Die ersten Nachweise der aus Nordamerika stammenden Douglasiengallmücken (Contarinia spp.) in Europa datieren aus dem Jahr 2015, als in den Niederlanden, Frankreich und Belgien Vorkommen dokumentiert wurden. Ein Jahr später gab es die ersten Beobachtungen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. 2020 zeigte eine Untersuchung, dass die eingeschleppten Insekten auch in Bayern bereits in den meisten Regionen vorkommen.
Im Norden schon weit verbreitet
2022 erfolgte schliesslich im Kanton Basel-Landschaft der Erstfund von nordamerikanischen Douglasiengallmücken der Gattung Contarinia für die Schweiz. Monitoringarbeiten haben gezeigt, dass die invasiven Gallmücken im Norden der Schweiz bereits weitverbreitet sind (Abb. 1).
Zwischen August und November 2022 wurden Douglasienbestände an insgesamt 28 unterschiedlichen Standorte visuell auf das Vorkommen der charakteristischen Gallen (Abb. 4) untersucht. Nachgewiesen worden sind die Gallmücken dabei an 10 Standorten, das aktuell bekannte Verbreitungsgebiet erstreckt sich hauptsächlich entlang der nördlichen Landesgrenze über die Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Jura, Solothurn und Zürich. Der Nachweis erfolgte sowohl anhand von morphologischen Bestimmungen als auch mittels molekularer Methoden.
Ausbreitung durch Mensch und Wind?
Es wird angenommen, dass die Verbreitung der Gallmücken hauptsächlich durch menschliche Aktivitäten wie die Verbringung von Jungpflanzen, Reisig, oder mit Larven kontaminierter Erde erfolgt. Funde in teilweise eher abgelegenen Gebieten in der Schweiz deuten aber darauf hin, dass auch Windverfrachtungen der adulten Gallmücken zu der Ausbreitung beitragen könnten.
Über das Potenzial der natürlichen Ausbreitung via Flug der adulten Gallmücken liegen bisher keine zuverlässigen Informationen vor. Die Tatsache, dass sich das in der Schweiz bisher bekannte Verbreitungsgebiet von 271 bis 912 m ü. M. erstreckt, deutet darauf hin, dass sich die Gallmücken vermutlich in den meisten heimischen Anbaugebieten von Douglasien etablieren werden.
Molekulare Untersuchungen haben gezeigt, dass in der Schweiz zwei unterschiedliche genetische Linien der Gallmücken vorkommen, welche sich allerdings in ihrem Erbgut nur geringfügig unterscheiden. Interessanterweise wurde eine der beiden Linien nur am westlichsten Fundort im Kanton Jura gefunden, wo sie in Kombination mit der im Rest der Nordschweiz gefunden Linie aufgetreten ist. Gallmückenpopulationen, welche sich genetisch unterscheiden, könnten ursprünglich auf unterschiedlichen Einschleppungswegen in die Schweiz gelangt sein.
Entwicklung der Douglasiengallmücken
Die Douglasiengallmücken haben einen einjährigen Generationszyklus. Nach der Verpuppung im späten Frühling schlüpfen die orangen Gallmücken (3 – 5 mm, Abb. 2) mit dem Austrieb der Douglasien Anfang Mai. Die Eiablage erfolgt teilweise in die Knospen als auch auf den frisch gesprossenen Nadeln der Wirtsbäume. Die ausschlüpfenden Larven bohren sich anschliessend in die Nadeln ein und induzieren durch ihre Miniertätigkeit die charakteristische Gallbildung (Abb. 3).
Diese führt zu Verdickungen, Verformungen, sowie auffälligen Verfärbungen der Nadeln (Abb. 4). Zuerst eher blass oder gelblich, verdunkeln sich die Gallen im Verlauf der Saison und können eine rote, braune oder sogar schwarze Farbe annehmen. Nach dem Einsetzen der ersten Frostereignisse verlassen die Larven die Nadeln und überwintern im Boden.
Auswirkungen auf das Baumwachstum
Da sich die Nadeloberfläche durch die Gallen verkleinert und die befallenen Nadeln zudem verfrüht herunterfallen, kann die Fotosyntheseleistung der befallenen Douglasien negativ beeinflusst werden. Starke, mehrjährige Befälle durch die Gallmücken können zur Verkümmerung oder zum Absterben einzelner Triebe oder Zweigkompartimente führen, was in Nordamerika vor allem in der Produktion von Weihnachtsbäumen ökonomische Schäden verursacht.
Deutliche Schädigungen werden in der Ursprungsregion aber insbesondere auch dann beobachtet, wenn die Gallmücken in Kombination mit anderen Schadorganismen wie beispielsweise der Russigen Douglasienschütte (Nothophaeocryptopus gaeumannii) oder Douglasienwollläusen (Adelges cooleyi) auftreten. Diese beiden Schadorganismen, welche bei uns mittlerweile ebenfalls heimisch sind, wurden im Rahmen des letztjährigen Monitorings auch in der Schweiz häufig in Kombination mit den invasiven Gallmücken gefunden.
Über das Schadpotenzial der Invasoren unter europäischen Bedingungen ist bisher nur wenig bekannt. Allerdings deuten belgische Langzeitdaten darauf hin, dass Gallmückenbefälle die Wachstumsrate von jungen Douglasien negativ beeinflussen können, wodurch sich auch ihre Konkurrenzkraft gegenüber anderen Baumarten wie der Fichte reduziert. Aus Belgien wurde zudem berichtet, dass 2018 Douglasienbestände beobachtet wurden, bei denen zwischen 30 und 50 % der jüngsten Nadeln befallen waren. Die in der Schweiz beobachteten Befallsraten sind zurzeit noch sehr gering.
Ausblick
Es muss angenommen werden, dass sich Douglasiengallmücken in der Schweiz weiter ausbreiten werden und sich vermutlich in sämtlichen Gebieten mit Douglasienanbau etablieren können. Unter günstigen klimatischen Bedingungen werden auch die verursachten Schäden in den nächsten Jahren zunehmen und so den biotischen Stress auf die Douglasien weiter erhöhen. Zusammen mit der Exposition gegenüber weiteren Schadorganismen, sowie dem stetig ansteigenden abiotischen Stress durch zunehmende Temperaturen und Störungen (z. B. Trockenheiten), wird dies für die Douglasie eine herausfordernde Eignungsprüfung als Zukunftsbaumart darstellen.
(TR)