Anmerkung der Redaktion:Der folgende Beitrag bezieht sich zwar speziell auf das Jahr 2006, doch sind die gemachten Aussagen auch grundsätzlich gültig und haben ihre Relevanz zum Beispiel schon im Jahr 2007 erneut eindrucksvoll bewiesen. 2007 fand in weiten Teilen Süddeutschlands eine Massenvermehrung von Mäusen statt – die beschriebenen Sachverhalte traten dann noch stärker auf.

Die rechtzeitige Prognose entscheidet über den Erfolg

Wegen des anhaltend warmen Sommers wird sich die Mäusepopulation vielerorts wieder von den Einbußen des strengen Winters erholen. Wichtig ist es daher, sich rechtzeitig einen Überblick über das Vorkommen und die derzeitige Höhe der Mäusepopulation zu verschaffen. Dies sollte möglichst bis zum Einsetzen der ersten Nachtfröste, die zum Absterben der Vegetation führen, geschehen.

Die Forstreviere melden im Frühjahr ihre Einschätzung über die Mäuseschäden an die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Heuer zeigte sich, dass die Fläche der Kategorie "bestandsbedrohende Schäden" bei den Erd-, Feld- und Rötelmäusen um das Vierfache höher als im vorherigen Winter lag, bei der Schermaus verdreifachte sich der Schaden. Dies liegt unter anderem in dem langen und schneereichen Winter begründet. Schneelagen von bis zu 2 m Höhe ermöglichten es den Mäusen, bis in die Kronen von zehn- bis fünfzehnjährigen Verjüngungen vorzudringen und sie durch Ringeln zum Absterben zu bringen. Während des langen Winters wurden auch die letzten Futtervorräte knapp, so dass Forstkulturen verstärkt angenommen wurden. Zudem waren die Mäusepopulationen bundesweit auf einem sehr hohen Niveau in den Winter gestartet.

Prognose

Wegen des warmen Julis 2006 hat sich die Mäusepopulation vielerorts wieder von den Einbußen des strengen Winters erholt. Eine rechtzeitige Prognose ist notwendig, um zu erkennen, ob eine Bekämpfungsnotwendigkeit zum Schutz von Laubholzkulturen besteht.

Vergraste und daher gefährdete Kulturen sollten auf Anwesenheit von Mäusen kontrolliert werden. Sichtbare Mäuse beim Betreten der Fläche, von Mäusen verursachte "Grastunnel" am Boden oder benagte Köder (Apfel- bzw. Karottenstückchen) weisen auf eine erhöhte Population hin. Bei Nahrungsmangel nach den ersten scharfen Nachtfrösten benagen Kurzschwanzmäuse die Rinde von jungen Bäumchen und Sträuchern. Allerspätestens ab diesem Zeitpunkt muss eine Prognose durchgeführt werden, um Kenntnis über das mögliche Schadensausmaß zu erhalten.

Bisher wird für die Erd-, Feld- und Rötelmaus die Schlagfallenprognose und vor allem in den nördlichen Bundesländern die Steckholzmethode angewendet. Beide Verfahren unterliegen einigen Unzulänglichkeiten, vor allem im Hinblick auf die Aussagefähigkeit der "Kritischen Zahlen". Sie zeigen nur den momentanen Mäusebesatz, sagen aber nichts über die weitere Entwicklung aus.

Explizite Nachteile der Schlagfallen sind der hohe Arbeits- und Zeitaufwand für Auf- und Abbau sowie für die Kontrollen der Fallen. Es treten immer wieder Fallenfehlfunktionen, Köderscheu und unerwünschte Beifänge (Langschwanz- und Spitzmäuse, Schnecken...) auf. Jahreszeitliche Unterschiede in der Köderpräferenz und damit der Annahme der Köder bleiben unberücksichtigt, ebenso andere wichtige Parameter wie Baumart, Witterung, Vegetationsausstattung und die angrenzenden Biotope.

