gesamte Vegetationszeit über gelblich. Erst sterben Zweige ab, dann Äste, und wenn der komplette Stammumfang vom Absterben der Rinde erfasst ist, geht der Baum schliesslich ein.

Von der Infektion bis zum Absterben können wenige Monate (bei Jungbäumen) oder auch mehrere Jahre vergehen. Infizierte Bäume sind jedoch auch bei langsamem Krankheitsverlauf geschwächt und dadurch anfällig für den Befall durch sogenannte Schwächeparasiten (z. B. durch holzabbauende Pilze wie Hallimasche). Aber solange der Schaden an der Rinde gering ist, können sich manche Bäume von einer Phytophthora-Infektion erholen, indem sie das zerstörte Gewebe durch Überwallung abriegeln und den Erreger so an der Ausbreitung hindern. Oft bleiben jedoch in Längsrichtung verlaufende Risse am Stammfuss zurück.

Verwechslungsmöglichkeiten

Bei einer Kombination der Kronensymptome, der Teerflecken und der aufsteigenden Stammnekrose kann davon ausgegangen werden, dass die entsprechende Erle von einer Art der Gattung Phytophthora befallen ist. Neben den drei auf Erlen spezialisierten Arten kann der Baum auch von Phytophthora-Arten mit mehreren Wirtspflanzen wie P. plurivora oder P. lacustris befallen sein, die zum Teil an denselben Standorten vorkommen. Daher kann nur eine genetische Untersuchung Klarheit bringen.

Alle aufgeführten Symptome für sich alleine genommen können auch andere Ursachen haben als eine Infektion mit Phytophthora. So kann eine Schädigung des Wurzelgewebes auch die Folge einer Überflutung sein. Ebenso kann der Erlenblattkäfer (Agelastica alni), welcher Blätter frisst, ähnliche Schäden im Kronenbereich verursachen, welche jedoch für den Baum nur selten tödlich sind. Gefährlicher ist der Befall durch Insekten, welche den Stamm oder die Wurzeln der Bäume schädigen, insbesondere wenn sie Frassgänge anlegen wie der Erlenwürger (Cryptorhynchus lapathi). Dies kann zu ähnlichen Symptomen und ebenfalls zum Absterben des entsprechenden Baumes führen. Jedoch sind die Ausbohrlöcher und das Auswurfmaterial des Käfers gute Erkennungsmerkmale. Manchmal können auch längere Dürreperioden oder starker Frost zu einem Erlensterben führen, dabei können auch Risse im Stammbereich oder ein Zurücksterben der Kronen beobachtet werden.

Biologie und Vermehrung

Alle drei Parasiten breiten sich über das Wasser aus. Von zentraler Bedeutung für die Infektion neuer Erlen sind die der Vermehrung dienenden Zellen, Zoosporen genannt, welche ins Boden-, Oberflächen- oder Flusswasser abgegeben werden. Sie werden aber nicht nur passiv von der Strömung des Wassers fortgetragen, sondern können sich dank ihrer Geisseln auch wie Spermien aktiv fortbewegen. In Flüssen können sie dabei weite Distanzen überwinden, bis sie auf eine neue Erle stossen.

Das Eindringen erfolgt meist entweder im Bereich des Stammgrundes oder über die Feinwurzeln. Überschwemmungen erleichtern neben der Ausbreitung auch das Eindringen in die Wirtspflanze. Denn einerseits können die Wurzeln dadurch Verletzungen erleiden, die als Eintrittspforte dienen können, andererseits ist es den Zoosporen bei höherem Wasserstand eher möglich, die natürlichen Öffnungen der Erle wie Luftwurzeln und Korkporen am Stamm zu erreichen.

Infektionen bei flussfernen Erlen gehen oft auf Aufforstungen mit verseuchtem Pflanzenmaterial aus Baumschulen zurück. Infizierte Bodenpartikel könnten mithilfe von Fahrzeugen für die Gewässerunterhaltung oder Holzernte weiterverbreitet werden. Neben dem Holztransport könnte auch das Aussetzen von Fischen aus befallenen Gewässern zur Ausbreitung der Krankheit beitragen.

Verbreitung

Die eher wärmeliebende P. ×alni ist inzwischen in West- und Mitteleuropa bis nach Polen nachweisbar. Die Länder der Balkanhalbinsel und die weiter östlich gelegenen Länder wie die Ukraine, Weissrussland und Finnland scheinen bisher verschont geblieben zu sein. Im Baltikum, in Dänemark sowie in Nordschweden wurde bislang nur die kältetolerante P. uniformis nachgewiesen. In Südschweden kommen alle drei Arten vor. Die P. ×multiformis kommt jedoch hauptsächlich in dem aus den Niederlanden, Belgien, Deutschland und Frankreich bestehenden Vierländereck vor, und in Grossbritannien.

