Aufgrund des stetig wachsenden Interesses an Waldholz als regenerativem Energieträger stellen sowohl Forstbetriebe als auch Energiedienstleister und Politiker immer häufiger die Frage nach dem tatsächlich verfügbaren Potenzial an Energieholz.
Die bislang vorgelegten Potenzialstudien stellen das künftige Aufkommen an Energieholz meist auf Ebene des Bundes oder der Länder dar. Bei näherer Betrachtung stellt man allerdings fest, dass die räumliche Verteilung der Energieholzressourcen starken Schwankungen unterliegt. Somit sind diese Studien für eine konkrete Investitionsplanung, beispielsweise für ein Biomasseheiz(kraft)werk nur eingeschränkt brauchbar. Ebenso wenig bieten diese Untersuchungen Forstbetrieben eine Entscheidungsgrundlage, ob, wo und wie sie Energieholz bereitstellen und eventuelle Energieholzreserven mobilisieren können.
Modell basiert auf forstlichen Inventur- und Planungsdaten
Vor diesem Hintergrund wurde an der Abteilung Waldnutzung unter Beteiligung der Abteilung Biometrie und Informatik der FVA ein Projekt mit dem Titel: "Erarbeitung von Methoden zur Abschätzung des Potenzials von Energieholz aus dem Wald" ins Leben gerufen. Ziel des Projekts ist, eine praxisnahe und plausible Methode zur Ermittlung eines aktualisierbaren, regionalisierbaren und räumlich ausreichend differenzierten Potenziales an Waldenergieholz herzuleiten. Die Ergebnisse sollen in ein Geografisches Informationssystem (GIS) integriert werden, um Informationen bezüglich der räumlichen Verteilung von Waldenergieholz in einem konkreten Untersuchungsgebiet zu erhalten.
Welches Potenzial ist gemeint?
Spricht man über ein Potenzial, so muss zunächst definiert werden, um welches Potenzial es sich handelt:
Im theoretischen Potenzial sind sämtliche Holzbestandteile enthalten, unabhängig davon, ob sie tatsächlich nutzbar sind. Ein solches Potenzial kann beispielsweise direkt aus der Betriebsinventur (BI) oder der Bundeswaldinventur (BWI) abgeleitet werden).
Das technische Potenzial ist die Teilmenge des theoretischen Potenzials, die aufgrund technischer Einschränkungen tatsächlich nutzbar ist.
Das wirtschaftliche Potenzial ist die Teilmenge des technischen Potenzials, die unter heutigen Bedingungen wirtschaftlich nutzbar ist. Dies beinhaltet auch sozioökonomische Einflüsse auf das Energieholzpotenzial, beispielsweise die Waldbesitzverhältnisse
Das ökologische Potenzial ist keiner der bisherigen Potenzialarten eindeutig zuzuordnen. Es ergibt sich aus dem Einfluss ökologischer Restriktionen sowohl auf das technische als auch auf das wirtschaftliche Potenzial. Hierbei spielen nicht nur rein ökologische Gesichtspunkte, sondern auch politische Entscheidungen eine gewichtige Rolle.
Freiburger Methode
Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde im Jahr 2005 mit der "Freiburger Methode" die Grundlage für ein solches Prognosemodell entwickelt und anhand eines Testlaufs auf ihre Funktionalität geprüft. Ergebnis dieser Untersuchungen ist das theoretische Energieholzpotenzial auf Ebene der Behandlungstypen der jeweiligen Waldentwicklungstypen in den Forstbetrieben des Untersuchungsgebiets.
Als Datengrundlagen dienen in der hier entwickelten "Freiburger Methode" zum einen die Betriebsinventurdaten einzelner Forstbetriebe und zum anderen die Nutzungsansätze der auf diesen Strukturdaten aufbauenden Forsteinrichtung (Stratenplanung). Hierbei wurde mit Hilfe des Programms FE 65 der Stabsstelle für Haushalt und Controlling am Regierungspräsidium Freiburg (Forstdirektion) der ausscheidende Bestand simuliert, dessen Struktur- und Volumendaten in den weiteren Kalkulationsprozess einfließen.
In der weiteren Datenverarbeitung wird über das Programm "HOLZERNTE 7.0" der FVA der potenzielle Energieholzanfall in den einzelnen Forstbetrieben auf Ebene der Behandlungstypen (=Unterstraten: Jungbestandspflege, Durchforstung, Vorratspflege, Zieldurchmesserernte, Schirmhieb/Räumung, Dauerwald) in den jeweiligen Waldentwicklungstypen (=übergeordnete Straten) ermittelt.
