"Maikäfer, flieg’!" Dieser Kinderreim und die Geschichten von Wilhelm Busch dürften bei vielen älteren Zeitgenossen Kindheitserinnerungen wecken. Und wenn heutzutage abends ein paar Brummer unseren Garten als Einflugschneise zum nächsten Obstbaum wählen, dann bleiben wir gelassen. In der Rhein-Main-Ebene dagegen war 2007 von Nostalgie nichts zu spüren. Im Gegenteil: die Waldmaikäfer (Melolontha hippocastani) bestimmten die Redaktionssitzungen der Medien den ganzen Mai über. Uns erreichten viele Anfragen zur Situation dort und in Bayern.
Seit den neunziger Jahren regiert alle vier Jahre der Waldmaikäfer in den Wäldern des Rhein-Main-Gebietes. Der Käfer und seine Larve, der Engerling, finden hier hervorragende Bedingungen vor: sandiger Boden mit viel Sonneneinstrahlung und ausreichend, aber nicht zu viel Feuchtigkeit.
Millionen von Maikäfern in Hessen
In Südhessen, vor allem nördlich Mannheim, bei Lampertheim und Darmstadt, war zunächst eine Fläche von etwa 20 bis 30 Hektar befallen. Die Massenvermehrung hat sich bis heute erheblich ausgedehnt. Derzeit sind fast 9.000 Hektar mehr oder weniger stark geschädigt. Ein natürlicher Zusammenbruch der Maikäferpopulationen ist nicht zu erwarten. Die Anzahl der betroffenen Flächen wird vermutlich steigen.
Bei Probegrabungen in einem besonders betroffenen Waldstück in Hessen wurden zehn ausgewachsene Käfer auf einem Quadratmeter Boden ausgegraben, dies ergibt 100.000 Käfer pro Hektar Wald!
Alle vier Jahre wieder - Maikäferjahre
Die Käfer entwickeln sich im Boden bis in Spatentiefe aus den Engerlingen. Nach der Verpuppung im Hochsommer sind die Käfer im Herbst vor einem Flugjahr bereits fertig ausgebildet. Jetzt wird anhand von Probegrabungen die Dichte der Maikäfer bestimmt. Kritisch wird die Situation, wenn eine Maikäferdichte von ein bis zwei Käfern pro Quadratmeter überschritten wird. Ende April / Anfang Mai kriechen die Käfer aus dem Boden, fliegen die nächsten Bäume an und fressen die Blätter, überwiegend von Eiche, Roteiche, Edellaub- und Obstbäumen. Die Bäume überstehen den Fraß, der Johannistrieb gleicht den Blattverlust aus. Anschließend legen die Käferweibchen ihre Eier in den Boden. Die Maikäfer-Engerlinge befressen jetzt über die folgenden drei Jahre die Wurzeln. Junge Bäumchen können absterben. In der Rhein-Ebene sind an Aufforstungen schwere Ausfälle zu verzeichnen. Naturverjüngung ist in befallenen Wäldern oft kaum mehr möglich.
Bekämpfung ist schwierig
Eine wirksame Schadensbekämpfung gestaltet sich außerordentlich schwierig. Zum einen leben die Engerlinge, die den Hauptschaden anrichten, unter der Erde und sind praktisch nicht zu erreichen. Die ausgewachsenen Käfer kommen im Wald über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen aus dem Boden. Deshalb müsste über einen längeren Zeitraum bekämpft werden. Die Maikäfer sind außerdem robust. In Versuchen mit einem für den Borkenkäfer zugelassenen Pflanzenschutzmittel reagierten die Käfer nur kurz etwas benommen. In Hessen werden daher weitere Mittel mit wissenschaftlicher Begleitung der Biologischen Bundesanstalt getestet.
Verwirrung um Maikäfer und Engerlinge
Maikäferarten sind untereinander nicht einfach zu unterscheiden. Oft werden sie auch mit anderen Blatthornkäfern verwechselt, z.B. dem Junikäfer (Amphimallon solstitiale) und dem Gartenlaubkäfer (Phyllopertha horticola).
Auch die Engerlinge führen oft zu Verwechslungen, die für einen nützlichen und geschützten Käfer, nämlich den Goldenen Rosenkäfer (Cetonia aurata) sehr tragische Folgen haben.
In Bayern ...
... ist der Waldmaikäfer bisher nur unwesentlich aufgetreten. Auffällige Schäden wurden bislang nicht gemeldet. Allerdings sind 2007 erstmals bei Hanau / Neuwirtshausen nahe der bayerischen Grenze die kritischen Werte stark überschritten. Die Entwicklung bleibt abzuwarten, die Waldschutzexperten der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) erarbeiten zusammen mit den für Hessen zuständigen Kollegen die Prognosemaßnahmen.
Lokal verursacht in Bayern der Feldmaikäfer (Melolontha melolontha) Probleme. Hier sind unsere Kollegen von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) am Institut für Pflanzenschutz zuständig. Die Gemeinde Mespelbrunn im Spessart ist besonders betroffen. Problematisch ist hier, dass das Schwarzwild die Wiesen der Rodungsinsel auf der Suche nach den Engerlingen durchwühlt. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt führte mit der Gemeinde und den Landwirten intensive Gespräche. Ziel ist, die Käfer nach dem Blattfraß am Waldrand auf ausgewählte Wiesenflächen mit künstlich angelegtem, frischem kurzgehaltenen Grün konzentriert zur Eiablage anzulocken. Im Herbst sollen die jungen Engerlinge dann dort mechanisch bekämpft werden. Auffällig trat der Feldmaikäfer auch in der Ortschaft Raichling bei Landsberg auf.