Borkenkäfer gehören zur natürlichen Artenausstattung unserer Nadelwälder. Unter bestimmten Umständen neigen vor allem Fichtenborkenkäfer jedoch zu Massenvermehrungen, die ohne ausreichende Waldschutzmaßnahmen zu gravierenden wirtschaftlichen und landeskulturellen Schäden führen können. Daher muss befallenes bzw. bruttaugliches Material zeitgerecht aus den Wäldern entfernt werden. Wenn es zu Engpässen bei der Holzaufarbeitung oder der Rundholzlogistik kommt, keine Lagerplätze in einem ausreichenden Abstand zum Wald zur Verfügung stehen und alle nicht-chemischen Verfahren gegen Borkenkäfer ausgeschöpft sind, können für die Borkenkäferbekämpfung zugelassene Insektizide zu einer Behandlung der Holzpolter als Ultima Ratio eingesetzt werden.

Pflanzenschutzmittelanwendung im Forst

Die naturnahe Forstwirtschaft strebt eine Minimierung des Pflanzenschutzmittel (PSM)-Einsatzes an. Eine auf das Minimum beschränkte Pflanzenschutzmittel-Anwendung nach guter fachlicher Praxis kann – als letztes Mittel der Wahl – nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn Gefahr im Verzug gegeben ist und alle präventiven, mechanischen, technischen und biologischen Maßnahmen ausgeschöpft sind (Substitutionsgebot).

Im Rahmen der Fichtenborkenkäferbekämpfung kann es notwendig werden, lagerndes Holz vor Borkenkäferbefall zu schützen oder gegen Käferausflug mit Hilfe von Pflanzenschutzmitteln zu behandeln. Ein Insektizideinsatz bringt nur dann einen wirksamen Schutz vor Befall oder Käferausflug, wenn die Maßnahme zeitlich gut geplant wird, die Anwendung sachgemäß erfolgt und die Wirkung kontrolliert wird!

Borkenkäferbehandlung mit Pflanzenschutzmitteln

Jeder, der Polterspritzungen vornimmt, muss sachkundig im Pflanzenschutz sein und eine gültige Fortbildung nachweisen. Dies gilt auch für Waldbesitzer, die nur kleinere Flächen besitzen sowie für forstliche Zusammenschlüsse, die im Auftrag Dritter die Polterbehandlung durchführen. Personen, die für Dritte Pflanzenschutzmittel einsetzten, müssen bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) registriert sein.

  • Wirkung und Wirksamkeit von Pflanzenschutzmitteln: Die für die Borkenkäferbehandlung zugelassenen bzw. noch in der gesetzlichen Aufbrauchfrist befindlichen PSM gehören zur Wirkstoffgruppe der synthetischen Pyrethroide. Sie wirken als Fraß- und Kontaktgift. Die Berührung mit dem Präparat verursacht bei Insekten eine Schädigung des Nervensystems. Dies führt zu unkoordinierten Bewegungen und schließlich zum Tod der Tiere. Die Wirksamkeit beträgt je nach Präparat und Anwendungsgebiet bis zu 24 Wochen. Der biologische Abbau erfolgt über kolloidale Immobilisierung und Bindung im Oberboden. Der angetrocknete Spritzbelag ist regenbeständig. Dennoch sollte bei anhaltenden Regenfällen oder hohen Temperaturen die Wirkung des Insektizids überprüft werden. Am besten erkennt man diese bei Käfern, die versucht haben, sich einzubohren: Aufgrund der Kontaktwirkung des Mittels schaffen sie es nicht weit in die Rinde. Zudem findet man dann tote Käfer auf dem Polter oder auch daneben liegend.
  • Welche Pflanzenschutzmittel stehen zur Verfügung?: Die jeweils aktuell zugelassenen PSM zur Borkenkäferbekämpfung im Forst sind in der Online-Datenbank "Pflanzenschutzmittel" des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BLV) abrufbar (www.bvl.bund.de). Derzeit ist nur ein Insektizid zum Spritzen für eine Polterbehandlung gegen rindenbrütende Borkenkäfer zugelassen (Stand: 28.01.2022): "KARATE® FORST flüssig" ist ein Insektizid, das als Suspension auf die Holzpolter gespritzt werden muss. Die Aufwandmenge liegt bei 3–5 Litern je Kubikmeter. Die Zulassung endet zum 31.08.2022. Die LWF bereitet für forstliche Anwender jeweils zum Jahresanfang Informationen über zugelassene Pflanzenschutzmittel im Wald auf. Die Neuerungen werden im Newsletter "Blickpunkt Waldschutz" veröffentlicht und sind auf der Internetseite der LWF nachzulesen.
  • Kennzeichnungspflicht: Grundsätzlich besteht keine generelle Kennzeichnungspflicht von mit Pflanzenschutzmitteln behandelten Holzpoltern. Tipp: Vermerken Sie das Datum der Pflanzenschutzmittel-Anwendung auf dem Holzpolter!