Hierbei werden zwei Aushaltungsvarianten zugrunde gelegt: eine "herkömmliche" Aushaltungsvariante und eine "Stammholz-PLUS" Variante (schematisch dargestellt in Abbildungen 1 und 2).
Abb. 1: Herkömmliche Aushaltungsvariante.
Abb. 2: "Stammholz-PLUS" Variante.
Die "herkömmliche" Aushaltungsvariante stellt den konservativen Weg dar, der das Ziel hat, die Aushaltung hinsichtlich stofflicher Verwertungsmöglichkeiten zu maximieren. Nur der "Rest" wird als Energieholzaufkommen betrachtet. Über die "Stammholz- PLUS"- Aushaltung hingegen wird das Ziel verfolgt, das Verhältnis zwischen stofflicher und energetischer Verwertung von Waldholz über neue Wege in der Aushaltung unter technisch-ökonomischen Gesichtspunkten zu optimieren, d.h. über eine Reduktion der Aufarbeitungskosten sollen eventuelle Mindereinnahmen, die sich aus dem Verzicht auf den Verkauf von Industrieholzsortimenten minderer Qualität ergeben, mindestens kompensiert werden.
Mit dieser "Freiburger Methode" wurden in einem Testlauf, bezogen auf die Gebietskulisse Hochschwarzwald/ Breisgauer Bucht, für die untersuchten Forstbetriebe Stadtwald Freiburg (aufgeteilt in die Wuchsbereiche "Bergwald" und "Auewald"), Staatswald Bad Säckingen und Staatswald Staufen (Gesamtfläche des Untersuchungsgebiets: 6641 ha) folgende Ergebnisse hergeleitet:
Bei einem durchschnittlichen potenziellen Gesamteinschlag im Untersuchungsgebiet von 11 Efm (m.R.)ha-1 a-1(das entspricht etwa 10 Efm (o. R.) ha-1 a-1) wird auf Grundlage der "herkömmlichen" Aushaltungsvariante ein durchschnittlicher theoretischer Energieholzanfall von 1,5 Efm (m.R.) ha-1 a-1(oderca.10.000 Efm (m.R.)/a im Gesamtgebiet) ermittelt. Dies entspricht einem durchschnittlichen Anteil des Energieholzes von ca. 14% an der potenziellen Gesamteinschlagsmenge (Stammholz/ Industrieholz: 76 %, Restholz: 10 %).
Bei der Aushaltungsvariante "Stammholz-PLUS" hingegen wird ein durchschnittlicher theoretischer Energieholzanfall von 3,9 Efm (m.R.) ha-1 a-1(oder ca.26.000 Efm (m.R.) a-1im Gesamtgebiet) prognostiziert, was einem durchschnittlichen Energieholzanteil von 36% der Gesamteinschlagsmenge entspricht. (Stammholz/ Industrieholz: 51 %, Restholz: 13 %).
Abb. 3: Energieholzanfall beider Aushaltungsvarianten im Vergleich.
Tatsächliches Potenzial an Energieholz soll ermittelt werden
Ziel des Projektes ist es nun, die "Freiburger Methode" dahingehend zu erweitern, dass damit das tatsächliche Potenzial an Energieholz eines Gebiets ermittelt werden kann. Hierzu sind folgende Teilarbeitsbereiche vorgesehen:
- Erweiterung der verwendbaren Datengrundlage (Gewährleistung der Übertragbarkeit auf andere Waldbesitzarten) und Verbesserung der Prognosegenauigkeit
- Identifikation und Quantifizierung technischer Restriktionen bei der Energieholzbereitstellung
- Identifikation und Quantifizierung wirtschaftlicher/ sozioökonomischer Restriktionen bei der Energieholzbereitstellung
- Identifikation und Quantifizierung ökologischer Restriktionen bei der Energieholzbereitstellung (unter Beteiligung der Abt. Boden und Umwelt)
- Erarbeitung eines umfassenden, GIS-gestützten Prognosemodells zur Herleitung der räumlichen und zeitlichen Verfügbarkeit von Energieholz aus dem Wald unter Berücksichtigung der technischen, der wirtschaftlich/ sozioökonomischen und der ökologischen Restriktionen
Dieses Prognosemodell für die Herleitung von regionalen Energieholzpotenzialen auf Basis der "Freiburger Methode" soll zum einen Forstbetriebe in ihrer strategischen und operationalen Planung hinsichtlich der zukünftigen (intensivierten) Energieholznutzung unterstützen und zum anderen Energiedienstleistungsunternehmen, Politikern und sonstigen Entscheidungsträgern ein Stück Planungssicherheit bei der Investition in neue Biomasseheiz(kraft)werke bieten.