Sowohl ein hoher Anteil an Privatwald wie auch ein hoher Anteil an Kiefern prägen den Raum Roth in Mittelfranken. Eine Region, in der der Waldumbau vornagetrieben werden soll, in der es wichtig ist klimatolerante Mischwälder zu begründen. Hier wurden an Buchenvoranbauten in Kiefernreinbeständen im Jahr 2012 starke Ausfälle registriert. Fraßspuren an den Wurzeln der Buchen lenkten den Anfangsverdacht auf den Maikäfer. Genauere Untersuchungen konnten aber Raupen von Wurzelbohrerarten (Hepialidae) als die Übeltäter entlarven.

Fraßspuren an den Wurzeln

Bei den abgestorbenen Buchen waren die Wurzeln in fünf bis zehn Zentimetern Tiefe, bei den Heidelbeeren ebenfalls in etwa zehn Zentimetern Tiefe komplett abgetrennt. Zusätzlich wurden an den Wurzeln knapp unterhalb der Oberfläche unregelmäßig ausgeformte Verletzungen gefunden (Abb. 1). Hier war zum Teil mehr als der halbe Wurzeldurchmesser abgefressen, kurz unterhalb der Wurzeloberfläche fanden sich teilweise in Längsrichtung verlaufende, etwa fünf Millimeter breite Fraßgänge.

Auf den Grund gegangen

Um die Ursache der Ausfälle zu klären, haben Wissenschaftler der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) Probegrabungen in Kiefernbeständen im Raum Roth durchgeführt. Es handelt sich um einschichtige Kiefernreinbestände mit üppigem Heidelbeerbewuchs auf mäßig trockenen bis mäßig frischen Sanden. Die Wissenschaftler untersuchten in vier Beständen eine Fläche von sechs Quadratmetern. Diese waren auf sechs Teilflächen mit jeweils neun Punkten aufgeteilt.

Vier der sechs Teilflächen liegen quadratisch in der Mitte (Abstand 5 m), die beiden restlichen Teilflächen in diagonaler Verlängerung (Abstand 15 bis 20 m). Die Punkte sind als lateinisches Quadrat mit einem Abstand von drei Metern zueinander angeordnet. Ein Punkt hat eine Fläche von 0,13 Quadratmetern. Gegraben wurde bis kurz unter die Humusschicht.

Verschiedene Arten

Die Raupen sind weißlich durchscheinend. Insgesamt wurden 197 Stück bei den Probegrabungen gefunden. 19 davon hatten einen dunklen Kopf sowie eine dunkle Oberseite der ersten drei Brustsegmente. Diese Raupen waren 30 bis 40 Millimeter lang und ungefähr drei Millimeter dick. Es waren Raupen des Heidekraut-Wurzelbohrers (Phymatopus hecta).

Die übrigen 178 Raupen hatten eine hellbraune Kopfkapsel sowie eine helle, braun-orange Oberseite der ersten drei Brustsegmente (Abb. 2). Sie lassen sich in drei Größenklassen einteilen:

groß3-5 cm langetwa 5 mm dick
mittel2-3 cm lang1-2 mm dick
klein0,7-1,5 cm langetwa 1 mm dick

Da die Raupen verschiedener Arten sich sehr ähnlich sind, konnte die Art noch nicht eindeutig bestimmt werden. In Betracht kommen folgende vier Arten:

  • Adlerfarn-Wurzelbohrer (Korscheltellus fusconebulosa)
  • Ampfer-Wurzelbohrer (Triodia sylvina)
  • Schwärzlicher Wurzelbohrer (Pharmacis carna)
  • Kleiner Hopfen-Wurzelbohrer (Korscheltellus lupulina)

Aufschluss über die Art soll eine DNA-Analyse geben.

Viele Eier zu unterschiedlichen Zeiten

Die Weibchen aller Wurzelbohrer streuen ihre Eier im Flug oder bei kurzzeitigem Sitzen in die Vegetation. Die Eier sind elliptisch bis eiförmig und etwa 0,5 bis 0,8 Millimeter klein. Anfangs sind sie gelblichweiß, färben sich aber innerhalb weniger Stunden in olivgrau bis schwarz. Die Raupen leben in der Humusschicht und überwintern dort in frostsicheren Zonen. Sie fressen polyphag an einer Vielzahl von krautigen Pflanzen. Dennoch gibt es Unterschiede:

 EntwicklungszeitFlugzeitEier pro Weibchen
Heidekraut-Wurzelbohrer1 JahrMitte Mai - Anfang August280-330
Adlerfarn-Wurzelbohrer2-3 JahreEnde Mai - Anfang Julibis 500
Ampfer-Wurzelbohrer1-2 JahreMitte Juli - Mitte Septemberbis 2.500
Schwärzlicher Wurzelbohrer2-3 JahreAnfang Juli - Mitte August 

