Infolge ungünstiger Abfolge von Wärme- und Kälteperioden gegen Ende des Winters und zu Beginn der Vegetationszeit sind verbreitet Absterbeerscheinungen bei der Douglasie zu beobachten. In unterschiedlichen Regionen und Höhenlagen Baden-Württembergs zeigen betroffene Douglasien nach dem Winter 2021/2022 noch vor dem Knospenaustrieb über große Teile der Krone eine Rötung der Nadeln. Meist fehlen weitere Merkmale, die auf eine Erkrankung oder einen Insektenbefall hindeuten. Ist die gesamte Krone davon betroffen, kann es auch zum Absterben der Pflanzen kommen.
Symptome
Die Hauptsymptome der physiologischen Nadelröte zeigen sich bei dem aktuellen Schadgeschehen vermehrt in der Oberkrone, wobei geschütztere Kronenbereiche von einer Schädigung ausgenommen sein können und grün verbleiben. Mit ähnlichem Bild zeichnen auch die Nadeln am Trieb selbst: am ehesten sind Nadelspitzen betroffen und die Nadelbasis bleibt teilweise noch grün (Abb. 1). Das Phänomen betrifft vor allem junge Pflanzungen. Diese Nadelröte bzw. Kronenröte ist irreversibel und in der Folge nicht selten letal für die Pflanze.
Dieses Phänomen konnte schon in früheren Jahren für Südwestdeutschland beobachtet werden und auch aus anderen Regionen in Mitteleuropa liegen dazu aktuelle Schadensmeldungen vor.
Ursachen
Als wichtige Auslöser der Schädigung werden für Douglasie ungünstige Abfolgen von Wärme- und Kälteperioden (Frost-Tau-Zyklen) gegen Ende des Winters und im frühen Frühjahr erachtet. Diese physiologische Störung tritt bis zum Austrieb der Bäume während derartigen klimatischen Bedingungen unter beständigen Hochdruckeinflüssen auf.
Es wird davon ausgegangen, dass bei warmen, sonnigen Wintertagen und im frühen Frühjahr bei noch gefrorenem oder kaltem Boden ein Wasserverlust durch die Transpiration nicht durch die Wasseraufnahme über die Wurzeln ausgeglichen werden kann.
Besonders im März 2022 war das Wetter sehr sonnig bei gleichzeitig hohen täglichen Temperaturschwankungen. Hinzu kamen trocken-kalte Windverhältnisse, welche das Phänomen verstärkt haben. Junge Douglasien mit schwach entwickeltem oder flachstreichendem Wurzelsystem scheinen besonders davon betroffen zu sein. Im Stangenholz bleibt der Schaden häufig auf die direkt der Sonne ausgesetzten Kronenteile beschränkt.
Ermöglicht wird durch eine solche witterungsbedingte Sondersituation in der Übergangszeit auch ein Schaden durch direkte Kälteeinwirkung an Nadeln und Trieben (Frosttod), wenn zuvor aufgrund erhöhter Sonneneinstrahlung ein Herabsetzen der kritischen Frosttoleranz an strahlungsexponierten Kronenbereichen erfolgt.
Aktuelle Situation für Südwestdeutschland
Zusammenfassend können folgende bisherigen meteorologischen Bedingungen in 2022 erklärend für die Ursache der physiologischen Nadelröte an Douglasie Bedeutung haben:
Im Vergleich zum langjährigen Mittel erwies sich der Winter 2021/2022 als überdurchschnittlich warm. Nach dem Februar, der mehrere Sturmtiefs und Regenfälle mit sich brachte, trat im März folgende, für die Douglasie ungünstige Abfolge von kurzfristigen Temperaturschwankungen, auf: Nach einer kontinuierlichen Erwärmung ab dem 8. März gab es nach Maximaltemperaturen am 28. März von 22°C in Freiburg bzw. 17°C in Freudenstadt einen Temperatursturz mit Minimaltemperaturen am 04. April von -4,8°C bzw. -8,8°C. Die Maximaltemperaturen vom 28. März sind bereits wieder nach 8 Tagen zum 12. April erreicht worden. Begleitet wurde diese in kurzer Zeit abrupte Temperaturschwankung mit 25° teilweise mit heftigen Starkregenereignissen (Abb. 2).
