Die letzten Jahre führten in vielen Teilen Österreichs die Wirkungen des Klimawandels drastisch vor Augen. Erhöhte Temperaturen und ausbleibende Niederschläge brachten besonders die Fichte massiv unter Druck – der Buchdrucker zeigt sich als Initiator des im Zuge des Klimawandels notwendigen Waldumbaus.

Neben dem Einsatz heimischer Mischbaumarten werden zwei weitere Strategien als notwendig angesehen: Die Einbringung von Herkünften heimischer Baumarten aus wärmeren, trockeneren Regionen (assisted migration) und der Einsatz nicht-heimischer Baumarten (Siehe Artikel "Assisted Migration"). Es empfiehlt sich ein Blick aus der Sicht des Waldschutzes, um damit verbundene Risiken besser abschätzen zu können. Zwei Aspekte sind besonders zu beachten: Nicht-heimische Baumarten können von bei uns heimischen Schadorganismen befallen werden oder neue Schadorganismen aus dem Heimatgebiet mitbringen. Und nachdem Waldumbau auch mit intensivem Austausch von Pflanzenmaterial verbunden ist, kann dies zur Quelle für die Verschleppung von Schadorganismen werden.

Nicht-heimische Baumarten

Nicht selten entdecken heimische Insekten oder Krankheitserreger eine neu eingebrachte Wirtsbaumart für sich. Je größer die Anbaufläche neuer Baumarten ist, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit für solche neue Verbindungen. Dabei kann es zu unerwarteten Folgen kommen, denn Schädling und Wirtsbaum haben keine gemeinsame Vergangenheit, haben sich also nicht über Generationen aneinander angepasst. Darüber hinaus sind die neuen Baumarten in ihrem Heimatgebiet jeweils auch Wirte für eine Vielzahl von Insekten und Krankheitserregern. Diese können mit den Baumarten in die neuen Anbaugebiete gelangen, wo dann auch ein Wechsel auf andere, heimische Baumarten mit wieder unvorhersehbaren Wirkungen möglich ist. 

Die Douglasie hat bereits eine  längere Geschichte des Anbaus in Europa. Entsprechend gibt es gut dokumentierte Beobachtungen biotischer Schäden (Tabelle 1). 

ArtKrankheitHerkunftWirtsbaumarten
Pilze
Phaeocryptopus gaeumanniiRußige DouglasienschütteNordamerikaDouglasie
Rhabdocline pseudotsugaeRostige DouglasienschütteNordamerikaDouglasie
Phomopsis coniferarumRindenschildkrankheitNordamerikaDouglasie, Lärche, Fichte, Tanne, Kiefer
Botrytis cinereaGrauschimmelfäuleEuropaNadelholz
Armillaria sp.HallimaschEuropaNadelholz, Laubholz
Heterobasidion annosumGemeiner WurzelschwammEuropaNadelholz
InsektenDeutscher Name 
Gillettella cooleyi NordamerikaDouglasie
Leptoglossus occidentalisAmerikanische KiefernwanzeNordamerikaNadelholz
Pityogenes chalcographusKupferstecherEuropaFichte, andere Nadelhölzer
Pityophthorus pityographusGefurchter FichtenborkenkäferEuropaFichte
Ips acuminatusGroßer LärchenborkenkäferEuropaKiefer
Pityokeines spinidensTannenborkenkäferEuropaTanne
Ips typographusBuchdruckerEuropaFichte, (Kiefer)
Hylobius abietis

Fichtenrüsselkäfer

EuropaNadelholz

 

Einige bedeutende Schadorganismen wurden aus dem Heimatgebiet nach Europa verschleppt, wie etwa die Erreger der beiden Nadelschütte-Krankheiten Phaeocryptopus gaeumannii und Rhabdocline pseudotsugae. Seit 2015 breiten sich die Douglasiengallmücken Contarinia pseudotsugae und C. cuniculator in Europa aus, die starke Nadelverluste verursachen können. In Österreich wurden die Gallmücken bislang noch nicht festgestellt, es ist aber jederzeit mit ihrem Eintreffen zu rechnen. Darüber hinaus erwies sich die Douglasie als interessant für eine Reihe heimischer Borkenkäferarten, die normalerweise andere Nadelhölzer als Wirte nutzen. Befall durch die sonst an Fichte brütenden Kupferstecher und Buchdrucker ist dokumentiert. 