Fakten und Beobachtungen

Die Raupen der Wurzelbohrer wurden nur in der Humusschicht von Beständen festgestellt, in denen auch Heidelbeeren wuchsen. Andere krautige Pflanzen sind in den Beständen nicht vorhanden. Es gab keine Funde unter einer reinen Moosschicht (ohne Heidelbeere). Die 178 Raupen der hellen Variante verteilten sich folgendermaßen:

 SituationRaupenanzahlRaupengröße
Fläche 1Fraß wird schon seit etwa drei Jahren beobachtet, 30-40 % des Buchenvoranbaus sind ausgefallen, Heidelbeere einzeln oder in Kreisen mit 2-3 m Durchmesser abgestorben10 Raupengroß 40 %

mittel 60 %

Fläche 2kein Buchenvoranbau, Heidelbeere nur vereinzelt abgestorben; starke Fraßspuren an noch grüner Heidelbeere101 Raupengroß 28 %

mittel 38 %

klein 34 %

Fläche 3etwa zehn Jahre alter Buchenvoranbau und Heidelbeere vereinzelt abgestorben25 Raupengroß 28 %

mittel 38 %

klein 34 %

Fläche 4keine abgestorbenen Heidelbeeren, wurde als „Null-Fläche“ betrachtet42 Raupengroß 28 %

mittel 38 %

klein 34 %

Die großen Raupen fanden sich meist an der Grenze vom Humus zum Mineralboden, die beiden kleineren Größenklassen dagegen in der gesamten Humusschicht.

Fraßspuren der Raupen wurden bisher an Buche, Eiche und Roteiche festgestellt. An Nadelholz und Hainbuche konnten noch keine Schäden durch Fraß von Wurzelbohrerraupen beobachtet werden.

Während das Genagsel (Abb. 2) oft auf der ganzen Fläche zu finden war, traten die Raupen meist geklumpt auf (Abb. 3). Direkt unter einer Fahrspur wurden sechs Raupen (auf etwa 0,13 m2) sowie eine große Menge Genagsel gefunden.

Erklärungsversuche

Da einige Arten der Wurzelbohrer zweimal überwintern und eine relativ lange Flugzeit haben, könnten die kleinen und mittleren Raupen der hellen Variante aus dem letzten Jahr, die großen aus dem vorletzten Jahr stammen. Damit hätten wir es hier mit 28 Prozent zweijährigen und 72 Prozent einjährigen Raupen zu tun. Dies würde auch die Abweichung der Größenverteilung auf der Fläche 1 erklären. Ebenfalls dafür spräche eine hohe Sterblichkeit der Raupen über die Entwicklungszeit aufgrund von beispielsweise Schimmelpilzen, Frost, Schlupfwespen und Maulwürfen.

Überraschend war, dass auf der Fläche 4 bei einer oberirdischen Beurteilung keine Schäden ersichtlich waren, hier aber mit 42 Raupen die zweithöchste Anzahl gefunden wurde. Die hohe Zahl scheint im Widerspruch zu dem geringen Schadensausmaß zu stehen. Grund dafür könnte sein, dass die Dichte, welche zu größeren Schäden führt, auf dieser Fläche noch nicht erreicht wurde. Da die Grabungen aber nur eine Momentaufnahme darstellen und bisher noch keine Daten über den Massenwechsel der Arten vorliegen, können nur weitere Untersuchungen Aufschluss geben.

Es scheint, als beeinflussen eher lokale Gegebenheiten die Dichte, weniger großräumige Einflüsse. Die Grabungen erfolgten alle auf sehr kleinem Raum westlich von Roth. Während auf Fläche 1 die Massenvermehrung wohl vorüber ist, sich die Population in der Latenz befindet, deuten die Funde auf Fläche 2 auf eine dort im Gang befindliche Progradation. Aber auch das muss noch weiter untersucht werden.

Eine kleine Grabung auf einem wechselfeuchten Standort legt den Schluss nahe, dass dort kein Lebensraum für die Raupen ist. Buchen können dort wohl ohne Gefahr vor dem Wurzelborer gepflanzt werden.

Ausblick

Die Grabungen sollen im nächsten Jahr wiederholt werden. Außerdem findet eine Vegetationsaufnahme statt, um die Schadverläufe vergleichen zu können. Zusätzlich ist mit den hellen Raupen ein Fraßversuch geplant, um mehr Informationen über das Wirtsspektrum – vor allem beim Laubholz – zu erhalten.