Auflagen in Schutzgebieten

  • Wasserschutzgebiete: In Zone I von Wasserschutzgebieten ist eine Pflanzenschutzmittel-Anwendung grundsätzlich nicht möglich. In Zone II und Zone III ist eine solche von der Schutzgebietsverordnung sowie der Wasserschutzgebietsauflage des Pflanzenschutzmittels abhängig.
  • Naturschutzgebiete, gesetzlich geschützte Biotope (§30 BNatschG), gesetzlich geschützte Landschaftsbestandteile (Art. 23 BayNatSchG): In Bayern ist das Behandeln von Poltern in diesen Gebieten verboten (Art. 23a BayNatSchG).  Ausnahmen können von den örtlichen Unteren Naturschutzbehörden erteilt werden.
  • Natura 2000-Gebiete, Nationale Naturmonumente, Naturdenkmäler: Neben den Anwendungsbestimmungen der Pflanzenschutzmittel können in Natura 2000-Gebieten die jeweiligen Managementpläne einen möglichen PSM-Einsatz regeln. Es dürfen in den genannten Gebieten nur Mittel verwendet werden, die eine "B4" Einstufung oder keine Auflage "NN 410 (Bestäubergefährdung)" haben (§4 Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung). Zur Abwendung erheblicher forstwirtschaftlicher Schäden oder zum Schutz der heimischen Tier- und Pflanzenwelt – insbesondere vor invasiven Arten - können Ausnahmen bei der Unteren Forstbehörde beantragt werden. Bei "KARATE® Forst flüssig" sind die beiden Anwendungsbestimmungen aber nicht einschlägig – es ergeben sich aus dieser gesetzlichen Quelle keine Einschränkungen für die Anwendung in diesen Schutzgebietskategorien.

Praktische Anwendung

Bei der Polterbehandlung ist zunächst zu beachten, dass nur liegendes, gerücktes Holz gespritzt werden darf. Gipfelmaterial, stehende Bäume oder eine flächige Behandlung ganzer Waldbeständen ist nicht erlaubt.

Das gerückte Holz muss dabei auf einer unbefestigten Waldfläche lagern. Nicht zulässig sind Wendeplätzen, Forststraßen und Waldwegen sowie landwirtschaftliche und sonstige "Nicht-Wald"-Flächen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Anwendungsgebiet aber geändert werden. Anträge nach § 22 Abs. 2 Pflanzenschutzgesetz sind dazu bei der LfL zu stellen.

Entscheidend für den Erfolg einer Polterspritzung ist der Zeitpunkt der Behandlung. Diese muss vor Ausflug der Borkenkäfer aus einem befallenen Holzpolter bzw. bei festgestellter Gefährdung des gesunden Holzpolters erfolgen. Dabei ist auf eine trocken-warme Witterung zu achten. Bei starkem Wind, hoher Luftfeuchte, Niederschlägen und feuchten Oberflächen ist von einer Behandlung abzusehen.

 

Wie läuft eine Polterspritzung ab?

  1. Im Umgriff des Holzpolters müssen alle Blühpflanzen, Beeren und Pilze entfernt werden.
  2. Das Holzpolter muss tropfnass bespritzt werden (beginnende Tropfenbildung), bis die Mantelfläche des Polters sichtbar benetzt ist. Dabei auf die maximale Aufwandmenge achten!
  3. Stirnflächen sowie Stammzwischenräume müssen zwingend mit behandelt werden. Es gilt zu vermeiden, dass Spritzflüssigkeit zu Boden tropft.
  4. Große Polter sollten lagenweise behandelt werden, andernfalls ist die Wirksamkeit gering.
  5. Die Holzpolter sollten nicht höher als zwei Meter sein, da mit der Höhe die Abdriftwerte zunehmen.
  6. Die behandelte Mantelfläche erst wieder betreten, wenn der Spritzbelag gut angetrocknet ist.

Tipp: Arbeiten Sie beim Einsatz von Anbaugeräten im Zwei-Mann-Verfahren. So verhindern Sie den Eintrag von Pflanzenschutzmittel in die Fahrzeugkabine!

Geräteeinsatz und Schutzmaßnahmen

  • Geräteeinsatz: Zur Polterbehandlung sind nur Spritzgeräte zugelassen. Geeignete Spritzgeräte benötigen selektiv regulierbare Düsen, wie beispielsweise Anbauspritzen mit einer einzelnen Spritzvorrichtung. Eine Ausbringung mit Feldspritze und Schwenkarm ist unzulässig.
  • Persönliche Schutzausrüstung: Die genauen Vorgaben zum Anwenderschutz sind im Sicherheitsdatenblatt des jeweiligen Pflanzenschutzmittels aufgeführt. Der empfohlene Mindeststandard zum Anwenderschutz ist wie folgt:
    • Schutzanzug mit Kapuze (min. DIN 32781)
    • Pflanzenschutzhandschuhe
    • Gummistiefel
    • Schutzbrille
    • Halb- bzw. Vollmaske mit Kombifilter
    • bei unverdünntem Pflanzenschutzmittel: Gummischürze
  • Restmengen und Gerätereinigung: Grundsätzlich soll nur die unbedingt benötigte Menge an Spritzbrühe hergestellt werden. Unvermeidbare Restmengen können mit Wasser im Verhältnis 1 : 10 auf der abgetrockneten Behandlungsfläche aufgebracht werden. Die Reinigung der Geräte muss ebenfalls auf der Behandlungsfläche durchgeführt werden.
  • Dokumentationspflicht: Alle Pflanzenschutzmittelanwendungen müssen vom Anwender dokumentiert werden. Dies kann formlos erfolgen. Die Aufbewahrungsdauer beträgt drei Jahre ab Beginn des Folgejahres. Die Aufzeichnungen werden vom jeweiligen Betriebsleiter zusammengeführt.