In der Schweiz kommt derzeit (2021) nur P. ×alni vor, wurde bislang aber nur ein einziges Mal mit Sicherheit nachgewiesen, 2008 auf Grauerlen (Alnus incana) entlang der Reuss bei Rottenschwil (AG). Die Bäume wiesen Absterbeerscheinungen im Kronenbereich und Schleimflussflecken auf. Einzelne Erlen mit verdächtigen Symptomen wurden seitdem wiederholt beobachtet, und insbesondere in den Jahren 2014/15 wurden mehrere Standorte mit Schleimfluss an Erlen untersucht. Ein erneuter Nachweis von P. ×alni gelang bislang jedoch nicht.

Ökologie

Wahrscheinlich können alle Arten aus der Gattung der Erlen (Alnus spp.) von allen drei der genannten Erreger parasitiert werden. In Nordamerika befällt P. uniformis bislang hauptsächlich die Oregonerle (A. rubra). In Europa sind die Grau- (A. incana) und insbesondere die Schwarzerle (A. glutinosa) am häufigsten betroffen, und in zunehmendem Masse auch die im Süden beheimatete Italienische Erle (A. cordata). Bei der Grünerle (A. viridis, Syn: A. alnobetula) wurde eine Infektion bisher fast nur im Rahmen von Experimenten nachgewiesen.

Pflanzen, die auf tonig-lehmigen Böden wachsen, sind besonders gefährdet. Das Erlensterben tritt oft entlang von Fliessgewässern und in Bruchwäldern auf. Häufig sind es Standorte, die entweder regelmässig von Hochwasser betroffen sind, oder an denen der Grundwasserspiegel natürlicherweise hoch ist oder stark schwankt. In Baumschulen oder Forstgärten kommt der Erreger zwar weniger häufig vor, aber wenn doch, dann bleibt er ohne eine gezielte Testung häufig unbemerkt, denn infizierte Jungpflanzen zeigen oft jahrelang keine mit blossem Auge erkennbaren Symptome.

Das Erlensterben führt nicht nur zu Einbussen in der Holzernte, sondern auch zu Beeinträchtigungen der Biodiversität der Fliessgewässer. Erlen können dank einer Symbiose mit bestimmten Bakterien Luftstickstoff anreichern und ihn dadurch biologisch verwertbar machen. Ihr nährstoffreiches Laub bildet eine wichtige Nahrungsgrundlage für die dortige Fauna. Auch die Erlen selbst dienen vielen Organismen als Lebensraum, zum Beispiel als Unterstände für Fische. Für den Hochwasserschutz ist insbesondere die Stabilisierung der Ufer wichtig, welche durch die Wurzeln der Erle zustande kommt.

Bekämpfung

Bei starkem Befall durch die Erlen-Phytophthora kann ein Wechsel zu oder die Beimischung von anderen standortverträglichen Baumarten (beispielsweise Moor-Birke, Stiel-Eiche, Pappeln- und Weiden-Arten) an forstwirtschaftlich genutzten Standorten zweckmässig sein. Um die weitere Verbreitung zu verhindern, sollten in betroffenen Gebieten verwendete Fahrzeuge und Maschinen nach dem Arbeitseinsatz sorgfältig abgespritzt werden. Ausgesetzte Fische sollten aus befallsfreien Gewässern oder Aquakulturen stammen.

Bei einer Aufforstung in nicht befallenen Gebieten ist grundsätzlich die Naturverjüngung der Pflanzung von Erlen aus Baumschulen vorzuziehen, aber in den Baumschulen können Kontrollen und ein gezieltes Bewirtschaftungsmanagement dafür sorgen, dass keine infizierten Pflanzen verwendet werden.

Das Fällen befallener Bäume ist nur sinnvoll, wenn an einem Standort erst einzelne Bäume betroffen sind. Diese müssen mitsamt dem Wurzelwerk gerodet und anschliessend verbrannt werden. Bei frisch erkrankten Erlen in stärker betroffenen Gebieten kann es sich lohnen, sie stattdessen bis auf den Stock zurückzuschneiden. So werden Stockausschläge erzwungen, die meistens gesund sind, und oft bilden sich Stelzwurzeln aus, die den Wurzelhals aus der Überflutungszone herausheben. So bleibt im Idealfall der Baum am Leben, die Bestockung bleibt für einige Zeit erhalten und eine weitere Ausbreitung des Erregers wird verhindert. Der Erfolg dieser Massnahme ist umso höher, je kleiner der abgestorbene Stammbereich ist. Sind die Wurzeln infiziert, ist sie meist erfolglos.

Eine direkte Bekämpfung mit Gift ist weder effizient noch ökologisch sinnvoll, und in der freien Natur verboten. Wichtig ist hingegen das Beobachten der vom Erlensterben betroffenen Gebiete, von denen manche sich wieder erholen können. Die Suche nach resistenten oder widerstandsfähigen Erlen ist bei der Schwarzerle schon weit fortgeschritten. Dies lässt darauf hoffen, dass das Erlensterben durch gezielte Züchtung zumindest abgemildert werden kann.

Wo melden, wo um Rat fragen?

Bei Verdacht auf Erlen-Phytophthora ist der Waldschutz Schweiz zu kontaktieren.

(TR)