Als Steckhölzer haben sich am besten Apfelreiser bewährt, ersatzweise frische Triebe von Rot- und Hainbuchen. Die Steckhölzer werden diagonal in zwei Reihen über die Fläche verteilt alle zwei Meter in den Boden gesteckt. Nach einer Woche werden die Steckhölzer auf Nagespuren untersucht. Nach einer weiteren Woche wird nochmals kontrolliert. Wenn nach zwei Wochen mehr als 20 Prozent der Hölzer stark benagt sind, ist von einer erhöhten Gefährdung auszugehen: Man sollte unbedingt unterscheiden, ob die Mäuse intensiv genagt oder nur "genascht" haben. Ansonsten werden die Benagungsprozente schnell überbewertet.

Bereits 1997 führte die LWF zu dieser Methode einen Praxisversuch durch. Die Ergebnisse konnten die Aussagefähigkeit der Steckhölzer nicht bestätigen. 2005 wurde dieser Versuch von der LWF wiederholt und soll dieses Jahr noch einmal getestet werden. Die Ergebnisse werden gesondert veröffentlicht.

Bei der Schermaus eignen sich die bekannten Verfahren der Verwühlprobe und das Auslegen von Kontrollködern in den bereits im September ausgebrachten Köderstationen. Eine Bekämpfung der Schermaus ist nur während der Vegetationsruhe vom Spätherbst bis etwa März sinnvoll. Im Herbst sind die Wintervorräte bereits gesammelt. Die Köder werden direkt angenommen und nicht in den Vorratskammern gelagert, wo sie verderben und ihre Wirksamkeit verlieren. Außerdem ist die Wanderaktivität der Mäuse weitestgehend abgeschlossen, so dass die Baue der abgetöteten Mäuse meist bis zum Frühjahrsbeginn unbesetzt bleiben. Schäden sind aber meist erst im Frühjahr zu sehen (schief stehende Bäumchen). Eine Bekämpfung wäre zu diesem Zeitpunkt nicht sinnvoll, denn während der Vegetationsperiode richten die Schermäuse keinen Schaden an und eine Baubeköderung das ganze Jahr über würde die Resistenzentwicklung fördern. Als Zeitpunkt für die Prognose ist bei der Schermaus somit der Oktober bzw. November (vor einsetzendem Frost!) zu empfehlen.

Entscheidungshilfen

Beim Einsatz von Rodentiziden im Wald ist ein verantwortungsvoller und wohl überlegter Gebrauch der Mittel nach der guten fachlichen Praxis selbstverständlich. Bevor die Entscheidung über eine Bekämpfung fällt, ist eine Prognose notwendig. Hierbei sollten die folgenden Entscheidungshilfen beachtet werden:

  • Ist die Fläche stark vergrast?
  • Ist die Fläche mit mäusegefährdeten Baumart bestockt?
  • Gibt es angrenzende Mäusebiotope, Zuwanderung von Feldern?
  • Zeigten Probefänge im Revier bereits erhöhte Dichte?
  • Sind frische Fraßschäden vorhanden?
  • Zeichen einer aktuellen Besiedlung (Fraßplätze, Kot, Gänge, Verwühlungen)?
  • Wurde die Fläche bereits in Vergangenheit geschädigt?
  • Ist bereits das waldbauliche Ziel gefährdet?
  • Wurden eventuell ausgebrachte Steckhölzer benagt?
  • Deutet sich in Nachbarrevieren eine Erhöhung der Mäusepopulation an?

Grundsätzlich ist im Sinne einer Prophylaxe soweit wie möglich die Vergrasung von Kulturflächen zu vermeiden. Um Schermausschäden weitgehend zu reduzieren, sollten Wiesenbrachen vor einer Aufforstung umgebrochen werden, um das Nahrungsangebot für die Mäuse zu verringern. Auch Repellentien (Stoffe, die die Tiere vergrämen bzw. abschrecken sollen; meistens Geruchstoffe) und mechanischer Schutz (Fegespiralen) können kleinflächig helfen.