Das Jahr 2018 war in Deutschland das bisher wärmste, sonnenscheinreichste und eines der niederschlagärmsten Jahre seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen [1]. Durch eine zusätzliche Verschiebung der Niederschläge in die Wintermonate erhöht sich nicht nur das Dürrerisiko im Sommer, sondern auch das Überschwemmungsrisiko im Winter, da durch mildere Winter viele Niederschläge als Regen niedergehen. Die fehlende Vegetation erhöht in dieser Zeit den Oberflächenabfluss. Strenge Winterfröste sind weiterhin möglich.

Extremwetterereignisse

Auch Anzahl und Intensität von Extremwetterereignissen wie Sturm, Hagel, Starkregen und Nassschnee nehmen weiter zu [2].

Einige dieser Phänomene sind in den vergangenen Jahren aufgetreten und bereits messbar (Abb. 1).

Nutznießer der Klimaveränderungen

Die genannten Klimaveränderungen führen zu physiologischem Stress für die Bäume. Hierdurch werden Sie für einen Befall durch Schaderreger prädisponiert – es erhöht sich also ihre Anfälligkeit für potenzielle Schaderreger.

Verschiedene forstliche Schadinsekten sind Nutznießer dieser Klimaveränderungen.

Neben dem Buchdrucker (siehe Kapitel Klimawandel – Buchdrucker wird massiver Schadfaktor im Wald profitieren auch weitere potenzielle Schadinsektenarten von den warmen und trockenen Frühjahren und Sommern. Die Entwicklungsdauer des Waldmaikäfers (Melolontha hippocastani, siehe Abb. 2) verkürzt sich beispielsweise von vier auf drei Jahre.

Diese Entwicklung führt zur Ausbildung von Nebenflugstämmen, damit häufigeren Flugjahren und letztlich zu einem erhöhten Fraßdruck auf die Wirtsbäume [4] [5].

In den Tieflagen des österreichischen und bayerischen Alpenvorlandes kann die sonst nur als unscheinbare Begleitart der Kleinen Fichtenblattwespe (Pristiphora abietina) auftretende Fichtengebirgsblattwespe (Pachynematus montanus) von einem früheren Nadelaustrieb der Fichten profitieren. Sie ist im Gegensatz zur Kleinen Fichtenblattwespe bei der Eiablage nicht auf ein bestimmtes Nadelstadium des Austriebs angewiesen und kann so die Kleine Fichtenblattwespe verdrängen [6].

Gegenspieler der Schadinsekten

Auch Gegenspieler (Antagonisten) der Schadinsekten profitieren von den Klimaveränderungen. Durch mildere Temperaturen werden die Lebensbedingungen für Pilze verbessert, die Schadinsekten wie z. B. den Buchdrucker befallen und abtöten können.

Die zunehmende Zahl von potenziellen Zugvögeln, die aufgrund der milderen Winter in unseren Breiten verbleiben und nicht mehr in ihre Winterquartiere ziehen, erhöht den Fraßdruck auf Schadinsekten insbesondere im Winterhalbjahr.

Jedoch ist die klimainduzierte schnellere Entwicklung für Insekten nicht immer von Vorteil. Bei bestimmten Schmetterlings- und Wespenarten spielt die Koinzidenz von Raupenschlupf und Blattaustrieb der Wirtspflanze eine entscheidende Rolle. Schlüpfen die Larven des Kleinen Frostspanners (Operophthera brumata) aufgrund milderer Temperaturen früher im Jahr, die Wirtsbäume treiben aber verzögert aus, kann es passieren, dass die Raupen verhungern, da nur wenige Tage Spielraum zwischen Schlüpfen und Blattaustrieb als Futterquelle bestehen.

Inwieweit für einzelne Arten populationsfördernde gegenüber populationshemmenden Effekten überwiegen und diese Arten somit bilanziell vom Klimawandel profitieren, ist oft nur anhand der empirischen Erfahrungen zu beantworten und könnte Gegenstand weiterer Forschung sein.

Besonders die Auswirkungen der Klimaveränderungen auf die Gegenspieler sind oft nicht ausreichend geklärt und könnten Gegenstand weiterer Forschung sein.

Da Vorhersagen hinsichtlich der Entwicklungsdynamik der Schadinsekten sehr schwierig sind, ist es umso wichtiger, ein intensives Monitoring und geeignete Frühwarnsysteme zu betreiben.

Quellenangaben

  1. DWD – Pressemitteilung: Deutschlandwetter im Jahr 2018
  2. Delb, H. (2013): Auswirkungen des Klimawandels auf den Wald in Rheinland-Pfalz. Teilbericht Waldschutz und Klimawandel–Rheinland-Pfalz Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen [HRSG.]: Schlussberichte des Landesprojekts Klima- und Landschaftswandel in Rheinland-Pfalz (KlimLandRP), Teil 4, Modul Wald: 59 S.
  3. www.dwd.de/DE/presse/pressemitteilungen/DE/2019/20191126_gemeinsame_pm_uba_dwd_news.html (Zugriff am 16.02.2021).
  4. Delb, H. (2004): Monitoring der Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani F.) - Populationen und der Schäden durch Engerlinge in der nördlichen Oberrheinebene, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Nachrichtenblatt Deutscher Pflanzenschutzdienst 56, S. 108-116.
  5. Mattes, J. & Delb, H. (2002): Überwachung des Waldmaikäfers (Melolontha hippocastani F.) in der nördlichen Oberrheinebene, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Mitteilungen aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft 390, S. 460-461.
  6. Schafellner, C.; Schopf, A. (2014): Massenauftreten der Fichtengebirgsblattwespe in Tieflagen als Folge des Klimawandels? BFW Forstschutz Aktuell 60/61, S. 12-19.

Ratgeber Forstliches Krisenmanagement

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