Der Monat März war ansonsten geprägt durch extrem wenig Niederschlag. Über die Gesamtfläche Baden-Württembergs fiel an Regen im Schnitt 20 mm (von 70 mm im langjährigen Mittel) in Freudenstadt auf 797 m. ü. NN im Extremfall auch nur 16% des dortigen Durchschnittes. Gleichzeitig kennzeichnete den März eine sehr hohe Sonnenscheindauer mit einem neuen Rekordwert (Quelle: Deutscher Wetterdienst).
Maßnahmen und Prognose
Freiflächen werden als besonders gefährdet angesehen. Kulturen mit Windschutz von der Seite bzw. Naturverjüngungen sind weniger von diesem Schadphänomen betroffen. Bei Pflanzungen ist die Durchwurzelung des Bodens entscheidend. Die physiologische Nadelröte betrifft verbreitet die Mittelgebirgsregionen, wobei alle Hänge und Bodenarten betroffen sein können.
Folgende zusätzliche Faktoren können zu einer Intensivierung der durch das Phänomen verursachten Schäden führen:
- Vorhandensein von Wurzelfäulen, bspw. mit Wurzelschwamm oder Hallimasch (Abb. 3a).
- Wurzeldefekte und Defizite, die mit den Setzlingen oder der Pflanzung zusammenhängen (Abb. 4b).
- Freiflächen und offene Anpflanzungen, die nicht von einer sie schützenden Waldatmosphäre profitieren (Abb. 4a).
Ebenso von Bedeutung für die Intensität der aktuellen Schädigungen von Douglasien sind die durch Dürre und Hitzeperioden gekennzeichneten Jahre 2018-2020 und die Witterungsbedingungen zum Anfang der Vegetationsperiode im Folgejahr 2021. Der vor allem kühle (kälteste seit 1991) aber auch feuchte Mai 2021 und der reichliche Niederschlag im darauffolgenden sehr warmen Juni führten zu optimalen Infektionsbedingungen für viele die Douglasie trieb- und nadelschädigenden Pathogene. So wurden Schäden an noch unverholzten Austrieben oder nicht vollständig entwickelten Nadeln häufig durch das Diplodia-Triebsterben, die Rußige Douglasienschütte und zum Teil auch durch das Sirococcus-Triebsterben oder die Grauschimmelfäule verursacht. In einigen Fällen ist hier mit einer Überlagerung der aktuellen Symptome zusammen mit den Vorschädigungen zu rechnen. Dasselbe gilt auch für Individuen, welche mit einem Befall der Douglasienwolllaus oder Douglasiengallmücke aufwarten.
Erschwerend kommt es an stark geschwächten Individuen zu Brutversuchen des Furchenflügeligen Fichtenborkenkäfers (Abb. 3b) oder des Kupferstechers. Absterbende und wipfeldürre Douglasien mit Käferbefall sollten daher vorsichtshalber vernichtet werden.
Es empfiehlt sich bei anhaltend risikoreichen Bedingungen – vor allem in frostanfälligen Lagen – mit Säuberungsarbeiten auf Parzellen und frühzeitigem Auslichten bis zum Austrieb zu warten.
Individuelle und genetisch fixierte Unterschiede in der Frostresistenz sind sowohl bei Var. menziesii wie auch für Var. glauca nachgewiesen. Andererseits besteht eine gewisse Empfindlichkeit für die Douglasie gegenüber Spätfrösten, die dann einen frischen Austrieb besonders im Mai schädigen. Solche Spätfrostschäden an Douglasie können aber meist im Laufe der gleichen Vegetationsperiode ausgeheilt werden. Der Douglasie wird insgesamt ein sehr hohes Regenerationsvermögen auch nach stärkeren Schädigungen zugesprochen.
Abb. 4a: Der obere Kronenanteil der Douglasie wurde aufgrund seiner ungünstigeren Exposition gegenüber Sonneneinstrahlung und Temperaturabfällen geschädigt. Die in günstigerer Position befindlichen unteren Kronenbereiche blieben hingegen von der Schädigung durch Frosttrocknis ausgenommen (Foto: Borchers).