Im vergangenen Jahr wurde erfolgreicher Befall durch den Sechszähnigen Kiefernborkenkäfer beobachtet, wobei eine Schwächung durch abiotische Faktoren, wie Frost oder Trockenheit dem Käferbefall vermutlich vorausging. Bei starkem Auftreten sind waldhygienische Maßnahmen angeraten. Bemerkenswert ist auch ein 2019 in Niederösterreich festgestelltes Absterben vom Wipfel her, bei dem der Pilz Diplodia sapinea, der Erreger des Kieferntriebsterbens, nachgewiesen wurde. Mit zunehmendem Anbau der Douglasie müssen wir wohl auch mit zunehmendem Auftreten bislang noch nicht beobachteter Schädlinge an diesem Wirt rechnen.

Menschlich unterstützte Ausbreitung von Schadorganismen

Ein invasiver Schadorganismus breitet sich von seinem Befallsgebiet durch natürliche Verbreitung entlang der Front aus. Weitere Sprünge in das bislang befallsfreie Gebiet sind meist mit menschlichen Transportaktivitäten verbunden. So können neue, sogenannte Satellitenpopulationen entstehen, von denen eine weitere Verbreitung ausgeht. Wie die Erfahrung zeigt, nimmt Pflanzgut dabei eine sehr wichtige Rolle ein. 

Ein besonderes Beispiel stellt die weltweite Verschleppung von Phytophthora dar. Diese Krankheitserreger zerstören meist Wurzeln oder den Stamm oft erst Jahre nach dem Auspflanzen der (optisch gesunden) Pflanzen. Mit dem steigenden weltweiten Pflanzenhandel werden laufend neue Phytophthora-Arten nach Europa eingeschleppt, denen die europäischen Baumarten weitgehend wehrlos gegenüber stehen. Phytophthora verbreitet sich mit Wasser. In milden Wintern mit Niederschlägen in Form von Regen kann es zur starken Vermehrung der Keime (das sind begeißelte und daher aktiv bewegliche Zoosporen) im Bodenwasser kommen, die große Teile des Feinwurzelsystems eines Baumes zum Absterben bringen können (Beispiele: Eichensterben, Buchensterben). 

Auch länger andauernde sommerliche Regenperioden können eine explosionsartige Vermehrung der Zoosporen auslösen. Wenn diese durch Überschwemmungen in die Flüsse geraten, können sie Fluss begleitende Baumbestände schnell und effizient infizieren (Beispiel: Erlensterben). Abgesehen von Handelsbeschränkungen kann nur eine verpflichtende, labortechnische Überprüfung von Pflanzgut unmittelbar vor dem Verkauf dieser Ausbreitung Einhalt gebieten. Die Herstellung von Phytophthora-freiem Pflanzgut ist eine Herausforderung, der sich die Pflanzenproduktion in nächster Zukunft stellen wird müssen. 

Diversität als Waldschutzmaßnahme

Es ist leicht ersichtlich, dass alle  Maßnahmen, die Wege für die Einschleppung von Schadorganismen  schließen, von hervorragender Bedeutung für den Waldschutz sind. Wenn Wirtsbäume (heimisch oder nicht-heimisch) und Schadorganismen (eingeschleppt oder heimisch) neu aufeinandertreffen, besteht eine erfolgversprechende Waldschutzstrategie in der Vielfalt bei Baumarten und Strukturen. Ein spezialisierter Schädling wird leichter geeignete Wirte und bessere Vermehrungs¬bedingungen finden, wenn die Wirtsbaumart in hoher Dichte vorkommt.

Zusätzlich haben natürliche Gegenspieler von Schädlingen in vielfältigen Beständen häufig bessere Bedingungen als in einförmigen, was auf die Vermehrung der Schädlinge dämpfend wirken kann. Und nicht zuletzt kommt in Mischbeständen ein Versicherungseffekt zum Tragen, sollte eine Baumart durch einen Schadorganismus ausfallen. Gerade wenn der Anbau nicht-heimischer Baumarten geplant ist, sind diese Überlegungen mit einzubeziehen.